Flaggschiff Sequential Prophet 12
Es war ein langer Weg
vom Sequential Circuits Prophet-5 zum Dave Smith Instruments Prophet 12. Ob er
sich gelohnt hat, wird folgender Bericht beleuchten.
Propheten bringen
nicht nur Botschaften in die Welt, sondern können auch seit den frühen 80er
Jahren besondere Klangwelten erschaffen. Als 1978 der erste Synthesizer
Prophet-5 von der Firma Sequential Circuits aus den USA erschien, beschritt man
eine neue Ära der synthetischen Klangerzeugung. Damals war der Prophet-5 ein
Meilenstein in der Synthesizergeschichte.
Heute hat der Vater
der Propheten, Dave Smith, den Prophet 12 kreiert und bezeichnet ihn selbst als
seine bisher beste Entwicklung. Die Namensgebung ist nicht zufällig gewählt,
denn das Zahlenkürzel beschreibt die maximale Stimmenanzahl des Synthesizers.
Also werde ich hier in diesem Test 12 Stimmen mit jeweils vier Oszillatoren zum
Erklingen bringen und dessen weitere Features und Neuerungen näher betrachten.
Das Erscheinungsbild
Der Dave Smith
Instruments Prophet 12 kommt in einem schicken Gewand aus geöltem Bubinga Holz
daher. Die Oberseite besteht aus lackiertem Stahlblech. Insgesamt ist das
Design der weiß-roten Beschriftung sehr übersichtlich und wirkt sehr edel. Eine
Besonderheit ist die rot beleuchtete 12 rechts unterhalb der Typenbezeichnung.
Die Oszillatoren
Wie bereits erwähnt
hat der DSI Prophet 12 insgesamt 4 Oszillatoren pro Stimme, welche digital
mittels eines DSP erzeugt werden. Die Oszillatoren können neben Sägezahn,
Dreieck, Sinus und Rechteck auch noch Tines, Mellow, Church, Muted, Nasal,
Boing, Gothic, Ahhh, Shrill, Ohhhh, Buzzzz, Meh, Red Noise, White Noise und
Violet Noise erzeugen. Alles recht lustige Bezeichnungen, die aber im Grunde an
deren Namen erkennbar machen, um was es sich handelt.
Dazu gesellt sich noch
ein Suboszillator, der einen Sinus eine Oktave unterhalb des ersten Oszillators
erzeugt.
Die Oszillatoren sind
in der Lage Frequenzmodulation (FM) zu erzeugen. Dabei dient ein Oszillator als
Carrier und ein anderer als Modulator. Die Verschaltung ist so vorgegeben, dass
ein Oszillator immer den nächst höheren moduliert. Die Amplitudenmodulation
(AM) nutzt zur Modulation stets ein Pärchen der Oszillatoren, um das andere
Paar zu beeinflussen. Ein Hard-Sync-Taster darf sich natürlich auch noch dazu
gesellen.
Analog-Filter, VCA und Hüllkurven
Das nachgeschaltete
resonanzfähige Filter ist analoger Natur und kann wahlweise als 2-Pol-Low-Pass
oder 4-Pol-Low-Pass geschaltet werden, wobei die 4-Pol-Variante
selbstoszillierend ist. Die analoge Schaltung bewerkstelligt wie üblich bei
DSI, ein Chip von Doug Curtis.
Hinter dem
Low-Pass-Filter ist ein analoges 2-Pol-High-Pass-Filter geschaltet, welches
neben Cutoff und Resonance auch über einen separaten Regler für dessen
Key-Amount verfügt.
Das erzeugte Signal
wandert nun zum VCA. Die Sektion verfügt neben ADSR über Regler für
Envelope-Amount und dessen Velocity-Aktivität. Des weiteren finden sich Regler
für die Lautstärke des gewählten Programms, ein Panorama-Regler für die
Stereoposition jeder einzelnen Stimme, einem Regler Delay für die Attack der
Hüllkurve sowie Repeat, welcher Delay, Attack und Decay-Zeiten loopt. Die
Hüllkurve ist schön schnell und erzeugt bei entsprechender Einstellung von
Attack und Decay das typische „Knacksen“ zu Beginn eines Tastenanschlags, ergo
können auch perkussive Klänge entlockt werden.
Insgesamt hat der
Prophet 12 vier Hüllkurven-Generatoren. Zwei der sogenannten AUXILIARY
ENVELOPES lassen sich beliebigen Modulationsziele zuweisen.
Die LFOs
Hinzu kommen 4 LFOs
pro Stimme, welche frei oder per MIDI-Clock oder Arpeggiator schwingen. Die
LFO-Sektion ist mit Reglern für Geschwindigkeit, Amount, Schwingungsform,
Modulationsziel und vier Tastern bestückt. Die Modulationsziele sind fast
grenzenlos mit 97 gezählten Zielen aus 26 Quellen.
