Sie bieten auf einen eigenhändigen, signierten Brief des Schauspielers, Theaterdichters, Militärschriftstellers, Publizisten und königlich-preußischen Vorlesers Louis Schneider (1805-1878).


Datiert Potsdam, den 8. Oktober 1874.


Mit Briefkopf vom "Verein für die Geschichte Berlins", den er 1865 gegründet hatte und dessen Vorsitzender er von 1868 bis 1878 war.


Gerichtet an einen ungenannten Herrn, das ist der 1. Schriftführer des Vereins, der Mitbegründer und Magistratssekretär Ferdinand Meyer (1826-1902). 1892 erschien sein Werk "Der Berliner Tiergarten von der ältesten Zeit bis zur Gegenwart."


Transkription: "Sehr geehrter Herr! Schon am vorigen Freitage habe ich unserem Freunde Holtze ankündigen müssen, daß ich die Mittheilungen übers Schlüters Ende nicht mache könne, weil ich den aus Petersburg erhaltenen Brief verloren - hoffentlich nur verlegt habe. Leider war das Programm nun nicht mehr zu ändern, und muß ich über etwas Anderes sprechen. So thut es mir leid, diesmal nicht dienen zu können, was ich immer, wie Sie ja wissen, gern thue; hoffe aber den unglückseligen Brief doch noch aufzufinden. Darf ich Sie vielleicht bitten, mir am Sonnabend, No. 146 unseres Archivs, der von mir aus Versailles an den Verein geschriebenen Brief mitzubringen. Ich bedarf einer Notiz daraus über die damals erbeuteten Preußischen Fahnen. Mit {???]ter Achtung, Ihr ergebenster L. Schneider."


Anm.: Mit "Schlüters Ende" ist wohl der Tod des Bildhauers und Architekten Andreas Schlüter (1659-1714) gemeint, der in St. Petersburg starb und viele Bauten für den Brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Preußen schuf. --- Mit dem "Freunde Holtze" ist der Berliner Lehrer und Historiker Friedrich Wilhelm Holtze (1820-1908) gemeint, seit 1861 Generalsekretär vom "Verein für die Geschichte der Mark Brandenburg", dem Holtze auf Anregung von Louis Schneider beitrat.


Umfang: zwei von vier Seiten beschrieben (22,5 x 14,3 cm); ohne Umschlag.


Zustand: Papier gebräunt und etwas fleckig; die rechte obere Ecke des zweiten (leeren) Blatts schräg abgeschnitten, mit kleinen Lochungen in der Mittelfalz. Bitte beachten Sie auch die Bilder!

Interner Vermerk: Antikf 24-01 in Schneider Autogramm Autograph


Über Louis Schneider und den Verein für die Geschichte Berlins (Quelle: wikipedia):

Louis Schneider (eigentlich Ludwig Wilhelm Schneider; Pseud. Sir John Retcliff, Louis Both, Ludwig Both, L. W. Both; * 29. April 1805 in Berlin; † 16. Dezember 1878 in Potsdam) war Schauspieler, Theaterdichter, Militärschriftsteller, Publizist und Vorleser zweier preußischer Könige. Bekannt ist er als Mitglied im Tunnel über der Spree und Förderer der jungen Talente in dieser literarischen Sonntagsvereinigung sowie Mitbegründer historischer Vereine. In der Heereskunde hat er sich mit seinen militärischen Schriften, insbesondere der Herausgabe des Soldaten-Freundes, einen Namen gemacht.

Leben: Louis Schneider wurde als Sohn des Königlich Preußischen Kapellmeisters Georg Abraham Schneider (1770–1839) und der Sängerin Caroline Schneider-Portmann (1774–1850) geboren. Seine Schwester war die Sängerin Maschinka Schneider (1815–1882). Er trat schon mit acht Jahren in Kinderrollen auf. Von großer Vielseitigkeit als Schauspieler und Sänger fiel er 1823 König Friedrich Wilhelm III. von Preußen durch sein Theaterspiel, noch mehr aber durch seine militärischen Schriften, auf. Als Schauspieler verfasste er auch viele Theaterstücke.

