Sie bieten auf acht Briefe (1855-1857) aus Bleckede und Hannover.


Geschrieben vom Oberamtmann Ernst Wilhelm Ferdinand Wendt (1787-1866) in Bleckede.


Gerichtet an seine Tochter Marie Rudorff, geb. Wendt (* 1827), Ehefrau bzw. Witwe des Juristen Valdec Gustav Adolph Rudorff (1807-1857). Dieser war ein Bruder des bedeutenden Juristen Adolf August Friedrich Rudorff (1803-1873), Vater des Komponisten und Naturschützers Ernst Rudorff (1840-1916).


Sechs Briefe geschrieben in Bleckede, die anderen beiden in Hannover.


Signiert jeweils "D. V. Wendt" [=Dein Vater Wendt].


Auszüge:

1.) 4-seitiger Brief (28,3 x 22,2 cm), Bleckede, 22. November 1855: "Ohne Wünsche können wir zwar nicht sein, weil wir dann auch ohne Freuden sein würden; nichts aber ist wohl trauriger, als eine allgemeine und stete Unzufriedenheit mit unserer Lage, die uns das Leben verbittert und auch für das Gute, was uns zu theil wird, unempfänglich macht. - Du hast aber einen so vielseitig entwickelten Geist, und soviel Einsicht, daß Du sicherlich nicht um widriger Nebendinge willen [...] Deine innere Zufriedenheit würdest verkümmern lassen. - Bei dieser Gelegenheit will ich Dir noch besonders anempfehlen, die frühere Reizbarkeit oder s.g. Empfindlichkeit [...] möglichst zu bekämpfen. Sie würde, wenngleich sie ächt germanisch ist, Rudorffs doch sehr betrüben. [...] Ich denke, daß Gustav Blumenbach Ostern die 2. Etage bezieht. [...] Welchen Verlauf es mit den hiesigen Hilfsbeamten nehmen wird, ist noch ganz ungewiß. Einstweilen ist Jäger hier, und wenngleich Hammerstein die Prüfung jetzt glücklich hinter sich hat, so ist doch noch ungewiß, ob er hier angestellt wird. [...] Adieu D. V. Wendt."


2.) 4-seitiger Brief (21,2 x 13,8 cm), Bleckede, den 7. März 1856: "Meine liebe Marie, die von Dir gewünsche Geldsumme kann ich von meinen vorräthigen Geldern jetzt nicht entbehren [...]. Wernn aber die von Dir beabsichtigte Ausgabe wichtig ist, so kann ich das Geld aufnehmen. [...] Ihr gebt überhaupt, wie mir scheint, mehr Geld für Bilder und Bücher aus, als sich empfehlen läßt; ich muß daher wohl mal eine Strafpredigt halten? - Du hast eine gute Portion vom Phantasielebens Deines Papa's; halte Dich nur mehr auf die practische Seite der Mama! [...] Adieu, mein liebes Kind; grüße Deinen lieben Mann recht herzlich! D. V. Wendt."


3.) 4-seitiger Brief (21,2 x 13,8 cm), Bleckede, den 12. März 1856: "Um wenigstens bei der Naturgeschichte zu bleiben, bemerke ich noch, daß wenn Du einen zeitig singenden Stubenvogel haben willst, Du ein Rothkelchen wählen mußt. - Wer das Leben im Walde kennt und liebt, kann gar keinen angenehmeren Sänger finden, dessen schieres melancholisches Lied noch in der Abenddämmerung erscheint, und die Frühlingsabende im Walde lebhaft in Erinnerung bringt. [...] grüße Rudorff recht herzlich."


4.) 3-seitiger Brief (21,2 x 13,8 cm), Bleckede, den 3. April 1856. U.a. Über die Neubesetzung der Tierarzt-Stelle in Bleckede. Seine Tochter soll Erkundigungen über den Kandidaten Breckerbaum in Wallensen anstellen. Dann über Wetter und Schnepfenjagd.


5.) 2-seitiger Brief (27,5 x 21,5 cm), Bleckede, 20. April 1856; die letzten sechs Zeilen auf einem nur noch fragmentarisch vorhandenen zweiten Blatt, wodurch die Zeilenenden fehlen.

"Meine liebe Marie, für Deine Nachrichten über den dortigen Thierarzt danke ich bestens; er hat sich nun förmlich gemeldet, freilich neben 4 anderen, und es ist daher noch ungewiß, ob er seinen Zweck erreicht."


6.) 1-seitiger Brief (22,5 x 20,5 cm), Bleckede, 20. Juni 1856: "Meine liebe Marie, Von Adolph's Stube ab, - der nicht zu Hause - schreibe ich Dir nun mit wenigen Worten, daß ich am nächsten Sonntage [...] naach Elze abreisen werde, dem Schicksal überlassend, wie ich weiter nach Lauenstein komme!"


