Sie bieten auf ein eigenhändiges, signiertes ärztliches Zeugnis des Geheimen Sanitätsrats, Chirurgen und Geburtshelfers Otto Siegfried Veit (1822–1883), Vater des Gynäkologen Johann Veit (1852-1917).


Datiert B[erlin], den 16. Januar 1865.


Ausgestellt zum zwecke der Befreiung vom Militärdienst (Ausmusterung).


Über den Gesundheitszustand des 19-jährigen Studenten Heinrich Georg Althaus (* 25. Februar 1845 in Berlin, gest. am 31. Oktober 1894 in Berlin), später Kgl. Landrichter und Landgerichtsrat in Berlin, Sohn des Professors der Philosophie an der Universität Berlin Karl Heinrich Althaus (1806-1886). Heinrich Georg Althaus heiratete am 2. April 1884 in Berlin Marie Adelgunde Auguste von Dechend (1855-1917), Tochter des Reichsbank-Präsidenten Hermann von Dechend (1814-1890) und der Adelgunde, geb. Wilke, gest. am 30. März 1914 in Teupitz.


Auszüge: "Auf den Wunsch des Herrn Professor Althaus, dessen Hausarzt ich seit einigen Jahren bin, bescheinige ich hiedurch daß dessen Sohn, der Studiosus Heinrich Althaus an einem Herzfehler leidet. - Im 6. Lebensjahre hat derselbe eine Lungen-Entzündung der linken Seite überstanden, zu welcher sich wahrscheinlich eine Herzentzündung hinzugesellt hatte. Denn seit jener Zeit datiren die Beschwerden, die namentlich im Herzklopfen bestehen, welches bei jeder körperlichen Anstrengung, beim Treppensteigen [...] verstärkt wird. [...] Aus demselben Grunde würden den mit der Erfüllung seiner militairischen Pflichten verbundenen körperlichen Anstrengungen und Strapazen für die Gesundheit des Herrn Studiosus Althaus nicht bloß von vorübergehendem Nachtheil, sondern selbst von der ernstesten Lebens-Gefahr sein können, weshalb es mir nothwendig erscheint, denselben vom Militairdienst ganz zu dispensiren."


Signiert "Dr. Otto Veit, praktischer Arzt, Königl. Prinzlicher Leib-Arzt und Ritter des rothen Adler-Ordens 4. Klasse."


Mit zwei schönen Siegeln "Dr, Veit"; eines neben der Signatur und eines auf der Rückseite des Zeugnisses.


Umfang: knapp zwei von vier Seiten beschrieben (34,5 x 21,3 cm).


Über den Verfasser: Otto Siegfried Veit wurde am 22. März 1822 in Hamburg geboren und starb am 4. April 1883 als Geheimer Sanitätsrat in Berlin. Er studierte seit 1841 in Heidelberg, Berlin und Halle (unter Krukenberg), Dissertation 1845 "Specimen abscessus hepatis ex echinococco addita entozoorum huius generis descriptione", war ab 1848 Praktischer Arzt in Berlin, behandelte bedeutende Patienten und veröffentlichte mehrere Aufsätze in medizinischen Zeitschriften. (Quelle: Biographisches Lexikon der hervorragenden Aerzte aller Zeiten und Völker, hg. von August Hirsch, 6. Band, Wien und Leipzig 1888, S. 78.)


Zustand: Zeugnis gefaltet; Papier gebräunt, fleckig und knittrig, mit Randschäden. Bitte beachten Sie auch die Bilder!

Interner Vermerk: Althaus 2023-3 Briefe Autogramm Autograph


Über den Vater Johann Veit (Quelle: wikipedia) sowie Karl Keinrich Althaus, den Vater des Patienten (Quelle: eigene Recherchen):

Johann Friedrich Otto Siegfried Veit, genannt Johann auch Johannes (* 17. Juni 1852 in Berlin; † 2. Juni 1917 bei Schierke) war ein deutscher Gynäkologe und Geburtshelfer. Er hatte Professuren an den Universitäten Berlin, Leiden, Erlangen und Halle inne.