1830 verfasste Schneider einen Leitfaden Instruktionen für den Landwehrmann, der es zu einer Auflage von 84.000 Stück brachte. Für die Soldaten des stehenden Heeres entstand danach im Mai 1832 der mit 211.000 Stück Auflage ebenfalls sehr erfolgreiche Soldatenfreund, ein Lesebüchlein für den preußischen Infanteristen.

1832 heiratete er die Schauspielerin Ida Buggenhagen (* 1810).

Die Zeitschrift Der Soldaten-Freund. Zeitschrift für faßliche Belehrung und Unterhaltung des Preußischen Soldaten wurde von Juli 1833 bis zum Juli 1914 herausgegeben und dürfte eine der wichtigsten, wenn nicht die wichtigste, Militär-Zeitschrift im deutschsprachigen Raum gewesen sein. Sie ist für den Militärhistoriker und Heereskundler von unschätzbarem Wert, weil sie die Entwicklung der preußischen Armee über 80 Jahre hinweg begleitete. Schneider war bis zu seinem Lebensende der Herausgeber und auch Redakteur.

Die Besonderheit des Soldaten-Freundes war, dass er für den Unteroffizier und Soldaten gedacht war. Zeitungen und Zeitschriften für Offiziere gab es bereits etliche, aber eine für den „gemeinen Mann“ war ein Novum in Preußen. Bis 1848 eine Wochenschrift, erschien sie danach monatlich. Vorbild war das ebenfalls seit 1833 erscheinende Journal de l’Armée in Paris.

1848 wurde er Regisseur des Königlichen Theaters in Berlin. Im Revolutionsjahr 1848 setzte er sich sehr für die Rückkehr des Prinzen von Preußen (dem späteren Wilhelm I.) aus dem Exil ein und gab ihm auch insbesondere mit der Wehrzeitung ein Sprachrohr. Der Prinz von Preußen verfasste viele der Artikel in dieser Zeitung anonym selbst.

Das Jahr 1848 brachte eine Wende in Schneiders Leben. Seine königstreue und konservative Gesinnung verführte ihn dazu, einen Bühnenskandal auszulösen. Bei der Aufführung seines Stückes Der Kurmärker und die Picarde hatte er das bekannte Lied O Tannenbaum zu singen, dessen Verse: „Die Treue und Beständigkeit, die soll man halten jederzeit“ er mit herausforderndem Gestus dem Publikum darbrachte. Das demokratisch gesinnte Publikum antwortete darauf mit Zischen, Pfeifen und Pochen, und als Schneider darauf die Verse noch einmal in gleicher Weise wiederholte, brach ein so gewaltiger Theaterskandal los, dass er sich veranlasst sah, seinen Abschied von der Bühne zu nehmen.

Friedrich Wilhelm IV. ließ Schneider zu sich rufen und belohnte ihn durch Ernennung zum „Vorleser“ und durch Verleihung des Hofrattitels. In seiner neuen Stellung vertrat Schneider das heitere Element in der Kunst und Literatur am Hofe. Er machte den Berliner Witz, an dem der König selbst immer großes Gefallen fand, gewissermaßen hoffähig. Unter dem Belagerungszustand rettete er die bedrohte Existenz des Kladderadatsch und schützte den damaligen Redakteur David Kalisch vor der Ausweisung. Auch sonst nutzte er in diskreter Weise seinen Einfluss zugunsten seiner früheren Kollegen und literarischen Freunde, besonders der Mitglieder des Tunnel über der Spree. Hauptsächlich auf seine Verwendung hin wurde der Dichter Ernst Scherenberg mit einer Pension bedacht. Auch seinen ehemaligen Schauspielerkollegen bewahrte er eine fürsorgliche Gesinnung. Er gründete die erste Altersversorgungsanstalt für deutsche Bühnenangehörige. Ebenso gründete er den Verein für die Geschichte Berlins (1865) und Potsdams (1862), nachdem er schon durch einige historische Werke seine gründlichen Kenntnisse auf diesem Gebiete bewiesen hatte. Dem Verein für die Geschichte Berlins stand er von 1868 bis 1878 als Vorsitzender vor und prägte so die Gründungsjahre maßgeblich.

