Sie bieten einen eigenhändigen, signierten Feldpost-Brief des deutsch-amerikanischen Theologen Caspar René Gregory (1846-1917).


Caspar René Gregory trat 1914 mit 67 Jahren (!) als ältester deutscher Kriegsfreiwilliger in die Deutsche Armee ein und wurde 1916 Leutnant. Im April 1917 starb er in einem Feldlazarett bei Neufchâtel-sur-Aisne, Frankreich.


Geschrieben am 29. Dezember 1916 (in Frankreich) als 70-jähriger Leutnant in der 47. Landwehr-Division, West; mit Stempel "Stab 31. {???}.-Brigade."


Von Ende 1916 bis Anfang 1917 war die 47. Landwehr-Division (3. Königlich Sächsische) in Kämpfe an der Aisne verwickelt. (Quelle: wikipedia.)


Gerichtet an Frl. Charlotte Henkel in Pforte (Schulpforte / Schulpforta); sicherlich eine Tochter des Schulpforter Lehrers und Geologen Ludwig Henkel (1859-1936). Ein starkes Indiz dafür ist, dass parallel angebotene Feldpost anderer Verfasser an Charlotte Henkel an das "Lindenhaus" in Schulpforte adressiert ist, wobei es sich um das Lehrerwohnhaus handelt.


Umfang: 4 S. (11,3 x 9 cm); geschrieben in kleiner, filigraner Schrift.


Anbei der originale Umschlag.



Auszüge: "Liebe Lotte! Bin ich doch schrecklich gewesen, Dir so lange kein Wort des Dankes für Deine Glückwünsche zum Geburtstag zu sagen. Es war aber nur, weil es keine Zeit gab, um einen ordentlichen Brief zu schreiben. [...] Jetzt habe ich vor, sofort ganz kleine Briefe zu schreiben. Dann werde ich, wenn es geht, zwanglose Nachrichten anhängen. [...] Damit verbleibe ich, auch über die etwaige Nachschrift hinaus, mit herzlichem Gruß, Dein treuer Freund Caspar René Gregory."


Die "Nachschrift" umfasst dann die restlichen drei Seiten des kleinen Briefes: "Wenn ich Moppel nur persönlich kannte, so wäre es möglich, daß ich sei einmal hier träfe. Wer weiß? Vielleicht hat sie eine Kanone gezogen, die ich vorübergehen sah."


Dann über sein Pferd "Nina" und Autos, die er durchgängig "Auts" nennt: "So ist das Reiten auf ihrem Rücken stets eine spannende Erfahrung, falls ich auf einer Straße reite, die die Auts benutzen können. [...] Vor einigen Tagen, als ich auf einem Feldweg neben der Straße ritt, so daß der Autfahrer nicht die geringste Veranlassung hatte, die Hupe zu brauchen, machte der Fahrer plötzlich einen ganz ungewöhnlich scheußlichen Lärm. Nina kehrte um und riß aus in wildem Galopp. Übrigens ist es nicht ausgeschlossen, daß Du ein Bild von Nina bekommst. Unser Divisionär hat verlangt, daß ich mich zu Pferd fotografieren lasse. Die Wünsche von Divisionären sind Befehle, und wenn das Bild gut ausfällt, falls mein siebartiges Gedächtnis nicht dazwischentritt, oder steckt oder siebt, so soll ein Stück zu Ihnen gelangen. Du kannst es dem Pferd Lotte zeigen und Lotte bitten, Moppel in ihrem nächsten Drahtlosen zu sagen, sie soll Nina grüßen, wenn sie sie auf irgend einer Straße hier draußen sieht. [...] So ein Pferd ist nicht ein ganz einfaches Geschöpf. Es hat allerlei Schrullen, ganz wie die Menschen. Du weißt wol, daß die Pferde den Menschen außerordentlich ähnlich sind? Glückliches Neujahr!"


Zustand: Papier leicht gebräunt, Umschlag etwas stärker. Bitte beachten Sie auch die Bilder!

Interner Vermerk: MM5


Über Caspar René Gregory (Quelle: wikipedia):

Caspar René Gregory (* 6. November 1846 in Philadelphia; † 9. April 1917 in einem Feldlazarett bei Neufchâtel-sur-Aisne, Frankreich) war ein deutsch-amerikanischer Theologe.

Leben: Gregory hatte französische Vorfahren. Sein Urgroßvater René Gregory schloss sich als französischer Offizier 1777 begeistert dem Hilfsheer für den Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg Lafayettes an und verblieb durch Heirat in Amerika. Sein Vater Henry Duval Gregory, ein reformierter Presbyterianer, wirkte durch seine puritanische Strenge auf ihn prägend.