Neben den direktem
Zugriff finden sich im Display weitere Parameter, wie zum Beispiel eine
Phasenverschiebung des LFOs von 0 – 360 Grad.
Als Schwingungsform
dienen Dreieck, Sägezahn, Rechteck und Puls mit 3 verschiedenen Intensitäten.
Die Effektsektion
Ein weiteres
interessantes Ausstattungsdetail sind die sogenannten CHARACTER-EFFECTS. Diese
sind in 5 Bereiche unterteilt. GIRTH ist ein LOW-SHELF-Filter und bewirkt eine
Anhebung der tiefen Frequenzen mit dem Hinzufügen harmonischer Obertöne.
AIR ist der Pedant zum
GIRTH und bewirkt dessen Eigenschaften im Hochfrequenzbereich.
HACK ist eine Art
Bitcrusher und reduziert die Bittiefe der Oszillatoren.
DECIMATE reduziert die
Sample-Rate und DRIVE simuliert einen Bandsättigungseffekt.
Ein weiteres Highlight
ist ein Stereo-Delay für jede Stimme, welches auch mittels der Modulationsziele
beeinflusst werden kann. Selbstverständlich ist der Effekt auch
synchronisierbar. Mit dem Delay lassen sich sogar Reverb- und Flanging-Effekte
erzeugen.
Ferner hat der DSI
Prophet 12 zwei analoge Stereo-Distortion-Effekte an Bord, welche entweder pro
Layer A und B zum Einsatz kommen können oder um einem gestackten Sound mehr
Fett zu verleihen.
In diesem Abschnitt
soll auch noch der Unison erwähnt werden, welcher wahlweise eine Stimme oder
alle 12 Stimmen beeinflusst. Ist der Unisono-Modus aktiviert, so ist der
Prophet 12 nur noch monophon spielbar. Das hat mich ein wenig irritiert, denn
oftmals möchte man gerade bei polyphonen Sounds eben genau die andickende
Verstimmung erreichen. Schade.
Das Display
Der DSI Prophet 12
verfügt über ein grafikfähiges beleuchtetes Display. Dort lassen sich sämtliche
Parameter genau einstellen und ablesen. Das Display ist groß genug und leicht
ablesbar. Sobald man beispielsweise den Cutoff-Regler bedient, wechselt das
Display in die jeweilige Sektion und zeigt dessen Werte und Grafiken an.
Der Arpeggiator
Ausgestattet ist der
DSI Prophet 12 mit einem recht umfangreichen Arpeggiator, der mittels LFO,
MIDI-Clock und dem Delay synchronisiert werden kann. Das Tempo ist zwischen 30
und 250 BPM variabel und der Oktavenbereich ist von 1 – 3 Oktaven einstellbar.
Ein Clock-Devider gibt fest vorgegebene Notenmuster an. Eine Latch (Hold )
Funktion ist ebenfalls integriert.
Anschlüsse
Auf der Rückseite
finden sich die Stereoausgänge für das Hauptsignal und Layer B und ein
Kopfhörerausgang für jeweils 6,3 mm Klinkenstecker. Ferner das MIDI-Trio, USB
und 3 Pedalanschlüsse.
Der Programmspeicher und die Programme
Jedes Programm des DSI
Prophet 12 besteht aus zwei Layern, welche jeweils für sich völlig
eigenständige Sounds bereit stellen. Diese können innerhalb der Tastatur
gesplittet werden oder sie werden gestackt und sind damit über die gesamte
Tastatur spielbar. Diese Layer lassen sich auf andere Programme übertragen und
kopieren. Im Layer-Modus A+B werden die insgesamt 12 Stimmen aufgeteilt, d.h.
jedem Layer stehen nun sechs Stimmen zur Verfügung. Werden die beiden Layer
gestackt, also übereinander geschichtet, so ist der Prophet 12 insgesamt
6-stimmig spielbar. Wenn nur ein Layer zum Einsatz kommt werden alle 12 Stimmen
aktiviert. An dieser Stelle hätte ich mir die Möglichkeit gewünscht, die
Stimmen selbst pro Layer verteilen zu können. So wäre es beispielsweise
vorteilhaft, dass der untere Splitbereich nur 3 Stimmen zugewiesen bekommt und
der obere Bereich hätte dann noch 9 verbleibende Stimmen.
Insgesamt lassen sich
792 Programme abrufen und speichern. Davon entfällt jeweils eine Hälfte auf die
USER- und FACTORY-Programs. Sehr hilfreich zum Sichern und schnellerem Abrufen
eigener Programme ist eine sogenannte PLAY-LIST, welche insgesamt 40 solcher
Eigenkreationen aufnehmen kann.
Die Programme werden
entweder per Direkteingabe über das Nummernfeld oder mittels Up-and Down Taster
abgerufen. Ein wenig vermisst habe ich eine Sortierung nach Kategorien.
