"[...] daß sich der Pinsel in Deiner Hand eben so willig zeigen wird wie der Craiyong und Stichel."


Sie bieten auf einen inhaltsreichen Brief aus Karlsruhe von 1838.


Gerichtet an den Landschaftsmaler, Lithografen und Grafiker Adolf Hohneck (1810-1879) in Düsseldorf. Er hatte dort gerade sein Studium an der Akademie begonnen, um sie von der Kupferstecherei zur Malerei hinzuwenden.


Verfasst von seinem seiner Brüder; signiert "W. Hohneck".


Es handelt sich um Wilhelm Honeck (also in anderer Schreibweise des Nachnamens), der im Karlsruher Adressbuch von 1838 als Kupferstecher verzeichnet ist. Dieser Beruf passt auch auf den Briefinhalt; Einträge für die Namensform Hohneck finden sich in den Adressbüchern dieser Jahre hingegen nicht. Übrigens wurde auch Adolf Hohneck früher teils "Honeck" geschrieben, so im "Deutschen Kunstblatt" vom 24. Dezember 1853, S. 1, Sp. 2.


Bei den Eltern handelt es sich um Johann Franz Hohneck (* 1. Juli 1779, gest. 22. März 1852 in Eibau) und Johanne Elisabeth, geb. Simmich.


Datiert Carlsruhe, den 1. Februar 1838.


Umfangreiche Auszüge: "Lieber Bruder! [...] Ich hatte den besten Willen Dir gleich frischweg zu antworten, kannst aber froh seyn daß es nicht geschehen ist, denn ich hatte ein Hühnchen mit Dir zu rupfen; zwar hast Du Dich durch das lange zögern deines Briefes eingemessen entschuldigt, doch aber nicht darüber, daß Du mir so geradezu, so knall auf fall ohne je nur eine Silbe davon erwähnt zu haben aus Düsseldorf schreibst. Nie, im entferntesten nicht wäre mir eingefallen daß Du Dich dorthin wenden würdest, u. ich muß gestehen daß es mich wirklich sehr überraschte, und noch mehr als mir meine unbestimmte Ahnung beim Durchlesen Deines Briefes zur Gewißheit wurde daß Du umgesattelt seyst.

Die Gründe welche Dich zur Ausführung dieses Entschlusses bewogen haben sind allerdings wichtig genug, auch bin ich der Meinung daß sich der Pinsel in Deiner Hand eben so willig zeigen wird wie der Craiyong und Stichel; aber Du müßtest auch gewiß, und entschloßen seyn auf diesem neuen Felde, welches Du Dir zu bearbeiten vorgenommen ha[s]t fortfahren zu können und nicht wieder aufgeben zu dürfen: denn sonst wäre die Zeit, die Du darauf verwendest, wenn auch nicht ganz verlohren, doch immer wenn Du wieder zum Stiefel zurückkehren solltest für diesen nicht benutzt.

Ach wie lange hat man zu thun und was hat man zu kämpfen bis man nur im technischen einige Vortheile erringt, wie schnell ist die zurückgelegte Zeit verfloßen u. wie wenig hat man in ihr gethan. Für mich sind solche Gedanken wenig tröstend; wenn ich bedenke was ich bisher geleistet habe, so kann ich mir kühn zurufen daß ich noch immer ein Stümper bin.

Du schreibst mir aber da von Deiner letzten Zeit in Dresden, von Deiner neuen Bekanntschaft u. von Deinen Verhälltnissen zur Frau Cassirer und Frau Professorin eine recht romantische Erzählung, der es weder an Gegensatz noch an Effect fehlt, wie z.B. das schmollen u. grämen, der Neid und die Eifersucht auf der einen Seite, welches Du aus billigen Rücksichten nicht übel nehmen darfst, wofür Du aber dagegen von ihrer neuen Rivalin mit der schmeichelhaftesten Aufmerksamkeit und mit der rührendsten Anhänglichkeit u. Freundschaft doppelt entschädigt wirst. Damit ist es aber noch nicht genug, es darf an Glanzlichtern nicht fehlen, diese gaben nun die honnorigen u. erklecklichen Geschenke! Na Du bist ein wahres Glückskind!"


Wilhelm lädt Adolf zu sich nach Karlsruhe ein und wirbt für die Stadt, da sie billiger als Düsseldorf ist.


"Aber guter Adolph wie es mit Beschäftigung hier sein wird weiß ich warhaftig nicht, denn mir scheint als möchte die hiesige Stahlstichfabrik bald ganz aufhören zu seyn, weil bereits schon mehrere theils ohne Beschäftigung theils schon fort von hier sind; zwar betrift das blos die Landschaften welche größentheils auch ??? sind, aber dennoch wird es, meiner Meinung nach über kurz und lang hier doch einmal aufhören müßen. [...] Apropos! Ich las letzthin, zwar schon seit einer ziemlichen Zeit in der Zeitung einen Artikel aus Dresden, das den Bauschülern ein Plan zu einem neuen Academie-Gebäude aufgegeben worden ist, und demjenigen welchem der Preiß zuerkannt werde würde Unterstützung auf vier Jahre nach Rom bewilligt werden sollte, u. diesen Preiß hat Gläsner (?) erhalten. Das hat mich sehr gefreut; auch muß er trotz seiner sonderbaren Physionomie viel talent haben. [...]

Malst Du denn recht fleißig u. wirst Du bald durch eine große Composition die Welt in Erstaunen setzen? Ich möchte gern, sehr gern einmal was von Dir sehen."


Signiert "Dein Dich liebener Bruder W. Hohneck."


Umfang: drei Textseiten und eine Adressseite (27 x 22,2 cm).


Format (zusammengefaltet): 8,1 x 12 cm.


Gelaufen als Vorphila-Brief; das (erhöhte) Porto hat der Empfänger bezahlen müssen. Der Absender schrieb am Ende von Seite 1 zur Entschuldigung: "Ohne meinen Willen bin ich genöthigt den Brief unfrankirt abzuschicken weil ich kein Geld habe."


Zustand: Papier gebräunt, etwas fleckig und knittrig, mit kleinen Einrissen am Rand und in der Falz. Bitte beachten Sie auch die Bilder!

Interner Vermerk: K-Akt 115


Über den Empfänger (Quelle: wikipedia):

Adolf August Hohneck (* 3. Februar 1810 in Eibau; † 2. Februar 1879 in Oberlößnitz) war ein deutscher Landschaftsmaler, Lithograf und Grafiker.

Leben und Werk: Hohneck studierte Malerei an der Kunstakademie Dresden wie auch an der Kunstakademie Düsseldorf.

Einen Namen machte sich Hohneck vor allem als Landschaftsmaler. Darüber hinaus arbeitete er auch als Porträtist; so schuf er 1844 eine meisterhafte Serie von Lithografien der Professoren der Universität Bonn.

Das Kupferstichkabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden sowie die Gemäldegalerie Neue Meister verwahren eine ganze Reihe Lithografien und Bilder von Hohneck.

Hohneck war mit Marie Julie geb. Müller (1836–1904) verheiratet, sie hatten einen Sohn und vier Töchter. Die Familie wohnte in Radebeul in der Meißner Straße 93. Hohneck verstarb am 2. Februar 1879 im Bilz-Sanatorium im benachbarten Oberlößnitz. Er wurde auf dem Friedhof in Kaditz beerdigt.

Hohnecks Tochter Maria wurde ebenfalls Grafikerin und illustrierte vor dem Ersten Weltkrieg zahlreiche Kinderbücher.