TITEL: „Die Mittelmeermappe von Ludwig Neu“ [so auf der Mappe betitelt]
TECHNIK: 9 Lithografien, handkoloriert, auf leichtem,
sandfarbigem Karton, eingelegt in blauer Mappe (Karton recto mit Goldfarbe
handbemalt)
[Die Mappe ist nicht vollständig. Es fehlt wohl eine
Lithografie.]
JAHR: undatiert [um 1930-32]
AUFLAGE: auf der Mappe bez. „Diese Mappe hat die Nummer 16“ [Nummerierung von Hand in Grün]
SIGNATUR: auf der Mappe in Grün signiert „L. Neu“, sowie jedes Blatt im Druck signiert
GRÖßE: 34 x 43,8cm (je Blatt) bzw. etwa 25 x 35cm (je Druck, einmal blattgroßer Druck) bzw. 44,3 x 34,3cm (Mappe)
ZUSTAND:
Mappe: Vordereinband etwas stockfleckig; insgesamt leicht fleckig; Ecken/Kanten
etwas bestoßen
Blätter: insgesamt leicht wellig; leichte Druckstellen;
partiell leicht fleckig; Ecken leicht bestoßen
Die Mappe ist nicht vollständig. Es fehlt wohl eine Lithografie.
---Nach der künstlerischen Ausbildung in Hanau, Offenbach und München, wurde Ludwig Neu zum Kriegsdienst eingezogen und in dessen Verlauf verwundet. Nach dem Ersten Weltkrieg lebte er in Frankfurt am Main, wobei er sein damaliges Atelier im Städelschen Institut hatte. Ab 1922 war er dann in Hamburg als freischaffender Künstler tätig. Zu dieser Zeit emanzipierte er sich von dem jüdischen Glauben seiner Familie und heiratete 1921 – gegen den Willen der Eltern – Ida Boch. Diese stammte aus einer protestantischen Familie und arbeitete als Postbeamtin und Verkäuferin. Ludwig Neu blieb dennoch Mitglied der jüdischen Gemeinde, der auch seine Frau beitrat. 1925 kam die Tochter Ingeborg zur Welt.
In den 1920er und 1930er Jahren unternahm der Künstler zahlreiche Studienreisen und stets entstanden dabei Zeichnungen, Gemälde und Grafiken. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie waren zu dem damaligen Zeitpunkt durchaus gut. Sie wohnten zuerst in der Ferdinandstraße und darauf in einer großen Wohnung samt Atelier am Lattenkamp.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 änderte sich die Situation für den Künstler und seine Familie drastisch. Wenig später, im April 1933, wurde er aus der Hamburger Künstlerschaft ausgeschlossen. Bereits abgemachte Aufträge wurden abgesagt und ein Jahr später war das Einkommen so marginal, dass Ludwig Neu im Januar 1934 zum Wohlfahrtsempfänger wurde. 1936 wurde ihm schließlich die Aufnahme in die Reichskammer der bildenden Künste verweigert und eine weitere Betätigung auf diesem Gebiet untersagt, was zugleich das an sich schon niedrige Einkommen gänzlich strich. Im Mai 1938 emigrierte Ludwig Neu nach Buenos Aires.
Die vorliegende „Mittelmeermappe“ wird in der Zeit um 1930-32 während einer der zahlreichen Schiffsreisen entstanden sein. Zu dieser Zeit wurde Neu auch durch Dr. Wilhelm Cuno (Hamburg-Amerika-Linie) gefördert, so dass ihm als Honorar für Bilder und Fotos ein Reisekonto eingerichtet wurde. Zu diesem Kontext, wie auch explizit zu solchen Grafikmappen schreibt Maike Bruhns: "Für seine Studienreisen verknüpfte er [d.h. Ludwig Neu] geschickt Kunst und Kommerz, indem er für die Hamburg-Süd ständig Fotoreportagen auf seinen Reisen machte; außerdem malte er und verkaufte die Produktion an Passagiere, stellte anschließend zehn Motive in Druck-Mappen zusammen[1], die er kolorierte und versandte. Seine Plakatentwürfe, Graphik und Fotos kamen so gut an, daß die Familie vor 1933 ein reichliches Auskommen hatte"[2].
Durch eine der Lithografien können wir nun auch die damalige, humorvoll skizzierte, Reiseroute Neus nachverfolgen. Der Beginn war demnach in Genua, dann ging es nach Neapel, vorbei an der nordafrikanischen Küste, zu Malta, in einem weiten Bogen vorbei an der Türkei bis nach Istanbul (hier: Konstantinopel), nach Athen, entlang der griechischen Küste, nach Korfu und schließlich nach Venedig.---
[1] Was
darauf schließen lässt, dass auch die vorliegende Mappe mit ihren zehn
Lithografien vollständig ist.
[2] Kunst in
der Krise (Band 2); Hamburg: Dölling und Galitz; 2001; S.306.