`Donum Tomiris Dei/ Die Gab der Forcht Gottes´
`Der Mond verändert sich, nimbt zu, nimbt wider ab, die Gottsfurcht
stets nimbt zu, weil sie ein Him(m)els Gab.´
`JGB´

Blatt/ sheet size: 31,4 x 20,2 cm
Platte/ plate size: 22,6 x 13,7 cm

Die Gabe der Furcht Gottes.
Eine weibliche Personifikation mit Flügeln und bedecktem Haupte.

Aus der Folge 'Die Sieben Gaben des Hl. Geistes', nach Jesaja (Isaias).

Radierung von Johann Georg Bergmüller (1688-1762), Blatt aus der Folge
der 8 (7 Gaben + Titelbaltt) 'Septem Dona Spiritus Sancti' (Die Sieben Gaben
des Hl. Geistes) (LeBlanc 79-86), Augsburg, ohne Datum, um 1730/35.

(Dr. Alois Epple in 'Der Fels', November 2015, S. 324) - Schon in den Sprichwörtern 1,7 steht:
„Gottesfurcht ist der Anfang der Erkenntnis; nur Toren verachten Weisheit und Zucht.“ Das 21. Kapitel
von Thomas von Kempens ‚Nachfolge Christi‘ beginnt mit: „Willst du im Guten vorwärtsschreiten,
so bewahre dein Herz in der Furcht Gottes und sei nicht zu frei, d.h. behalt deine Sinne in guter Zucht
und überlass dich nicht der törichten Freude.“ In bd. Zitaten wird darauf hingewiesen, dass Gottesfurcht
etwas mit „Zucht“ zu tun hat. Gottesfurcht erlaubt kein ausschweifendes, an kein göttliches Gesetz
gebundenes Leben. Aus den Sprichwörtern kann man gar folgern, dass ein zuchtloses Leben Dummheit ist,
nur etwas für Toren. Papst Franziskus sagte am 11. Juni 2014 in einer Katechese sagte: „Wenn wir von der
Gottesfurcht durchdrungen sind, dann werden wir dahin geführt, dem Herrn mit Demut, Fügsamkeit und
Gehorsam nachzufolgen“. Wenn also Gottesfurcht Demut bedeutet, so ist das Gegenteil von Gottesfurcht
Hoffart. Dann steht der Erzengel Michael für Gottesfurcht und Luzifer für das Gegenteil. Ihm fehlte die
Gottesfurcht. Deshalb wurde er aus dem Himmel gestoßen. Keine Gottesfurcht zu haben ist also teuflisch.
All dies muss man bedenken, will man diese Abbildung verstehen: Die Personifikation der ‚Gottesfurcht‘
befindet sich hier in einem Rundtempel, einem Gotteshaus. Hier zeigt sich die Furcht vor Gott, indem man
vor ihm hinkniet. In jüdischer Tradition hat sie demütig ihr Haupt bedeckt, denn Gottes Gegenwart, vor der
sie sich fürchtet, ist stets über ihr. Durch ein ovales Fenster bricht Licht in das Gebäude und fällt auch auf
das Gesicht der Personifikation, die deshalb etwas furchtsam zusammenschrickt. Mit einem Finger der
linken Hand weist sie auf ihre Stirn, als hätte sie erkannt, wie wichtig die Furcht vor Gott ist. Hier ergeben
sich auch Parallelen zur Verkündigung an Maria. Wie bei dieser Personifikation dargestellt, so erschrickt
zuerst auch Maria über die Rede Gabriels, dann denkt sie nach, was dieser Gruß bedeuten soll, der Engel
nimmt ihr etwas von ihrer Furcht vor Gott, und schließlich spricht sie demütig: „Siehe, ich bin die Magd
des Herrn! Mir geschehe nach deinem Worte!“ (Lk 1, 30-38). Als einzige Personifikation hat diese
„Gabe des hl. Geistes“ Flügel. Sie sind schwierig zu interpretieren: Vielleicht erinnern sie an den
Erzengel Michael, welcher den gottesunfürchtigen Luzifer stürzte. Diese Flügel könnten aber auch auf
den Erzengel Gabriel hinweisen, welcher zu Maria sagte: „Fürchte dich nicht“ (Lk 1, 30) oder an den
Verkündigungsengel auf den Feldern von Bethlehem. Auch der Gloriaengel beginnt seine Botschaft mit
„Fürchtet euch nicht!“ (Lk 1, 8, 9). Und letztlich könnten die Flügel an die Hl. Geist Taube erinnern.
Im raschen Voranschreiten setzt die Personifikation der Furcht Gottes ihren rechten Fuß auf die liegende
Mondsichel. Im Text darunter steht, dass, im Gegensatz zum Mond, der immer zu- und abnimmt, die
Gottesfurcht stets zunimmt. Wer also diese „Himmelsgab“ hat, der wird immer gottesfürchtiger.
Deshalb schreitet die Personifikation auch entschlossen vorwärts. Im aufgewehten Zipfel des Umhangs
der Personifikation verbirgt sich ein Hase, dessen Furchtsamkeit und Ängstlichkeit größer als die aller
anderen Tiere ist. Deshalb ist er auch ein Attribut von Timor und Metus. Hier steht der Hase für die
rechte Furcht, die Furcht Gottes. Nebenbei sei erwähnt, dass besonders im 18. und 19. Jahrhundert
Gottesfurcht sogar ein Vorname wurde. Das bekannteste Beispiel hierfür ist der deutsche Dichter
Christian Fürchtegott Gellert (1715-1769).

(Dr. Alois Epple in 'Der Fels', April 2015, S. 118).....schwach erkennbar, eine Art von Hieroglyphen.
Barockmaler erfanden, zwar nicht häufig, aber doch immer wieder, solche Geheimschriften. Man kann
diese Schrift entziffern, indem man sie von rechts nach links liest und jedem gleichen Fantasiezeichen
einen gleichen Buchstaben unseres Alphabets zuordnet. So steht in diesem Stich hier („Donum Timoris Dei“).


Referenz:
- LeBlanc, Bd. 1, (1854), S. 287, aus Nr. 79 - 86;
- Friedlmaier (1998), D 350, aus D 343 - D 350;
- A. Epple, Augsburger Kupferstiche: aus der Sammlung von Alois Epple,
1. Teil, (2018), S. 119, Nr. 119 (mit Abb.), aus Nr. 118-125.;
- Alois Epple in 'Der Fels', November 2015, S. 324;
- s.a. Alois Epple in 'Der Fels', März 2015, S. 75;
- A. Epple (Hrsg.), Materialien zur Bergmüller-Forschung, Heft 14,
(2015), (S. 2), die Geheimschrift in der Stichserie;
- Herzog Anton Ulrich-Museum, Nr. 'JGBergmüller AB 3.3'.

Ein ganz ausgezeichneter und feinzeichnender Abdruck auf Bütten mit
schönem Rand um die Plattenkante. Das Blatt ist angestaubt, und vor
allem im weißen Rand sowie verso stärker fleckig. Ein vertikales
Quetschfältchen, druckbedingt, unten. Eine unscheinbare vertikale
Knickfalte. Die Darstellung selbst ist nur minimal fleckig.
Photos s.u. sowie li. oben (HR).

 

 

 

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