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Zur Erinnerung an eine große Zeit
Den heimkehrenden Siegern gewidmet
1. Sämmtliche Officielle Depeschen vom Kriegsschauplatz
2. vollständige Kriegs-Chronik
3. die Friedens-Präliminarien
Leipzig 1871
Das gebundene Buch enthält alle drei zunächst einzeln broschiert erschienenen Teile zur Geschichte des Deutsch-Französichern Kriegs 1870 bis 1871
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Der Deutsch-Französische Krieg von
1870 bis 1871 war eine militärische Auseinandersetzung zwischen Frankreich
einerseits und dem Norddeutschen Bund unter der Führung Preußens sowie den mit
ihm verbündeten süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden und
Hessen-Darmstadt andererseits. Auslöser des Krieges war der Streit zwischen
Frankreich und Preußen um die spanische Thronkandidatur des Prinzen Leopold von
Hohenzollern-Sigmaringen. Am 19. Juli 1870 erklärte Frankreich Preußen den
Krieg. Entgegen der Erwartung des französischen Kaisers traten die vier
süddeutschen Staaten in den Krieg ein. Währenddessen blieben die übrigen
europäischen Mächte neutral.
Innerhalb weniger Wochen im Spätsommer
1870 besiegten die deutschen Verbündeten große Teile der französischen Armeen.
Nach der Schlacht von Sedan in Nordfrankreich begab sich Kaiser Napoléon III.
am 2. September 1870 in die Gefangenschaft des Königs von Preußen. Daraufhin
bildete sich in Paris eine provisorische nationale Regierung, welche die
Republik ausrief, den Krieg fortführte und neue Armeen aufstellte. Aber auch
die neue Regierung vermochte es nicht, das Blatt zu wenden. Nach dem Fall von Paris
fand sich die französische Regierung im Februar 1871 zum Vorfrieden von
Versailles bereit. Offiziell endete der Krieg am 10. Mai 1871 mit dem Frieden
von Frankfurt. Frankreich wurden darin unter anderem Reparationen von fünf
Milliarden Francs auferlegt.
Die wichtigsten Ergebnisse des Krieges
waren die deutsche Reichsgründung und das Ende des Zweiten Französischen
Kaiserreichs. Das besiegte Frankreich musste die als Reichsland
Elsaß-Lothringen bezeichneten Gebiete an das Deutsche Reich abtreten. Dies wiederum
hatte die Vertiefung der bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts währenden
„Erbfeindschaft“ zur Folge. In dem Krieg kamen fast 190.000 Soldaten ums Leben,
mehr als 230.000 wurden verwundet.
Nach dem Deutsch-Dänischen Krieg 1864
und dem Deutschen Krieg 1866 war der Konflikt mit Frankreich der dritte und
letzte der deutschen Einigungskriege. Noch in seinem Verlauf traten Baden,
Bayern, Württemberg und Hessen-Darmstadt dem Norddeutschen Bund bei. Dieser
Beitritt und die Verfassung vom 1. Januar 1871 konstituierten das Deutsche
Kaiserreich. Während des Krieges kam es mit dem Aufstand der Pariser Kommune in
Frankreich selbst zu einem Bürgerkrieg; der Aufstand wurde von der
französischen Regierung blutig niedergeschlagen.
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Aus Wiki:
Bezeichnung und Einordnung
Der Deutsch-Französische Krieg ist im
deutschsprachigen Raum auch unter der Bezeichnung Krieg von 1870/71[6] bekannt.
Im englischsprachigen Raum wird die Auseinandersetzung nach der Gewohnheit, die
kriegserklärende Seite zuerst zu benennen, Franco-Prussian War[7]
(Französisch-Preußischer Krieg) genannt. Die britische Bezeichnung betont
besonders die Lenkung der deutschen Kriegsseite durch die preußische Regierung,
schließt aber die preußischen Verbündeten in Nord- und Süddeutschland nicht mit
ein. In der französischen Forschungsliteratur ist die Benennung Guerre
Franco-Prussienne (Französisch-Preußischer Krieg) zwar ebenfalls noch
vertreten, wird aber zunehmend von der Bezeichnung Guerre Franco-Allemande
(Französisch-Deutscher Krieg) verdrängt. In Dänemark wurde der Krieg von Anfang
an häufiger als fransk-tyske krig (Französisch-Deutscher Krieg) tituliert.[8]
Der Deutsch-Französische Krieg fand im
industriellen Zeitalter statt. Daher wurde er ähnlich wie zuvor der Krimkrieg
(1853 bis 1856), der Sardinische Krieg (1859), der Amerikanische Bürgerkrieg
(1861–1865) und der Deutsche Krieg (1866) mit waffentechnisch erweiterten
Möglichkeiten geführt. Dies fand seinen Ausdruck in hohen Opferzahlen. Im
gesamten Deutsch-Französischen Krieg fielen fast 190.000 Soldaten.[9] Das
Chassepotgewehr, „Langblei“ – ein Projektil in Form eines langgestreckten
Tropfens – und Granaten fügten den Soldaten neuartige, schwere Verwundungen zu.
Durch Projektile verursachte Knochenbrüche, der Verlust von Gliedmaßen und
Austrittswunden führten zu bis dahin nicht gekannten Kriegsverletzungen.[10]
In seiner zweiten Phase nach der
Schlacht bei Sedan entwickelte der Deutsch-Französische Krieg darüber hinaus
auf französischer Seite Züge eines Volkskriegs. Die Regierung um Léon Gambetta
und Charles de Freycinet hatte nämlich nach der Erklärung Frankreichs zur
Republik zu einem „guerre à outrance“ aufgerufen, das heißt zu einem „Krieg bis
zum Äußersten“. Sie führte die allgemeine Wehrpflicht ein, stellte neue
Massenheere auf und verschärfte den Kampf. Dies führte auf beiden Kriegsseiten
zu einer Steigerung der Grausamkeiten. Letztlich gelang es den Politikern
jedoch, im Unterschied zum Ersten Weltkrieg noch, sich gegen die militärische
Führung durchzusetzen und den Krieg nach relativ kurzer Zeit wieder zu beenden.
Seit dem Deutsch-Französischen Krieg musste dennoch davon ausgegangen werden,
dass Kriege potenziell „nach französischem Vorbild mit der ganzen Volkskraft
geführt werden würden“ (Stig Förster).[11]
Vorgeschichte
Franz Xaver Winterhalter,
Porträtgemälde von Napoleon III., ca. 1853, Napoleon-Museum Rom[12]
Die Ursachen des Deutsch-Französischen
Krieges reichten mehrere Jahrzehnte zurück und sind in der Forschung bis heute
umstritten. Uneinigkeit besteht vor allem darin, welchen Anteil die beiden
Hauptkriegsparteien Preußen und Frankreich an der militärischen Eskalation
hatten.
Entwicklung bis zum Deutschen Krieg
In Frankreich wirkte die Erinnerung an
die Niederlage des napoleonischen Kaiserreiches fort. Die territoriale
Zurückstufung von 1814/1815 wurde als schwere Demütigung empfunden.[13] Der
öffentlichen Erwartung einer Rückgewinnung des alten Einflusses konnten die
Bourbonen-Dynastie und die Julimonarchie nicht gerecht werden. Die enttäuschten
Hoffnungen auf eine Wiederherstellung der alten Machtposition Frankreichs trug
im Jahr 1848 schließlich zur Präsidentenwahl von Louis Napoleon bei, der sich
vier Jahre später als Napoleon III. zum Kaiser der Franzosen krönte. Sein
außenpolitisches Ziel hatte Napoleon III. bereits während seiner Exilzeit
formuliert. In der Schrift Idées Napoléoniennes sah er vor, Russland und
Österreich-Ungarn zu schwächen oder aufzulösen. Napoleon III. wollte an ihre
Stelle liberale, von Frankreich abhängige Nationalstaaten setzen.[14] In den
1850er Jahren konnte Napoleon III. noch außenpolitische Erfolge (Krimkrieg und
Sardinischer Krieg) in dieser Hinsicht vorweisen.[15] In den 1860er Jahren
häuften sich dann jedoch die außenpolitischen Rückschläge (die Französische
Intervention in Mexiko und der Deutsche Krieg von 1866).[16]
Im Vorfeld des Deutschen Krieges
versuchte der preußische Ministerpräsident Bismarck eine französische
Neutralität auszuhandeln. Napoleon III. zeigte sich dem nicht abgeneigt,
brachte aber als Gegenleistung für das militärische Stillhalten
Gebietserweiterungen ins Gespräch (etwa Teile Belgiens, die Saarregion und die
Pfalz). Bismarck gab Napoleon III. jedoch keine verbindlichen Garantien für
territoriale Kompensationen.[17] Mit Österreich schloss Napoléon III. einen
Geheimvertrag, der als Gegenleistung für seine Neutralität vorsah, Frankreich
das preußische Rheinland zu überlassen. Napoleon III. und sein Beraterkreis
erwarteten einen längeren Krieg zwischen Österreich und Preußen. Daher
verzichteten sie darauf, die französischen Truppen für eine schnelle
Intervention zusammenzuziehen. Angesichts dieser Lage versuchte Napoleon III.
diplomatischen Druck auf Preußen auszuüben. Einen Monat nach der
kriegsentscheidenden Schlacht bei Königgrätz forderte er von dem siegreichen
Preußen Unterstützung für französische Gebietsgewinne ein. Die Pläne sahen eine
Rückgewinnung von Territorien vor, die Frankreich im Ersten Pariser Frieden von
1814 noch hatte behalten dürfen und erst nach der Schlacht bei Waterloo von
1815 an deutsche Staaten hatte abtreten müssen.[18]
Der schnelle Friedensschluss mit
Österreich beugte letztlich einer französischen Intervention vor. Gleichzeitig
verschob sich das machtpolitische Kräfteverhältnis: Preußen annektierte die
norddeutschen Staaten Hannover, Kurhessen, Nassau und die Freie Stadt
Frankfurt. Die restlichen norddeutschen Staaten traten 1867 dem neu gebildeten
Norddeutschen Bund bei, wodurch das politische Gewicht Preußens weiter
anstieg.[19] Noch im Jahr 1860 hatte Preußen weniger als 50 % der französischen
Bevölkerungszahl erreicht. Der Norddeutsche Bund von 1867 zählte nun 30
Millionen Einwohner, was der französischen Einwohnerzahl von 37 Millionen näher
kam. Darüber hinaus war die Armee des Norddeutschen Bundes aufgrund der
allgemeinen Wehrpflicht um ein Drittel größer als ihr französisches
Gegenstück.[20] Der Ruf nach „Rache für Sadowa“ (französischer Name der
Schlacht von Königgrätz) kam in Frankreich auf. Gemeint war die Enttäuschung in
Frankreich, nicht ausreichend für die Neutralität im Deutschen Krieg belohnt
worden zu sein. Der französische Kriegsminister kommentierte die französische
Wahrnehmung mit dem Satz: „Wir sind diejenigen, die tatsächlich bei Sadowa
geschlagen worden sind“ („C’est nous qui avons été battus à Sadowa“).[21]
Territorialbestand des Norddeutschen
Bundes in den Jahren 1867 bis 1870, Preußen (blau)
Zumindest bewirkte Frankreich, dass
Preußen nur nördlich der Mainlinie den Bundesstaat gründen durfte.[22] Die
süddeutschen Staaten Württemberg, Baden und Bayern bewahrten zunächst ihre
staatliche Unabhängigkeit. Aus französischer Perspektive war dies nicht
unwesentlich. Die drei süddeutschen Länder konnten in einem potenziellen Krieg
weitere 200.000 Soldaten aufbieten und grenzten zum Teil direkt an
Frankreich.[23] Die nationalstaatliche Ausklammerung von Süddeutschland war
jedoch letztlich politisch wertlos, denn noch im August 1866 war es Bismarck
gelungen, geheime Schutz- und Trutzbündnisse (gegenseitige Verteidigung im
Falle eines Angriffskriegs) mit Bayern, Württemberg und Baden abzuschließen.
Grund für die Verträge waren die neuen Grenzziehungen, welche die um ihre
staatliche Souveränität bangenden süddeutschen Regierungen in eine Notlage
brachten. Sie befanden sich geographisch zwischen den Großmächten Österreich,
Frankreich und dem Norddeutschen Bund. Die erstarkende Nationalbewegung ließ
nur eine außenpolitische Orientierung an den Norddeutschen Bund zu.[24]
Luxemburgkrise und Annäherung zwischen
Frankreich, Österreich und Italien
Nachdem im August 1866 die
preußisch-französischen Verhandlungen über umfangreiche territoriale
Kompensationen gescheitert waren, wich die französische Regierung von ihrer
ursprünglichen Zielsetzung ab. Sie forderte von Preußen nun, es bei der
Annexion des Großherzogtums Luxemburg zu unterstützen.[25] Im März 1867 nahm
die französische Regierung Verhandlungen mit dem über Luxemburg herrschenden
niederländischen König Wilhelm III. auf. Dieser zeigte sich damit
einverstanden, Luxemburg gegen eine finanzielle Entschädigung (5 Millionen
Gulden) Frankreich zu übergeben. Er machte den Verkauf aber auch von der
Billigung des preußischen Monarchen Wilhelm I. abhängig.[26] Bismarck ließ
daraufhin die bisher geheim gehaltenen Schutz- und Trutzverträge mit den
süddeutschen Staaten im Preußischen Staats-Anzeiger drucken. Die
Veröffentlichung des Bündnisses stärkte in den deutschen Staaten eine
nationalistische Empörung gegenüber Frankreich. Davon beeindruckt weigerte sich
der niederländische König, den Vertrag mit Frankreich zu unterzeichnen.
Bismarck appellierte zusätzlich an die anderen europäischen Großmächte, sich
für eine friedliche Beilegung der Luxemburgkrise einzusetzen. So kam es im Mai
1867 zu einer Konferenz in London. Frankreich musste im Zuge dessen seine
Ansprüche auf Luxemburg dauerhaft aufgeben. Preußen war dazu gezwungen, seine Garnison
aus der Festung abzuziehen.[27]
Die Luxemburgkrise bewirkte eine
Annäherung zwischen Frankreich und Österreich. Beide Großmächte versuchten, ein
gegen Preußen gerichtetes Bündnis ins Leben zu rufen. Die französische
Diplomatie sah zeitweise eine Erweiterung der geplanten Allianz um Italien vor.
