Sklavenhalterei, Seefahrerromantik samt Schiffbruch, Stämme entlaufener Sklaven in der kubanischen Wildnis, Indianerüberfälle und dergleichen mehr -- ein ganzes Arsenal abenteuerlicher Klischees und unwahrscheinlicher Zufälle wird von Wolf Serno aufgefahren, um seinen historischen Roman unterhaltsam zu machen. Der Unterhaltsamkeit ordnet sich auch die historische Recherche unter. Denn es wird kaum Wert darauf gelegt, die komplexen und mannigfaltigen Verhältnisse im ausgehenden 16. Jahrhundert realistisch darzustellen. Alle Details dienen als Hintergrund für eine meist mehr, manchmal etwas weniger rasante Abenteuerhandlung, in welcher der tadellose Held ein ums andere Mal brilliert.
Bei Wolf Serno ist der Sklavenaufseher ein übler Sadist, die Kneipenwirtin und Exhure eine Frau mit großem Herz und der bescheidene katholische Geistliche hält Luthers Lehren für richtig, kritisiert aber dessen Antisemitismus. Durch ein 16. Jahrhundert, in dem das Klischee von Gut und Böse ebenso existiert wie das große Abenteuer, führt Serno seinen Leser mit flotter Feder. In der Studierstube ist Der Chirurg von Campodios sicher etwas fehl am Platz, aber am Badestrand oder auf dem Balkon wird er ein heilsames Mittelchen gegen Langeweile bieten. --Simon Weinert