7.) 4-seitiger Brief (21,7 x 13,5 cm), Hannover, den 29. Juni 1857: [...] es ist hier beschlossen worden, daß Theodore am nächsten Donnerstage mit ihren Kleinen etc. mit mir nach Bleckede reist. Blumenbach muß dann in Geschäften nach Uelzen und Umgegend, weshalb er wenigstens nicht sogleich nach Bleckede kommen kann. [...] Ich komme nicht zu Euch, weil ich fürchte, Rudorff, der der Ruhe bedarf, wieder aufzuregen. [...] Ihr schreibt mehrfach von einer Reise nach Carlsbad nach Rudorffs Herstellung; mir sagte aber Doctor Wicke, daß dies nicht das richtige Bad [...], mit nervöser Aufregung aber unvereinbar sei. Ihr müßt daher vorher noch einen zuverlässigen Arzt befragen. Dies ist durchaus nothwendig, denn Carlsbad ist als gefährlich bekannt. Dr. Wicke nannte Marienbad und besonders Ems, das nicht bloß für Brustleiden geeignet sei."


8.) 4-seitiger Beiliedsbrief (21,3 x 13,8 cm), Bleckede, 5. September 1857, zum Tod von Maries Ehemann Valdec Gustav Adolph Rudorff, der am 2. September 1857 gestorben war.

"Du meine arme, schwergeprüfte Marie wirst wohl alle Kräfte und den Trost des Glaubens, der Dir nicht fehlt, nöthig haben, um bei dem harten Schlage aufrecht zu bleiben, von dem Du nach Gottes Rathschlusse getroffen bist! [...] Nimm Deine Geisteskraft zusammen, und denke, daß Du noch zu Manchem Guten bestimmt bist, und noch Pflichten zu erfüllen hast, für die Du Dich erhalten mußt. - Auch wir sind sehr erschüttert und besonders ist Deine Mama tief betrübt über Deinen Verlust und Deine vereinsamte Lage. [...] Anbei sende ich Dir die Urkunde, wodurch Dir der Nießbrauch an der Verlassenschaft vertragsmäßig zugesichert ist. [...] Von den Kindern wirst Du Otto ohne Zweifel solange bei Dir behalten, als dort irgend für hinreichenden Unterricht gesorgt werden kann. Laß ihn nicht von Dir gehen, denn schwerlich wird ihm Deine Liebe anders ersetzt werden. Auch Adolf wird ja die Ferienzeit bei Dir zubringen, so daß sie immer dort eine Heimath behalten."


Über den Verfasser: Der Oberregierungsrat und Oberamtmann in Bleckede Ernst Wilhelm Ferdinand Wendt (* 24. Oktober 1787 in Magdeburg als Sohn des Kaufmanns Adolf Gottlieb Wendt und der Katharine Elisabeth, geb. Trittel, gest. 21. Oktober 1866 in Blekede) heiratete Dorette Auguste Christiane Wilhelmine Renneberg (* 25. Januar 1805 in Gifhorn als Tochter des Postverwalters Anton Wilhelm Ludwig Renneberg und der Christine Marie Elisabeth, geb. Mertens, gest. am 18. Oktober 1894 in Hannover).

Töchter von ihm waren:

1.) Marie Rudorff, geb. Wendt (* 24. Januar 1827 in Hannover), zweite Ehefrau und Witwe des Juristen Valdec Gustav Adolph Rudorff, geboren am 21. März 1807 als Sohn von Friedrich August Rudorff (1768-1835) aus Zeven und der Christina Elisabeth, geb. Heldberg (1778-1843) aus Bremen, gest. 2. September 1857 in Lauenstein; die Heirat fand am 26. August 1855 in Hannover statt. Ihr Ehemann war ein Bruder des Juristen und Vertreters des „antiquarischen“ Flügels der Schüler Savignys Adolf August Friedrich Rudorff (1803-1873), Vater des Komponisten und Naturschützers Ernst Rudorff (1840-1916).

Ein Sohn aus der ersten Ehe ihres Mannes (mit Emilie Lisette, geb. Nöller, Tochter des Superintendenten Nöller aus Oldendorf) war der in Japan tätige Jurist Otto Rudorff (1845-1922); ein anderer der Jurist Adolph Rudorff (* 18. Dezember 1842), Vater der Juristen und Schriftstellers Otto Rudorff (* 25. April 1871 in Sulingen), Pseudoym "Otto Wildling."