Seine große Gewandtheit, sein Sprachtalent, seine persönliche Liebenswürdigkeit und seine Zuverlässigkeit und Diskretion erwarben ihm das Vertrauen des Königs. Schneider wurde ständiger Begleiter Friedrich Wilhelms IV. auf dessen Reisen. Besonderes Vertrauen schenkte ihm der russische Zar, bei dessen Besuchen in Berlin Schneider stets vor ihm erscheinen musste. Er war mit allen russischen Angelegenheiten bestens vertraut und hatte für die Kreuzzeitung Berichte aus St. Petersburg geschrieben.

Im Schleswig-Holsteinischen Feldzug wurde er der erste preußische Kriegsberichterstatter, denn Zeitungsredakteure bei der Truppe waren bis dahin unbekannt.

Nach dem Tode Friedrich Wilhelms IV. konnte Schneider nicht mehr in seiner bisherigen Stellung verbleiben. Er wurde mit der Aufsicht der königlichen Privatbibliothek beauftragt und zum Geheimen Hofrat befördert. In dieser Eigenschaft begleitete er den König als Sekretär und offizieller Berichterstatter für den Staatsanzeiger während des österreichischen Feldzuges. Auch am Krieg gegen Frankreich 1870/71 nahm er teil als Begleitung des Königs; er schreibt in seinen Lebenserinnerungen u. a. darüber, wie er als Freimaurer in Versailles an der Vorbereitung der Einrichtung einer Feldloge beteiligt war.

Im Dienste Wilhelms I. nahm er auch Funktionen als dessen Pressesprecher und kleinere diplomatische Missionen wahr. Als erzkonservativer, legitimistischer Verehrer der preußischen Monarchie und des autokratischen Zaren war er schon bald in der Dichtervereinigung Tunnel über der Spree Gegenstand des Spotts. Doch Theodor Fontane würdigt in seinen Lebenserinnerungen ausführlich seine Verdienste als Förderer junger Talente.

Nach seiner Rückkehr aus Frankreich lebte Schneider in Potsdam, wo er noch grundlegende Werke der Ordenskunde verfasste. Am dortigen Palais Ritz ist eine Plakette zu seinem Gedenken angebracht.

Schneider brachte es zu einer einzigartigen Sammlung von Bildern zur Theatergeschichte, die später den Grundstock des Museums der Preußischen Staatstheater bildete.

Schriften (Auswahl)

Instruktionen für den Landwehrmann. 1830.

Die Kunst, sich zu schminken. Physiographie für das Theater. Berlin 1831. Online

Soldatenfreund, ein Lesebüchlein für den preußischen Infanteristen. Heyn, Berlin 1832.

Der Soldatenfreund Militärzeitschrift. 1833–1914.

Wehr-Zeitung. Militärzeitschrift.

Bellona. Novellen, Erzählungen, Berichte und Schilderungen aus dem Kriegerleben. 2 Bände. Hayn, Berlin 1837.

Der böse Blick oder: Die Queisse in den Jahren 1538, 1638, 1738 und 1838. Historischer Roman in vier Abteilungen. Berlin 1838–1844.

Schauspieler-Novellen. 2 Bände. Berlin 1839.

Johann Carl von Eckenberg, der starke Mann. Eine Studie zur Theatergeschichte Berlins. 1848.

Geschichte der Oper und des königlichen Opernhauses in Berlin. 1852

Das Buch vom Rothen Adler-Orden. 2 Bände. Berlin 1857

König Wilhelm. Militärische Lebensbeschreibung. 1866.

Eine Königliche Dienstschnalle, 1868

Instruktionsbuch für den Infanteristen. 1869.

Bilder aus Berlin’s Nächten! 2. Auflage. 1870;

Instruktionsbuch für den Kavalleristen. 1872.

Die Kriegsdenkmünze für den Feldzug 1870 - 71. 1872

Der Krieg der Triple-Allianz (Kaiserthum Brasilien, Argentinische Conföderation und Republik Banda Oriental del Uruguay) gegen die Regierung der Republik Paraguay. 3 Bände. Berlin (Behr) 1872–1875.