Leben: Veits Vater war der aus einer deutsch-jüdischen Bankiers-Familie stammende Geh. Sanitätsrat Otto Siegfried Veit (1822–1883), ein in Berlin angesehener Chirurg und Geburtshelfer. Die Mutter Marie Friederike Pauline Malotki von Trzbiatowski stammte aus einer pommerschen Offizierfamilie.

Veit studierte Medizin an der Universität Leipzig. Noch während seiner Studienzeit nahm er als Angehöriger des Sanitätsdienstes 1870/71 am Deutsch-Französischen Krieg teil. 1874 promovierte er an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität zum Dr. med. Danach war er bis 1879 Assistenzarzt an der Königlichen Frauenklinik in Berlin und habilitierte sich im Fach Gynäkologie und Geburtshilfe. Gleichzeitig führte er von 1882 bis 1896 eine gynäkologische Privatklinik, die ihren Standort in Berlin mehrmals wechselte. In ihr wurden jährlich bis zu 300 Frauen stationär behandelt. 1893 wurde Veit zum a. o. Professor ernannt. 1896 folgte er dem Ruf der Universität Leiden. Von dort unternahm er Studienreisen, unter anderem nach Frankfurt am Main zu Paul Ehrlich, um bei ihm serologisch-biologische Arbeitsmethoden zu erlernen. 1902 kam er dem Ruf an die Universität Erlangen und zwei Jahre später im Jahr 1904 an die Universität Halle nach, wo er Dekan der Medizinischen Fakultät wurde und 1911/12 auch als Rektor fungierte.

Trotz eines Herzinfarktes im Jahr 1912 übernahm der längst aus der Landwehr entlassene Mediziner ab 1914 erneut militärische Aufgaben bei der Lazarettkommission in Halle. Bei einer Wanderung zum Brocken starb er an einem neuerlichen Herzinfarkt.

Kinder: Johann Veits 1882 in Halle geborene Tochter Charlotte Emilie Anna Veit war an der Kunstgewerbeschule in Weimar Schülerin von Henry van de Velde. Sie heiratete 1922 in Halle (Saale) den deutsch-baltischen Agronomen Harald Woldemar Carlos von Rathlef, der in erster Ehe mit der Bildhauerin Harriet Ellen Siderovna von Rathlef-Keilmann verheiratet war.

Veits 1884 in Berlin geborener Sohn war der Anatom Otto Veit, der das Anatomische Institut der Universität Köln aufbaute und bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1957 leitete. Da er nach den Nürnberger Rassegesetzen „Vierteljude“ war, wurde er am 27. September 1937 von den Nationalsozialisten als Hochschullehrer entlassen. Nach 1945 konnte er sich wieder dem Weiter- und Wiederaufbau seines Instituts widmen.

Wirken: Veits besonderes Verdienst war die Verbindung der Immunologie mit der gynäkologischen Praxis und die Krebsbehandlung mit Radium. Er bildete für den Einsatz im Vorderen Orient auch Krankenschwestern und Hebammen aus.

Veit publizierte vor allem zu den Themenfeldern Anatomie der Vagina und des weiblichen Beckens, sowie zum Gebärmutterkarzinom und zur Eileiterschwangerschaft. Neben seinem Mitwirken am Handbuch der Gynäkologie von 1896 bis 1899 veröffentlichte er gemeinsam mit Robert Olshausen ein Lehrbuch der Geburtshilfe. Zusammen mit dem deutschen Pathologen Carl Ruge gilt er als Erstbeschreiber des Zervixkarzinoms.