Allerdings traten unüberwindbare Interessengegensätze zwischen den drei Mächten
zu Tage. So forderte die italienische Regierung in Florenz (1865–1871
Hauptstadt Italiens) unter Berufung auf die Septemberkonvention den Abzug
französischer Truppen aus Rom, die den Kirchenstaat vor einer italienischen
Annexion schützten. Des Weiteren beanspruchte die italienische Regierung
österreichische Gebiete wie das Isonzotal und Triest für sich. Wien wiederum
misstraute Paris. Es war nicht bereit, französische Gebietserweiterungen in den
Raum des ehemaligen Deutschen Bundes zu unterstützen.[28] Die französische
Regierung hoffte ihrerseits, dass – obwohl ein Bündnisvertrag mit Österreich
und Italien letztlich nicht zustande kam – sie Rückendeckung in einem möglichen
Krieg gegen Preußen erhalten würde. Diese Einschätzung ermutigte Paris darin,
in der Frage der spanischen Thronfolge einen diplomatischen Konfrontationskurs
mit Preußen zu suchen.[29]
Nach Meinung des US-amerikanischen
Militärhistorikers Geoffrey Wawro hätte es auch schon wenige Jahre vor 1870 zu
einem Krieg kommen können. Letztlich sei Napoleon III. aber noch daran
interessiert gewesen, Zeit für Armeereformen zu gewinnen.[30] Seit 1869 stand
die französische Regierung zudem unter massivem Druck der Öffentlichkeit. Sie
hatte an Popularität verloren und wurde von der liberalen Presse massiv
kritisiert. Ein möglicher militärischer Sieg über Preußen schien ihr daher die
Chance zu bieten, innenpolitische Anerkennung zurückzugewinnen und die liberale
Opposition in Frankreich verstummen zu lassen.[31] Insbesondere Außenminister
Gramont sei an einem Krieg interessiert gewesen. Er bekam Unterstützung von
Kaiserin Eugénie de Montijo, die eine Abneigung gegenüber Preußen hegte.[32]
Eugénie war der festen Überzeugung, dass nur ein militärischer Triumph über
Berlin ihrem Sohn Napoléon Eugène Louis Bonaparte den Thron sichern könnte.[33]
Spanische Thronfolgekrise und
Kriegserklärung
Erbprinz Leopold von Hohenzollern in
einer Darstellung des Druckers Richard Brend’amour
Zum unmittelbaren Auslöser des
Deutsch-Französischen Krieges entwickelte sich die Frage um die spanische
Thronfolge. Im September 1868 putschte das Militär Königin Isabella II. vom
spanischen Thron. Die Führer des Putsches suchten anschließend bei den
europäischen Herrscherhäusern nach einem neuen König für Spanien. Nach mehreren
Absagen aus Italien und Portugal wandte sich der spanische Regierungschef Juan
Prim im Februar 1870 schließlich an die Sigmaringer Linie der Hohenzollern.[34]
Die Entscheidung fiel auf Prinz Leopold von Hohenzollern, den Sohn eines
ehemaligen preußischen Ministerpräsidenten und Angehörigen der katholischen
Nebenlinie des in Berlin regierenden Königs von Preußen.[35] Berlin und Madrid
sahen ursprünglich vor, ihr gemeinsames Projekt gegenüber der Öffentlichkeit
geheim zu halten. Erst nach der Bestätigung Leopolds als König durch das
spanische Parlament sollte das politische Paris über die Königskandidatur in
Kenntnis gesetzt werden.[36] Die Strategie schlug fehl, da sich bei der
Entschlüsselung einer Telegrafiebotschaft aus Berlin ein Fehler einschlich. Die
spanische Regierung ging nun fälschlicherweise davon aus, dass die
parlamentarische Abstimmung über die Königskandidatur erst am 9. Juli 1870
stattfinden sollte. Vorgesehen war aber eigentlich schon der 26. Juni – ein
Termin zwei Wochen früher. Der Dechiffrierfehler hatte zur Folge, dass die
Regierung das Parlament verfrüht in die Sommerpause entließ. Als Juan Prim von
dem Missverständnis erfuhr, musste er das Parlament zurückrufen. Bei diesem
Anlass rechtfertigte er seine Entscheidung mit der spanischen Thronkandidatur,
wodurch die Angelegenheit öffentlich bekannt wurde.[37]
Eine mögliche Inthronisation Leopolds
als spanischer König weckte in Frankreich Ängste vor einer neuen dynastischen
Umklammerung, wie sie durch Habsburger-Monarchen im 16. und 17. Jahrhundert
schon einmal bestanden hatte.[38] Angesichts einer ohnehin starken Opposition
der Republikaner im Parlament mussten der Kaiser und seine Regierung ihren
Sturz befürchten.[39] Am 6. Juli 1870 hielt der französische Außenminister
Gramont eine Rede vor der gesetzgebenden Versammlung, dem Corps législatif. Er
beschuldigte die preußische Regierung, hinter dem spanischen Projekt zu stehen
und erklärte, dass dies einer Ehrverletzung Frankreichs gleichkäme. Obwohl
Gramont mit keinem Wort direkt von Krieg sprach, ließ sich seine Rhetorik als
Kriegsdrohung an Preußen interpretieren.[40] Am 7. Juli 1870 ordnete Gramont
die Reise des französischen Botschafters in Preußen, Vincent Benedetti, nach
Bad Ems an. In der Stadt hielten sich König Wilhelm I. und seine höfische
Gefolgschaft zur Kur auf. Benedetti sollte den König darum bitten, die
Kandidatur Leopolds zurückzuziehen.[41] Am 9. Juli 1870 erklärte Wilhelm I. dem
französischen Botschafter, die Kandidatur lediglich als Oberhaupt der
Hohenzollern, nicht aber als preußischer König unterstützt zu haben. Es sei
eine rein dynastische Angelegenheit.[42] Das Geständnis Wilhelms I. stärkte
Gramonts diplomatische Position in Europa. Er konnte nun nach außen
zweifelsfrei beweisen, dass die preußische Regierung mit Bismarck an der Spitze
in dem spanischen Projekt involviert war.[43] So ließ etwa Prinz Reuß, der
preußische Botschafter in Russland, Wilhelm telegraphisch mitteilen, dass Zar
Alexander II. ihm empfohlen habe, die Kandidatur aufzugeben. Am 10. Juli 1870
schickte Wilhelm I. schließlich einen Sondergesandten nach Sigmaringen. Dessen
Aufgabe bestand darin, Karl Anton, den Vater Leopolds, von einem Verzicht zu
überzeugen. Am 12. Juli verzichtete Karl Anton stellvertretend für seinen Sohn
auf die spanische Krone. Paris hatte damit einen großen diplomatischen Erfolg
vorzuweisen.[44]
Adolph von Menzel, Abreise König
Wilhelms I. zur Armee am 31. Juli 1870, 1871, Alte Nationalgalerie, Berlin[45]
Gramont reichte der diplomatische Sieg
nicht aus. Die unterzeichnete Verzichtserklärung verschwieg nämlich jede
preußische Teilhabe an dem spanischen Thronfolgeprojekt. Aus diesem Grund
forderte Gramont eine öffentliche Entschuldigung Preußens.[46] Botschafter
Benedetti sollte dem preußischen Monarchen die verbindliche Zusage entlocken,
auch in aller Zukunft keine spanische Hohenzollern-Kandidatur mehr zu fördern.
Am 13. Juli 1870 suchte Benedetti den Monarchen auf der Bad Emser Kurpromenade
auf.[47] Wilhelm I. reagierte auf die Forderung zwar höflich, aber wies sie
doch entschieden zurück. Er fürchtete einen Gesichtsverlust für Preußen.
Solange nur ein nicht-regierendes Mitglied der Hohenzollern-Dynastie die
Kandidatur öffentlich zurückzog, konnte die Krise nicht das Ansehen des
gesamten preußischen Staates diskreditieren. Anders verhielt es sich, hätte er
selbst als Monarch eine entsprechende Erklärung offiziell abgegeben. Wilhelm I.
war nicht bereit, „auf immer und ewig“ die Thronbesteigung eines Hohenzollern
in Spanien zu untersagen.[48] Als Benedetti Gramont über die Zurückweisung der
französischen Forderung in Kenntnis setzte, ordnete der Außenminister noch am
selben Tag eine weitere Unterredung mit Wilhelm I. an. Der Monarch verweigerte
dem französischen Botschafter allerdings eine weitere Audienz und ermächtigte
das preußische Außenministerium damit, sowohl die Presse als auch die
preußischen Botschafter über seine Begegnung mit Benedetti zu informieren.[49]
Wilhelms Ablehnung und die Art, wie
Bundeskanzler Bismarck diese in einer Presseerklärung („Emser Depesche“)
veröffentlichte, löste Empörung in Frankreich und nationale Begeisterung in
Deutschland aus. Bismarck stellte es in seiner Autobiografie Gedanken und Erinnerungen
rückblickend so dar, als sei die Emser Depesche hauptsächlich der Anlass für
den Krieg gewesen. Diese Meinung wird von vielen Historikern bis heute
vertreten. Allerdings folgen Wissenschaftler wie Josef Becker einer anderen
überlieferten Version der Geschehnisse. So schrieb der Historiker Leopold von
Ranke in seinem Tagebuch, dass die Entscheidung für den Krieg am 12. Juli 1870
in Berlin getroffen wurde: Am Abend dieses Tages kamen in der Wohnung des
preußischen Ministerpräsidenten der Generalstabschef Helmuth von Moltke,
Kriegsminister Albrecht von Roon und Bismarck zusammen. Sie sollen sich bei
einem Gespräch auf einen Waffengang geeinigt haben.[50] Der australische
Historiker Christopher Clark widerspricht einer solchen Einstufung der Kriegsschuld.
Bismarck habe „eine Politik mit offenem Ausgang verfolgt“, dabei aber eine
kriegerische Konfrontation mit Frankreich nicht ausgeschlossen. Voraussetzung
dafür sei jedoch eine französische Erstinitiative gewesen. Andererseits hätte
Bismarck sich auch mit einem diplomatischen Sieg Frankreichs in der
Thronkandidatur abfinden können, denn die Reaktionen aus Paris mussten in
Süddeutschland als außenpolitische Bedrohung wahrgenommen werden. Dies habe
Bismarcks Ziel einer Union der süddeutschen Staaten mit dem Norddeutschen Bund
begünstigt. Verantwortlich für den Krieg war demnach laut Clark vor allem das
französische Bestreben, „keine Gefährdung [seiner] privilegierten Stellung […]
im europäischen internationalen System“ zu akzeptieren.[51] Christoph Nonn meint,
Bismarck könnte das spanische Projekt vor allem zur Friedenssicherung betrieben
haben. Immerhin hätte ein Hohenzollern-König auf dem spanischen Thron
Frankreich vor einem Krieg mit Preußen zurückschrecken lassen können oder
Frankreich zumindest zusätzlich dazu gezwungen, Truppen zum Schutz seiner
Südwestgrenze zusammenzuziehen.[52] Der US-amerikanische Historiker David
Wetzel (2005) beschreibt die Vorgeschichte des Deutsch-Französischen Krieges
als eine personengeschichtliche Konfrontation zwischen dem Bundeskanzler des
Norddeutschen Bundes und dem französischen Kaiser. Neben den beiden für Wetzel
zentralen Protagonisten (Bismarck und Napoleon III.) spielte aber auch deren
Umgebung eine wichtige Rolle für die Auslösung des Krieges. Der Autor nennt
hier vor allem den preußischen König Wilhelm I., die französische Kaiserin
Eugénie, den französischen Ministerpräsidenten Émile Ollivier und den
französischen Außenminister Gramont. Vor allem Ollivier und Gramont werden als
die für den Krieg hauptverantwortlichen Akteure angesehen. Bismarck arbeitete –
so die Einschätzung von Wetzel – nicht auf einen Krieg mit Frankreich hin.
Vielmehr habe Bismarck mit der Spanischen Thronkandidatur versucht, Frankreichs
Aufmerksamkeit von seiner deutschen Einigungspolitik abzulenken. Die
französische Regierung habe auf das spanische Projekt weit aggressiver reagiert
als es Bismarck vorhersehen konnte. Steffen Bruendel wirft Wetzels Darstellung
vor, strukturelle Faktoren (z. B. die öffentliche Meinung) zu sehr außen vor zu
lassen.[53]
Noch am Abend des 14. Juli 1870
versammelten sich tausende Menschen auf den Straßen und Plätzen von Paris, um
für den Krieg zu demonstrieren. Chöre wie „Nach Berlin“ und „Nieder mit
Preußen“ waren zu hören.[54] Am 15. Juli 1870 votierten die Abgeordneten des
französischen Parlaments nach einer elfstündigen Debatte mit 245 gegen 10
Stimmen für die Aufnahme von Kriegskrediten. Vier Tage später, am 19. Juli
1870, erfolgte die französische Kriegserklärung gegen Preußen.[55] In der
Kriegserklärung rechtfertigte die französische Regierung ihr Handeln damit,
dass „das Projekt, einen preußischen Prinzen auf den spanischen Thron zu
erheben, eine gegen die territoriale Sicherheit Frankreichs gerichtete
Unternehmung“ sei.[56]
Die bis heute zentrale Auseinandersetzung
in der Kriegsschuldfrage begannen die Historiker Eberhard Kolb und Josef
Becker. In seiner 1970 erschienenen Monografie Der Kriegsausbruch 1870 vertrat
der Historiker Eberhard Kolb die These, dass das Vorgehen des preußischen
Ministerpräsidenten Otto von Bismarck im Vorfeld des Deutsch-Französischen
Krieges eher defensiver Natur war. Während der Spanischen Thronfolgekrise
hätten, so Kolb, auf Seiten der französischen Regierung „irrational-emotionale
Faktoren eine dominierende Rolle“[57] gespielt. Die französische Überreaktion
auf die Hohenzollernkandidatur sei für Bismarck so nicht vorhersehbar
gewesen.[58] Kolb verweist auch auf den Umstand, dass andere Regierungschefs
die Situation falsch einschätzten und nicht mit derart scharfen Äußerungen und
einer Kriegserklärung der französischen Regierung rechneten. Eine deutsche
Einigung sei aus Bismarcks Sicht langfristig auch ohne Krieg denkbar gewesen,
wenn auch unter veränderten politischen Verhältnissen in Frankreich. Eine
Voraussetzung hierfür habe der Kanzler in dem absehbaren Ableben des bereits
todkranken Napoleons III. gesehen.[59]
Gegen Kolbs These wandte sich 1971 der
Historiker Josef Becker. In seinem Aufsatz Zum Problem der Bismarckschen
Politik in der spanischen Thronfolge 1870 argumentiert er, dass Bismarck
absichtlich einen Krieg mit Frankreich provozierte, um die deutsche Einigung zu
verwirklichen und die starken süddeutschen Vorbehalte dagegen zu überwinden. Um
eine Intervention anderer Großmächte zu verhindern, sei es Bismarcks Ziel
gewesen, nach außen hin den Eindruck eines deutschen Verteidigungskrieges zu
erwecken.[60] Laut Becker „hieße es Bismarck eine ungewöhnliche
Fehleinschätzung zu unterstellen, wollte man annehmen, dass er die
Möglichkeiten der Reaktionen in Paris wesentlich anders eingeschätzt
hätte“.[61] In seinen zwischen 2003 und 2007 erschienenen drei Quelleneditionen
„Bismarcks spanische Diversion 1870 und der preußisch-deutsche
Reichsgründungskrieg. Quellen zur Vor- und Nachgeschichte der
Hohenzollern-Kandidatur für den Thron in Madrid 1866–1932“ entwickelt Becker
seine These weiter, wobei er auch mit breitem Quellenmaterial nachzeichnet, wie
Bismarck und sein Umfeld bewusst versuchten, die wahren Umstände des
Kriegsausbruches zu vertuschen. Dies habe die „Legende vom attackierten
Preußen“ (Hans-Ulrich Wehler) erst so langlebig werden lassen.[62]
Außenpolitische Ausgangslage und
Kriegsziele
Süddeutsche Staaten
Das diplomatische Geschehen in Bad Ems
bewirkte in den süddeutschen Staaten einen Stimmungsumschwung zu Gunsten
Preußens. Die Öffentlichkeit zeigte sich mehrheitlich empört über die aus ihrer
Sicht zu weitgehenden französischen Forderungen an den preußischen König.[63]
Die bayerische und die württembergische Regierung ließen dennoch zunächst
offen, ob sie in dem bevorstehenden Krieg ihren vertraglichen
Bündnisverpflichtungen gegenüber dem Norddeutschen Bund tatsächlich nachkommen
würden. Nur die Regierung des Großherzogtums Baden sprach von Beginn an Preußen
seine militärische Unterstützung aus.[64]
In Bayern führte der Ministerrat am
14. Juli 1870 – nur fünf Tage vor der französischen Kriegserklärung – eine
hitzige Debatte über die Rolle des Landes in dem sich abzeichnenden Krieg.
Einen Tag später einigte sich die Regierung in München dann doch darauf, auf
preußischer Seite zu kämpfen. Am 16. Juli 1870 befahl der bayerische König
Ludwig II. die Mobilmachung der Bayerischen Armee. München hoffte, durch die aktive
Beteiligung an dem Waffengang möglichst wenig Souveränitätsrechte abtreten zu
müssen.[65]
Der bayerische Außenminister
Bray-Steinburg fasste die politischen Optionen Bayerns wie folgt zusammen:
„Gehen wir mit Preußen und gewinnt dieses den Krieg, so ist Preußen
gezwungen, den Bestand Bayerns zu achten. Unterliegt Preußen, so verlieren wir
vielleicht die Pfalz, aber mehr kann uns nicht geschehen, denn Frankreich muss
die Selbständigkeit der deutschen Einzelstaaten immer begünstigen; das Gleiche
tritt ein, wenn wir neutral geblieben sind und Frankreich siegt. Siegt aber
Preußen, obwohl wir es gegen den Vertrag im Stiche gelassen haben, dann
erwartet uns das Schicksal Hannovers.“[66]
Auch die württembergische Regierung
hegte Vorbehalte gegen einen Kriegseintritt: Während der Krise in der
spanischen Thronfolge hatte der württembergische Ministerpräsident Karl von
Varnbüler mit der Hilfe des französischen Botschafters in Stuttgart noch
versucht, auf die französische Regierung mäßigend einzuwirken. Diese sollte
davon abgebracht werden, die rein dynastische Angelegenheit zu einem nationalen
Vorfall zu machen. Erst die weitere diplomatische Zuspitzung in Bad Ems
veranlasste Varnbüler in Absprache mit der bayerischen Regierung zu einer
Anerkennung des Bündnisfalls. Auch auf Druck der Straße ließ König Karl I.
daraufhin die Württembergische Armee mobilmachen. Das Parlament stimmte den
Kriegskrediten fast einstimmig zu.[67]
Das Großherzogtum Baden grenzte direkt
an Frankreich. Die Regierung in Karlsruhe war daher darum bemüht, Paris während
der spanischen Thronfolgekrise nicht zu reizen. Nachdem sich der Krieg aber
abzeichnete, schienen nur Preußen und dessen norddeutsche Verbündete in der
Lage, eine französische Besetzung des Landes zu verhindern. Seit der preußischen
Niederschlagung der Badischen Revolution im Jahr 1849 stand die badische
Dynastie überdies den Hohenzollern sehr nahe. Bereits am 15. Juli lief die
badische Mobilmachung an. Für Empörung gegen Frankreich sorgte auch der
Kommentar von Gramont, Baden sei lediglich eine „Zweigstelle Berlins“, die
politisch zerstört werden müsse.[68]
Europäische Großmächte
Die Emser Depesche erfüllte den von
Bismarck beabsichtigten Zweck: Frankreich stand isoliert als Aggressor da, denn
in den Augen der Weltöffentlichkeit war der Kriegsanlass nichtig, und
Frankreich hatte sich durch überhöhte Forderungen unnötig in Zugzwang gebracht.
