Sie bieten auf zwei Dokumente von 1857 und 1867.


Betrifft jeweils den jüdischen Kaufmann und Bankier Wolf Isaac in Edenkoben (geboren 1818 als Sohn des Gemeindevorstehers Ische Isaac), nachweisbar als Vorsteher der Synagoge in Edenkoben, der 1868 wegen betrügerischen Bankrotts zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt wurde.

In der ersten Urkunde erwähnt ist der Lotterieeinnehmer Elias Sommer (1804-1862), zum Christentum konvertierter Jude und Vater des Verlegers Emil Sommer (1838-1904).


1.) 2-seitige "Cession", datiert Edenkoben, den 30. Mai 1857, jeweils eigenhändig signiert von Wolf Isaac und Elias Sommer.

Elias Sommer zahlt Wolf Isaac als Cessionär des Küfers Martin Kriegshäuser und dessen Ehefrau Margaretha, geb. Götz aus Edesheim die Summe von 2259 Gulden, die dieser an 13 namentlich genannte Schuldner zu fordern hat, und übernimmt deren Schuldtitel.


2.) 4-seitige "Ladung", vom 25. Juni 1867, ausgestellt vom Gerichtsboten Stephan Rauber aus Neustadt in der Wohnung des Gutsbesitzers und Brennereibesitzers Michael Geißert und der Barbara, geb. Bergdolt in Duttweiler, "auf Anstehen von Elias Sommer, Privatmann in Edenkoben." -- Es handelt sich wohl um einen Sohn des Lotterieeinnehmers Elias Sommer, oder dessen Lebensdaten im wikipedia-Artikel über dessen Sohn sind falsch.

Michael Geißert wird zum 4. Juli 1867 an das Handelsgericht am Bezirksgericht Frankenthal geladen. Hintergrund ist, dass das Ehepaar Geißert 1862 mit Wolf Isaac in Geschäftsverbindung getreten ist. Isaac hatte Geißler 2000 Gulden geliehen, wofür dessen Frau als Bürgin haftete. Geißler zahlte nur 1061 Gulden und 25 Kreuzer in Form von Wein zurück und muss nun den Rest an Wolf Isaac zahlen.


Format jeweils 25 x 17,8 cm; geschrieben auf Stempelpapier.


Über Wolf Isaac: Ende 1866 wurde Wolf Isaac wegen betrügerischen Bankrotts steckbrieflich gesucht (er war seit dem 19. November 1866 flüchtig). Laut dem betreffenden Steckbrief war er damals 48 Jahre alt, "mittelgroß, hat braune, krause Haare, trägt eine kleine Perüke mitten auf dem Scheitel, hat dunkelbraunen Bart mit ausrasirtem Kinn, gute Zähne, doch einen eingesetzten Vorderzahn, gute Gesichtsfarbe, ist mit deunklem sog. Havelok, Rock, Hose u. Weste von dunklem, hellgespritztem Stoffe bekleidet, führt eine Handelsreisetasche bei sich, hat elegante Haltung und und in der Regel bescheidenes Behmen." (Quelle: Bayerisches Zentral-Polizei-Blatt vom 1. Dezember 1866, S. 434.) Laut dem Pfälzischen Kurier vom 14. Februar 1868, S. 3 war er zu diesem Zeitpunkt immer noch flüchtig.

Letztendlich wurde er am 2. März 1868 wegen betrügerischen Bankrotts, Unterschlagung und Betrugs im Verbrechensgrade zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Über ihn heißt es im entsprechenden Artikel in der Zeitung "Pfälzer: Bote für das Glanthal und Anzeige-Blatt für den Bezirk Kusel" vom 18. März 1868, Seite 2: "Der Angeklagte, der Sohn angesehener Eltern, stand auch selbst allgemein in Achtung, war Stadtrath und Mitglied vieler sonstigen Gemeindekommissionen und genoß in seinem Geschäfte fast unbedingtes Vertrauen. Seit 10 Jahren hatte er aber Unglück im Börsenspiel, in das er sich einließ, und kam nach und nach in Vermögensrückgang, den er durch immer gewagtere Spekulationen aufzuhalten und schließlich durch Verbrechen zu beseitigen suchte. Am 19. November 1866 ging er mit einer Tags zuvor eingegangenen Baarsumme von 115 fl. und etwas Silber und Schmucksachen durch, eine Schuldenmasse von 200.000 fl. und etwa 90.000 fl. an Aktiven hinterlassend. Die Bücher waren unordentlich geführt, so daß der Stand des Vermögens daraus nicht ersichtlich war. Außerdem hat der Angeklagte sich der Unterschlagung von 7 Posten im Gesammbetrag von 23.466 fl. 14. kr. schuldig gemacht, indem er dieselben unbefugt in seinen Nutzen verwandte. Hierunter figuriren unter Andern 7.209 fl. zum Nachtheile des Bürgermeisters Arnold in Edenkoben und 11.940 fl. zum Nachtheile der Eheleute Heiligenthal in Edenkoben. Dann hat der Angeklagte noch den genannten Bürgermeister Arnold um den Betrag von 6.200 fl., die Wittwe von Jakob Völker von Edenkoben um die Summe von 3000 fl. und den Winzer Thomas Glas von Diedesfeld um 315 fl. betrogen. Der Angeklagte wurde vom Gerichtshof zu einer Zuchthausstrafe von 10 Jahren verurteilt.

Auch die Pfälzische Volkszeitung berichtete in ihrer Ausgabe vom 4. März 1868 ausführlich über diesen Fall. Demnach war Wolf Isaac der Sohn des reichen, "längst verlebten Ische Isaac" und hatte nur ein Kind. Seine Frau starb im Herbst 1867. Er war nicht nur Stadtrat, sondern auch Hospitalrat und Armenvorstand. Zum Zeitpunkt des Prozesses war er 49 Jahre alt, wurde also zwischen März und Dezember 1818 geboren.

Wolf Isaac wird ausführlich behandelt im Aufsatz "Die Weinhandlung der Familien Isaac und Machol (1853-1888)" im "Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte", Band 36 (1984), Seite 145 (für mich nur als snippet-Ansicht einsehbar): "[...] wird der 1818 geborene Wolf Isaac gewöhnlich als 'Rentner' bezeichnet. Schon 1844 wird der jüngere Isaac in die israelitische Verwaltungskommission von Edenkoben gewählt, gehört 1854 zusammen mit seinem Bruder dem [...]."

Über seinen Vater heißt es im Aufsatz "Jüdisches Leben in der Eifel und in der Pfalz" von Ursula Homann: "Versuche des fortschrittlichen Gemeindevorstehers Ische Isaac in Edenkoben, Juden in Handwerk und Landwirtschaft zu integrieren, scheiterten am Unwillen der mehrheitlich orthodoxen Edenkobener Gemeinde. Schließlich konnte Isaac mit Unterstützung des Bürgermeisters durchsetzen, dass an Stelle des traditionellen "Cheder" eine Elementarschule trat, in der neben Hebräisch und den Religionsgesetzen auch das Wissen der Zeit vermittelt wurde. Schon Mitte des 19.Jahrhunderts galt die Edenkobener Gemeinde als eine der fortschrittlichsten der Pfalz, deren Synagogenordnung, die den Gottesdienst äußerlich an den protestantisch anzugleichen suchte, vorbildhaft wurde. Anfang unseres Jahrhunderts war der Assimilierungsprozess so weit fortgeschritten, dass die Edenkobener Juden - sicher auch unter dem Einfluss des positivistischen Zeitgeistes - ihren Glauben kaum noch praktizierten."


Zustand: Kräftiges Papier leicht gebräunt und etwas fleckig. Bitte beachten Sie auch die Bilder!

Interner Vermerk: Edenkoben Sommer Judaica


Über den Sohn von Elias Sommer (Quelle: wikipedia):

Emil Sommer (* 7. Juni 1838 in Edenkoben; † 25. Oktober 1904 in Grünstadt) war ein deutscher Zeitungsredakteur und Verleger.

