TITEL: "Frau vor dem Spiegel" [so u.r. in Blei betitelt]
TECHNIK:
Kohle, Fettkreiden, Deckweiß auf hellbräunlichem Papier
ENTSTEHUNGSJAHR: o.A. [um 1930]
BLATTGRÖSSE: 30,4x44cm
SIGNATUR: o.r.
in Dunkelrot signiert "Valenius"
ERHALTUNGSZUSTAND: partiell
Druckstellen im Blatt; Ecke o.l. mit minimalem Papierverlust; Ecke o.r.
mit kleinem Knick; Ecke u.l. mit kleinem Knick; die beiden unteren Ecken
mit je einem kleinen Einstichloch; am linken und rechten Rand mittig je
ein kleines Einstichloch; im linken Randbereich mittig kleines Loch im
Papier (Durchmesser etwa 1mm); im Bereich o.r. (etwa unterhalb der
Signatur) (technikbedingt?) leicht fleckig; verso unleserliche
Vermerke/Bezeichnungen in Blei (wohl nicht zur Zeichnung gehörig)
---1929 reiste Hugo Wallenius
nach Brasilien und blieb dort bis 1933. In den Arbeiten dieser
Schaffensphase findet sich eine ungemeine Farbigkeit gepaart mit einer
ganz eigenen Lebendigkeit des Dargestellten. Die vorliegende Zeichnung
ist wohl in diesen Zeitraum zu datieren. Eine wohl südeuropäische bzw.
südamerikanische Frau vor dem Spiegel präsentiert sich in
verschiedensten Rottönen, wodurch die Komposition eine Wärme erhält, die
exzellent eingefangen/umgrenzt wird durch die klaren schwarzen
Kohleumrandungen des Körpers. Brillante Portraitkomposition!---
Zu Hugo Wallenius (27.09.1892 Hamburg - 31.01.1948 Wattenscheid):
Hugo Wallenius (zeitweise auch Valenius geschrieben) wurde am 27. 9.
1892 in Hamburg geboren. Hier besuchte er die Passmannschule und wurde
anschließend in der Druckerei Broschek zum Lithographen ausgebildet. Von
Ostern des Jahres 1907 bis April 1911 war Wallenius als
Lithographielehrling in der lithographischen Kunst-Anstalt Emil Falke in
Hamburg tätig. Im Anschluß arbeitete er bis Juli 1912 als Lithograph
für Schriftplakate und kleine Zeichnungen in der Lithographischen
Kunst-Anstalt der Gebrüder Pilz in Schlettau im Erzgebirge. Es folgte
eine Ausbildung zum Maler an der Hamburger Kunstgewerbeschule bei Arthur
Illies (1870-1952). Anstellungen als Lithograph fand Wallenius zwischen
1912 und 1914 in rascher Folge bei Druckereien in Mainz, Magdeburg und
in Schmiedeberg/Riesengebirge. Von 1916 bis 1925 war er als Zeichner für
Entwurf und Schrift im Verlag des Hamburger Fremdenblattes beschäftigt.
1918 fand seine erste Ausstellungsbeteiligung im Hamburger Kunstsalon
Bock statt. Auf der 16. Ausstellung des deutschen Künstlerbundes in
Hamburg, zu deren Jury Ahlers-Hestermann, Georg Kolbe, Otto Mueller u.
a. zählten, war Wallenius mit dem Pastell „Nächtliche Großstadt“
vertreten. Weitere ausstellende Künstler waren u. a. Böckstiegel,
Corinth, Heckel und Pechstein. Der Katalog der Ausstellung aus seinem
Nachlaß weist handschriftliche Kommentare zu den Hamburger
Künstler-Kollegen, besonders aus dem Sezession-Kreis auf. Zwei Jahre
später, 1923, ist Wallenius an der Ostermesse der Vereinigung Hamburger
Kunstfreunde im Museum für Kunst und Gewerbe beteiligt. Im Jahr darauf
finden seine ersten Einzelausstellungen in Hamburg im Kunsthaus Karl
Heumann und in der Kunst- und Rahmenhandlung Harnisch statt.
Von 1925 bis 1928 arbeitete Wallenius als Entwerfer und Lithograph für
die Hamburger Druckereigesellschaft Köbner & Co. und im nächsten
Jahr in der Reklame-Abteilung der Rudolph Karstadt AG Hamburg.
1929 reiste der Künstler nach Brasilien, wo er bis Februar 1933 als
Schriftlithograph und Entwerfer in Recife tätig war. Aus
gesundheitlichen Gründen mußte er dann nach Deutschland zurückkehren.
1935 war er für einige Monate bei der Behörde für Technik und Arbeit in
Hamburg als Kartenzeichner und Kolorist beschäftigt.
1936 übersiedelte Wallenius nach Kolumbien, dort war er für bis 1938 als
Lithograph tätig, bis ihn die Erkrankung seiner Mutter zur Rückkehr
zwang. Von 1938 bis 1941 arbeitete er als Grafiker und Lithograph in der
Großdruckerei Carl v. d. Linnepe in Lüdenscheid, anschließend war er
technischer Leiter der Wohnung Heimstätten in Bochum. Ab ca. 1942 war
Wallenius freischaffender Künstler und beteiligte sich 1943 und 1944 an
den Großen Westfälischen Kunstausstellungen in Dortmund und an der
Großen Deutschen Kunstausstellung in München. 1946 zog Wallenius nach
Wattenscheid und nahm neben Levedag, Meistermann, Schumacher und Mense
an der Ersten großen Kunstausstellung Rhein/Ruhr in Arnsberg teil. Wie
in den vorausgegangenen Ausstellung konnte er hier etliche Bilder
verkaufen. Im gleichen Jahr wurde er Mitglied im Hagenring und im
Düsseldorfer Künstler-Verein „Malkasten“. Ausstellungsbeteiligungen in
Hagen und Essen folgten. 1947 zählte er zu den ausgewählten Künstlern,
die sich an der Ersten Landesausstellung „Künstlerbekenntnisse unserer
Zeit“ in der Kunsthalle Düsseldorf beteiligen durften. Die Jury,
darunter Mataré, Otto Pankok und Böckstiegel, lehnte von 2500
Einsendungen 2225 ab. Es waren u. a. Werke von Hofer, Schumacher und
Nolde zu sehen.
Am 31.1.1948 starb Hugo Wallenius in Wattenscheid. Anläßlich seines 60.
Geburtstages wurde ihm hier 1952 eine Gedächtnisausstellung gewidmet.
1959 wurden seine Werke hier, wie auch in der Galerie Falazik in Bochum
gezeigt. Seitdem ist der Künstler in Vergessenheit geraten.