Über die
Global-Einstellungen des Prophet 12 lassen sich der Empfang und das Senden von
Controller-Daten einstellen, d.h. dass die Möglichkeit besteht, sämtliche
Reglerbewegungen im Sequencer aufzuzeichnen und entsprechend abzuspielen. Der
Prophet 12 versteht NRPN oder CC-Controllerdaten.
Der Klang des hybriden Prophet 12
Schon alleine die
Tatsache, dass hier „nur digitale Oszillatoren“ werkeln, dürfte manchen
Synthesizer-Enthusiasten etwas aufschrecken. Der DSI Prophet 08 hat ja
bekanntermaßen einen voll analogen Signalfluss. Kann der Anwender angesichts
des recht moderaten Preises und der doch üppigen Anzahl von 12 Stimmen keine
analogen Oszillatoren erwarten? Oder liegt es vielleicht an der Tatsache, dass
Frequenz- und Amplitudenmodulation sich mit digitalen Oszillatoren besser
verwirklichen lassen?
Im Grunde ist das alles
egal…der DSI Prophet 12 klingt ausgewogen und fett, hat die nötige Wärme und
ist für das moderne Zeitalter bestens gerüstet. Er ist nicht ganz so
obertonreich wie der Prophet 08 und geht mit seinem Klangcharakter in eine ganz
andere Richtung. Er klingt auf alle Fälle anders.
Schon alleine die
endlos erscheinenden Modulationsmöglichkeiten, die Effektsektion und das
analoge Filter geben dem Prophet 12 ein Alleinstellungsmerkmal.
Das Filter hat die
typischen Eigenschaften der Curtis-Chips. Es klingt weich und angenehm und
packt dennoch gut zu. Eine typische Eigenschaft ist aber, dass bei aufgedrehter
Resonanz der Grundklang etwas ausdünnt. Das Highpass-Filter ist ebenso von
höchster Güte und keinesfalls mit einem Software-Pendanten zu vergleichen.
Der DSI Prophet 12
kann wunderbare weiche Pads erzeugen, die Strings und viele andere Sounds
erinnern sehr an den Prophet-5. Besonders im Hinblick auf die Verteilung der
Stimmen im Stereopanorama (Oberheim OB8 lässt grüßen) bescheinige ich dem
Prophet 12 eine enorme Klangbreite. Sehr gut für Flächen, aber nicht nur
da.
Der Prophet 12 kann
nicht nur Brot und Butter, sondern darüber hinaus noch viel mehr. Er kann
dreckige, zwitschernde Sounds, aber auch druckvolle Bässe produzieren. Auch
völlig abgefahrenes Klangmaterial sind ihm nicht fremd. Ebenso ausgefallene
Arpeggios dienen als Quelle der Inspiration. Es macht ausgenommen Spaß, an dem
Synthesizer zu schrauben und die Modulationen auszureizen. Die Möglichkeiten
sind wirklich gewaltig. Auch die insgesamt 12 Schwingungsformen der
Oszillatoren wissen zu überzeugen und ermöglichen dem Prophet 12 attraktive
Soundkreationen. Sobald die Character-Effekte zugeschaltet werden, geht
erneut die Sonne auf. Es wird merklich dicker, britzeliger, breiter…schöner.
Von der Ausstattung
erinnert der Prophet 12 ein wenig an den Alesis Andromeda, nur ist der Prophet
wesentlich einfacher zu durchschauen. Ein John Bowen Solaris würde sich von den
Möglichkeiten ebenso einreihen, auch wenn dieser natürlich voll digital aufgebaut
ist.
Die Klangformung
gestaltet sich jedenfalls sehr einfach, da fast alle Parameter direkt wählbar
sind. Für tiefere Eingriffe teilt einem das Display stets mit, wo man sich
gerade befindet. Alles ist logisch aufgebaut und das Handbuch ist nicht zwingend
nötig.
Prophet 12 Updates bis 1.41
Dank umfangreicher
Produktpflege wurde der Prophet 12 bis heute immer wieder verbessert:
Kernstück des ersten
großen Updates 1.3 war die Möglichkeit, die FM-Kennlinie vom bisherigen
exponentiellen Verlauf auf linear umzuschalten. Der Prophet 12 kann somit seine
vier Hauptoszillatoren als Carrier bzw. Modulator einsetzen. Im Gegensatz zu
den alten 4-Operatoren-FM-Synthesizern gibt es im Prophet 12 keine Auswahl an
Algorithmen, mit denen festgelegt wird, wie die Oszillatoren verschaltet
werden. Vielmehr kann das über die Modulationsmatrix des Prophet 12 frei
zugewiesen werden. Mit dem Update kann auch eine Soundbank mit 40
FM-Sounds installiert werden, die die neuen Möglichkeiten demonstrieren.
Das Prophet 12 OS 1.3
Update beinhaltet noch weitere Funktionen:
Mit Update 1.4.1 kamen
folgende neuen Features hinzu: