Angeboten wird eine Arbeit in Dispersionsfarbe von Ernst Geitlinger
TITEL: „Graue Form“
[so verso unten mittig in Blei betitelt, WVZ (Roswitha Nees 1991): P 1051,
diese Nummer auch verso in Blei angegeben]
Eine Abbildung der relevanten Seite aus dem WVZ ist unten angefügt.
TECHNIK: Dispersion über Bleistift auf festem Velinpapier (Trockenstempel
„Déposé-Sihl-Superbus 260/I“), verso am oberen Rand durch kleine Klebestreifen frei
in Passepartout gesetzt
JAHR: verso oben mittig in Blei datiert „Dez. [19]69“
SIGNATUR: verso oben mittig in Blei signiert "Ernst Geitlinger",
sowie darunter Namensstempel
GRÖßE: 73,1 x 51 cm (Blatt) bzw. 89,8 x 70 cm (Passepartout)
ZUSTAND: Blatt
verso am oberen Rand durch kleine Klebestreifen in Passepartout gesetzt;
in den Randbereichen minimal nachgedunkelt; Ecken minimal bestoßen; partiell
leichte Druckstellen im Blatt; im mittleren Blattbereich schwach wellig; im
unteren Bereich links kleiner, wohl aus dem Vorzeichnungsprozess stammender,
Bleistiftstrich (Länge etwa 2,6cm)
verso am oberen Rand vom Künstler stammender Pfeil in Blei zur Ausrichtung des
Blattes; verso leicht (farb-)fleckig; verso im unteren Bereich mit
Bezeichnungen in Blei (wohl) aus dem Nachlass („73 x 51“, „P 1051“, „15.4/7“)
ABBILDUNG: Ernst
Geitlinger Gesellschaft, München (Hrsg.) (1991): Ernst Geitlinger.
Werkverzeichnis 1924-1972; Saarbrücken: St. Johann; S. 365 (kleine s/w-Abb.)
AUSSTELLUNG: 28. Mai
– 2. Juli 1989, „Ernst Geitlinger. 1895-1972. Retrospektive. Von der Natur zur
Abstraktion“, Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen, Katalogseite 119 (ohne Abb.)
Eine Abbildung der relevanten Katalogseite ist unten angefügt.
---"Nach der Emeritierung von der Münchner Akademie entwickelte
Geitlinger konsequent seinen auf geometrische Formen und minimalistische
Zeichen reduzierten Spätstil. Dabei wurde die gegenständliche Figuration
vorerst nicht aufgegeben. Die noch am Abbild orientierten Motive durchliefen
einen geometrischen Abstraktionsprozess und wurden in konstruktive, meist
monochrome, Farbflächen übertragen. Mit der Verdrängung organischer Formen
erhielt der Raum als Motiv der Darstellung zunehmende Bedeutung.“ [1]
Diese hier vorliegende „Graue Form“ ist exemplarisch für
dieses beschriebene Spätwerk; und konkreter lässt sich diese späte Phase ab
1969 noch dadurch beschreiben, dass hier, ganz entsprechend der „Grauen Form“, „minimalistische
Bilder mit nur einem oder zwei schwarzen Zeichen auf weißem Grund“ [2]
entstanden. Der Abstraktionsgrad wurde hier von Geitlinger noch weiter erhöht,
organische Formen sind nicht mehr erkennbar. Farbe, Form und Fläche bestimmen
das Werk – wobei es mehr die Form als die Farbe ist, auf das Geitlinger
besondere Aufmerksamkeit verwandte. In diesem Sinne ist Lida von Mengden zu
verstehen, wenn sie schreibt:
„Geitlingers Suche nach der überzeugendsten Aussage fand im
Medium der Zeichnung, also auf weißem Papier statt. Im Prozess der Bildfindung
wird schließlich die weiße Papierfläche zum Bildraum erhoben, und auch bei der
Übertragung der Komposition in den Bereich der Malerei behielt Geitlinger den
weißen Bildgrund als Äquivalent für Raum bei.“ [3]
Bei der „Grauen Form“ ist dies vor allem auch dadurch zu
erkennen, dass die mit Bleistift ausgeführte Vorzeichnungen der Form noch
deutlich erkennbar sind. Und es waren auch schließlich die Studien zu Formen,
die Geitlinger in den sehr durchdachten Vorarbeiten besonders beschäftigten,
während die Frage der Farbwahl sich erst hieran anschloss .---
Zu Ernst Geitlinger (13.02.1895 Frankfurt a.M. - 28.03.1972 Seeshaupt):
Maler,
Zeichner, Bühnenbildner, Kunsterzieher; nach der Volksschule Besuch eines Internats in
Waldkirch (bei Freiburg); 1912 Oberrealabschluss; 1913 Umzug der
Familie nach New York; Beschluss Theatermaler zu werden, wozu sich
Geitlinger an der National Academy of Design einschreibt; 1914
Bekanntschaft mit Ernst „Putzi“ Hanfstaengl, der in New York eine
Malschule betreibt; bis 1918 arbeitet Geitlinger dort als Zeichenlehrer;
Bekanntschaft mit Winold Reiss, bei dem er seine Kunststudien fortsetzt
und in dessen Atelier er mitarbeitet; 1920 Heirat in New York mit
Martha Kartenkamp; 1922 Rückkehr nach Deutschland (München); 1922-31