Aus meinem Leben. 3 Bände. 1879–1880.

Reihenwerke

Die Preussischen Orden, Ehrenzeichen u. Auszeichnungen: Geschichtlich, bildlich, statistisch

Band 1: Das Buch vom Rothen Adler-Orden, A. W. Hayn, Berlin 1857.

Band 3: Das Düppeler Sturm-Kreuz, A. W. Hayn, Berlin 1867

Band 4: Der Louisen-Orden. Hayn, Berlin 1867

Das Erinnerungs-Kreuz für den Feldzug von 1866, A. W. Hayn Erben, Berlin 1867

Die Medaille für Rettung aus Gefahr, A. W. Hayn, Berlin 1867

Das Militair-Ehrenzeichen, A. W. Hayn, Berlin 1868

Hausorden von Hohenzollern. Duker, Berlin 1869

Der unter die königlich-preußischen Orden aufgenommene Fürstliche Haus-Orden von Hohenzollern. Duncker, Berlin 1869

Das Buch vom Schwarzen Adler-Orden. Duncker, Berlin 1870

Der Königliche Kronen-Orden. Duncker, Berlin 1871

Das Buch vom Eisernen Kreuze. Duncker, Berlin 1872

Band 13: Das Verdienst-Kreuz für Frauen und Jungfrauen. Duncker, Berlin 1872

Bühnen-Repertoir [sic] des Auslandes: Frankreichs, Englands, Italiens, Spaniens. 37 Bände, A. W. Hayn, Berlin 1830 ff.


Der Verein für die Geschichte Berlins e.V., gegr. 1865, ist der älteste Berliner Geschichtsverein. Bei der Institutionalisierung und Professionalisierung der Berliner Geschichtsschreibung und -wahrung agierte der Verein oft als maßgeblicher Impulsgeber. Von seiner Gründungsphase bis zum Ende des Kaiserreichs liest sich seine Mitgliederliste wie das „Who’s who“ des Berliner Besitz- und Bildungsbürgertums, heute ist er ein Querschnitt der Berliner Bevölkerung. Bis heute ist der Verein mit über 700 Mitgliedern eine der größten Berliner Kulturorganisationen. Er fungiert zusätzlich als Landesverband des Bundes Heimat und Umwelt in Deutschland. Seit 2018 vergibt er einen mit 4000 Euro dotierten Wissenschaftspreis.

Organisation und Aktivitäten

Ziele: Laut Satzung (§2) hat der Verein ein sehr weit gestecktes Ziel:

Der Verein will in allen Kreisen der Berliner Bevölkerung die Anteilnahme an der geschichtlichen Entwicklung Berlins wecken und durch die Förderung der heimatkundlichen Forschung die Kenntnis der Berliner Geschichte erweitern und vertiefen.“

Vorstand: Der geschäftsführende Vorstand besteht aus dem Vorsitzenden, dem ersten und dem zweiten stellvertretenden Vorsitzenden, dem Schriftführer, dem stellvertretenden Schriftführer, dem Schatzmeister und dem stellvertretenden Schatzmeister. Der Gesamtvorstand besteht aus dem geschäftsführenden Vorstand sowie bis zu neun Beisitzern. Alle Vorstandsmitglieder werden auf die Dauer von zwei Jahren von der Mitgliederversammlung gewählt.

Vorsitzende: Dem Vorsitzenden kommt eine tragende Rolle zu, da er den Verein „gemeinsam mit einem weiteren Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes gerichtlich und außergerichtlich“ vertritt. Seit seiner Gründung hatte der Verein 17 Vorsitzende:

1865–1867: Karl Theodor Seydel (1812–1873), Oberbürgermeister von Berlin 1862–1872

Karl Seydel wurde 1869 zum Ehrenvorsitzenden berufen.

