Sie bieten auf einen maschinenschriftlichen, signierten Brief des Rechtsanwalts, Politikers (Nationalliberale Partei, DDP) und langjährigen Creditreform-Präsidenten Georg Zöphel (1869-1953).


Datiert Leipzig, Otto-Schill-Str. 2, den 5. November 1946.


Gerichtet an den Pianisten, Komponisten, Schriftsteller und Musikkritiker Erwin Kroll (1886-1976) in Berlin.


Betrifft einen Aufsatz von Kroll über Richard Wagner: "Der Fall Wagner", in: Der Aufbau, Heft Nr. 8. -- Vgl. dazu Sven Oliver Müller: Richard Wagner und die Deutschen. Eine Geschichte von Hass und Hingabe, München, H.C. Beck 2013, S. 201: "Bereits im August 1946 konstatierte der Komponist und Musikkritiker Erwin Kroll, «dass es einen 'Fall Wagner'» eben immer gegeben habe, was nicht dazu verleiten dürfe, «Wagner einfach zum 'Ahnherrn des Faschismus' zu stempeln.»"


Auszüge: "Durch Herrn Herbert Ihering, gegen dessen Diffamation Wagner Sie sich ja auch wenden, ist einer der größten Künstler der Weltgeschichte, der dem deutschen Namen unsterblichen Ruhm errang und erhalten wird, zum Werkzeug des Nationalsazialismus heruntergerissen worden. Sie erwarben sich das Verdienst der Ehrenrettung dieses ganz einzigen Phänomens, das ihresgleichen in der Kunstgeschichte über alle Genien der alten und neuen Zeit hervorragt und reinigen damit auch den deutschen Namen von dem scheelen Schein, als ob die Verworfenheit des Hitlerunwesens auch nur im geringsten Zusammenhang mit der hohen künstlerischen Weihe genannt werden durfte, welche die Werke des Einzigen auszeichnet.

Ich pflichte dem Worte Thomas Manns in dessen 1. Teile bei, während ich dem 2. Teil [...] entschieden widerspreche."

Hier charakterisiert er Wagners Werk in überschwenglichen Worten.

"Ich bin treuer Besucher der Bayreuther Festspiele während 43 Jahren von 1896 bis 1936. Allerdings mied ich das spezifische Wesen Bayreuths, indem ich niemals zur Familie Wagner in nähere Beziehungen trat; bin also kein Wagnerianer im eigentlichen Sinn. Besuchte wohl regelmäßig das Grab, aber niemals die Villa Wahnfried. [...] Auch möchte ich nicht als Gegner Iherings angesprrochen werden, welchem ich mit viel Genuß in den Aufsätzen des Aufbaues lauschte. Nur der freuliche Vorwurf der Sprachverschwemmung gegen einen Sprachschöpfer ohnegleichen [...] ist so absurd, daß ich mir nur die Gegnerschaft dieses scharfen Kopfes gegen Wagner aus dem Mangel an Musikalität erklären kann, die ja eine Gnade Gottes ist und die nicht jedermann zuteil ward.

Auf jeden Fall bin ich Ihnen dankbar für Ihren tapferen Aufsatz!"


Signiert "[Ihr] Dr. Georg Zöphel."


Umfang: 3 beschriebene Seiten (A4); ohne Umschlag.


Zustand: Blätter seitlich gelocht; Papier stark gebräunt, mit Randeinrissen (ein Einriss rückseitig mit Tesa hinterlegt). Bitte beachten Sie auch die Bilder!

Interner Vermerk: Kroll 2021-12-9 Autogramm Autograph



Über Georg Zöphel und Erwin Kroll (Quelle: wikipedia):

Karl Georg Zöphel (* 6. Oktober 1869 in Reichenbach im Vogtland; † 13. April 1953 in München) war ein deutscher Politiker (Nationalliberale Partei, DDP) und langjähriger Präsident der Creditreform.

Familie: Zöphels Vater war der Reichenbacher Kaufmann Albert Zöphel. Seine Mutter Katharina Pauline Schleber (1850–1928) war eine Nichte des Firmengründers der Färbereien und Appreturanstalten Georg Schleber AG in Reichenbach. Sein jüngerer Bruder Arno starb bereits mit dreizehn Jahren an Typhus.

Er war seit 1899 mit seiner Cousine Léonie Schleber (* 1876) verheiratet. Aus dieser Ehe gingen drei Söhne und eine Tochter hervor.

Leben und Beruf: Nach dem Abitur auf dem König-Albert-Gymnasium in Leipzig studierte Zöphel, der evangelisch-lutherischen Glaubens war, von 1888 bis 1892 in Leipzig, München und Freiburg im Breisgau Rechtswissenschaften. 1892 wurde er zum Doktor der Rechte promoviert. Er arbeitete zunächst als Syndikus für verschiedene wirtschaftliche Verbände und ließ sich daneben 1898 als Rechtsanwalt in Leipzig nieder. Im Jahr 1900 wurde er Präsident des Verbandes der Vereine Creditreform in Schkeuditz und übte dieses Amt aus, bis er von den Nationalsozialisten 1936 zum Rücktritt gezwungen wurde.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war er erneut für die Creditreform tätig und gründete am 31. August 1947 in Neuss die „Creditreform Zentralverwaltung e.V.“ als Grundlage für die Verlegung des Vereins nach Westdeutschland.

Parteimitglied und Abgeordneter: Im Kaiserreich gehörte Zöphel der Nationalliberalen Partei an. Zöphel war von 1907 bis 1918 Landtagsabgeordneter im Königreich Sachsen. Im Gegensatz zur Mehrheit seiner Parteifreunde beteiligte er sich 1918 nicht an der Gründung der DVP, sondern ging zur linksliberalen DDP. 1919/20 gehörte er der Weimarer Nationalversammlung an. Im Gegensatz zur Mehrheit der DDP-Abgeordneten stimmte er dort am 22. Juni 1919 für die Unterzeichnung des Friedensvertrages von Versailles.

Man erzählte, dass er zur Weimarer Reichsverfassung eine Reihe von Änderungsanträgen stellte, die sich nur auf Satzzeichen bezogen, (…) Dazu kam, dass Zöphel als Redner nicht wirkte. (…) So erklärte es sich, dass Dr. Zöphel von der Demokratischen Partei, (…) , nicht wieder als Sitzbewerber aufgestellt wurde. Die Demokraten zogen ihm den Leipziger Geschichtsprofessor Dr. phil. Walter Götz, (…) , vor. Das nahm Dr. Zöphel sehr übel. Er trat kurze Zeit vor dem Abstimmungstage (4. Mai 1924) zur Deutschen Volkspartei über und wendete sich in den Leipziger Neuesten Nachrichten an die Wählerschaft mit der Aufforderung, nicht für Dr. Walter Götz, sondern für den Sitzbewerber der Deutschen Volkspartei zu stimmen. Die Demokratische Partei kennzeichnete diese Aufforderung Zöphels als „Parther-Pfeil“. (…) . Trotz des Zöphelschen Partherpfeils wurde Dr. Walter Götz gewählt. Die Deutsche Volkspartei ist in der Folgezeit auf eine Kandidatur Zöphel nicht zugekommen.“

Rudolf Mothes: Lebenserinnerungen eines Leipziger Juristen

Schriften

Die Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919. Kurz erläutert und mit kritischen Hinweisen versehen. Späth & Linde, Berlin 1920.


Erwin Kroll (* 3. Februar 1886 in Deutsch Eylau, Ostpreußen; † 7. März 1976 in West-Berlin) war ein deutscher Pianist, Komponist, Schriftsteller und Musikkritiker. Wie sein Freund Otto Besch war Kroll ein Tondichter Ostpreußens.

Leben: Um 1900 kam Kroll nach Königsberg i. Pr. und besuchte mit Otto Besch das Königliche Hufengymnasium. An der Albertus-Universität studierte er Philologie und Musik. Mit einer Doktorarbeit über den in Königsberg von jeher verehrten E.T.A. Hoffmann zum Dr. phil. promoviert, ging er in den Schuldienst. Er wandte sich 1919 ganz der Musik zu und setzte seine bei Otto Fiebach und Paul Scheinpflug begonnenen Studien in München fort. Dort fand er vor allem in Hans Pfitzner einen wichtigen Lehrer. Ihm widmete er später ein vielbeachtetes Buch. Neben seinem Studium war Kroll Korrepetitor an der Münchner Staatsoper und Schriftführer des Hans-Pfitzner-Vereins für Deutsche Tonkunst, zu dessen Gründung Thomas Mann aufgerufen hatte. 1925 kehrte Kroll nach Ostpreußen zurück und wurde Musikkritiker der Hartungschen Zeitung, ab 1930 ihr Feuilletonchef. Seit 1934 wirkte er in Berlin als Kritiker und Musikschriftsteller. Nach dem Zweiten Weltkrieg leitete er bis 1953 die Musikabteilung des Nordwestdeutschen Rundfunks in Berlin. Der (vergessenen) Bedeutung Königsbergs als Musikstadt hat Kroll mit seinem Buch ein Denkmal gesetzt.

Werke

Ostpreußische Heimat – Orchesterwerk

Violinsonate in B-Dur

Sonatine in F-Dur

Ostpreußische Tänze

Der Adebar – Fantasie über ostpreußische Volksweisen für großes Orchester

Gesangswerke und Liedbearbeitungen

Lieder für Solostimmen und Chorlieder

Schriften

Musikstadt Koenigsberg

Ernst Theodor Amadeus Hoffmann. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1923.

Hans Pfitzner. Drei Masken Verlag, München 1924 .

Das Theater. Festschrift zum 25 jährigen Bestehen der Städtischen Bühnen zu Dortmund. Das Theater, Berlin 1930.

Carl Maria Weber. Athenaion, Potsdam 1934 .

Musikstadt Königsberg. Atlantis, Freiburg i. Br. 1966.

Ehrungen

Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland, Verdienstkreuz am Bande (27. Januar 1956)

Kulturpreis der Landsmannschaft Ostpreußen (1960)