Diese Einschätzung spiegelte sich auch in der Londoner Times. Diese schrieb am
16. Juli 1870: „Über das Eine kann gegenwärtig kein Zweifel herrschen, dass
aller Welt Sympathien sich jetzt dem angegriffenen Preußen zuwenden“.[69]
Zar Alexander II. von Russland
Bei Kriegsbeginn stand Frankreich so
weiterhin ohne einen echten Bündnispartner da. Russland gewann Bismarck durch
das Versprechen, dessen Politik der Revision des Pariser Friedens von 1856 zu
unterstützen.[70] Im Gegenzug duldete Sankt Petersburg nicht nur den
preußischen Waffengang gegen Frankreich, sondern erhöhte auch den Druck auf
Österreich, ebenfalls neutral zu bleiben. Zar Alexander II. teilte der
österreichischen Regierung mit, andernfalls Truppen ins österreichische
Galizien zu entsenden. Mit Wilhelm I. von Preußen, seinem Onkel, sah sich der
Zar dynastisch verbunden. Darüber hinaus ging Sankt Petersburg davon aus, dass
ein französisch-österreichischer Sieg Unabhängigkeitsunruhen in den von Preußen
und Russland besetzten polnischen Gebieten nach sich ziehen würde.[71] Im
Resultat konnte Russland seine schrittweise Revisionspolitik mit Bismarcks
Hilfe auf der Pontuskonferenz im März 1871 vorantreiben.
Kaiser Franz Joseph I. von Österreich
Die Bemühungen um ein
österreichisch-französisches Bündnis waren 1870 gescheitert. Im Juni – noch vor
der französischen Kriegserklärung an Preußen – reiste zwar der französische
General Barthélémy Louis Joseph Lebrun nach Wien, konnte aber der
österreichischen Regierung kaum Zusagen abringen. Kaiser Franz Joseph erklärte,
nur dann militärisch einzugreifen, wenn für Österreich die Chance bestünde, von
den süddeutschen Regierungen als Befreier wahrgenommen zu werden. Genau jenes
Szenario trat allerdings nicht ein; die süddeutschen Staaten bekannten sich im
Juli 1870 zu ihrem Bündnis mit dem Norddeutschen Bund.[72] Die österreichische
Neutralität ermöglichte es, alle deutschen Truppen an die französische Grenze
zu verlegen. Die einzige Ausnahme hiervon bildete die preußische 17. Division,
welche die schleswig-holsteinische Küste gegen französische Attacken von See
verteidigen sollte.[73]
König Viktor Emanuel II. von Italien
Mit militärischer Hilfe konnte Paris
auch von Italien nicht rechnen. Streitpunkt war weiterhin die sogenannte
Römische Frage: Um sich die Sympathie der katholischen Bevölkerung und der
Geistlichkeit in Frankreich zu sichern, bestand Napoleon III. auf dem
Fortbestand des päpstlichen Kirchenstaates. Die Regierung in Florenz pochte
dagegen auf die Inbesitznahme Roms durch italienische Truppen. Rom sollte ihrer
Meinung nach die Hauptstadt Italiens werden. Diesem Ziel standen allerdings die
französischen Schutztruppen im Weg, welche die politische Souveränität des
Papstes sicherstellten.[74] In dem sich abzeichnenden Deutsch-Französischen
Krieg bot sich Italien plötzlich die Chance, Rom zu besetzen: Noch kurz vor
ihrer Kriegserklärung an Preußen einigte sich die französische Regierung darauf,
die Truppen aus dem Vatikan abzuziehen. Damit machte Paris ungewollt den Weg
für die italienische Eroberung Roms frei.[75] Die französisch-italienische
Diplomatie im Vorfeld des Krieges wirkte sich auch deshalb nicht für Frankreich
in dem gewünschten Umfang aus, da der italienische König Viktor Emanuel II.
Paris nur versicherte, keine Verhandlungen mit anderen Mächten aufzunehmen. Die
französische Regierung sah hierin fälschlicherweise eine Beistandserklärung.
Italien griff jedoch – anders als erwartet – nicht in den Konflikt ein.[76]
Großbritannien war zu dieser Zeit kaum
daran interessiert, sich an einem bewaffneten Konflikt auf dem europäischen
Festland zu beteiligen. Bedrohlicher als die bisherigen Erfolge Preußens wurde
in London die veränderte geopolitische Lage in Nordamerika wahrgenommen. Dort
hatten erst 1867 die Vereinigten Staaten von Amerika dem russischen Zarenreich
Alaska abgekauft, was potenziell die Interessen der britischen Kolonie Kanada
tangieren konnte. Außerdem sah das politische London in Preußen ein mögliches
Gegengewicht zu den expansionistischen Ambitionen Frankreichs.[77] Mit einem
möglichen französischen Sieg verband die britische Politik die Furcht vor einer
erneuten Vorherrschaft von Paris in Europa, ähnlich wie zur Zeit Napoleons I.
London schreckte daher vor einem militärischen Eingriff zu Gunsten Frankreichs,
des ehemaligen Partners im Krimkrieg, zurück.[78] Die größte Sorge der liberal
dominierten britischen Regierung betraf die aufgrund des Krieges zu erwartende
Störung des Handels. Sie bemühte sich daher zunächst darum, eine Abrüstung
beider Länder zu erreichen. Hierfür wurden auch die dynastischen Verbindungen
des britischen Königshauses zu den Hohenzollern genutzt. Kronprinz Friedrich
war immerhin mit einer Tochter von Königin Victoria von Großbritannien
verheiratet. Die Vermittlungsversuche schlugen allerdings fehl, was nicht
zuletzt an der abgerüsteten und vergleichsweise begrenzten Truppenstärke
Großbritanniens lag.[79]
Dänemark und Belgien
Wie Großbritannien entschied sich auch
Dänemark für die Neutralität. Obwohl Kopenhagen im Krieg von 1864 die
Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg an Preußen und Österreich
verloren hatte, wollte es nicht das Risiko eines Revanchismus eingehen.[80] Die
dänische Regierung fürchtete, dass in einem solchen Krieg gegen Preußen
deutsche Truppen noch vor dem Auftauchen der französischen Verstärkung Jütland
einnehmen würden. Anfangs auf sich gestellt hätte Dänemark den deutschen
Vorstoß mit den eigenen militärischen Kräften nicht stoppen können. Neben
diesen Bedenken spielte auch außenpolitischer Druck eine Rolle für die
Neutralität Dänemarks: Der russische Zar sprach sich gegen einen dänischen
Kriegseintritt aus, denn ein französisch-dänischer Erfolg an der Küste hätte
womöglich Aufstände in Polen nach sich ziehen können.[81] Neben der dänischen
Neutralität trug aber auch der Umstand einer schnellen Bindung der
französischen Kräfte im eigenen Land zu einer Beschränkung des Seekrieges bei.
Für den Verlauf der Auseinandersetzung sollte der Kriegsschauplatz in Nord- und
Ostsee militärisch völlig bedeutungslos bleiben.
Belgien war seit dem Londoner
Protokoll 1831 zu einer Neutralität in Europa verpflichtet. König Leopold II.
von Belgien hielt an diesem Standpunkt fest. Um Verletzungen der Neutralität
begegnen zu können, wurden die belgischen Truppen mobilgemacht. Der Umstand,
nicht in den Deutsch-Französischen Krieg verwickelt worden zu sein, trug dazu
bei, dass die belgische Öffentlichkeit 1914 bei dem Beginn des Ersten
Weltkrieges irrtümlicherweise abermals auf die Sicherheit ihrer Neutralität
vertraute.[82]
Kriegsziele
Mit dem Krieg verfolgte Paris aus
machtpolitischen Beweggründen das Ziel, eine deutsche Einigung zu verhindern.
Preußisches Machtstreben sollte künftig eingedämmt werden und Frankreich die
vorherrschende Nation auf dem europäischen Kontinent bleiben. Gleichzeitig
schien der Krieg für die Regierung Napoleons III. ein Mittel zu sein, um die
innenpolitische Opposition mit einem militärischen Erfolg zum Schweigen zu
bringen.[83]
Zu Beginn des Krieges wurden auch die
territorialen Kriegsziele Frankreichs festgelegt. So sollte das von Preußen
annektierte Königreich Hannover wiederhergestellt, Schleswig an Dänemark
zurückgegeben und der Deutsche Bund wiedererrichtet werden. Vor allem aber
wurde auf den Besitz von Teilen der preußischen Rheinprovinz für Frankreich
gepocht (Rheingrenze).[84]
Im Prager Frieden von 1866 hatte
Frankreich noch einen Beitritt der deutschen Staaten südlich der Maingrenze zu
dem Norddeutschen Bund verhindern können. So spekulierte Bismarck bereits 1866
darauf, „im Kriegsfall mit Frankreich sofort die Mainschranke [zu] durchbrechen
und ganz Deutschland in den Kampf [zu ziehen]“. Ein erfolgreicher Waffengang
gegen Paris würde außerdem die vorhergegangenen Eroberungen des
Deutsch-Dänischen Krieges und des Deutschen Krieges absichern.[85]
Im August 1870 – bereits im Krieg mit
Frankreich – einigte sich das Große Hauptquartier um König Wilhelm I. auf die
Annexion des Elsass und Lothringens. Hintergrund dieser Entscheidung war,
Frankreich machtpolitisch dauerhaft schwächen zu wollen und zum Schutz
Süddeutschlands vor möglichen künftigen französischen Feldzügen eine Pufferzone
zu schaffen. Die Forderung nach Gebietsabtretung, die Bismarck am 19. September
1870 dem französischen Unterhändler vortrug, wurde von diesem zunächst noch
zurückgewiesen. Die preußischen Kriegsziele verlängerten damit den Krieg.[86]
Verlauf
Strategische Planungen im Vorfeld
(1867–1870)
Generalstabschef Helmuth von Moltke
Auf der Seite des Norddeutschen Bundes
und der süddeutschen Staaten galt nominell König Wilhelm I. als oberster
Befehlshaber. In der Praxis überließ der Monarch jedoch dem Chef des
Generalstabes, Helmuth von Moltke, die Planung der militärischen Operationen.[87]
Moltke hatte sich bereits seit 1867 mit Planungen für einen möglichen Krieg
gegen Frankreich beschäftigt. Der Generalstabschef sah vor, die zahlenmäßige
Überlegenheit an Truppen zu nutzen. Eine rasche Mobilmachung sollte, verbunden
mit den Transportkapazitäten der Eisenbahnstrecken, den Feldzug möglichst
schnell auf französischen Boden verlagern. Zwischen Metz und Straßburg wollte
er dann eine schnelle Entscheidungsschlacht erzwingen.[88] Moltkes Strategie
beruhte auf der Vorstellung eines modernen Kabinettskrieges. Darunter ist zu
verstehen, dass er die gegnerischen Truppen nicht nur schwächen, sondern
komplett zerschlagen wollte. Strategisch wichtige Orte Frankreichs sollten
eingenommen werden. Zuvor ging es in der Kriegsführung meist nur darum, den
Gegner gerade so weit zu schlagen, dass er bestimmten Friedensbedingungen
zustimmt.[89] Moltke erwartete, dass Frankreich versuchen würde, in Richtung
Main vorzustoßen und so einen Keil zwischen den Norddeutschen Bund und seine
süddeutschen Verbündeten zu treiben. Um dieses Szenario zu verhindern, ließ er
drei deutsche Armeen in der Pfalz zusammenziehen. Ein Truppenteil marschierte
schließlich in Richtung Trier, ein zweiter in Richtung Saarbrücken und ein
dritter in Richtung Landau in der Pfalz.[90]
Auf französischer Seite herrschte die
Einschätzung vor, einen leichten und schnellen Sieg erringen zu können. Der
Kriegsminister Marschall Edmond Lebœuf setzte seine Hoffnungen auf einen
schnellen offensiven Erfolg, den Frankreich durch eine rasche Mobilisierung und
Aufstellung gewinnen sollte. Seiner Einschätzung folgten sowohl Napoléon III.
als auch die überwiegende Mehrheit des Generalstabs. In der internationalen
europäischen Presse wurde mit einer militärischen Überlegenheit Frankreichs
gerechnet.[91] Noch während der Luxemburgkrise 1867 hatte Marschall Niel einen
offensiven Plan vorgelegt. Er wollte an der Front zwischen Thionville und Trier
nach Osten vorstoßen und Preußen von seinen süddeutschen Verbündeten
abschneiden. Das Vorhaben hätte aufgrund der vorhandenen Eisenbahnstrecken und
französischen Festungen in der Umgebung gute Aussichten gehabt. Allerdings
wurde Niels Plan nach dem Ende der Luxemburgkrise nicht weiterverfolgt.[92] Der
französische General Charles Auguste Frossard brachte 1868 eine andere,
defensive Überlegung ins Spiel. Truppenteile sollten in die Städte Straßburg,
Metz und Châlons verlegt werden und von dort zunächst einen preußischen Angriff
abwehren.[93]
Im Februar 1870 änderte dann Napoleon
III. auf Anraten von General Lebrun die militärische Strategie Frankreichs
erneut, da er nach dem Besuch des österreichischen Feldmarschalls in Paris mit
einer militärischen Rückendeckung durch Österreich rechnete. Einen Teil seiner
Armee verlegte Napoleon III. daher nach Metz, den anderen nach Straßburg. Der
Kaiser hoffte, vor allem von Straßburg aus Süddeutschland besetzen und deren
Regierungen auf seine Seite ziehen zu können. Danach würden die französischen
Soldaten – so die Überlegung – von Truppen des österreichischen Kaisers verstärkt
werden.[94] Beim Kriegsausbruch wurde schließlich versucht, auf Elemente aller
drei Pläne zurückzugreifen. So spaltete Napoleon III. seine Armee im
Wesentlichen in drei Truppenverbände auf. Die Rheinarmee wurde von ihm selbst
geführt und bezog Stellung in Metz. Die beiden anderen Truppenteile hatten
ihren vorläufigen Stützpunkt im Elsass und in Châlons.[95] Die unzureichende
Vorbereitung des Feldzuges bremste das Tempo des französischen Aufmarsches und
die Mobilisierung und Aufstellung der Truppen. Die zahlenmäßig überlegenen
Kräfte der deutschen Armeen erhielten so genug Zeit, sich zu formieren. Die
geplante Offensive der französischen Armee über den Rhein war unter diesen
Voraussetzungen nicht mehr ohne Weiteres möglich.[96]
In dem Deutsch-Französischen Krieg kam
es wesentlich darauf an, hunderttausende Soldaten, Pferde, Ausrüstung und
Verpflegung an die Front bewegen zu können. Im Laufe des Krieges wurden auf
beiden Seiten nahezu 3 Millionen Soldaten eingezogen. In den deutschen Staaten
galt dabei die aktive Wehrpflicht. Im Alter von 17 bis 45 Jahren konnte
theoretisch jeder männliche Bürger für den Kriegsdienst verpflichtet werden.
Aufgrund fehlender Kapazitäten der Wehrstellen entschied jedoch ein
Losverfahren über den tatsächlichen Einsatz. Sozial besser gestellte Männer
konnten sich häufig von ihrem Dienst freikaufen.[97] Die französische Armee
bestand hauptsächlich aus Berufssoldaten. Eine allgemeine Wehrpflicht
existierte nicht. Die französischen Soldaten waren wegen ihres Einsatzes im
Krimkrieg und dem Sardinischen Krieg kampferfahren und mit dem hocheffizienten
Chassepotgewehr ausgerüstet.[98]
Aufmärsche (Juli, August und September
1870)
Exerzieren französischer Soldaten im
Lager Ile Chambrière bei Metz, 1870
Allerdings zählte die französische
Armee zu Beginn des Krieges nur 336.000 Soldaten. Sie war zahlenmäßig
unterlegen. Wegen der geringeren Einwohnerzahl Frankreichs konnten die
deutschen Staaten langfristig etwas mehr Soldaten rekrutieren.[99] Bereits am
31. Juli 1870 standen auf deutscher Seite 460.000 Männer in Grenznähe bereit.
900 Züge waren notwendig gewesen, um sie zu ihren Zielorten zu
transportieren.[100] Insgesamt transportierten 1.500 Züge innerhalb von nur
drei Wochen bis zum 12. August 640.000 Soldaten, 170.000 Pferde und beinahe 1.600
Geschütze an die Front.[101] Auf französischer Seite waren kaum Vorkehrungen
für die bevorstehenden Truppenverlegungen getroffen worden. Es fehlte zunächst
an Unterbringungsmöglichkeiten und Zelten. An Lebensmitteln standen den
Soldaten anfangs nur ihre selbst mitgebrachten Rationen zur Verfügung. Zwar
transportierten 900 Züge die Einheiten rasch an Rhein und Mosel, jedoch war die
erforderliche Ausrüstung noch in den Depots. Die Waffenmagazine waren im ganzen
Land verteilt, sodass die Reservisten, welche die Ausstattung zu ihren
Einheiten bringen sollten, zuerst quer durch Frankreich reisten. Anschließend
mussten sie noch ihre jeweiligen Einheiten an der Front finden. Selbst als die
Kampfhandlungen bereits begonnen hatten, fehlten den französischen Truppenverbänden
teilweise noch im September 1870 Ausrüstung und Männer.[102]
Die Eisenbahn spielte besonders zu
Beginn des Deutsch-Französischen Krieges eine wesentliche Rolle. Ihr Potenzial
als Transportmittel hatte die preußische Seite bereits früh erkannt. Seit den
1840er Jahren band das preußische Kriegsministerium sie in militärische
Planungen mit ein. Seit den 1860er Jahren war die Eisenbahn bereits ein fester
Bestandteil von Truppenübungen. 1869 gründete sich innerhalb des Generalstabes
eine Eisenbahnabteilung, die über Kontakte zu den Eisenbahngesellschaften
verfügte. Auf diese Weise lagen bereits im Frühjahr 1870 Fahrpläne nach
Frankreich vor. Derartige Absprachen zwischen der militärischen Leitung und den
Eisenbahngesellschaften wurden auf der französischen Seite nicht getroffen. So
kam es vor, dass Züge trotz des besser ausgebauten französischen
Eisenbahnnetzes unterwegs wieder umkehren mussten, weil die ihnen zugeordneten
Truppenteile noch nicht vollständig zugestiegen waren.[103]
Erste Kriegsphase bis zu der Schlacht
von Sedan
Verlauf der ersten Kriegsphase bis zur
Schlacht von Sedan am 1. September 1870
Die Kampfhandlungen begannen am 2.
August 1870 mit einem Vorstoß französischer Truppenteile der Rheinarmee unter
General Frossard. Sie nahmen das strategisch eher isolierte und nur von wenigen
preußischen Truppen geschützte Saarbrücken ein. Am 5. August räumte Frossard
Saarbrücken, da er starke gegnerische Truppenverbände in der Nähe vermutete.
Diese schlugen ihn am 6. August in der Schlacht bei Spichern.[104] Mit seinem
Rückzug ging die Initiative auf die drei deutschen Armeen über, geführt von
Karl Friedrich von Steinmetz (1. Armee), Prinz Friedrich Karl von Preußen (2.
Armee) und Kronprinz Friedrich Wilhelm (3. Armee). Weitere französische
Niederlagen in den Grenzschlachten von Weißenburg am 4. August und der Schlacht
bei Wörth bannten vorerst die Möglichkeit einer französischen Invasion. Es
zeichnete sich ab, dass Frankreich zum Hauptkriegsschauplatz werden
sollte.[105]
Kämpfe am 18. August 1870 auf dem
Dorffriedhof von Saint-Privat bei Gravelotte nahe Metz.[106]
Die ersten Siege waren mit hohen
Verlusten verbunden. Allein in Wörth starben mehr deutsche Soldaten als im
Krieg zwischen Deutschland und Österreich 1866.[107] Die deutschen Offiziere
befahlen den Fußtruppen zu Beginn des militärischen Konfliktes häufig noch
traditionelle Frontalangriffe auf die Stellungen der Franzosen. Dabei setzten
sie die Soldaten dem Beschuss durch das Chassepotgewehr aus. Da die preußischen
Zündnadelgewehre nur eine halb[108] so große Schussweite (600 Meter) wie ihre
französischen Gegenstücke aufwiesen, mussten die deutschen Truppen mehrere
hundert Meter vorrücken, ehe sie das Feuer erwidern konnten.[109] Die an
Schussfrequenz und Schussweite überlegene deutsche Artillerie wurde zu Beginn
des Krieges häufig erst eingesetzt, nachdem ihr die Infanterie unter hohen
Verlusten eine günstige Position verschafft hatte.[110]
Die von der Grenze zurückgedrängten
Truppenteile der Franzosen marschierten nach Nancy und Straßburg, um sich dort
neu zu formieren. Die von Marschall François-Achille Bazaine geführte
Rheinarmee hielt ihre Stellung weiterhin in Metz.[111] Um die Stadt herum
sollte es zwischen dem 14. und 18. August zu drei Schlachten kommen: Die erste
Begegnung mit der Rheinarmee bei Colombey-Nouilly (14. August) endete
unentschieden. In der zweiten Schlacht bei Mars-la-Tour (16. August) gelang es
den deutschen Truppen, Bazaines Armee den Weg in das schwer befestigte Verdun
abzuschneiden. Damit war eine Vereinigung mit der Armee Napoleons III.
vereitelt worden.[112] Am 18. August kam es bei Gravelotte zu der größten und
verlustreichsten Schlacht des gesamten Krieges. Die Rheinarmee zog sich in
Folge der Schlacht hinter die Festungsmauern von Metz zurück und konnte so
letztlich eingekesselt werden. Die eingeschlossene Rheinarmee – immerhin der
größte Truppenverband Frankreichs – war somit nicht mehr in der Lage, eine
Verteidigung des Landes zu gewährleisten.[113]
Am Morgen nach der Schlacht von Sedan
ging Kaiser Napoleon III. in Kriegsgefangenschaft.[114]
Um die Belagerung von Metz aufzuheben,
wurden die unter dem Kommando von Marschall Mac-Mahon im Lager von Châlons
zusammengezogenen Verbände in Marsch gesetzt. Allerdings setzten die 3. Armee
des preußischen Kronprinzen und die Maasarmee Mac-Mahon nach. Nach der
verlorenen Schlacht bei Beaumont (30. August) nahm der französische General
vorerst endgültig Abstand von dem Plan, die Festung Metz zu entsetzen. Er ließ
seine Armee weiter in Richtung der belgischen Grenze abdrängen, nach
Sedan.[115] Die Stadt liegt in einem Tal, umgeben im Osten und Norden von
Anhöhen. Diese Erhebungen machten es der deutschen Artillerie am 1. September
möglich, die Stadt und Festung von oben herab zu beschießen.[116] Zum ersten Mal
im Deutsch-Französischen Krieg fungierten Geschütze als die Hauptwaffe. Nicht
mehr nur feindliche Artillerie wurde unter Beschuss genommen, sondern
systematisch vor allem die gegnerische Infanterie.[117] Am 2. September 1870
kapitulierte die nun ebenfalls eingekesselte Armée de Chalons. Kaiser Napoleon
III. geriet in preußische Gefangenschaft. Als Paris am 3. September die
Nachricht von der Niederlage erreichte, begann das kaiserliche Regime endgültig
zusammenzubrechen. Noch in der Nacht zum 4. September plädierten 28 Abgeordnete
des Parlamentes dafür, über die Abschaffung der Monarchie zu entscheiden. Dem
kamen jedoch im Laufe des 4. Septembers Unruhen in Paris zuvor. Eine
aufständische Menschenmenge besetzte das Parlament und forderte die Gründung
einer Republik. Dem öffentlichen Druck gaben Abgeordnete um Léon Gambetta nach.
Sie proklamierten am Rathaus die Dritte Französische Republik und riefen eine
„provisorische Regierung der nationalen Verteidigung“ ins Leben, die den Krieg
fortführte.[118] Die folgenden Monate bis zum Friedensschluss musste der
entmachtete Napoleon im Exil, in Schloss Wilhelmshöhe bei Kassel,
verbringen.[119]
Fortsetzung des Krieges und zweite
Kriegsphase
Verlauf der zweiten Kriegsphase (Teil
1 – 1. September bis 30. November)
Verlauf der zweiten Kriegsphase (Teil
2 – 1. Dezember bis Kriegsende)
Den formalen Gepflogenheiten des
Kabinettskrieges entsprechend war Frankreich nach der Schlacht von Sedan
besiegt. Die französische Berufsarmee geriet größtenteils entweder in
Kriegsgefangenschaft (Sedan) oder blieb zunächst in der belagerten Festung von
Metz eingeschlossen. Die provisorische Regierung in Paris sah sich trotzdem
nicht im Stande, Frieden zu schließen, denn dies hätte bedeutet, den inzwischen
von der deutschen Seite erhobenen Forderungen nach einer Abtretung des Elsass
und Lothringens zuzustimmen. Ein solcher Gebietsverlust hätte erneute Unruhen
in Paris ausgelöst und wohl zum Sturz der neuen Regierung geführt.
Verhandlungsgespräche zwischen Bismarck und dem französischen Außenminister
Jules Favre scheiterten daher. Die neue Regierung setzte auf eine
Massenaushebung in den unbesetzten Landesteilen und versuchte so, neue Armeen
aufzustellen. Faktisch wurde damit die Wehrpflicht in Frankreich wieder
eingeführt.[120]
Preußische Batterie vor Paris,
Fotografie von 1870/1871[121]
Der deutsche Generalstab seinerseits
plante, den Krieg durch einen Vorstoß auf Paris zu beenden. Die französische
Hauptstadt konnte am 19. September 1870 eingeschlossen werden. Für eine
Erstürmung der Stadt waren jedoch nicht genug Truppen vorhanden. Gegen eine
Erstürmung sprachen auch die massiven Festungsanlagen von Paris und ein zu
erwartender Straßenkampf. Moltke hoffte, dass die Vorräte in der belagerten
Stadt nach acht Wochen aufgebraucht sein würden und die französische Regierung
dann um Frieden bitten müsse.[122] Tatsächlich aber gelang es der nach Tours
und später Bordeaux geflüchteten französischen Regierung, noch etwa eine
Million Männer zu rekrutieren. An der Loire, im Nordwesten und Südosten Frankreichs
bildeten sich zur geplanten Befreiung von Paris neue Armeen, wenngleich
unzureichend ausgebildet und schlecht bewaffnet. Der Generalstab konnte auf
diese Entwicklung erst nennenswert reagieren, nachdem sich die Festung von Metz
am 27. Oktober 1870 ergeben hatte und die I. und II. Armee abgezogen werden
konnten.[123]
Der französische Innenminister
Gambetta flüchtete am 7. Oktober 1870 mit dem Gasballon Armand-Barbès aus dem
belagerten Paris
Ein getöteter deutscher Offizier neben
seinem sterbenden Pferd.[124]
Derweil startete der Pariser
Festungsgouverneur Louis Jules Trochu mehrere Versuche, den Belagerungsring der
Deutschen zu durchbrechen. Dies war etwa am 30. September bei Chevilly, am 13.
Oktober bei Châtillon und am 28. Oktober im Vorstadtdorf Le Bourget der
Fall.[125] Die Aktionen waren jeweils schlecht organisiert und blieben
erfolglos. Den Einwohnern von Paris machten im Winter 1870 zunehmend Hunger,
Seuchen (Typhus, Ruhr, Pocken) und Kälte das Leben schwer. Insbesondere für die
ärmeren Schichten war kaum noch Brennholz zum Heizen der Häuser verfügbar.
40.000 Pariser sollten die verschärften Lebensbedingungen in der Stadt nicht
überleben. Hinzu kamen seit dem Jahreswechsel 1870/1871 noch Opfer durch
Artilleriebeschuss. In drei Wochen schlugen 7000 Granaten in Paris ein.[126]
Der Beschuss der französischen Hauptstadt erfolgte auf Drängen von Bismarck,
der die Kapitulation Frankreichs beschleunigen wollte. Als Kanzler des
Norddeutschen Bundes fürchtete er, dass die anderen europäischen Großmächte im
Falle eines sich lange hinziehenden Krieges einen Friedenskongress einberufen
könnten. So sprach der britische Premierminister William Ewart Gladstone von
einer „tiefen Schuld gegenüber Frankreich“, die Preußen und seine Verbündeten
auf sich laden, wenn sie tatsächlich das Elsass und Lothringen annektieren
würden. Der Beschuss von Paris beförderte zudem den Widerstandswillen in der
Stadt und schadete dem Ruf der deutschen Entscheidungsträger im Ausland.[127]
Eine unmittelbare potenzielle
Gefährdung der Pariser Belagerung ging von den drei neu aufgestellten
französischen Armeen aus: der Loirearmee, der Ostarmee um Besançon und der
Nordarmee um Rouen. Moltke musste an verschiedenen Fronten Abwehrkämpfe führen.
Besonders an der Loire fanden in der Region um Orléans mehrere Schlachten
statt. Am 10. Oktober 1870 zwang ein von Paris abgezogenes bayerisches Korps in
dem Gefecht bei Artenay französische Kräfte zum Rückzug. Orléans wurde am Tag
darauf besetzt.[128] Die zahlenmäßig deutlich unterlegene Truppe setzte sich
jedoch am 9. November in der Schlacht bei Coulmiers nicht gegen die Loirearmee
unter der Führung von General Paladines durch. Orléans fiel vorerst wieder in
die Hände der französischen Truppen. Am 3. Dezember traf mit der aus Metz
abgezogenen 2. Armee deutsche Verstärkung in der Region ein und versprengte die
Loirearmee.[129] Bei Le Mans wurde die Armee schließlich vom 10. bis zum 12.
Januar 1871 vollends geschlagen. Damit bestand de facto kaum noch die
Möglichkeit einer Befreiung von Paris.[130]
Auch von anderen Regionen aus
vermochten es die militärischen Operationen der Franzosen nicht, den Pariser
Belagerungsring zu erreichen: Moltke schickte Mitte November 1870 die 1. Armee
unter dem Kommando des Edwin von Manteuffel in die Region nördlich der Somme.
Die Truppen sollten dort gegen die kampffähig gewordene Nordarmee vorgehen. In
der Schlacht bei Amiens kam es am 27. November 1870 zu einem ersten
Zusammentreffen zwischen den neu aufgestellten französischen Einheiten und der
Armee Manteuffels. Die unzureichend vorbereitete französische Armee wurde
zurückgedrängt, nicht zuletzt auch aufgrund des auf deutscher Seite
weiterreichenden Artilleriefeuers. Die deutschen Truppen rückten kurz darauf
auf Rouen vor und besetzten die Stadt am 5. Dezember 1870.[131] Der geplante
Vorstoß bis nach Le Havre scheiterte allerdings, da es dem inzwischen von der
französischen Regierung zum Oberbefehlshaber der Nordarmee ernannten Louis
Faidherbe gelang, die Festung in Ham zurückzuerobern. Damit kontrollierten die
französischen Einheiten kurzzeitig wieder die Eisenbahnlinie von Reims nach
Amiens, was die Nachschubwege von Manteuffels Armee in Richtung Rouen
unterbrach. Durch die Siege in den folgenden Schlachten an der Hallue – einem
Nebenfluss der Somme bei Amiens – und bei Saint-Quentin konnte Manteuffel
jedoch letztlich die französische Nordarmee weiter von Paris abdrängen.[132]
Zivilisten im Krieg
In den besetzten Gebieten Frankreichs
führte die preußische Führung eine Militärregierung ein, die sich auf die
verordnete Kooperation der verbliebenen französischen Kommunalverwaltungen
stützte. Die Zivilbevölkerung wurde für die Unterbringung und Versorgung der
fremden Truppen requiriert. Durch das Verbot französischer Presse gab es auch
keine Informationen aus deren Perspektive mehr. Lokale französische
Kommunalpolitiker wurden mitunter Opfer von Repressalien aus der eigenen
Bevölkerung. Für Unmut sorgten organisierte Requisitionen durch deutsche
Truppen, die in den Augen der Bevölkerung stellenweise Plünderungen von
Privateigentum nahekamen. Die Städte waren von solchen Maßnahmen weniger
betroffen als die ländlichen Gebiete.[133]
Im Deutsch-Französischen Krieg
kämpften nicht nur reguläre Armeen gegeneinander. Auf französischer Seite
griffen auch Zivilisten in die Kampfhandlungen ein. Sie schlossen sich
Freischärlerverbänden, sogenannten Franc-tireurs an. Noch die kaiserliche
Regierung Napoleons III. hatte ihre Bildung aus Schützengesellschaften
angeregt. Aus Verbitterung über Einquartierungen und Verpflegung der deutschen
Besatzer verstärkten weitere französische Zivilisten bald die Verbände. In den
von den deutschen Armeen besetzten Gebieten Frankreichs führten sie Aktionen
durch, die erstens die Versorgung der gegnerischen Soldaten beeinträchtigen und
zweitens deren Kampfmoral treffen sollten. Attackiert wurden hauptsächlich
kleinere Abteilungen, Posten und Kuriere, aber auch Eisenbahn-, Telegrafen- und
Brückenverbindungen. Die militärische Wirkung hielt sich in Grenzen. „Nur“ etwa
1.000 deutsche Soldaten starben in Auseinandersetzungen mit den
Freischärlern.[134]
Die deutschen Offiziere und Soldaten
erkannten die bewaffneten Zivilisten nicht als Kombattanten bzw. rechtmäßige
Kampfteilnehmer an. Der rechtliche Status der Franc-tireurs war faktisch kaum
geregelt, da die Erste Genfer Konvention von 1864 sich im Wesentlichen nur auf
den Schutz verwundeter Soldaten beschränkte. Diese rechtliche Lücke begünstigte
schwere Ausschreitungen auf beiden Seiten. Neben der Teilnahme von nicht
uniformierten Verbänden an den Kämpfen ereigneten sich Fälle des
„Missbrauch[es] von Geiseln als menschliche Schutzschilder und […]
Hinrichtungen widerspenstiger Zivilisten“ (Heidi Mehrkens). Die Exzesse des
Krieges begünstigten eine Erweiterung der Genfer Konventionen in den folgenden
Jahrzehnten.[135] Zu besonderer Bekanntheit brachten es Kämpfe um Bazeilles bei
Sedan. Am 1. September 1870 erschossen bayerische Soldaten in dem Dorf über 30
Einwohner und brannten den Ort nieder.[136] General von Senden ließ im Dezember
1870 in einer Proklamation verkünden:
„Jede Person, die nicht zur regulären Truppe oder zur Mobilgarde gehört
und unter der Bezeichnung Freischärler oder einem anderen Namen mit Waffen
angetroffen wird, in dem Augenblick, wo sie bei der Ausübung von feindseligen
Handlungen gegen unsere Truppen in flagranti gefasst wird, als Verräter
angesehen und ohne jedes weitere Prozessverfahren gehängt oder erschossen […] alle
Häuser oder Dörfer, die den Freischärlern Unterschlupf bieten und in deren
Schutz diese die deutschen Truppen angreifen, werden in Brand gesteckt oder
beschossen […]“[137]
Die Furcht vor Franc-tireurs blieb in
der militärischen Führung noch lange nach dem Deutsch-Französischen Krieg
präsent. So rechtfertigte das deutsche Militär die Zerstörung Löwens im Ersten
Weltkrieg sowie gleichzeitige präventive Maßnahmen gegen die Zivilbevölkerung
in Frankreich damit, einen angeblichen „Franctireurskrieg“ unterdrücken zu
müssen.[138]
Reichsgründung
→ Hauptartikel: Deutsche
Reichsgründung
Die Proklamierung des deutschen
Kaiserreiches, 3., sog. Friedrichsruher Fassung, 167 × 202 cm, Bismarck-Museum.
