1883
erstmals erschienen

Reprint – Faksimile – unveränderter Neudruck
Neuauflage um 1985
neu im Archiv - Verlag in Braunschweig

interessanter Zeitbeleg
sehr dekorativ - beidseitig bedruckt
im Format 53 x 34 cm

Wer heute „Stolz weht die Flagge Schwarz, Weiß, Rot" hört, denkt wohl an die kaiserliche Marine im ersten Weltkrieg, wohl auch an den Nachsatz zum „Engellandlied" von Herms Niel und Hermann Löns aus dem zweiten Weltkrieg: „Dir wolln wir treu ergeben sein", denkt an den unseligen Hitlerkrieg und seine schlimmen Folgen für unser Vaterland. Der harmlos-freundliche Ursprung des „Flaggenliedes" jedoch dürfte vergessen sein. Es sind über 100 Jahre vergangen, seit das Flaggenlied in dem alten gemütlichen „American-Theater" in der Dresdener Straße 55 zum erstenmal gesungen wurde. Heute wird sich niemand mehr des kleinen, nur 700 Personen fassenden Volks­theaters erinnern, in dem geraucht werden durfte und dessen Besuch für Damen häufig als nicht empfehlenswert ange­sehen wurde. Hier schleuderte der „urkomische Bendix" seine trockenen Humorpointen ins buntgemischte Publikum, und manche Berliner Redensart ist hier entstanden, wie zum Beispiel: „Es ist ja alles da, es ist nicht wie bei armen Leuten", oder „Sachte, es klemmt sich", und „Nu aber raus"! In diesem vom Direktor August Reiff seit 1873 geleiteten Theater war Richard Thiele Hauskomponist und 1. Kapell­meister, der das von Robert Linderer verfaßte Singspiel „Unsere Marine" vertonte. Im Oktober 1883 wurde es uraufge­führt, und Martin Bendix in der Rolle des Robinson Crusoe sang, von einem Chor begleitet, das Lied. Aus dem kleinen Theater heraus fand die patriotische Weise Widerhall in den breiten Volksmassen, durch die Bearbeitung als Marsch in ihrer Popularität noch gesteigert. Besonders nach 1888, dem Regierungsantritt Kaiser Wilhelms IL, der eine forcierte Marinepolitik betrieb und die Flotte gewaltig vergrößerte, fand das Lied weiteste Verbreitung, wie unser vorliegendes Notenblatt aus dem Jahre 1896 bestätigt. Es wurde früher auch immer gern erzählt, daß in der Juninacht des Jahres 1896, als das deutsche Kanonenboot „Iltis" im Taifun an den Klippen des Schantung-Vorgebirges zerschellte, die tapfere Be­satzung im Angesicht des Unterganges das Flaggenlied angestimmt haben soll. - Der Dichter des Textes, Robert Linderer, ist heute so gut wie vergessen. Er wurde am 25. November 1824 in Erfurt ge­boren und starb am 16. Dezember 1886 in Berlin. Auf dem jüdischen Friedhof in Weißensee liegt er begraben. Eine Zeit­lang gab er die „Neue Schaubühne" heraus, war seit 1866 Mitinhaber der Frankeschen Theateragentur, schrieb zahlreiche humoristische Stücke und Possen und war unter anderem auch Mitarbeiter an der Reihe „Berliner Stadtklatsch", die im gleichen Verlag, Eduard Bloch, erschien wie unser Notenblatt. Vergessen ist auch der Komponist Eugen Felix Richard Thiele, der am 29. Oktober 1847 zu Berlin geboren wurde und am 25. April 1903 daselbst verstarb; er liegt auf dem Kirchhof der Parochialgemeinde in der Friedenstraße begraben. Von 1868 bis 1891 war er Organist an der englischen St.-Georges-Church im Monbijoupark, seit 1890 Glockenist an der Parochialkirche in der Klosterstraße (siehe auch Blatt 05072), von 1880 bis 1886 Hauskapellmeister bei Kroll und mit August Reiff ging er 1896 an das neue Volks-Theater in der Reichenberger Straße 34 als Kapellmeister. Im Laufe der Jahre wurde Thiele der Schöpfer ungezählter Melodien; seine Streichquartette, parodierten Klassiker, Tänze und Lieder waren begehrt. Gleichzeitig war er ein gesuchter Bearbeiter für Militär-, Streichorchester- und Chormusik. Viele Sing­spiele, Operetten und Quartette von ihm erschienen auf den Bühnen. Die Bearbeitung des Flaggenliedes von ihm zum Marsch wurde bereits erwähnt; sie verschaffte dem Stück bald Eingang in alle Militär- und Marinekapellen.

ausgefaltet Format 53 x 34 cm
gefaltet auf Format 23 x 16 cm

sehr guter Zustand - very good condition

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