Sechs Gläubige vertrauen in einem offenen,
intimen Gespräch an Gott ihm ihre Beichten und Gebete an. Der
Zuschauer wird mit dem direkten Blick der Christen konfrontiert,
er hört sie - wie in einem Beichtstuhl - stellvertretend für den
allmächtigen Herrn und Herrscher.
Ein Film als Beichtstuhl. Menschen gehen in die Kirche, Menschen
sitzen alleine in der Kirchenbank, Menschen beten zu Jesus, der
ihnen alles ist: Vater und Freund, Heiland und Retter, Wegweiser
und Klagemauer, Redender, Schweigender, Liebender.
Da ist etwa ein Student, der gegen den Willen seiner Eltern
täglich die Messe besucht, seine ganze Freizeit in der Pfarre
verbringt und der Jesus einfach alles erzählt und alles bereut:
erotische Phantasien wie Heldenträume. Da ist eine Mutter von
zwei Kindern, die genauso viel Zeit in der Kirche verbringt wie
zu Hause, wo sie seit Jahren ihren gelähmten Mann pflegt.
Innigst bittet sie Jesus, dass er ihren Mann, einen Moslem,
heilen möge. Der wiederum sieht in seiner Krankheit die
Gottesstrafe dafür, dass er eine Christin geheiratet hat. Oder
die pensionierte Chemielehrerin, die von ihrem Lebensgefährten
mit einer anderen Frau betrogen wird. Sie sinnt im Gebet nach
Rache. Aber ist Rache nicht Sünde? Wie viele andere kommt sie in
die Kirche und klagt, kollaboriert, sinniert, bekennt, grübelt
und bittet Jesus, er möge ihr verzeihen.
Formal streng zeigt Ulrich Seidls neuer Film 'Jesus, du
weißt' sechs fragmentarische Porträts von Gläubigen, die ganz
persönlich mit Jesus sprechen. Jede der sechs Geschichten öffnet
dabei einen Raum, eine Intimität, eine Aussicht auf das, was man
Gott nennen könnte.
Festivalpreise:
- Bester Dokumentarfilm (Karlovy Vary 2003)
- Prix de L'Association Quebecoise des Critiques (32ème Festival
International Nouveau Cinéma, Montreal 2003)
- Wiener Filmpreis (Viennale 2003)
- Erich-Neuberg-Preis 2003 (ORF) (Ventura Film)