Extrablatt des Mainzer Wochenblatts
vom 3. März 1871, Nr. 52 zur Ratifizierung des Friedensschlusses durch Kaiser
Wilhelm I.
Die gemeinsam auf den Schlachtfeldern
errungenen Erfolge begünstigten einen nationalen Einigungsprozess. Bismarck
ließ sich zwar von der öffentlichen Meinung generell nicht leiten, arbeitete
aber spätestens seit dem Herbst 1870 – noch während des Krieges – auf die
Gründung des Deutschen Kaiserreiches hin. Dafür waren mehrere Gründe
ausschlaggebend. Nur ein Beitritt der süddeutschen Staaten zum Norddeutschen
Bund würde, so Bismarcks Kalkül, Frankreich von einem zukünftigen Revanchismus
abschrecken. Zudem war die Regierung an einer Etatbewilligung durch den
Reichstag interessiert. Die Erhebung von Wilhelm I. zum deutschen Kaiser
versprach die notwendige Unterstützung im Parlament sicherzustellen.[139] Bismarcks
langandauernde Verhandlungen mit den süddeutschen Regierungen zeigten
schließlich Erfolg, auch wenn er einige Zugeständnisse machen musste. In den
Novemberverträgen verpflichteten sich die süddeutschen Staaten, einem Deutschen
Bund (so die offizielle Bezeichnung) beizutreten. Im Gegenzug behielten sie
ihre Selbstverwaltung im Post-, Telegraphen- und Bahnwesen. Der bayerische
König blieb in Friedenszeiten Oberbefehlshaber der Armee seines Landes.[140]
Am 10. Dezember 1870 stimmte der
Reichstag für den Vorschlag, in der neuen Verfassung statt des Begriffes
Präsidium des Bundes den Titel Kaiser einzuführen. Der Deutsche Bund wurde in
dem gleichen Akt zum späteren Deutschen Reich erklärt. Die Verfassung trat
formal aber erst am 1. Januar 1871 in Kraft. Symbolisch bekräftigt wurde die
Reichsgründung am 18. Januar durch die Ausrufung Wilhelms I. zum deutschen
Kaiser im Spiegelsaal des Schlosses zu Versailles nahe Paris. Der 18. Januar
erinnerte an die Königsaufwertung von Friedrich I. genau 170 Jahre zuvor.
Bezeichnenderweise durften nur Fürsten, Prinzen und hohe Offiziere der
Zeremonie beiwohnen. Vertreter des Parlamentes waren nicht eingeladen.[141] Die
französische Öffentlichkeit empfand die Proklamation in Versailles, dem
einstigen Machtzentrum Ludwigs XIV., als nationale Demütigung. Am 28. Juni 1919
– nach der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg – sollte die deutsche
Delegation den Friedensvertrag von Versailles im selben Raum unterzeichnen
müssen.[142]
Kriegsende und Pariser Kommune
Der anhaltende französische Widerstand
animierte Moltke im Dezember 1870 zu einer Änderung seiner Strategie. Der
Generalstabschef glaubte, dass Verhandlungen mit der französischen Regierung
inzwischen zwecklos geworden seien. Seiner Auffassung nach müsste Frankreich
vollständig besetzt werden, um einen Frieden zu erzwingen. Der König sollte
dafür dem Militär freie Handhabe gewähren – ungestört von Einmischungen der
Politiker. Diese Pläne trafen auf die entschiedene Ablehnung Bismarcks, welcher
einen schnellen Kompromiss mit der französischen Regierung ansteuerte. Nach
einigem Schwanken entschied Kaiser Wilhelm I. den Konflikt schließlich
zugunsten Bismarcks.[143] Am 23. Januar 1871 nahm die französische Regierung
gegen den Willen des Innenministers Gambetta geheime Waffenstillstandsverhandlungen
mit Bismarck auf. Hierbei hatte sich die Position des französischen
Außenministers Favre durchgesetzt, der eine weitere politische Radikalisierung
im eingeschlossenen Paris vermeiden wollte.[144] Am 28. Januar ergab sich die französische
Hauptstadt formal und es trat ein auf 21 Tage befristeter Waffenstillstand in
Kraft, der allerdings für Departements im Südosten Frankreichs noch nicht galt.
Das Ende der Kämpfe im restlichen Frankreich ermöglichte am 8. Februar Wahlen
zur Nationalversammlung. Die Wähler begünstigten Friedensbefürworter und
sicherten vor allem den Monarchisten Sitze im Parlament.[145] Nachdem am 12.
Februar 1871 die Nationalversammlung in Bordeaux ihre Arbeit aufgenommen hatte,
gelang bis zum 26. Februar der Abschluss eines Vorfriedens in Versailles. Der
Vertrag sah die Abtretung eines Großteils des Elsass und eines Teils von
Lothringen vor. Zudem sollte Frankreich bis zum März 1874 eine
Kriegsentschädigung abbezahlen.[146]
Die Grenzen in Europa nach dem
Deutsch-Französischen Krieg und der Gründung des Deutschen Kaiserreichs
Zu der Klärung weiterer Details
beraumten beide Staaten Verhandlungen in Brüssel und Frankfurt am Main an. In
dem neutralen Belgien konnte die französische Delegation die deutsche Seite
dazu bewegen, die Reparationszahlungen von 6 auf 5 Milliarden Goldfranc zu
reduzieren und einen Verlust der elsässischen Festungsstadt Belfort für
Frankreich abwenden. Den endgültigen Friedensschluss in Frankfurt am 10. Mai
1871 verzögerte die französische Regierung möglichst lange. Die Taktik sollte
die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass sich andere europäische Großmächte noch zu
Gunsten Frankreichs diplomatisch einschalten. Allerdings gab die französische
Regierung diese Pläne nach dem Beginn der sogenannten Pariser Kommune und
militärischen Drohungen Bismarcks auf. Für die gewaltsame Niederschlagung des
revolutionären Stadtrates in Paris benötigte die französische Regierung die
Duldung der deutschen Besatzer. Daher waren die französischen Diplomaten
bereit, die Friedensbedingungen nun zu unterzeichnen.[147]
Der Bildung der Pariser Kommune waren
Spannungen zwischen der von Monarchisten dominierten Nationalversammlung und
republikanisch gesinnten Hauptstadt vorausgegangen. Regierung und
Nationalversammlung tagten seit dem 10. März 1871 in Versailles, dem einstigen
Zentrum des Ancien Régime. Dies rief in Paris Ablehnung hervor. Das Komitee der
Pariser Nationalgarde strebte daraufhin die Errichtung einer autonomen Republik
an. Der Protest der Pariser steigerte sich noch, als am 18. März 1871
Regierungstruppen versuchten, Kanonen auf dem Montmartre zu konfiszieren. Die
Aktion schlug fehl und löste einen offenen Aufstand aus. Am 26. März 1871
wählten die Pariser einen Stadtrat, der in den nächsten Monaten die Macht übernahm
und der Versailler Regierung die Anerkennung verweigerte. Die sogenannte
Kommune verabschiedete eine Reihe von Beschlüssen, darunter die Abschaffung von
Mietschulden, ein Nachtbackverbot und die Konfiszierung von Ordensbesitz.[148]
Für die Niederschlagung der Kommune erlaubte Bismarck die Vergrößerung der
französischen Regierungstruppen und ließ Kriegsgefangene entlassen. Nach zwei
Monaten gelang Mac-Mahon die Einnahme von Paris. Rund 20.000 Kommunarden fielen
dabei den Kämpfen in der „Blutwoche“, der „semaine sanglante“, zum Opfer.[149]
Kriegsfolgen
Frankreich
La tache noir / Der Schwarze Fleck
Albert Bettannier: La tache noire
(„Der schwarze Fleck“).[150]
Nach dem Krieg war Frankreich
geschwächt. Es hatte hunderttausende Gefallene und Verwundete zu beklagen,
verlor einen großen Teil seiner bisherigen Eisenerzversorgung und büßte mit der
Abtretung von Elsaß-Lothringen 2 Millionen seiner Einwohner ein.[151] Für den
Osten Frankreichs bedeutete das Ende des Krieges noch keine sofortige Rückkehr
zur Normalität. Wie im Versailler Vorfrieden vereinbart, blieben bis zur
Begleichung der geforderten Reparationssumme deutsche Besatzungstruppen in
zeitweise 19 Departements stationiert. Aus Gebieten links der Seine zog sich
das deutsche Militär dagegen zurück. Im Berliner Abkommen vom 12. Oktober 1871
erreichte die französische Diplomatie eine Beschränkung der Besatzungstruppen
auf 50.000 Mann und 6 Departements. Frankreich bezahlte die Raten zur
Reparation schneller ab als erwartet, sodass im Juli 1873 mit dem vollständigen
Truppenabzug aus Frankreich begonnen werden konnte.[152]
Der Wiederaufbau einer französischen
Armee schritt rasch voran: Schon im Dezember 1871 erklärte Staatspräsident
Thiers, auf eine Truppenstärke von 600.000 Mann hinzuarbeiten. Als Reaktion
hierauf begann Moltke 1872 einen möglichen Präventivkrieg gegen Frankreich
vorzubereiten. Bismarck lehnte solche Vorhaben jedoch ab und hielt an seinem
neuen Kurs fest, Frankreich bündnispolitisch zu isolieren. Auf diese Weise
sollte Paris von einem möglichen Revanchekrieg abgehalten werden.[153] Die
Frage, inwieweit die erzwungene Abtretung des Elsass und Lothringens Grundlagen
für den Beginn des Ersten Weltkrieges legte, ist hoch umstritten. Christoph
Nonn meint, dass die Annexion „die Möglichkeit einer Aussöhnung der
Kriegsgegner von 1870/1871 verbaute“.[154] Klaus-Jürgen Bremm verweist hingegen
auf Äußerungen prominenter Politiker und Publizisten in Frankreich, die einer
solchen Einschätzung widersprechen. So bezeichnete der Schriftsteller Remy de
Gourmont das Elsass und Lothringen als „vergessene Länder“. Frankreich habe in
den folgenden Jahrzehnten vielmehr – so Bremm – versucht, durch koloniale
Besitzergreifungen den Verlust der beiden Provinzen zu kompensieren,[155] wozu
es auch von Bismarck gedrängt wurde. Die koloniale Expansion Frankreichs in
Afrika führte wiederum zu verstärkten Konflikten mit England.[156]
Prägend für das Verhältnis der Dritten
Republik zu den verlorenen Provinzen wurde in der Zeit bis zum Ersten Weltkrieg
Léon Gambettas Parole „Pensons-y toujours, n’en parlons jamais“ („Immer daran
denken, nie darüber sprechen“). Die deutsche Annexion geriet auch deswegen nie
ganz in Vergessenheit, da zahlreiche Elsässer und Lothringer nach Paris
auswanderten und dort im August 1871 den Verband Association Générale d’Alsace
et de Lorraine gründeten. Nach Einschätzung von Julia Schroda gelang es
prominenten Persönlichkeiten aus Elsass und Lothringen bei Beginn des Ersten
Weltkrieges, eine Rückeroberung wieder auf die offizielle Agenda der Politik zu
bringen.[157] Der französische Staat räumte dem Bestreben einer Wiedergewinnung
der verlorenen Provinzen an den Schulen einen hohen Stellenwert ein. Die Erinnerung
an die Niederlage und das Streben nach Revanche (révanchisme) waren ein
wiederkehrender Topos in der literarischen und politischen Kultur des Landes.
Auf die tatsächlichen politischen Entscheidungen hatte dies nur geringen
Einfluss. Der sozialistische Politiker und Schriftsteller Jean Jaurès
kommentierte die Situation als Ni guerre, ni renoncement. („Weder Krieg, noch
Verzichtserklärung.“).[158]
Während des Ersten Weltkrieges gehörte
die Rückgabe des Elsass und Lothringens zu den Kriegszielen Frankreichs.
Darüber hinaus forderte Paris die Bildung eines Staatengürtels an seiner
Ostgrenze, der zukünftige Invasionen durch den deutschen Nachbarn erschweren
sollte. Auch als Revanche für die Reparationsleistungen von 1871 bis 1873 kamen
hohe Entschädigungszahlungen ins Gespräch.[159] Der Versailler Vertrag – sowohl
seine Inhalte als auch die Art seines Zustandekommens – von 1919 war von
französischem Revanchebedürfnis geprägt und legte Grundlagen für die
tiefgreifende Krise der jungen Weimarer Republik und den Aufstieg des
Nationalsozialismus. Die Auswirkungen des Deutsch-Französischen Krieges
beschränkten sich nicht allein auf das französische Territorium in Europa. In
Algerien kam es zur Mokrani-Revolte, einem Aufstand der algerischen Bevölkerung
gegen die französische Kolonialherrschaft, der bis 1872 niedergeschlagen
wurde.[160] Auf Martinique ereigneten sich nach der Ausrufung der Französischen
Republik Unruhen der Nachfahren der Sklavenbevölkerung gegen die landbesitzende
Elite aus Europäern. Die Unruhen wurden rasch durch die dort stationierten
Streitkräfte unterbunden.[161] Zu den Folgen des Krieges gehörten auch
Vertreibungen. Noch vor der Schlacht von Sedan forderte die französische
Regierung Deutsche, welche in Paris und dem Département Seine gearbeitet und
gelebt hatten, dazu auf, das Land innerhalb von drei Tagen zu verlassen. Der
Rechtswissenschaftler Johann Caspar Bluntschli kritisierte die Ausweisungen
scharf, da der Krieg rechtlich lediglich ein „Kampf der Staaten und ihrer
Heere“ sei.[162] Schätzungen nach reisten 80.000 Deutsche aus Frankreich
ab.[163]
Der Fortbestand der während des
Deutsch-Französischen Krieges ausgerufenen Dritten Republik schien bis zum Jahr
1875 noch unsicher. Nach der gewaltsamen Unterdrückung der Pariser Kommune war
das Ansehen des linken Flügels der Republikaner schwer beschädigt. Orléanisten
und Legitimisten dominierten weiterhin das Parlament. Während die Orléanisten
die jüngere Linie der Bourbonen–Dynastie wieder auf den Thron bringen wollten,
favorisierten die Legitimisten die ältere Linie. Das Parlament wählte zwar am
31. August 1871 den in politischer Hinsicht maßgeblich an der Niederschlagung
der Pariser Kommune beteiligten Adolphe Thiers zum französischen Präsidenten.
