Sie bieten auf einen eigenhändigen, signierten Brief des Bildhauers Joseph Kopf (1827-1903), ab 1897: Joseph von Kopf.


Sehr originell und humorvoll geschrieben; mit ungewöhnlicher Ortographie, der man die geringe Schulbildung des Künstlers anmerkt.


Datiert Baden, den 27. September 1875.


Der Ortsname Baden-Baden wurde erst 1931 amtlich. Die Stadt befand sich in dieser Zeit im Umbruch; die Glücksspielstadt wandelte sich nach dem Glücksspielverbot 1872 zu einer Kurstadt.


Transkription:

"Meine liebe neue Tante! (Auguste)

Liste oi du biste!

immer hast Du auch nicht geschriben und ich bin der erste der anfängt. Die Büste von Reichenbach ist fertig, gestern war eine schwarze Schaar Damen bei uns, und weinten vor Freuden über 'dieß änlichkeit diese schöne widergabe des Originals'

mir ists wohl ums Herz, und habe gut geschlafen, und die Lebenslampe brennt lustiger! – Aber eine andre Büste ist auch schon ziemlich fertig, die von unserm Patriarchen Abraham oder Isak Herrn Mejer. er scheint sehr glüklich über seine engen Gestallt zu sein. Der Kopf ist aber wirklich famos, und freue ich mich daß sie in die Gallerie kommt wen selbige nicht eines tags verschrötert{?} wird! – Liebes Tantchin wie geht es Dir den? wie hast Du die verlibten Leute an Ort und stelle zurück gebracht? unter welche Götter im Oliemp muß mann Dich den einregistriren? etwa Merkur? – Du bist aber eine Frau – aber keine Schwester der Psiche den neidlos leitest Du den Strom der Liebe welcher sich wie ein Feuerweer über das in Wonne schwemmende Brautpaar ergüset! – Gerade haben wir gefrühstükt! Die Sonne scheint mir auf's Papier, es ist ganz warm aber scheint doch auch zu regnen. – Himmelchin{?} hat Ihren kl. Leib voll gestopft und ist ganz munter, Anna mit langem Morgenrok steht auch neben mir, und ich habe gerade gesagt 'was willst den Du.' {???}auß Du Dich bei uns denken?

Gestern habe ich bei der Keiserin getafelt! sie schenkte mir eine goldne Medaylie noch m. Relief gemacht und war überaus gnädig! – Bald kommt der herrliche Keiser und mit ihm neies Leben nach Baden, auch der Hof trift bald ein was lustig sein wird! – Grüse liebe Tante alle vom ältesten angefangen bis tief zu {???} herunter auch Amor u. Psiche vergehen nicht dabei! – von uns aber steke Deine Tascheen voll Grüse und Süßigkeiten von denen wir Dir einen Berg voll in unserm Herzen aufbewaren alls Deine Kopf's aus Xeno{?}."


Einige Wörter habe ich nicht entziffern können; diese sind mit drei Fragezeichen versehen; usichere Lesungen dagegen mit einem Fragezeichen.


Umfang: 4 beschriebene Seiten (12,7 x 10,2 cm), also kleinformatig; ohne Umschlag.


Zustand: Brief gefaltet; Papier leicht gebräunt. Bitte beachten Sie auch die Bilder!

Interner Vermerk: Kief2205-1914


Über den Verfasser (Quelle: wikipedia):

Joseph Kopf, ab 1897 von Kopf (* 10. März 1827 in Unlingen; † 2. Februar 1903 in Rom) war ein deutscher Bildhauer. Kopf schuf vielbeachtete naturalistische Porträt-Büsten, die von Adeligen wie von Bürgern in Auftrag gegeben wurden.

Leben: Der Sohn eines Bauern und Ziegeleibesitzers erhielt in der Volksschule den ersten Zeichenunterricht, bevor er 7 Jahre in der väterlichen Ziegelei arbeiten musste. Bereits während dieser Zeit versuchte er, durch einen Ausbruch eine Lehre als Steinhauer in Riedlingen und dem bayerischen Biberach zu beginnen. Im Alter von 21 Jahren gelang das Vorhaben, woraufhin er sich von Steinmetzen und Grabbildhauern in Ravensburg und Bad Waldsee ausbilden ließ. Ab 1851 gelangte er zu Anselm Sickinger nach München, zu Philipp Hoffmann nach Wiesbaden sowie zu Alois Knittel und Wilhelm Dürr nach Freiburg im Breisgau. Von dort ging er am 1. September 1852 zu Fuß in Richtung Rom, wo er am 13. Oktober 1852 ankam und dort zu wirken begann. Seine Werkstatt, so Max Jordan, sei diejenige gewesen, „welche durch ihre Vornehmheit Deutsche und Fremde am lebhaftesten anzog“.

Im Jahre 1874 baute Großherzog Friedrich I. dem Bildhauer in Baden-Baden ein Atelier, in dem dieser sich im Sommer aufhielt. Dort modellierte er berühmte und reiche Kurgäste. Zu dieser Zeit war er mit dem Hoffotografen Wilhelm Kuntzemüller befreundet, der dieselbe Klientel bediente. „Als Dank für dieses Mäzenatentum und von dem Wunsch beseelt, sein Werk der Nachwelt zu erhalten, schenkte Kopf 1892 das Atelier samt Inhalt dem Großherzog zurück, mit der Verpflichtung, es für immer in dem Zustand zu belassen, in dem es sich bei der Übergabe befand, und es dem Publikum im Sommer dreimal wöchentlich zu öffnen“.

Kopf trug auch eine erlesene private Kunstkollektion zusammen, deren Verzeichnis Ludwig Pollak 1905 unter dem Titel: Joseph von Kopf als Sammler in Rom herausgab. Kopf war jedoch bereits am 2. Februar 1903 in Rom verstorben.

Werke

Allgemein

Die Katalognummern beziehen sich auf den Katalogteil von Kratt 1998, Seite 141–205.

Gänsemännle-Brunnen, um 1850, keine Katalognummer, Kopie: Freiburg im Breisgau, vor der Adelhauser Kirche.

Vier Jahreszeiten, ab 1857, Katalognummer 8a (Sommer), 9a (Frühling), 10a (Herbst), 11b (Winter), Stuttgart, ehemals Villa Berg, kriegszerstört.

Ingeborg mit dem Falken, zwischen 1857 und 1873, keine Katalognummer, Stuttgart, ehemals Villa Berg, heute im Städtischen Lapidarium.

Tritonenbrunnen, 1859, Katalognummer 12c, ursprünglich St. Petersburg, Schloss Oranienbaum, Verbleib unbekannt.

Reliefbild von Carl Schnaase, 1866, Katalognummer 31e, Frankfurt am Main, Städelsches Kunstinstitut.

Zwei Marmorkamine, 1867, Katalognummer 23 I und II, teilzerstört, ehemals: Stuttgart, Neues Schloss, Liegefiguren (1998): Bad Wildbad, Reservierter Kurgarten.

Madonna mit dem Jesuskind, Hochrelief, 1872, keine Katalognummer, München, Alter südlicher Friedhof, Familiengrab der Familie Pfeffel.

Büste des Kaiser-Wilhelm-Denkmals, 1875, Katalognummer 54, Baden-Baden, Anlagen vor der Trinkhalle.

Kolossalbüste von Carl Schnaase, 1877, Katalognummer 70b, Berlin, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nationalgalerie, Objekt 02520379.

Pietà, 1877, Katalognummer 37d, Stuttgart, Marienhospital, Alter Marienbau.

Pietà, nach 1877, Katalognummer 37, Karlsruhe, Badisches Landesmuseum.

Tritonbrunnen, 1888, Katalognummer 112a, Berlin, Großer Tiergarten, Großfürstenplatz.

Kaiser Wilhelm I.-Denkmal, enthüllt am 12. Oktober 1890, Katalognummer 117, Ravensburg.