Studium an der Kunstakademie München (bei Karl Caspar); bis 1929
verbringt Geitlinger die Sommermonate in New York und arbeitet dort als
Bühnenbildner; New York; ab 1929 in München ansässig; ab 1930 Atelier in
München; 1931 erste Einzelausstellung in der Galerie Weber (Berlin);
1932 Mitglied der Juryfreien; Einrichtung eines Ateliers übder dem
„Schwabingerbräu“ in der Feilitzschstraße 28; in den 1930er Jahren
Zusammenarbeit mit dem Maler Georg Hans Müller; 1933 politisch bedingte
Auswanderungspläne; 1935 zweite Heirat mit Marianne Isler, die Familie
wohnt in der Kurfürstenstraße 39; 1935 werden bei einer Ausstellung auch
Werke Geitlingers im Vorfeld der Eröffnung wieder abgehängt; 1936
Mitglied im Deutschen Künstlerbund; 1937 wird eine Arbeit Geitlingers
(„Schneelandschaft“, Aquarell) im Rahmen der Aktion „Entartete Kunst“
aus den Städtischen Museen Rostock beschlagnahmt; bis 1938 verschiedene
Emigrationsversuche in die USA, UdSSR, nach Kolumbien; Geitlinger erhält
keine Aufträge mehr, bereits ausgeführte Auftragsarbeiten für Verlage
werden abgelehnt; Geitlinger zieht sich in die „innere Emigration“
zurück; er ist tätig als Anstreicher und Posthilfsarbeiter; weiterhin
malt er heimlich weiter; um dem Kriegsdienst zu entgehen legt er am
12.03.1942 die Dolmetscherprüfung ab und wird in ein Gefangenenlager für
Briten nach Hohenfels (Oberpfalz) verlegt; weiterhin ist er malerisch
tätig; 1942 mietet Marianne Geitlinger ein Zimmer in Seeshaupt
(Hauptstr. 4) und führt einen Teil der Bilder ihres Mannes dorthin über;
am 10.03.1943 wird das Münchener Atelier bei einem Bombenangriff
zerstört; 1945 kurzzeitig in amerikanischer Kriegsgefangenschaft; Anfang
Juli 1945 Heimkehr und fortan ansässig in Seeshaupt; durch den
Kunsthistoriker Dr. Hans Helmut Klihm und dessen Ehefrau Erika konnte
Geitlinger neue Kontakte zu Sammlern und Museen knüpfen; Dezember 1945
erste Ausstellungsbeteiligung nach dem Krieg im Schaezler-Palais
(Augsburg); im Weiteren zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen;
1946 Mitbegründer der Künstlervereinigung „Neue Gruppe“; 1948 Teilnahme
an der Biennale in Venedig; 1949 Auftrag für das Bühnenbild und
Kostümentwürfe für Igor Strawinskys „Orpheus“ an der Bayerischen
Staatsoper; ab 1950 regelmäßig beteiligt an den Großen Münchner
Kunstausstellungen; 1951 Beitritt zu den Darmstädter und Frankfurter
Sezessionen; 1951-65 Professor an der Kunstakademie München; 1957
Italienreise; 1961 zwei Wandgestaltungen an der kaufmännischen
Berufsschule Fulda; 1965 Gründung der privaten Malschule „Atelier
Geitlinger“ in München; am 23.07.1983 gründen ehemalige Schüler
Geitlingers die „Ernst Geitlinger Gesellschaft“; 1991 kam durch
Schenkung ein Großteil des künstlerischen Nachlasses Geitlingers in den
Besitz der Stadt Neu-Ulm
Werke Geitlingers befinden sich u.a. bei folgenden Einrichtungen: Edwin-Scharff-Museum (Neu-Ulm, Nachlass), Lenbachhaus München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Saarlandmuseum (Saarbrücken), Museum Ludwig (Köln), Städel-Museum (Frankfurt a.M.), Sprengel Museum (Hannover), Museum für Konkrete Kunst (Ingolstadt), Harvard Art Museums (Cambridge, USA).
LITERATUR: NEES, Roswitha: Biographie, in: Ernst Geitlinger
Gesellschaft, München (Hrsg.) (1991): Ernst Geitlinger. Werkverzeichnis
1924-1972; Verlag St. Johann; Saarbrücken; S. 13-24 --- NEES, Roswitha:
Geitlinger, Ernst, in: „Allgemeines Künstlerlexikon“ (AKL),
Onlineversion, Künstler-ID: 00055491 --- PAPENBROCK, Martin (1996):
„Entartete Kunst“, Exilkunst, Widerstandskunst in westdeutschen
Ausstellungen nach 1945. Eine kommentierte Bibliographie; Weimar: VDG;
S. 454 --- SEIDENFADEN, Ingrid (1974): Einführung, in: Ernst Geitlinger
1895-1972 [Städtische Galerie im Lenbachhaus München, 10. Juli bis 1.
September 1974]; Christoph Dürr Verlag; München; unpag. ---
Internetseite der Ernst Geitlinger Gesellschaft (ernst-geitlinger.de)
Aus: Ernst Geitlinger
Gesellschaft, München (Hrsg.) (1991): Ernst Geitlinger. Werkverzeichnis
1924-1972; Verlag St. Johann; Saarbrücken; S. 365.Aus: "Ernst Geitlinger. 1895-1972. Retrospektive. Von der Natur zur
Abstraktion“ [Katalog zur Auusstellung], Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen, S. 119.
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