Gregory studierte nach dem Besuch der Schule seines Vaters Theologie an den beiden Seminaren der Presbyterianer: 1865–1867 in Philadelphia und 1867–1873 in Princeton (New Jersey). Er entschloss sich 1873, sein Studium in Leipzig unter Konstantin von Tischendorf fortzusetzen. Seine Arbeit zur neutestamentlichen Textforschung begann er durch die Anregung seines Lehrers Ezra Abbot. Sein Plan, unter Tischendorf zu studieren, wurde bereits 1874 durch dessen Tod unterbrochen. Er führte jedoch Tischendorfs Arbeit weiter.

Gregory habilitierte sich 1884 und wurde 1889 außerordentlicher Professor und 1891 ordentlicher Honorarprofessor in Leipzig. Den philosophischen Doktortitel erlangte er 1876 mit der Dissertation Grégoire, the priest and the revolutionist. Der Erstgutachter war hierbei der Historiker Georg Voigt. Auch die im Universitätsarchiv Leipzig befindliche Promotionsakte besagt das Gleiche. Gregory besaß offenbar mehrere Doktortitel. Karl Josef Friedrich (S. 130) spricht in seinem Lebensbild Gregory gar als einen fünffachen Doktor an. Bezeugt ist zumindest auch ein in Leipzig 1889 erlangter theologischer Doktortitel, 1893 wurde er Ehrendoktor der Universität Leipzig. Zusammen mit dem Politiker Friedrich Naumann und dem Juristen Rudolph Sohm war er an der Gründung des Nationalsozialen Vereines beteiligt. Mit dem Leipziger Theologen Adolf von Harnack verband ihn eine enge Freundschaft.

Als der älteste deutsche Kriegsfreiwillige trat der Deutsch-Amerikaner Gregory, seit 1881 sächsischer Staatsbürger, im August 1914 immerhin bereits 67-jährig in das deutsche Heer ein. Nach zwei Jahren wurde er Leutnant. Er starb im Lazarett an der Westfront 1917 und wurde auf der Deutschen Kriegsgräberstätte Asfeld bestattet.

Gregory war Mitglied in der Sängerschaft Arion sowie der Freimaurerloge Apollo in Leipzig. 1891 wurde er zum Mitglied der American Philosophical Society gewählt.

Bedeutung: Um die Erforschung der neutestamentlichen Handschriften und um die Textkritik des Neuen Testaments hat sich Gregory bedeutende und bleibende Verdienste erworben. 1908 erschien sein Werk Die griechischen Handschriften des Neuen Testaments. Dieses Werk vereinheitlichte die Bezeichnungen der neutestamentlichen Handschriften und erleichterte so die Forschung am Text ganz wesentlich. Seine Nummerierung der Textzeugen wurde später von Kurt Aland aktualisiert und erweitert und heute noch ist die Nummerierung nach Gregory-Aland allgemeiner Standard.

Man kann auch sagen, dass die neutestamentliche Handschriftenkunde neben von Tischendorf auch von ihm mitbegründet wurde. Er wurde als ein ausgesprochener „Menschenfreund“ geschildert.

Widmungen: Neben seinem Werk erinnern an ihn ein von Willmar Schwabe gestifteter Gedenkstein mit Reliefporträt vor der Neuen Nikolaischule in der Naunhofer Straße im Leipziger Stadtteil Stötteritz. Die Inschrift auf dem Relief lautet:

Prof. Dr. Gregory

Dem Volksfreunde

Dem Unermüdlichen

Forscher u. Lehrer

Dem tapferen Kämpfer

Für Freiheit und Recht

Zum dankbaren Gedenken

Ein kleiner ca. 600 m entfernt von dem Denkmal befindlicher Spielplatz heißt Gregoryplatz.

Werke

Prolegomena zu Tischendorfs Novum Testamentum Graece (editio VIII. critica major), 2 Bände, 1884–1894 (dt. Neubearb.: Textkritik des NT, 3 Bände, 1900–1909)

Canon and Text of the New Testament. Edinburgh 1907

Das Freer-Logion. Leipzig 1908.

Die Textkritik des Neuen Testaments. Leipzig 1900.

Die Textkritik des Neuen Testaments. Band 2, Leipzig 1902 (archive.org).

Die griechischen Handschriften des Neuen Testaments. Leipzig 1908 (openlibrary.org).

Einleitung in das Neue Testament. 1909.

Vorschläge für eine kritische Ausgabe des griechischen Neuen Testaments. 1911

Die Koridethi-Evangelien. 1913

Hermann Guthe (Hrsg.): Zu Fuß in Bibellanden. 1919.