Dessen Annäherung an republikanische Kräfte kam bei den monarchistisch
gesinnten Lagern aber nicht gut an. Zudem weigerte sich Thiers, sich für eine
Wiederherstellung des päpstlichen Kirchenstaates einzusetzen. In konservativen
Kreisen kostete ihn dies weitere Sympathien; er wurde am 24. Mai 1873 von einer
Parlamentsmehrheit abgewählt. Mit dem Rücktritt des Präsidenten schien der Weg
für die Gegner der republikanischen Staatsform frei zu sein. Legitimisten und
Orléanisten einigten sich auf Henri d’Artois, dem Enkel Karls X. Dieser sprach
sich jedoch gegen eine Beibehaltung der Trikolore aus und wollte zu der weißen
Fahne der Bourbonen zurückkehren, was das Parlament ablehnte. In den folgenden
Jahren gewannen die Republikaner zunehmend an Einfluss. Schließlich stimmte das
Parlament am 30. Januar 1875 mit 353 zu 352 Stimmen für die Staatsform als
Republik.[164]
Deutschland
Festschmuck und Ehrentribünen am
Brandenburger Tor in Berlin für den Einzug Kaiser Wilhelms I. und der Armee am
16. Juni 1871
Das seinerzeit noch zum 2.
Hanseatischen Infanterie-Regiment Nr. 76 gehörende lübeckische Bataillon hält
eine Parade auf dem Lübecker Marktplatz ab.
Bismarck zementierte mit der von ihm
betriebenen Reichsgründung ein Deutsches Reich unter Ausschluss
Österreich-Ungarns. Die Bildung des kleindeutschen Reiches veränderte das
Machtgefüge in Europa nachhaltig. Deutschland löste Frankreich als die
bedeutendste Kontinentalmacht ab, weshalb der ehemalige britische
Premierminister Disraeli die Reichsgründung als folgenreicher bezeichnete als
die Französische Revolution.[165] Im Jahr 1871 umfasste das Deutsche
Kaiserreich über 500.000 Quadratkilometer und hatte etwa 41 Millionen
Einwohner. Flächen- und einwohnermäßig war es damit der zweitgrößte Staat
Europas. Wenige Jahre später sollte Deutschland auch wirtschaftlich mit zu der
Weltspitze gehören. Der kriegerisch vollzogene Aufstieg der neuen Macht weckte
in vielen europäischen Staaten allerdings die Befürchtung einer noch
weitergehenden Expansionspolitik Berlins.[166] Das preußische Modell der
allgemeinen Wehrpflicht bei kurzer Dienstzeit verbreitete sich rasch
weltweit.[167]
Der Umstand, dass die Gründung des
ersten deutschen Nationalstaates eine autoritär von der preußischen Regierung
durchgesetzte „Kriegsgeburt“ war, erschwerte eine innere Reichseinigung in den
folgenden Jahrzehnten. Der deutsche Nationalismus ab 1871 definierte sich nun
hauptsächlich in Abgrenzung zu Frankreich und unter Ausschluss von
Minderheiten, den sogenannten „Reichsfeinde“ (Polen, Dänen, Katholiken und
Sozialdemokraten). Der Historiker Eckart Conze meint daher, dass „ein
liberaler, auch pluralistischer Nationalismus es vor dem Hintergrund [der
politischen Reichsgründungsumstände] schwer hatte“.[168]
Die Wahrnehmung des Militärs in der
Zivilgesellschaft wandelte sich durch den Deutsch-Französischen Krieg. Die
Armee galt in Deutschland nun als Geburtshelfer der nationalen Einheit. Kritik
an dem Vorgehen während des Krieges, wie sie von einigen sozialdemokratischen
Politikern geäußert wurde, war in der Bevölkerung nicht mehrheitsfähig.[169]
Viele militärische Normen und Verhaltensweisen flossen in den Alltag ein.
Selbst in Schulen wurde ein militärischer Geist gepflegt. Zugleich
beanspruchten Militärs für sich eine größere Rolle in der Politik. Ranghohe
Generäle trugen häufig Forderungen nach einer weiteren Aufrüstung der Armee und
Präventivkriegen an die Regierung heran.[170] Den prominentesten Platz im
Alltag nahm jährlich der sogenannte Sedantag am 2. September ein. Er erinnerte
an die Schlacht bei Sedan und die Gefangennahme Napoleons III. Obwohl sich der
Sedantag nie zu einem amtlich bestätigten Nationalfeiertag entwickelte, fanden
in Preußen an seinem Datum festliche Veranstaltungen an Universitäten und
Schulen statt. Die Kriegervereine hielten Paraden auf den Straßen ab.[171]
Die französischen Reparationen waren
einer der Auslöser des deutschen Booms der Gründerzeit. Die französischen
Zahlungen gaben dem deutschen Kapitalmarkt zusätzliche Impulse und verstärkten
die Investitionsbereitschaft des Bürgertums. Zwischen 1871 und 1873 entstanden
etwa 928 Aktiengesellschaften. Profiteure waren insbesondere die Eisenbahn
sowie die Stahl-, Kohle- und Maschinenbauindustrie.[172] Allerdings lösten die
französischen Reparationszahlungen, die überwiegend in den deutschen
Kapitalmarkt flossen, oder zumindest deren psychologische Effekte in Verbindung
mit der gleichzeitigen Liberalisierung der Märkte in Deutschland eine solche
spekulative Überhitzung der Konjunktur aus, dass die Spekulationsblase im
sogenannten Gründerkrach im Mai 1873 platzte, woran sich eine langfristige
Krise anschloss.
Die Karikatur propagiert nach dem Sieg
bei Sedan eine Annexion des Elsass und Lothringens.[173]
Teile des Elsass und Lothringens
fielen mit dem Frankfurter Frieden offiziell an das Deutsche Reich. Eine
Volksabstimmung zur Eingliederung erfolgte nicht. Das Reichsgesetz vom 9. Juni
1871 schloss die beiden Gebiete zu dem neu geschaffenen Reichsland
Elsaß-Lothringen zusammen.[174] Die Annexion fand in der betroffenen Region
selbst wenig Zustimmung. Obwohl die Bevölkerung überwiegend einen deutschen
Dialekt sprach, hegte sie ein französisches Nationalgefühl und politische
Sympathien für Frankreich. Besonders das Bürgertum stand der deutschen
Herrschaft ablehnend gegenüber. Auch der katholische Bevölkerungsanteil in
Elsass und Lothringen entsprach eher den Verhältnissen in Frankreich als denen
des Deutschen Reiches.[175] In Folge der Annexion wanderten 130.000 Bewohner
nach Frankreich aus.[176]
Militärstrategische Schlussfolgerungen
Da der Eisenbahntransport einen
wichtigen Erfolgsfaktor des deutschen Sieges darstellte, wurde mit Hilfe der
französischen Reparationszahlungen und mit Schuldverschreibungen das
strategische Eisenbahnnetz weiter ausgebaut. Seit 1871 wurden erste
Überlegungen zum strategischen Bau der über 800 km langen Kanonenbahn von
Berlin über Wetzlar und Koblenz nach Metz zum effektiven Anschluss Lothringens
an das deutsche Netz angestellt. Diese seit etwa 1878 auch mit Hilfe der
Verstaatlichung von Eisenbahngesellschaften realisierte Strecke hatte kaum
zivile Bedeutung.[177]
Nach dem Krieg erkannten preußische
Militärstrategen zudem die Überlegenheit des französischen Festungssystems an.
Man sah ein, dass Festungswälle mit Gräben und Bastionen wenig Sinn hatten, und
änderte 1873 den Festungsplan Wilhelmshaven für die geplante Befestigung der
Jademündung durch Errichtung zahlreicher vorgelagerter Forts.[178]
Mentalitätsgeschichte
Sowohl in Deutschland als auch in
Frankreich nahm die öffentliche Meinung eine ambivalente Haltung zum
Deutsch-Französischen Krieg ein. Je nach Region, Biografie und politischer
Gesinnung wurde der Krieg höchst unterschiedlich wahrgenommen. Die Vorstellung
einer alle Existenzsorgen überlagernden nationalen Begeisterungswelle gilt in
der Forschung mittlerweile als widerlegt. Zwar begrüßten in Deutschland Teile
der Öffentlichkeit den Krieg als Mittel zur Herstellung der kleindeutschen
Einheit. Hierzu zählten Studenten und das Bürgertum.[179] Katholisch,
demokratisch oder sozialistisch gesinnte Kräfte lehnten allerdings diese Art
der preußischen Machtpolitik ab. Die jüdischen Mitbürger ergriffen meist Partei
für die patriotische Sache, da sie sich dadurch öffentliche Anerkennung
erhofften. In Süddeutschland machte sich zunächst die Furcht vor den Folgen
einer möglichen französischen Besetzung sowie die Ungewissheit über die
tatsächliche Bündniszugehörigkeit bemerkbar. In Frankreich neigten angesichts
der Kriegserklärung zu Beginn eher die Städte zu Jubel, während die Bevölkerung
in der ländlichen Provinz sich reservierter verhielt. Der Ausbruch des Konfliktes
kam für die französische Öffentlichkeit überraschend, dennoch herrschte großes
Vertrauen in die Überlegenheit der französischen Armee vor. Es wurde erwartet,
dass die Kämpfe hauptsächlich auf deutschem Boden ausgetragen würden. Eine
Kriegsbegeisterung trug vor allem eine Minderheit aus dem republikanischen und
linken Lager auf die Straßen, insbesondere in Paris. Die Zustimmung für den
Krieg fiel geringer aus als in Deutschland.[180]
Medien wie Zeitungen, Briefe und
Grafiken waren in der Regel propagandistischer Natur. Vor allem die Presse,
teils staatlich dazu instrumentalisiert, versuchte eine Kriegsbegeisterung zu
initiieren bzw. aufrechtzuerhalten. Auf französischer Seite erfanden die
Zeitungen zunächst Berichte über spektakuläre Siege über die preußisch-deutschen
Armeen. Später wurden die Deutschen als kulturlose Barbaren dargestellt, welche
über die Zivilbevölkerung herfallen würden. Die deutsche Seite wiederum
inszenierte die Franc-tireurs und Einheiten aus französischen Kolonien als
unzivilisierte Wilde. Die so aufgegriffenen Feindbilder der Presse erwiesen
sich als derart wirkmächtig, dass sie sogar die Feldpostbriefe der kämpfenden
Soldaten prägten. Nach der Schlacht von Sedan verbreiteten sich in Frankreich
auch Karikaturen, die sich gegen die Deutschen wandten.[181] Neben den hohen
menschlichen Verlusten erregte die schwere Zerstörung von Straßburg die Gemüter
der französischen Bevölkerung.[182] Eine nationale Demütigung stellte zudem die
Besetzung von Paris durch preußische Truppen sowie die Kaiserproklamation in
Versailles dar.[183] Jean Jaurès bezichtigte Frankreich in seinem Buch La
guerre franco-allemande (1870-1871) über den Krieg eines Großteils der Schuld,
da es über Jahrhunderte die Einigung seiner beiden Nachbarn Deutschland und
Italien hintertrieben habe.[184][185]
Eine zunehmend in das Blickfeld der
Forschung rückende Quellensorte sind autobiographische Texte. Die auf
Tagebüchern oder Feldpostbriefen beruhenden Veröffentlichungen ermöglichen es
Historikern, die zeitgenössischen Perspektiven und Wahrnehmungen jenseits der
offiziellen, politischen Deutungsmuster zu rekonstruieren. Allerdings gaben die
an dem Krieg persönlich beteiligten Akteure ihre Erinnerungen meist erst mit
dem Abstand von mehreren Jahren heraus. Den Anlass bildeten meist national
aufgeladene Jubiläen.[186] So dienten die Schriften meist einer Förderung der
patriotischen Gesinnung. Auch der Infanterist Florian Kühnhauser wollte mit
seinen Kriegserinnerungen eines Soldaten des königlich bayerischen
Infanterie-Leibregiments von 1898 – wie er schrieb – „die Liebe und den
Patriotismus zum engern und weitern Vaterlande heben, die Begeisterung zum
Wehrstand fördern“. Kühnhauser stammte aus dem oberbayerischen Tettenhausen am
Waginger See. Er ging einer Arbeit als Schreiner nach und nahm bereits 1866 am
Deutschen Krieg teil. Sein Bericht über den Deutsch-Französischen Krieg weist
Kühnhauser als Anhänger des späteren Deutschen Kaiserreiches aus, aber
verschweigt auch nicht die Grausamkeiten auf den Schlachtfeldern und die
Strapazen des Soldatenlebens.[187]
Anders als Kühnhauser gehörte die
französische Tagebuchschreiberin Geneviève Bréton dem gehobenen Bürgertum an.
Sie wohnte mit ihren Eltern auf dem Boulevard Saint-Michel in einem der
nobleren Stadtviertel von Paris. Als überzeugte Republikanerin begrüßte Bréton
den Sturz des französischen Kaisertums im September 1870: „Niemals [sei] eine
Revolution […] friedlicher verlaufen; kein Gewehrschuss, kein Tropfen Blut ist
geflossen; das Wetter ist gut, die Sonne scheint, Paris ist in Festtagslaune
[…]“.[188] Kurz darauf erlebte sie den Belagerungsalltag von Paris. In ihrem
Tagebuch beklagte sie, dass eine Granate nur 50 Meter von ihrem Haus entfernt
eingeschlagen sei.[189] Mitten im Krieg stimmte die Pariserin einer Verlobung
mit dem Maler Henri Regnault zu. Kurz darauf kämpfte dieser als Nationalgardist
gegen die deutschen Belagerer. Trotz der Kampfhandlungen plante das Paar eine
Heirat für den 7. März 1871. Dazu sollte es jedoch nicht mehr kommen, da
Regnault in der Schlacht bei Buzenval am 19. Januar 1871 fiel.[190]
Alltags- und Sozialgeschichte
Die Kriegserfahrung gestaltete sich
sehr unterschiedlich. In der ersten Kriegsphase bis zu der Schlacht von Sedan
wurden deutsche wie französische Soldaten mit einem Bewegungskrieg konfrontiert.
In der zweiten Kriegsphase orientierte sich ihre Kampfweise dagegen an den
Erfordernissen eines Belagerungskrieges. Die soziale Stellung entschied
darüber, wer wie stark in das gegnerische Feuer geriet. Elitetruppen kamen
seltener in Einsatz, während einfachere Infanterie- und Kavalleriesoldaten
größeren Risiken im Gefecht ausgesetzt waren. Dies galt sowohl für die
deutschen als auch französischen Truppen. Unterschiede innerhalb der Regimenter
bestanden ebenfalls in der soldatischen Ausbildung, wobei die Anzahl
unerfahrener Kräfte im Laufe des Krieges auf beiden Seiten zunahm. Bestimmte
ethische Vorstellungen wie ein aristokratischer Ehrencodex verbanden die
deutschen und französischen Offiziersränge. Daraus resultierte ein
vergleichsweise humaner Umgang mit Kriegsgefangenen und Verwundeten.[191]
Die medizinische Versorgung der
verwundeten Soldaten war dennoch in der Praxis nicht immer gegeben. Die
ausgedehnten und unübersichtlichen Schlachtfelder erschwerten in der Regel eine
schnelle Hilfe, sodass viele Soldaten ihren Verletzungen erlagen bzw.
verdursteten oder verhungerten.[192] Die Strapazen blieben für die Kämpfenden
hoch. Hatten bei Kriegsbeginn sommerliche Temperaturen und große
Massenschlachten mit hohen Verlusten den Soldaten zugesetzt, litten sie in der
zweiten Kriegsphase unter vielen kleineren Gefechten, immer noch langen
Märschen (bis zu 40 Kilometer am Tag) und einem außergewöhnlich kalten Winter.
Auf der deutschen Seite herrschte große Ernüchterung, da der Krieg trotz des
bedeutenden Sieges in Sedan noch mehrere Monate andauerte.[193]
Rezeption
Populärkulturelles Gedenken
→ Hauptartikel: Liste von Museen und
Denkmälern über den Deutsch-Französischen Krieg
Zahlreiche Kriegerdenkmäler von
1870/71 erinnern in Deutschland an die Toten des Krieges, so auch am
Christian-Friedrich-Voigt-Platz in Flensburg.