1868–1878: Louis Schneider (1805–1878), Schauspieler und Schriftsteller

1879–1883: Karl Sachsse (1810–1891), Oberpostdirektor

1884–1891: Ernst Friedel (1837–1918), Jurist, Kommunalpolitiker und Gründer des Märkischen Museums und des Geschichtsvereins Brandenburgia

1892–1898: Bruno Reuter (1834–1898), Geheimer Staatsarchivar

1899–1916: Richard Béringuier (1854–1916), Jurist, Richter und Mitinitiator der Deutschen Hugenotten-Gesellschaft

1916–1919: Georg Voß (1854–1932), Privatdozent an der Technischen Hochschule Berlin und Konservator der Kunstdenkmäler Thüringens

1919–1920: Adolf Zeller (1871–1946), Architekt und Hochschullehrer an der Technischen Hochschule Berlin

1921–1930: Louis Noël (1855–1933), Oberst

1930–1945: Hermann Kügler (1889–1955), Studienrat und Schriftsteller

1949–1964: Kurt Landsberg (1892–1964), Oberstudiendirektor, Hochschulprofessor, Landespolitiker und Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses von 1957 bis 1958

1961–1967: Bruno Harms (1890–1967), Arzt und Hygieniker

1967–1978: Walter Hoffmann-Axthelm (1908–2001), Arzt und Medizinhistoriker

1978–1985: Gerhard Kutzsch (1914–2000), Direktor des Landesarchivs Berlin von 1965 bis 1979

1985–1999: Hermann Oxfort (1928–2003), Rechtsanwalt, Notar und Justizsenator und Bürgermeister von Berlin

1999–2005: Klaus Finkelnburg (* 1935), Rechtsanwalt, Notar und 1. Präsident des Berliner Verfassungsgerichts

seit 2005: Manfred Uhlitz (* 1956), Kunsthistoriker und Betreiber des Ausstellungs- und Besucherzentrums Glockenturm im Olympiapark Berlin

Geschichte

Gründung (1865): Berlin wuchs in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, getrieben durch die Industrialisierung und die zunehmende Bedeutung als Hauptstadt, enorm, so dass sich die Bevölkerung von 1848 bis 1865 verdreifachte. Entsprechend dem erweiterten Platz- und Geltungsbedarf wurde sukzessive historische Bausubstanz für Neubauten abgetragen. Besonders das Vorhaben, die mittelalterliche Gerichtslaube abzureißen, stieß auf heftige Proteste. Dies nahmen der jüdische Arzt Julius Beer und der Stadtsekretär Ferdinand Meyer zum Anlass und veröffentlichten im Januar 1865 in verschiedenen Zeitungen einen Aufruf zur Gründung eines Geschichtsvereins. Am 28. Januar 1865 konstituierte sich der Verein für die Geschichte Berlins im Café Royal (Unter den Linden 33, Ecke Charlottenstraße) unter der Leitung des Oberbürgermeisters Karl Theodor Seydel, der auch zum Gründungsvorsitzenden gewählt wurde. Unter den 28 Gründungsmitgliedern waren u. a. Oberbürgermeister a. D. Heinrich Wilhelm Krausnick, Stadtarchivar Ernst Fidicin, Architektur-Professor Friedrich Adler und der Gründer der Berliner Berufsfeuerwehr Adolf Gerstenberg.

Forschung und Expansion (1865–1914): Mit der Gründung bildete der Verein zwei Kommissionen zur Vorbereitung eines Berlin-Archivs / einer Berlin-Bibliothek sowie eines Berlin-Museums. Letzteres mündete in einem offiziellen Brief an den Magistrat, mit der Aufforderung, ein stadthistorisches Museum zu gründen, das 1874 in Form des Märkischen Provinzialmuseums umgesetzt wurde. Der Gründungsleiter des Museums, Ernst Friedel, war ebenso Mitglied des Vereins wie einige Persönlichkeiten des wissenschaftlichen Museums-Beirates. Der VfdGB übergab dem Museum seine Sammlungen als Depositum. Ab 1875 überließ der Magistrat dem Verein langfristig Räumlichkeiten im Deutschen Dom, was den Mitgliedern den zeitgenössischen Titel "Domherren" einbrachte.

