John Updike - Gertrude und Claudius - Roman
Band 18 Brigitte Edition - erlesen von Elke Heidenreich

gebundene Ausgabe mit Leseband, 268 Seiten. 

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Lesermeinung: 

Mit Hamlet in Shakespeares gleichnamigem Drama konnte Updike offenbar nicht viel anfangen, so konzentriert er sich in dem Roman auf dessen Eltern. Während in Shakespeares Drama Hamlet im Mittelpunkt steht und auftritt, nachdem sein Vater ermordet worden ist, stellt Updike die Ehe zwischen Gertrude und ihrem ersten Mann, Hamlets Vater, im ersten Teil seines Buches ausführlich dar. Gertrude ist in dieser Ehe nicht glücklich, ihr Mann ist zu selbstherrlich, zu sehr Herrscher, als dass er sie als Person zur Entfaltung kommen lassen könnte. Dies gelingt erst Claudius, dem fantasievollen Bruder ihres Mannes, der auf Grund seiner Weltläufigkeit und Ungebundenheit die Königin als Person liebt und dann zum Mörder seines Bruders und zum Usurpator wird. Während die Königin Hamlet mit banger Vorahnung und Unruhe beobachtet, glaubt Claudius als König und mit zunehmender Verblendung den Prinzen für sich vereinnahmen zu können und Gemeinsamkeiten zwischen sich und dem jugendlichen Intellektuellen zu entdecken. Auf jeden Fall erscheint der Prinz, der wie kaum ein anderer die Interpreten zu Deutungen herausgefordert hat, aus der Sicht von Claudius und Gertrude als ziemlich unreif, als jemand, der erst mit dem Ernst des Lebens bekannt gemacht werden muss. Gertrude empfindet seinen dünnen roten Bart als unvorteilhaft und unpassend, sie bezeichnet ihren Sohn als "kalt" (225), als jemand, der das Leben nur als "Farce" betrachtet und allein in seinem narzisstischen Universum lebt. Das Buch endet höchst vielsagend und ironisch mit einer Thronszene, in der Claudius und Gertrude Hamlet die steife Erklärung abringen, er wolle nach besten Kräften gehorchen, und diese Äußerung euphorisch als Einlenken des Unberechenbaren missverstehen. Für den Leser, der hier Updikes Buch beiseite legt, ist klar, dass sie sich fürchterlich irren, dass Hamlet sie am Ende alle ermorden wird.
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Updike erzählt die Geschichte von Gertrude und Claudius, Königin und König von Dänemark, bis zu dem Augenblick, in dem die Handlung von Shakespeares "Hamlet" beginnt: Gertrude, Tochter König Roriks, heiratet aus Staatsraison den Mann, den ihr Vater für sie ausgesucht hat. Nach Roriks Tod wird der Schwiegersohn König. Gertrude, die ihren Mann noch immer nicht liebt, erliegt ihrem Schwager. Der König kommt dahinter, weshalb man ein bisschen Gift in sein Ohr träufelt. Gertrude und Claudius feiern Hochzeit und nun, nachdem Updike sich so richtig ausgetobt hat, hat sein Kollege Shakespeare das Wort...

Autor: 


John Updike war seit 1977 in zweiter Ehe mit Martha Ruggles Bernhard verheiratet. Er lebte in Beverly Farms nahe Boston. Am 27. Januar 2009 starb er 76-jährig an Lungenkrebs. Übrigens ... galt John Updike über Jahre hinweg als Anwärter auf den Nobelpreis für Literatur. Dass er ihn nicht bekommen habe, stelle eine "wirklich groteske Fehlentscheidung" dar, urteilte die "tageszeitung" beim Tod des Schriftstellers: Das Nobelpreiskomitee habe die Identitätssuche, die Updike im angeblich Vertrauten betrieben habe, irrtümlich als "blanken Realismus" gewertet und ihn deshalb leer ausgehen lassen. 



Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.05.2002

Werner von Koppenfels stellt fest, dass John Updike auch in seinem 51. Roman keinerlei Ermüdungserscheinungen zeigt. Diesmal rolle Updike er die Vorgeschichte des Shakespeare-Dramas "Hamlet" auf, wobei er es weder an sprachlichen noch an inhaltlichen Finessen fehlen lasse. Auch Überraschendes lasse sich der Autor dabei einfallen, so z.B. Inversionen bei der Darstellung der Charaktere, die dem Shakespeare-Leser schon bekannt sind. Neben zahlreichen Ironien sei der Roman wohldosiert auch mit literarischen Querverweisen gespickt. Zudem werde beim Lesen deutlich, wie gut Updike recherchiert habe: Darstellung aus dem lateinisch-byzantinischen Kulturkreis wie auch Elemente des höfischen Romans des mittelalterlichen Frankreichs sorgen für Authentizität, lobt der Rezensent. 

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.12.2001

Es geht um ein uraltes Thema bei Updike, fasst Christopher Schmidt zusammen: das Paar als gesellschaftliche Urzelle. Das Paar heißt Gertrude und Claudius, aus Shakespeares Stück "Hamlet", das bei Updike eine Art später - wenn auch körperlich welker - Liebe und Erfüllung findet. So weit so schön, findet Schmidt, bedauert aber den Verrat Updikes an Hamlet, dem Sohn, der als zwielichtige Figur dargestellt werde. Das Vorwissen um den "Hamlet" reizt natürlich Leser wie Autor. Schmidt erläutert das Konstrukt: Updike erzähle die Vorgeschichte, nach den Quellen, auf die sich auch Shakespeare bezogen habe, und breche an dem Punkt ab, wo das Stück, die Tragödie beginne. Bei Updike gibt es ein Happy end, das Schmidt weniger stört als die schwülstig und "esoterisch aufgeladene" Liebesgeschichte zwischen dem Königspaar. Sie entlarve den Roman als "gelehrte Kulissenschieberei" und weist Schmidt darauf hin, wo Updike lebt: im prüden protestantischen Amerika, wo es solcher "Feiern des Fleisches" wohl noch bedürfe.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 27.11.2001

Sabine Franke sieht zwar die Qualitäten dieses Buches und würdigt die "Konzeption" des Romans, der sich auf die drei historischen Fassungen des Hamlet-Stoffes stützt und sich dabei besonders auf das Schicksal von Hamlets Mutter konzentriert,, .... Ohne dem amerikanischen Autor den "Elan" oder die Fähigkeit abzusprechen, sich in die historische Welt seiner Protagonisten hineinzudenken, findet sie doch, dass das Buch wider Erwarten kein richtiger historischer Roman geworden ist, weil die zeitgeschichtlichen Details ihr allzu "inventarhaft aneinandergereiht" daherkommen. 

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.11.2001

Was macht ein betagter Schriftsteller, dem der eigene Erzählstoff ausgeht, fragt Reinhard Baumgart und ist überhaupt nicht überrascht darüber, dass John Updike, der bald siebzig Jahre wird, sich Shakespeares "Hamlet" als Vorlage für seinen Roman genommen hat. Die Geschichte ist bekannt und hinlänglich verarbeitet worden, von Döblin und Hildesheimer etwa, der Stoff und seine Motive wirken in "Effi Briest", "Madame Bovary" und jüngst in "Der Besuch des Leibarztes", weiß der belesene Rezensent. Und doch ist Updikes Werk nicht überflüssig, vielmehr alles andere als das, meint Baumgart. "Reiches Lesevergnügen", ein "kluges, prunkendes und redseliges Buch" verspricht er dem Leser.