2.) Theodore Wilhelmine Henriette Blumenbach, geb. Wendt (* 25. Juni 1835 in Bleckede; gest. 7. Februar 1909 in Wunstorf), die am 25. September 1855 den Amtshauptmann Gustav Friedrich Anton Blumenbach (* 17. August 1823 in Hannover als Sohn des bedeutenden hannoverschen Juristen, Politikers und Geheimen Regierungsrats Georg Heinrich Wilhelm Blumenbach, 1780-1855, und der Helene, geb. Cleve, 1797-1875, gest. 27. Oktober 1885 in Springe) geheiratet hatte. Ihr Ehemann war ein Bruder des Hannoverschen Offiziers und Malers Robert Blumenbach (1822-1914). Ein Sohn von ihr war Johann Friedrich Ferdinand "Hanfried" Blumenbach (* 9. Juli 1856 in Hannover, gest. 25. September 1937 in Hamburg), Rat am hanseatischen Oberlandesgericht zu Hamburg und Gemeindeältester.


Zustand: Jeweils ohne Umschlag; Papier etwas fleckig und knittrig; bei einem Brief ist das zweite Blatt nur noch fragmentarisch vorhanden, mit sechs Zeilen Textverlust. Bitte beachten Sie auch die Bilder!

Interner Vermerk: Corner 24-05


Über das Amt Bleckede (Quelle: wikipedia):


Das Amt Bleckede war ein historisches Verwaltungsgebiet des Fürstentums Lüneburg, später des Königreichs Hannover bzw. der preußischen Provinz Hannover. Übergeordnete Verwaltungsebene war die Landdrostei Lüneburg. Der Amtssitz war Bleckede.

Geschichte: Das Amt entstand um die seit 1271 nachweisbare Grenzfeste Bleckede und ihrer Elbzollstätte. Im ausgehenden Mittelalter wechselte der Besitz von Berg und Vogtei häufiger zwischen Welfen und Askaniern. Ab Ende des 14. Jahrhunderts waren sie im Pfandbesitz der Stadt Lüneburg. Herzog Ernst II. konnte das Amt erst nach langen Auseinandersetzungen 1600 wieder in Besitz nehmen.

1742 wurde das Amt Garze mit Bleckede vereinigt. Weitere Gebietsveränderungen folgten ab 1795 im Austausch mit den Ämtern Lüne, Scharnebeck und Winsen (Luhe). Die rechtselbischen Gemeinden Krusendorf und Sumte kamen 1820 an das Amt Neuhaus. 1852 wurde das Amt Bleckede um die Dörfer Neetze und Süttorf (aus dem aufgehobenen Amt Scharnebeck), Breetze (vom Amt Lüne), Bresse (vom Amt Dannenberg) und das ursprünglich sachsen-lauenburgische geschlossene Gericht Lüdersburg (mit Jürgenstorf) vergrößert. 1885 wurde das Amt Bleckede mit dem Amt Neuhaus zum neuen Kreis Bleckede zusammengeschlossen und 1932 in den Kreis Lüneburg eingegliedert.

Gemeinden: Das Amt umfasste bei seiner Aufhebung (1885) folgende Gemeinden:

Ahnsdorf

Barskamp

Bleckede

Boitze

Bockelkathen

Brackede

Breese am Seißelberge

Breetze

Bruchdorf

Buendorf

Dahlem

Dahlenburg

Dübbekold

Eichdorf

Eimstorf

Ellringen

Garge

Garlstorf

Garze

Gienau

Göddingen

Harmststorf

Horn

Horndorf

Jürgenstorf

Karze

Katemin

Kleinburg

Köhlingen

Köstorf

Kovahl

Lemgrabe

Lüben

Lüdersburg

Moislingen

Mücklingen

Nahrendorf

Neetze

Neetzendorf

Nieperfitz

Nindorf

Oldendorf

Pommoisel

Quickborn

Radegast

Reeßeln

Rosenthal

Seedorf

Stiepelse

Süttorf

Tosterglope

Ventschau

Viehle

Vindorf

Vogelsang

Vorbleckede

Walmsburg

Wendewisch

Wendisch Bleckede

Wendischthun


Amtmänner

1550–1623: Fritz von dem Berge

1754–1758: Johann Justus Friedrich Tormin, Amtsauditor

1818–1820: Friedrich Johann Heinrich Wilhelm von der Wense, Oberhauptmann

1820–1836: Heinrich August Meyer, Amtmann, Vater von Auguste von der Decken

1837–1846: Friedrich Heinrich Justus Böse, Amtmann

1847–1866: Ernst Wilhelm Ferdinand Wendt, Amtmann, ab 1850 Oberamtmann

1867: vakant

1868–1875: Alexander Otto Jacob Heise, Amtmann

1876–1877: Barth, Amtmann (kommissarisch)

1877–1885: August von Harling, Amtmann, 1885–1886 Landrat des Kreises Bleckede