Während des Kaiserreichs wuchs die Mitgliederzahl des VfdGB stark an und erreichte Ende 1914 die bisherige Höchstzahl von 1.052 Personen. Verursacht wurde dieser „Hype“ nicht zuletzt durch ein offizielles Protektorat der beiden deutschen Kaiser Friedrich III. und Wilhelm II. ab 1886. Wilhelm II. nahm am 22. Januar 1908 und 1911 sogar persönlich mit seiner Gattin Auguste Viktoria an Vorträgen teil, woraufhin der Verein eine Gedenkmedaille prägen ließ. Die Protektion beinhaltete einen jährlichen finanziellen Zuschuss, die Förderung des Vereins durch Schenkungen und Begünstigungen sowie die Anerkennung als juristische Person seit 1877. In Folge dieser Prestigegewinnung traten weitere hochrangige preußische Militärs und Beamte in den Verein ein.

Von Beginn an widmeten sich der Verein und seine Mitglieder der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Stadtgeschichte. Die erste öffentliche Veranstaltung fand 1865 im Hörsaal der ältesten Berliner Schule (Berlinisches Gymnasium zum Grauen Kloster) statt. Das erste Heft der „Schriften des Vereins für die Geschichte Berlins“ erschien im gleichen Jahr. Bis 1914 publizierte der VfdGB 49 weitere Hefte. 1885 präsentierte der Verein die erste Publikation zu den Berliner Straßennamen und auf sein Betreiben hin erstellte der Magistrat 1886 erstmals ein Denkmalverzeichnis. Gleichzeitig wurde intern über die wissenschaftliche Kompetenz einzelner Amtsträger diskutiert, was um 1890 zu zahlreichen Austritten führte. Als Folge wurden der Geschichtsverein Brandenburgia „Gesellschaft für die Heimatkunde der Provinz Brandenburg“ (1891) und der Verein für die Geschichte der Vororte von Berlin (1892) gegründet. Schon 1884 gründeten Vereinsmitglieder den Vorläufer der heutigen Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark Brandenburg e.V..

1872 ehrte der Verein seinen Spiritus rector, den Stadtarchivar Ernst Fidicin, mit einer goldenen Medaille, die er vom Kaiser persönlich am 15. Juni in Potsdam überreicht bekam. Weitere Exemplare dieses heute als „Fidicin-Medaille“ bekannten Gepräges in Silber und Bronze konnten bis 1882 käuflich erworben werden, anschließend wurde sie in Silber nur noch verliehen.

1884 untermauert der VfdGB seinen gesellschaftlichen Anspruch und wurde zum geschäftsführenden Verein des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine. Schriftleiter des Vereinsorgans blieb er bis 1899.

1891 vermachte Charlotte von Oven dem Verein 30.000 Mark, um Berliner Theater-Mitglieder zu unterstützen.

Der Verein war 1896 auf der Berliner Gewerbeausstellung verantwortlich für den Bereich „Alt-Berlin“. 1902 gab der Verein erstmals seinen Berlin-Kalender heraus.

Bekannte Mitglieder (Auszug)

Heinrich Albertz (1915–1993), Regierender Bürgermeister von Berlin

Ella Barowsky (1912–2007), Politikerin

Theobald von Bethmann Hollweg (1856–1921), Reichskanzler

Gustav Böß (1873–1946), Oberbürgermeister von Berlin

Conrad von Borsig (1873–1945) und Ernst von Borsig (1869–1933), Fabrikanten

Willy Brandt (1913–1992), Bundeskanzler, Regierender Bürgermeister von Berlin

Eberhard Diepgen (geb. 1941), Regierender Bürgermeister von Berlin

Alfred Döblin (1878–1957), Schriftsteller

Johann Gustav Droysen (1808–1884), Historiker

Ernst Fidicin (1802–1883), Stadtarchivar

Theodor Fontane (1819–1898), Schriftsteller

Ernst Friedel (1837–1918), Stadtrat, Gründer des Märkischen Museums

Adolf von Harnack (1851–1930), Theologe

Arthur Hobrecht (1824–1912), Oberbürgermeister von Berlin

Martin Kirschner (1842–1912), Oberbürgermeister von Berlin

Heinrich Wilhelm Krausnick (1797–1882), Oberbürgermeister von Berlin

Friedrich Meinecke (1862–1954), Historiker

Adolph von Menzel (1815–1905), Maler

Walter Momper (geb. 1945), Regierender Bürgermeister von Berlin

Carl von Preußen (1801–1883), Bruder des Kaisers Wilhelm I.