Leben und Wirken: Er wurde 1838 in Edenkoben als Sohn des vom Judentum zum evangelischen Glauben konvertierten Lotterieeinnehmers Elias Sommer (1804–1862) geboren und verlor im Alter von acht Jahren durch Typhus das Augenlicht. Mit 16 Jahren erfand er einen Apparat zum blinden Drucken und Schreiben. Einer seiner Edenkobener Lehrer war der dort beheimatete, spätere Professor Eugen von Lommel. Da blinde Personen damals nicht an deutschen Hochschulen angenommen wurden, besuchte Sommer ab 1862 die Universitäten in Nancy und in Paris. Hier studierte er Chemie und andere Naturwissenschaften. Er eignete sich auch ein großes Fachwissen über Weinbau an. Seine Abhandlungen zur Rebenzucht und -veredlung fanden allgemeine Anerkennung. Gleichzeitig betrieb er intensive Sprachstudien in Französisch, Englisch, Italienisch und Spanisch, welche Sprachen er bald fließend beherrschte und auch in privatem Rahmen unterrichtete.

Emil Sommer heiratete 1870 Pauline Dressler (1845–1903) aus Kaiserslautern.

1876 führte er in Edenkoben zunächst ein Bankhaus und Effektengeschäft. 1877 gründete er dort drei fremdsprachige Zeitschriften für Deutsche, die gleichzeitig Unterhaltungs- und Lehrjournale sein sollten. Es handelte sich um den französischen L'Interprète, den englischen The Interpreter und den italienischen L'Interprete. Sie fanden Anklang in einem nicht erwarteten Maß. Da er nicht auf fremde Betriebe angewiesen sein wollte, richtete Emil Sommer mit Hilfe seiner Frau ab 1878 in Edenkoben eine eigene Druckerei und ein Verlagshaus ein. Hier beschäftigte er schon mehrere Personen, u. a. auch zwei ausländische Sprachwissenschaftler. Einer davon war Carlo Kahapka aus Verona, der in Edenkoben, unter dem Titel "Memoiren eines österreichischen Handwerksburschen (1876–1880): Selbsterlebt und selbsterzählt von einem Schriftsetzer", auch seine bisherige bewegte Lebensgeschichte publizierte.

Um das Unternehmen weiter auszubauen, entschloss sich der Inhaber zur Herausgabe einer deutschen Tageszeitung. Er verlegte seine Firma nach Grünstadt und gab dort ab 1886 die Grünstadter Zeitung heraus, die sich in Ermangelung einer sonstigen örtlichen Zeitung schnell entwickelte und für die nächsten rund 50 Jahre quasi eine Monopolstellung im Leininger Land einnahm. Sie war politisch und religiös neutral.

1904, beim Tod Emil Sommers, wurde sein ältester Sohn Eugen Sommer (1876–1961) Unternehmenschef. Er ließ 1907 die neuen Wohn- und Verlagsgebäude an der Ecke Sausenheimer- und Kirchheimer Str. erbauen und 1924 bzw. 1927 erweitern. Die Grünstadter Zeitung publizierte er weiterhin bis zu ihrem Verbot durch die NS-Regierung 1934. Sie lebte nach 1945 noch einmal kurz auf, konnte aber der nunmehrigen Konkurrenz durch Die Rheinpfalz nicht standhalten. Der Verlag Emil Sommer existierte als Buchverlag noch bis 2006.

Emil Sommer und seine Frau wurden auf dem Grünstadter Friedhof beigesetzt, das aufwändige Grabmal ist dort erhalten. Die Grünstadter Zeitung ist in Jahresbänden komplett bei der Stadtverwaltung und im Stadtmuseum archiviert und bildet heute eine wertvolle Quelle zur Regionalgeschichte.

Ein weiterer Sohn des Ehepaares war der langjährige Treuchtlinger Bürgermeister Emil Sommer (1885–1936), der dort 1933 wegen seiner halb-jüdischen Abstammung vertrieben wurde.