Auszeichnungen

Mitglied der Leopoldina (1907)

Eisernes Kreuz 2. Klasse mit schwarz-weißem Band (1916)

Roter Adlerorden 4. Klasse

Preußischer Kronenorden 3. Klasse

Ritterkreuz I. Klasse des Hausordens Albrechts des Bären


Karl Heinrich Althaus wurde am 1. Januar 1806 in Hannover als Sohn von Karl Philipp Christian Althaus (* 6. April 1775 in Gehmen, gest. 28. März 1869 in Hannover), von 1805 bis 1869 ev.-reformierter Pastor in Hannover, und der Friederike, geb. Hinke geboren.

Er promovierte 1837 in Halle (Dissertation: "Prolegomena de summo in literarum studio fine et de disciplinarum nexu. Particula I"; also über die Einführung zum Ende des Literaturstudiums und zur Verbindung der Disziplinen) und legte seine Habilitation 1838 in Berlin ab. Seit 1837 war er Privatdozent an der Universität Berlin, 1859 wurde er dort Professor.

Ab 1837 war Althaus in Berlin auch Mitglied des sog. Doktorclubs ("Doctorklubb") der Linkshegelianer, die die Kritik der Religion und des preußischen Staats vereinte. Dort verkehrte auch der junge Karl Marx (1818-1883), Karl Friedrich Köppen (1808-1863), Bruno Bauer (1809-1882) und Adolf Friedrich Rutenberg (1808-1869).

Am 8. April 1843 heiratete er in Berlin Angelika Luise (Angelica Louise) Schüler, geb. am 14. Juni 1808 in Berlin als einzige Tochter des Kaufmanns Johann Benjamin Schüler; gest. am 25. August 1880 im Alter von 72 Jahren in Berlin. Ihr Vater hatte am 3. Dezember 1794 Carolina Sophia Tornow geheiratet, älteste Tochter des Spandauer Kaufmanns Carl Friedrich Tornow (gest. 18. März 1823 in Berlin).

Sie war die Witwe des Professors der Philosophie in Halle Johann Georg Mußmann (1795-1833), den sie am 23. September 1830 geheiratet hatte (Sohn des Schmiedemeisters in Reichenberg bei Danzig Johann Friedrich David Mußmann). Diese Ehe war kinderlos geblieben.

Karl Heinrich Althaus starb am 22. Oktober 1886 im Alter von 80 Jahren in Berlin.

Aus der Ehe zwischen Karl Heinrich Althaus und Angelika Luise, geb. Schüler entsprangen außer Heinrich Georg vier weitere Kinder:

-Karl Hermann Althaus (* 9. Februar 1844 in Berlin, gest. 25. März 1898 in Berka), Dr. der Philosophie und Gymnasiallehrer, der am 1. März 1875 in Berlin Marie Louise Charlotte Anna Schrader von Beauvryé geheiratet hatte, geb. 29. Dezember 1852 in Schöneberg bei Berlin als Tochter des Kgl. Rechnungsrats und Premierleutnants a.D. Albin Schrader von Beauvryé. Kinder waren Elisabeth Althaus (* 17. Dezember 1875), die Alfred Scheel heiratete, und Marta Althaus (* 9. März 1883)

-Adelheid Althaus (* 17. Oktober 1846 in Berlin, gest. 20. August 1923 in Wittstock / Dosse)

-Ernst Ludwig Althaus (* 9. Mai 1848 in Berlin, gest. 5. April 1933 in Braunschweig), Dr. der Philosophie (Diss. Berlin 1874 "Quaestionum de Iulii Pollucis fontibus specimen") und Lehrer am Askanischen Gymnasium in Berlin. Am 15. April 1884 heiratete er in Berlin die Lehrerin Anna Elisabeth Schmiel (* 19. April 1857 oder 1858 in Berlin), Tochter des ordentlichen Lehrers am Lehrerinnen-Seminar der Augusta-Schule Wilhelm Ottomar Schmiel und der Julie Luise Anna, geb. Stieff. Ein Sohn von ihnen war Ernst Althaus (* 19. Februar 1889 in Berlin; † 21. April 1977 in Herford), deutscher Jurist und Oberbürgermeister der Städte Minden und Herford.

-Conrad Althaus