Louis Ferdinand von Preußen (1907–1994), Oberhaupt des Hauses Hohenzollern

Emil Rathenau (1838–1915), Unternehmer

Edwin Redslob (1884–1973), Kunsthistoriker und Präsident der Freien Universität

Ernst Reuter (1889–1953), Regierender Bürgermeister von Berlin

Louise Schroeder (1887–1957), Bürgermeisterin von Berlin

Klaus Schütz (1926–2012), Regierender Bürgermeister von Berlin

Friedrich Albert Schwartz (1836–1906), Fotograf

Karl Theodor Seydel (1812–1873), Oberbürgermeister von Berlin

Axel Springer (1912–1985), Verleger

Dietrich Stobbe (1938–2011), Regierender Bürgermeister von Berlin

Adolf Streckfuß (1823–1895), Schriftsteller

Otto Suhr (1894–1957), Regierender Bürgermeister von Berlin

Louis-Ferdinand Ullstein (1863–1933) und Rudolf Ullstein (1874–1964), Verleger

Hans Wall (1942–2019), Unternehmer und Kunstmäzen

Richard von Weizsäcker (1920–2015), Bundespräsident, Regierender Bürgermeister von Berlin

Adolf Wermuth (1855–1927), Oberbürgermeister von Berlin

Robert Zelle (1829–1901), Oberbürgermeister von Berlin

Ehrenmitglieder (Auszug)

Heinrich von Achenbach (ab 1885), Staatsminister und Oberpräsident der Provinz Brandenburg

Theobald von Bethmann Hollweg (ab 1902), Preußischer Innenminister, Reichskanzler

Gustav Böß (ab 1925), Oberbürgermeister Berlins von 1921 bis 1930

Willy Brandt (ab 1965), Regierender Bürgermeister, Bundeskanzler von 1969 bis 1974, Friedensnobelpreisträger 1971

Johann von Dallwitz (ab 1910), preußischer Innenminister von 1910 bis 1914, Kaiserlicher Statthalter in Elsaß-Lothringen 1914 bis 1918

Eberhard Diepgen (seit 2014), Regierender Oberbürgermeister von Berlin von 1984 bis 1989 und von 1991 bis 2001

Theodor Fontane (ab 1890), Schriftsteller

Max von Forckenbeck (ab 1884), Regierender Oberbürgermeister von Berlin 1878 bis 1892

Friedrich Wilhelm von Loebell (ab 1914), Preußischer Innenminister von 1914 bis 1917, Oberpräsident von Brandenburg

Friedrich von Moltke (ab 1908), Preußischer Innenminister von 1907 bis 1910, Mitglied des Preußischen Herrenhauses

Walter Momper (seit 2014), Regierender Oberbürgermeister von Berlin von 1989 bis 1991, Präsident des Abgeordnetenhauses von 2001 bis 2011

Hermann Oxfort (ab 2003), Senator für Justiz 1975 bis 1976 und 1983 bis 1985, Bürgermeister von Berlin, Vereinsvorsitzender von 1985 bis 1999

August Wilhelm Prinz von Preußen (ab 1912), Abgeordneter im Preußischen Landtag

Edwin Redslob (ab 1965), Reichskunstwart bis 1933, Rektor der Freien Universität Berlin

Heinrich Karl Ludolf von Sybel (ab 1887), Direktor der Staatsarchive, Mitglied der Akademie der Wissenschaften

Richard Karl Freiherr von Weizsäcker (ab 1984), Regierender Bürgermeister von 1981 bis 1984, Bundespräsident von 1984 bis 1994, seit 1990 Ehrenbürger von Berlin

Adolf Wermuth (ab 1912), Oberbürgermeister Berlins von 1912 bis 1920, Mitglied des Preußischen Herrenhauses

Robert Zelle (ab 1893), Oberbürgermeister Berlins von 1892 bis 1898