Büste des Kaiserin-Augusta-Denkmals, aufgestellt 1892, Katalognummer124b, Baden-Baden, Lichtentaler Allee.

Der künstlerische Nachlass Kopfs aus seinem Baden-Badener Atelier, rund 200 Bildnisreliefs und Büsten berühmter Zeitgenossen und historischer Persönlichkeiten, überwiegend aus Gips, teils aus Marmor, befindet sich im Badischen Landesmuseum Karlsruhe. Ein Teil davon ist in der Sammlungsausstellung "Baden" zu sehen.

Porträtbüsten

mehr als 15 Büsten Kaiser Wilhelms I.“

in der Berliner National-Galerie, 1876

in der Berliner National-Galerie, 1886

im Besitz des ehem. Kaisers Wilhelm II.“

als Denkmal in Baden-Baden (s. o.)

im Museum in Weimar

im Museum in Stuttgart

als Denkmal in Ravensburg (s. o.)

im Vortragszimmer im Berliner Stadtschloss

Kaiserin Augusta-Büste, im Museum Stuttgart

Büste von König Karl und Königin Olga, 1863, Privatbesitz

Papst Leo XIII.-Büste - Rom, im Appartam. Borgia des Vatikans

Weitere Werke Kopfs befinden sich unter anderem in Berlin, Rom, Unlingen und auf dem Bussen.

Ehrungen: 1857 wurde Kopf württembergischer Hofbildhauer. In seiner Heimatgemeinde Unlingen erhielt er 1864 das Ehrenbürgerrecht; nach ihm ist dort auch die Kopfstraße benannt. Ihm wurde auch der Professorentitel und der Preußische Rote Adlerorden verliehen. 1897 erhielt er mit dem Ehrenkreuz des Ordens der Württembergischen Krone den Personaladel.

Nachlass: Von Kopfs schriftlicher Nachlass wird vom Hauptstaatsarchiv Stuttgart als Bestand Q 2/14 verwahrt: „Persönliche Papiere, Tagebücher; Vorarbeiten zu den ‚Lebenserinnerungen eines Bildhauers‘; Korrespondenzen (v. a. mit Auftraggebern, Freunden und Bekannten); Fotos von Verwandten, Auftraggebern, Künstlern sowie von Bildhauerarbeiten Kopfs; angereichert durch persönliche Papiere der Schwester von Kopfs, Rosina Pütz geb. Kopf, und biographische Veröffentlichungen und Zeitungsausschnitte über Josef Kopf“.[19]

Atelier und Werk: Seit 1947 diente das Ateliergebäude (Werderstraße 2) der jüdischen Gemeinde von Baden-Baden als Betsaal. Als das Ateliergebäude einem anderen Zweck zugeführt werden sollte, wurde der künstlerische Nachlass von Joseph von Kopf, soweit er sich noch in dem Atelier befand, 1983 dem Badischen Landesmuseum überstellt. 1995 wurde im Zusammenhang mit der Sotheby's-Markgrafen-Auktion die in der Kapelle des Neuen Schlosses von Baden-Baden aufgestellte Pietà von Kopfs ebenfalls ans Landesmuseum überwiesen.

Sammlung: Mit seinem Testament von 1927 hatte der ehemalige Großherzog Friedrich II. die Kopfsche Kunstsammlung in Baden-Baden mit anderen Sammlungen unter den vom Stifter Kopf gewünschten Auflagen zunächst seiner Ehefrau vermacht und danach in die Zähringer Stiftung eingebracht. In der Stiftungssatzung von 1954 wird die Kopfsche Kunstsammlung, also das Atelier, ebenfalls erwähnt. Wie anlässlich der Karlsruher Kulturgutaffäre 2006 bekannt wurde, bestritt das Haus Baden den wirksamen Vermögensübergang an die Zähringer Stiftung. Im Zuge einer umfassenden Regelung der Eigentumsfragen im Rahmen des Verkaufs von Schloss Salem an das Land Baden-Württemberg im Jahre 2009 verzichtete das Haus Baden auf Ansprüche auf die Objekte der Zähringer-Stiftung.