Aufgrund der persönlichen Erlebnisse
und der großen politischen Veränderungen blieb der Krieg stark im Bewusstsein
der Zeitgenossen verankert. Zahlreiche Denkmäler und Gedenkstätten, die an die
Gefallenen erinnern, entstanden in Frankreich, in Deutschland, dem ehemals
deutschen Eupen in Belgien sowie in der Schweiz (Birr, Chur, Luzern). Besonders
in Deutschland wurden zahlreiche Straßen und Plätze nach Offizieren und Orten
der Schlachten umbenannt. Große Sonderausstellungen zum Deutsch-Französischen
Krieg zeigten das Musée de l’Armée in Paris (2017) und das Militärhistorische
Museum der Bundeswehr in Dresden (2020).[194]
Nach 1870 erschienen in Deutschland
und Frankreich zahlreiche Kriegsromane, Autobiographien und historiografische
Texte. Insbesondere bei den französischen Werken lassen sich häufig die Genre
nicht strikt voneinander abgrenzen. Ob das Erzählte fiktionaler Natur ist oder
auf tatsächlich erlebte Erfahrungen zurückgeht, bleibt meist offen. Zu den
erfolgreichsten Werken der französischen Kriegsliteratur gehörte Émile Zolas La
Débâcle (Der Zusammenbruch). Rund 190.000 Exemplare wurden bis 1897
verkauft.[195] Die populären französischen Kriegsromane rücken unter anderem
„den verzweifelten Heroismus der französischen Truppen, die Leiden der Pariser
Bevölkerung während der Belagerung der Stadt [und] die Übergriffe der fremden
Besatzung“ in das Zentrum der Aufmerksamkeit. Andere französische Kriegsromane
spielten in der Zukunft und propagierten eine kriegerische Rückeroberung des
Elsass und Lothringens.[196] Nur wenige Forschungsergebnisse liegen bisher zur
deutschen Kriegsliteratur vor. Ausnahmen stellen lediglich Untersuchungen zu
Veröffentlichungen von Karl May (Die Liebe des Ulanen) und Theodor Fontane
dar.[197] Fontane war als Kriegsberichterstatter aktiv. Als er das nicht von
preußischen Truppen besetzte Domrémy-la-Pucelle – den Geburtsort von Jeanne
d’Arc – erkundete, kam er in französische Kriegsgefangenschaft. Sein Erlebnis
verarbeitete der Schriftsteller in der Autobiographie Kriegsgefangen. Nach dem
Ende des Krieges besichtigte Fontane 1871 das teilweise noch von deutschen
Truppen besetzte Frankreich erneut. 1872 erschien hierüber sein Reisebericht
Aus den Tagen der Okkupation.[198]
Die ausgestellten Ehrenpreise der
Sedanfestspiele 1916 in der Geschäftsstelle der Lübecker Sanitätskolonne
Auf der deutschen Seite wurde der
Deutsch-Französische Krieg häufig mit den sogenannten Befreiungskriegen
gleichgesetzt. Wie im Jahr 1813 zögen – so das Narrativ – die Deutschen 1870
erneut gemeinsam gegen Frankreich in den Krieg. Wieder richtete sich der Kampf
gegen einen Angehörigen der Dynastie Napoleons I. Die Zeitgenossen dachten auch
an die napoleonischen Kriege zurück, da ihre Väter und Großväter in diesen
beteiligt waren und es danach keinen großen Staatenkrieg mehr gegeben hat.[199]
Die Zeitgenossen stellten insbesondere Analogien zwischen der Völkerschlacht
bei Leipzig 1813 und der Schlacht bei Sedan 1870 her. Alfred Spitzer, der Autor
der Weiheinschrift des Völkerschlachtdenkmals in Leipzig, brachte dies 1913 –
zum einhundertsten Jubiläum der Schlacht – wie folgt zum Ausdruck: „Leipzig […]
war das Sedan des ersten Napoleon, hier erwuchsen die Grundsätze, auf die
nachher der im Kampfe gegen den letzten Napoleon entstandene, machtvolle
deutsche Einheitsstaat gegründet wurde“. Der Krieg von 1870/1871 war daher im
Volksmund auch unter der Benennung „Leipzig – einundleipzig“ bekannt.[200]
Tatsächlich hatte der Krieg von 1813 allerdings kaum etwas mit einem echten
deutschen Nationalkrieg zu tun. Viele Rheinbundstaaten wandten sich erst in den
letzten Momenten des Krieges von Frankreich ab.[201] Laut dem Historiker
Hans-Ulrich Thamer ging mit dem Deutsch-Französischen Krieg auch eine
Verschiebung der nationalen bürgerlichen Gedenkkultur einher: Die Erinnerung an
die Schlacht von Leipzig sei noch stark von politischen Freiheitsidealen und
dem ungelösten Problem der nationalen Einheit geprägt worden. Diese von dem
Bürgertum getragene Gedenkkultur wurde ab 1871 jährlich von der des Sedantages
am 2. September und des Kaisergeburtstages allmählich abgelöst. Dies geschah
vor dem Hintergrund der nun erfüllten Nationalstaatsgründung und – so Thamer –
der wachsenden Sorge des Bürgertums vor einer erstarkenden Arbeiterbewegung,
gegen welche das bestehende politische System des Deutschen Kaiserreiches
Schutz versprach. Die freiheitlich-nationale Komponente ging bei dem
obrigkeitstreuen Sedankult verloren.[202]
Wie in Deutschland suchten auch in
Frankreich die Menschen nach historischen Parallelen. So wurde die deutsche
Invasion 1870/1871 mit dem Eindringen der Koalitionsarmeen 1814 und 1815
verglichen und sprachlich abwertende Bezeichnungen der napoleonischen Kriege
wiederbelebt. Die Intensität der feindlichen Haltung gegenüber dem deutschen
Militär konnte vor Ort jedoch stark variieren. Regionen, die häufiger von
Einquartierungen und Beschlagnahmungen betroffen waren, nahmen tendenziell eine
feindlicher gestimmte Position ein als seltener von dem Krieg behelligte oder unbesetzte
Regionen Frankreichs.[203]
Historiografie
Historiografie vor dem Ersten
Weltkrieg
Der Deutsch-Französische Krieg war
eine Herausforderung für die Historiografie in Frankreich, denn es mussten
mehrere in den jeweiligen politischen Lagern hoch umstrittene Aspekte
verarbeitet werden. Aus republikanischer, konservativer, monarchistischer oder
laizistischer Perspektive wurde der Wechsel von dem napoleonischen Kaiserreich
zur Republik und die Pariser Kommune sehr unterschiedlich bewertet. Es
existierte kein einheitliches, wirkmächtiges Deutungsmuster.[204]
Republikanisch gesinnte Historiker um Gabriel Monod und Ernest Renan machten
die schlechte Organisation der Armee und eine zu wenig patriotische Erziehung
an Schulen und Universitäten für die französische Niederlage verantwortlich.
Frankreich müsse, so ihre Ansicht, nach dem verlorenen Krieg einen ähnlichen
Reformkurs einschlagen wie Preußen nach der Niederlage gegen Napoleon I.[205]
In der propreußischen
Geschichtsschreibung schien der Deutsch-Französische Krieg eine Einheit mit dem
Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 und dem Deutschen Krieg von 1866 zu bilden.
Die Konflikte wurden als Etappen auf dem Weg zu dem preußisch-deutschen
Nationalstaat angesehen, als sogenannte Deutsche Einigungskriege. Dem
Deutsch-Französischen Krieg fiel in dieser Bewertung eine besondere Rolle zu,
da in seinem Verlauf der französische „Erbfeind“ überwunden worden sei und die
Reichsgründung erfolgte.[206] Diese galt Historikern wie Treitschke, Sybel und
Droysen „als Höhepunkt deutscher Geschichte“.[207] Leopold von Ranke sah in dem
Krieg eine Brechung der französischen Hegemonie, die seit Ludwig XIV. den
europäischen Kontinent geprägt habe. Preußenkritische Darstellungen hatten
während des Kaiserreiches keinen Erfolg, was den Schweizer Kulturhistoriker
Jacob Burckhardt zu der Bemerkung kommen ließ, dass „die ganze Weltgeschichte
von Adam an siegesdeutsch angestrichen“ werde. Großen Anteil an einer solchen
Geschichtsschreibung hatte vor allem Treitschkes Deutsche Geschichte im 19.
Jahrhundert.[208]
Historiografie im Zeitalter der
Weltkriege und Nachkriegszeit
Laut Klaus-Jürgen Bremm
„vernachlässigte die historische Forschung in Deutschland den Krieg von
1870/1871 seit der Weimarer Republik aus nachvollziehbaren Gründen lange“.[209]
Ein Grund dafür bestand darin, dass viele Ergebnisse des Deutsch-Französischen
Krieges durch die beiden Weltkriege rückgängig gemacht wurden. Die 1871
begründete Kaiserherrschaft der Hohenzollern fand 1918 genauso ihr Ende wie die
Zugehörigkeit Elsass-Lothringens zum Deutschen Reich. Im Zuge der
deutsch-deutschen Teilung nach dem Zweiten Weltkrieg verlor Deutschland
vorübergehend seine nationale Einheit. Auch nach der Wiedervereinigung
überlagerten die „Katastrophen des 20. Jahrhunderts“ das Interesse an dem
Deutsch-Französischen Krieg.[210] Vor dem Hintergrund der Diskussion um die
Verantwortlichkeit Deutschlands für den Ersten Weltkrieg entstand Hermann
Onckens Schrift Die Rheinpolitik Kaiser Napoleons III. von 1863 bis 1870 und
der Ursprung des Krieges 1870/71. Hierin versuchte der Historiker 1926 zu
beweisen, dass 1870 Frankreich und nicht Preußen an dem Beginn des
Deutsch-Französischen Krieges Schuld hatte.[211]
Nach dem Ersten Weltkrieg wandelte
sich auch in Frankreich der Forschungsblick auf den Deutsch-Französischen
Krieg. Ging es vor dem Ersten Weltkrieg noch teilweise darum, eine Niederlage
zu verarbeiten und einen möglichen Revanchekrieg zu rechtfertigen, geriet der
Deutsch-Französische Krieg nach 1918 weitgehend in Vergessenheit. Eine
Beschäftigung mit dem Ersten Weltkrieg schien für französische Historiker weit
zentraler zu sein.[212] Da der Krieg von 1870/1871 hauptsächlich auf
französischem Boden ausgetragen wurde, ist die französische Forschungsliteratur
hauptsächlich auf einer lokalen Ebene angesiedelt. Es existieren nur wenige
Überblicksdarstellungen wie François Roths La guerre de 1870 aus dem Jahr 1990
oder Stéphane Audoin-Rouzeaus 1870. La France dans la guerre aus dem Jahr
1989.[213]
Mit dem Buch La guerre de 1870 von
François Roth wurde unter anderem erstmals die Nachgeschichte des
Deutsch-Französischen Krieges wissenschaftlich detailliert untersucht. Roth
konnte nachweisen, dass es an der deutsch-französischen Grenze zwischen 1871
und 1914 keine größeren Zwischenfälle gab. Abgesehen von den Jahren 1887 bis
1891 konnten sich Handel und Personen ungehindert zwischen beiden Ländern
bewegen. Roth betont ebenfalls, dass der Deutsch-Französische Krieg nicht
zwangsläufig in den Ersten Weltkrieg geführt habe. Während der Julikrise 1914
stand eine Rückeroberung des Elsass und Lothringens noch nicht auf der Agenda
in Paris. Gleichwohl habe die französische Bevölkerung den Verlust beider
Provinzen nicht vergessen.[214]
Aspekte im Fokus der neueren Forschung
Anlässlich des 150. Jahrestages des
Deutsch-Französischen Krieges 2020/2021 erschienen zahlreiche Publikationen.
Sowohl in Deutschland als auch in Frankreich sind viele dieser Darstellungen
davon gekennzeichnet, „autobiografischen Quellen, privaten Schriften und
Presseerzeugnissen viel Raum [zu] geben“.[215] Hierzu gehört auch eine
Historiografie des deutschen Historikers Tobias Arand. Sein Werk Der
Deutsch-Französische Krieg erzählt in Einzelschicksalen nähert sich dem
Kriegsgeschehen über eine multiperspektivische Darstellung an. Der Autor trug
zahlreiche Schriftzeugnisse von Zeitgenossen zusammen, die entweder unmittelbar
am Krieg beteiligt waren oder dessen Entwicklung zumindest beobachteten. Zu
Wort kommen sowohl prominente Persönlichkeiten wie Bismarck, Fontane, Nietzsche
und Sarah Bernhardt, aber auch einfache Soldaten beider Seiten und Opfer des
Krieges. Arand demontiert die historiographische Siegererzählung, nach der die
nationale Begeisterung und der Jubel über die deutsche Reichsgründung alle
kritischen Töne zum Schweigen gebracht hätte. So zeichnet das Buch
beispielsweise die fortbestehenden süddeutschen Vorbehalte gegen den preußischen
Staat sowie die Existenzängste der Soldaten und ihrer Familien nach.[216] In
ihrem 2020 herausgegebenen Buch La guerre franco-allemande de 1870. Une
histoire globale hinterfragen die französischen Historiker Nicolas Bourguinat
und Gilles Vogt die lokale Beschränkung des Deutsch-Französischen Krieges. Der
Konflikt werde meistens auf eine Auseinandersetzung zwischen zwei europäischen
Großmächten reduziert. Tatsächlich aber müsse eine Globalgeschichte dieses
Krieges erzählt werden. So kamen viele Ärzte, Pfleger, Journalisten und
Soldaten aus dem nicht-deutschen und nicht-französischen Ausland. In vielen
Ländern der Welt wurde der Krieg von Zeitungen, Regierungen und Teilen der
Öffentlichkeit lebhaft diskutiert. Der Krieg schwächte außerhalb Europas auch
in den Kolonien die französische Herrschaft.[217]
Totalisierung des Krieges
Bayerischer Infanterist Max Lehner im
Einsatz als Krankenträger[218]
Inwieweit der Deutsch-Französische
Krieg mit dem Ersten Weltkrieg vergleichbar war, ist in der Forschung noch
Gegenstand von Debatten. Tobias Arand sieht den Krieg bis zur Schlacht von
Sedan im September 1870 als klassischen Kabinettskrieg. Erst in dieser
Schlacht, aber vor allem seit der Pariser Kommune und nach Bekanntwerden der
deutschen territorialen Abtretungsforderungen wurden auf französischer Seite
auch Zivilisten als Franc-tireurs rekrutiert. In seiner Dissertation Die
Heimatfront 1870/71. Wirtschaft und Gesellschaft im deutsch-französischen Krieg
stuft Alexander Seyferth den Deutsch-Französischen Krieg als eine Etappe auf
dem Weg zu den totalen Kriegen des 20. Jahrhunderts ein. Er begründet diese
Charakterisierung mit der besonderen Rolle der Heimatfront – also einer
intensiven Einbeziehung der Zivilbevölkerung jenseits der Front. Seyferth
zeigt, dass der neue deutsche Staat durchaus ein Interesse daran haben musste,
die öffentliche Stimmung zu kontrollieren: Da die militärische
Auseinandersetzung auch nach der Gefangennahme von Napoleon III. nicht beendet
war, regte sich durchaus Kriegskritik.[219] Hierauf musste, so Seyferth, die
preußisch-deutsche Politik reagieren und legte damit bereits Grundlagen für
eine moderne Kriegspropaganda. Der Deutsch-Französische Krieg traf auch das
Wirtschaftsleben hart. Wegen des Fronteinsatzes der wehrpflichtigen Soldaten
fehlten vielfach Arbeitskräfte und erhöhten sich die Produktionskosten. Die
Historikerin Christine Krüger kritisiert an Seyferths Ansatz unter anderem,
dass die Heimatfront nur ein Kennzeichen des totalen Krieges unter vielen sei.
Zudem spreche der humane Umgang mit Kriegsgefangenen gegen eine völlige
Entrechtlichung im Krieg. Es sei den Konfliktparteien im Vergleich zu den
Weltkriegen gelungen, die Konfrontation nach relativ kurzer Zeit wieder zu
beenden und eine weitere Radikalisierung somit einzudämmen.[220]
In ihrem Werk Statuswechsel.
Kriegserfahrung und nationale Wahrnehmung im Deutsch-Französischen Krieg
1870/71 untersucht die Historikerin Heidi Mehrkens, inwieweit die im
Deutsch-Französischen Krieg gesammelten Erfahrungen eine nationale Identifikation
bzw. nationale Feindbilder begünstigten. Sie beleuchtet dies vor allem am
Beispiel von sogenannten „Statuswechslern“. Darunter versteht sie Menschen,
deren Stellung sich im Krieg wandelte – etwa Kriegsgefangene, Partisanen,
Spione, Flüchtlinge, Geiseln und Verwundete. Einerseits, so Mehrkens, sei der
Nationalismus auf beiden Seiten durch den Krieg verschärft worden. Hierfür
seien insbesondere Kämpfe mit bewaffneten Zivilisten, die
Artilleriebombardierung von Paris und Geiselnahmen verantwortlich. Andererseits
wurden Kriegsgefangene und Verletzte durchaus nach den Maßstäben des damaligen
Kriegsrechtes behandelt. Die nationalistische Aufladung des
Deutsch-Französischen Krieges sei insbesondere durch die Presse propagiert
worden und habe sich selbst auf die Korrespondenz der kämpfenden Soldaten
ausgewirkt.[221][222]
Ursachen der französischen Niederlage
Der französische Historiker Raymond
Poidevin führt mehrere Ursachen für die französische Niederlage an: So habe der
Kaiser sich geweigert, die französischen Truppen aus dem Kirchenstaat
abzuziehen. Dies habe nicht nur zu einer Schwächung der Truppenstärke an der
Ostgrenze geführt, sondern auch dazu beigetragen, dass Italien nicht bereit
war, Frankreich beizustehen. Auch Österreich und Großbritannien blieben
neutral, sodass Frankreich international isoliert gewesen sei. Zudem habe sich
die Militärreform, an der Kriegsminister Adolphe Niel bis zu seinem Tod 1869
gearbeitet hatte, nur teilweise durchsetzen lassen: Das Losverfahren für die
Wehrpflichtigen war beibehalten worden, die neu eingerichtete Mobilgarde sei
ineffektiv geblieben. Nachteilig sei auch der Mangel an Erfahrung bei den
Offizieren gewesen, die zuvor in den Kolonien gedient hatten: Große Schlachten
zu führen sei daher für sie Neuland gewesen. Auch in der Artillerie habe es
Modernisierungsrückstände gegeben. Die zerstreute Dislozierung der
französischen Truppen an der Grenze, die die Einkesselungen von Straßburg und
Metz ermöglichte, habe sich ebenfalls als nachteilig erwiesen.[223]
Der US-amerikanische Militärhistoriker
Geoffrey Wawro betont das Zögern und die Planlosigkeit der französischen
Militärführung. Die hohen Offiziere hätten es nicht verstanden, den
Hauptvorteil der französischen Armee, das neuartige Chassepotgewehr,
auszuspielen. Entscheidend für den deutschen Erfolg sei die quantitative
Verfügbarkeit an Soldaten gewesen (etwa 850.000 französische Einsatzkräfte
gegen 1,3 Millionen deutsche Soldaten). Im späteren Verlauf trug, so Wawro,
auch die Stärke der deutschen Artillerie zur französischen Niederlage bei. Dem
taktischen Geschick der preußischen Militärführung in den Schlachten misst er
eher weniger Bedeutung bei.[224]
Der deutsche Militärhistoriker
Klaus-Jürgen Bremm kommt zu dem Ergebnis, dass die französische Militärführung
für einen Sieg nicht offensiv genug agierte: So ging die Initiative auf die
deutschen Einheiten über. Währenddessen trafen für die französischen Soldaten
trotz stundenlanger Behauptung auf den Schlachtfeldern oft Verstärkungen nicht
mehr rechtzeitig ein. Fatal aus französischer Sicht sei auch die zu frühe
Kapitulation der Rheinarmee in Metz gewesen. Eine längere Bindung deutscher
Kräfte in der Region, hätte – so Bremm – der französischen Regierung die Zeit
gegeben, neue kampfstarke Armeen aufzubauen. Die rasche Kapitulation in Metz
habe allerdings zur Folge gehabt, dass nur schlecht vorbereitete Verbände gegen
die Deutschen ins Feld zogen und Paris somit nicht mehr von der deutschen
Belagerung befreit werden konnte.[225]
Bildende Kunst
Das Gemälde „Les dernières cartouches“ gehört zu den bedeutendsten
Werken des Schlachtenmalers Alphonse de Neuville. Die Szene zeigt französische
Soldaten, die sich am 1. September in einem Haus bei Bazeilles nahe Sedan
verschanzt haben. Sie kämpfen bis zu der dem Bild seinen Namen gebenden
„letzten Patrone“. Durch Reproduktionen als Lithografie, Kupferstich,
Holzschnitt und Fotografie verbreitete sich das Bild im ganzen Land.[226]
Das Gemälde „Les dernières cartouches“ gehört zu den bedeutendsten Werken
des Schlachtenmalers Alphonse de Neuville. Die Szene zeigt französische
Soldaten, die sich am 1. September in einem Haus bei Bazeilles nahe Sedan
verschanzt haben. Sie kämpfen bis zu der dem Bild seinen Namen gebenden
„letzten Patrone“. Durch Reproduktionen als Lithografie, Kupferstich,
Holzschnitt und Fotografie verbreitete sich das Bild im ganzen Land.[226]
Anton von Werners Gemälde „Etappenquartier bei Paris“ zeigt deutsche
Militärs in einer besetzten französischen Villa als kulturbeflissene Persönlichkeiten.
Sie sind am Kamin zusammengekommen, um gemeinsam zu musizieren. Mit der
historischen Realität hat dies wenig zu tun, denn Plünderungen und Diebstahl
waren unter der deutschen Besatzung alltäglich.[227]
Anton von Werners Gemälde „Etappenquartier bei Paris“ zeigt deutsche
Militärs in einer besetzten französischen Villa als kulturbeflissene
Persönlichkeiten. Sie sind am Kamin zusammengekommen, um gemeinsam zu
musizieren. Mit der historischen Realität hat dies wenig zu tun, denn
Plünderungen und Diebstahl waren unter der deutschen Besatzung alltäglich.[227]
Sturm auf den Spicherer Berg,
Hauptbild aus dem Saarbrücker Rathauszyklus, 1880 – In diesem Gemälde zeigt
Anton von Werner ein realistisches Kampfgeschehen aus der Schlacht bei
Spichern. Trotz heroischer Darstellung des Protagonisten Bruno von François,
der im Verlauf der von ihm angeführten Operation fiel, übte das zeitgenössische
deutsche Kunstfeuilleton, dem die „Würde des Monumentalstils“ nicht gewahrt
erschien, deutliche Kritik.
In Frankreich spielten auch
Schlachtenmalereien für die Aufarbeitung der Niederlage eine wichtige Rolle.
Die Bilder propagierten häufig die Erzählung, dass lediglich die
Fehlentscheidungen der Regierung und Truppenkommandanten oder die Unterzahl an
Soldaten einen sicheren französischen Sieg vereitelt hätten. Dementsprechend
wurden meist nicht der Kaiser, seine Entourage und Feldherren dargestellt,
sondern wenige Soldaten. Deren Kampf stilisierten die französischen
Schlachtenmaler zu einem „glänzenden Zeugnis von der Tapferkeit und der
heldenhaften Gesinnung [ihres] Volkes“ (Frank Becker). Die bedeutendsten
Akteure dieser Malrichtung waren Alphonse de Neuville und Jean Baptiste Édouard
Detaille.[228]
Im Unterschied zu den französischen
Malereien befindet sich bei den deutschen Gemälden die militärische
Führungselite häufig in der Bildmitte oder im Vordergrund. Viele der
kommandierenden Offiziere und Fürsten luden Schlachtenmaler wie Georg Bleibtreu
und Anton von Werner in ihre Hauptquartiere ein. Die Bilder hatten damit die
Funktion „ihr Prestige und ihren Nachruhm“ sicherzustellen. Die kriegerischen
Erfolge der deutschen Nation seien – so das Narrativ vieler Gemälde – den
Leistungen ihrer Anführer zu verdanken.[229] Die Fotografie spielte sowohl in
Deutschland als auch in Frankreich für die Erinnerung an den Krieg eine
untergeordnete Rolle. Die langen Belichtungszeiten machten es nur möglich, tote
oder posierende Soldaten zu zeigen, nicht aber das bewegte Kampfgeschehen
selbst. Als ausstellbare Kunstform hatte sich die Fotografie im Vergleich zur
Malerei noch kaum etabliert.[230]
Quellen
Der deutsch-französische Krieg 1870–1871. Redigiert von der
kriegsgeschichtlichen Abteilung des Großen Generalstabes. Mittler, Berlin
1872–1881 (5 Bände, 3 Kartenmappen).
Helmuth von Moltke: Geschichte des deutsch-französischen Krieges von
1870–1871. Volksausgabe zur Wiederkehr der Gedenktage unserer vor 25 Jahren
erfochtenen Siege in den großen Kämpfen von 1870–1871. Mittler, Berlin 1895
(Digitalisat im Internet Archive; Reprint: Melchior, Wolfenbüttel 2005, ISBN
3-939102-10-5).
Ernst Theophil Ferdinand Engel: Die Verluste der deutschen Armeen an
Offizieren und Mannschaften im Kriege gegen Frankreich 1870 und 1871. Mit 7
graphischen Darstellungen. Berlin 1872.
Theodor Fontane: Der Krieg gegen Frankreich 1870–1871. Berlin 1873/1876
(Digitalisate von Band 1 und Band 2 im Internet Archive; Reprint: Verlag
Rockstuhl, Bad Langensalza 2004, ISBN 3-937135-25-1, ISBN 3-937135-26-X, ISBN
3-937135-27-8).
Sigismund von Dobschütz: „Wir sind dahin gekommen, ganze Dörfer
niederzubrennen“. Briefe aus dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 und der
Okkupationszeit 1872/73 von Paul von Collas an seine Eltern. In: Ostdeutsche
Familienkunde. (OFK), ISSN 0472-190X, Heft 1/2006, S. 321 f. (Paul von Collas
war damals Generalstabsoffizier und Adjutant unter Karl Friedrich von Steinmetz
und später unter General Edwin von Manteuffel, dessen Memoiren er schrieb.)
Émile Leclercq: La Guerre de 1870. L’esprit parisien produit du régime
impérial. 5. Auflage. Claassen, Brüssel 1871. (Digitalisat als PDF)
Jean Francois Lecaillon: Été 1870. Giovanangeli, Paris 2002, ISBN
2-909034-30-5.
Wilhelm Müller: Illustrirte Geschichte des deutsch-französischen Kriegs
1870 und 1871. Melchior, Wolfenbüttel 2006, ISBN 3-939791-06-7 (Nachdruck der
Prachtausgabe Hallberger, Stuttgart 1873; Digitalisat).
Florian Kühnhauser: Kriegserinnerungen eines Soldaten des königlich
bayerischen Infanterie-Leibregiments. Liliom, Waging am See 2002 (Nachdruck der
Originalschrift von 1898).
Geneviève Bréton: In the Solitude of My Soul. The Diary of Geneviève
Bréton. 1867–1871. Southern Illinois University Press, Carbondale 1994.
Verschiedene Ausgaben der Oldenburger Zeitung (Oldenburg), August bis
November 1870.
Literatur
Deutschsprachige Überblicksliteratur
Tobias Arand: 1870/71. Die Geschichte des Deutsch-Französischen Krieges
erzählt in Einzelschicksalen. Osburg Hamburg 2018, ISBN 978-3-95510-167-1.
Tillmann Bendikowski: 1870/71. Der Mythos von der deutschen Einheit. C.
Bertelsmann, München 2020, ISBN 978-3570104071
Klaus-Jürgen Bremm: 70/71 Preußens Triumph über Frankreich und die
Folgen. wbg Theiss, Darmstadt 2019, ISBN 978-3-8062-4019-1.
Michael Epkenhans: Der
Deutsch-Französische Krieg 1870/1871 (= Kriege der Moderne). Reclam Philipp
Jun., Stuttgart 2020, ISBN 978-3-15-011271-7.
Michael Epkenhans: Die Reichsgründung 1870/71. Beck, München 2020.
Jochen Oppermann: Der Deutsch-Französische Krieg. 1870/71. marixverlag,
Wiesbaden 2020.
Wolfgang von Groote, Ursula von Gersdorff (Hrsg.): Entscheidung 1870.
Der deutsch-französische Krieg. Herausgegeben vom Militärgeschichtlichen
Forschungsamt. DVA, Stuttgart 1970, DNB 456546529.
Philippe Levillain; Rainer Riemenschneider (Hrsg.): La guerre 1870/71 et
ses conséquences. Bouvier, Bonn 1990, ISBN 3-416-80579-8 (deutsch und
französisch; Digitalisat).
Englischsprachige Überblicksliteratur
Dennis Showalter: The Wars of German Unification. London 2004, ISBN
0-340-58017-8.
Geoffrey Wawro: The Franco-Prussian War. The German Conquest of France
in 1870–1871. Cambridge University Press, Cambridge 2003, ISBN 0-521-58436-1.
Französischsprachige
Überblicksliteratur
Stéphane Audoin-Rouzeau: 1870. La France dans la guerre. Paris 1989, DNB
1011031361.
François Roth: La guerre de 1870. Fayard, Paris 1990, ISBN
2-213-02321-2.
Nicolas Bourguinat und Gilles Vogt: La guerre franco-allemande de 1870.
Une histoire globale, Flammarion, Paris 2020, ISBN 978-2-08-151055-5.
Vorgeschichte
Josef Becker (Hrsg.): Bismarcks
spanische «Diversion» 1870 und der preußisch-deutsche Reichsgründungskrieg.
Quellen zur Vor- und Nachgeschichte der Hohenzollernkandidatur für den Thron in
Madrid 1866–1932. 3 Bde., Paderborn 2003–2007.
Josef Becker: Von Bismarcks
„Spanischer Diversion“ zur „Emser Legende“ des Reichsgründers. In: Josef
Becker, Johannes Burkhardt, Stig Förster, Günther Kronenbitter (Hrsg.): Lange
und kurze Wege in den Ersten Weltkrieg. Vögel, München 1996, S. 87–113.
Josef Becker: Regierungspräsident
Bismarck, die Thronkandidatur von „Fürst“ Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen
in Madrid 1870 und der spanische Regierungspräsident Prim. Neues vom Platzen
der spanischen Bombe im Juli 1870 aus einer Publikation von J. Rubio in den
FBPG. In: Frank-Lothar Kroll (Hrsg.): Forschungen zur Brandenburgischen und
Preußischen Geschichte. Bd. 24 (2014), Heft 2: S. 225–241.
Hans Fenske: 1870 / 71 – ein
provozierter Defensivkrieg mit Frankreich? In: Wolfgang Neugebauer und
Frank-Lothar Kroll (Hrsg.): Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen
Geschichte 13. (2003) Heft 1, S. 109–114.
Eberhard Kolb (Hrsg.): Europa vor dem
Krieg von 1870. Mächtekonstellation – Konfliktfelder – Kriegsausbruch (=
Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien 10). München 1987 (Digitalisat).
Javier Rubio: Die
Hohenzollern-Kandidatur von 1870 erneut in der Diskussion. In: Forschungen zur
Brandenburgischen und Preußischen Geschichte. Bd. 23 (2013), Heft 1, Duncker,
S. 61–89.
David Wetzel: Duell der Giganten. Bismarck, Napoleon III. und die
Ursachen des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71. Schöningh, Paderborn u. a.
2005, ISBN 3-506-71791-X.
Rezeption und Erinnerung
Tobias Arand (Hrsg.): Der großartigste Krieg, der je geführt worden.
Beiträge zur Geschichtskultur des Deutsch-Französischen Kriegs 1870/71 (=
Geschichtskultur und Krieg. Band 2). Universität Münster Zentrale Koordination
Lehrerausbildung (ZfL), Münster 2008, ISBN 978-3-934064-82-9.
Frank Becker: Bilder von Krieg und Nation. Die Einigungskriege in der
bürgerlichen Öffentlichkeit Deutschlands 1864–1913. Oldenbourg, München 2001.
Nikolaus Buschmann: Einkreisung und Waffenbruderschaft. Die öffentliche
Deutung von Krieg und Nation in Deutschland (1850–1871). Göttingen 2003.
Alexander Jordan, Thomas Madeja, Winfried Mönch (Bearb.): Von Kaiser zu
Kaiser. Erinnerungen an den Deutsch-Französischen Krieg 1870/71. Katalog zur
Sonderausstellung, 31. Juli bis 31. Oktober 2010 im Wehrgeschichtlichen Museum
Rastatt (= Studiensammlungen und Sonderausstellungen im Wehrgeschichtlichen
Museum Rastatt. Nr. 8). Hrsg. durch die Vereinigung der Freunde des
Wehrgeschichtlichen Museums Schloss Rastatt. Rastatt 2010, ISBN
978-3-9810460-5-2.
Heidi Mehrkens: Statuswechsel. Kriegserfahrung und nationale Wahrnehmung
im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71. Essen 2008, ISBN 978-3-89861-565-5.
Frank Kühlich: Die deutschen Soldaten im Krieg von 1870/71. Eine
Darstellung der Situation und der Erfahrungen der deutschen Soldaten im
Deutsch-Französischen Krieg. Frankfurt am Main 1995.
Christian Rak: Krieg, Nation und Konfession. Die Erfahrung des
deutsch-französischen Krieges von 1870/71. Paderborn 2004.
Wolfgang Schivelbusch: Die Kultur der Niederlage. Der amerikanische
Süden 1865, Frankreich 1871, Deutschland 1918. Fest, Berlin 2001, ISBN
3-8286-0165-0. Taschenbuch: Fischer-TB 15729, Frankfurt am Main 2003, ISBN
978-3-596-15729-7.