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Reorganisation von Recht und Verwaltung im Beitrittsgebiet
Die Beitrittsperspektive nach Art. 23 GG a.F. bedeutete nicht, dass auch das gesamte in der DDR geltende Recht unmittelbar mit Vollzug der Einheit hinfällig war. Vielmehr gehörte es zu den besonders aufwendigen Begleitaktivitäten bei der Aushandlung des Einigungsvertrages zu prüfen, welche der vielen bestehenden bundesdeutschen Gesetze und Verordnungen mit Vollzug der Einheit zwingend gesamtdeutsch zur Anwendung gelangen mussten. Diese Aufgabe war nur ressortübergreifend von den jeweiligen Ministerialverwaltungen zu leisten. Da für das DDR-Recht keine kodifizierte Sammlung existierte, stellte sich der Abgleich der jeweiligen Materie umso schwieriger dar; er geschah in Abstimmung mit den jeweiligen Ressorts seitens der DDR.[113]
Zunehmend dringlich nach Aufnahme der Verhandlungen bedurfte es einer Grundsatzentscheidung darüber, ob im Regelfall zunächst DDR-Recht weitergelten und bundesdeutsches Recht bis auf weiteres nur nötigenfalls zur Anwendung kommen sollte oder ob umgekehrt Bundesrecht die Norm und DDR-Recht die Ausnahme bilden sollte. Während Schäuble die dem Saarbeitritt 1957 entsprechende erstere Variante bevorzugte, weil er sich von einer vergleichsweise geringen Regelungsdichte eine schnellere Angleichung der Lebensverhältnisse versprach, gab es andererseits u. a. die Sorge, im Beitrittsgebiet hätte dann etwa der Umweltschutz das Nachsehen.[114] Die entgegengesetzte Position vertraten das Bundesjustizministerium, die Arbeitgeber und Bundesarbeitsminister Blüm. Letzterer favorisierte die zweite Alternative als Signal für den mit der Sozialunion begonnenen Aufbau eines leistungsfähigen Sozialversicherungssystems nach bundesdeutschem Muster und erwartete dadurch eine erleichterte Anpassung der DDR an EG-Recht. Den damit bereits kurzfristig verbundenen Kosten stellte sich auch Bundesfinanzminister Waigel nicht in den Weg.[115] Zu einer Änderung der Haltung von DDR-Verhandlungsführer Günther Krause, der bis dahin mit Schäuble übereingestimmt hatte, kam es in der zweiten Verhandlungsrunde zum Einigungsvertrag Ende Juli 1990. Dazu heißt es bei Schröder:
„Die Übernahme der westlichen Ordnung ist von der letzten Volkskammer beschlossen worden, die aus freien Wahlen hervorgegangen ist. Es ist deshalb eine eklatante Missachtung des Volkswillens der Ostdeutschen, wenn behauptet wird, der Westen habe dem Osten seine Ordnung übergestülpt, wie ich oft von Westdeutschen gehört habe.“
Man habe Schäuble östlicherseits erklärt, dass ein Zivilgesetzbuch für eine zentralistische Planwirtschaft und eine Diktatur untauglich sei für eine Marktwirtschaft mit eigenverantwortlichem wirtschaftlichen Handeln der Bürger.[116] Damit war die Sache entschieden.
Ähnlich wie bei Wirtschafts- und Rechtssystem standen auch Verwaltungs- und Bildungseinrichtungen der DDR im Zuge der innerdeutschen Vertragsverhandlungen auf dem Prüfstand. Die von der DDR-Delegation dazu vorgelegten Zahlen riefen, so Duisberg, auf westdeutscher Seite Betroffenheit hervor: Insgesamt 1,74 Millionen Beschäftigte in der öffentlichen Verwaltung, dazu die Bahnbeschäftigten (252.000), die Post (229.000) und die NVA (183.000).[117] Die 1,74 Millionen Staatsdiener der DDR entsprachen laut Schäuble mehr als dem Dreifachen der zur nämlichen Zeit im öffentlichen Dienst des vergleichbar großen Bundeslandes Nordrhein-Westfalen beschäftigten Beamten und Angestellten. Erheblicher Personalabbau schien ihm unvermeidlich geboten, damit die finanzielle Leistungsfähigkeit von Bund und Ländern nicht erdrosselt würde. Den von Krause auf Art. 36 GG bezogenen Ableitungen einer weitreichenden Übernahmepflicht der DDR-Bediensteten unter Berücksichtigung von Quoten hielt Schäuble Art. 33 GG entgegen, der den Zugang zu öffentlichen Ämtern an Eignung, Befähigung und fachliche Leistung binde.[118]
Als Instrument zur Durchführung des Verwaltungsstellenabbaus wurde zunächst von Seiten des Bundesaußenministeriums, das gar keine Möglichkeiten zur Übernahme von DDR-Diplomaten sah, wie auch von anderen Ministerien eine zentrale Personal-Treuhandstelle vorgeschlagen.[119] Eine solche Einrichtung wäre nach Schäubles Auffassung auf die Zuständigkeit des Innenministeriums für das gesamte Personal öffentlicher Verwaltung auf DDR-Gebiet hinausgelaufen. „Ein einzelnes Ressort aber konnte die Aufgabe, über zwei Millionen Menschen künftig in den Verwaltungen von Bund, neu zu schaffenden Ländern und Kommunen unterzubringen oder – zu einem erheblichen Teil – aus dem öffentlichen Dienst zu entlassen, niemals bewältigen.“ Schäuble setzte sich damit durch, dass jedes Ressort „die Verantwortung für das seiner Zuständigkeit obliegende Personal zu übernehmen und Überleitungsregeln zu schaffen habe.“ Für Bedienstete in künftiger Länderzuständigkeit waren die Länder zuständig, in der Übergangszeit die sogenannten Landessprecher unter der Aufsicht des Bundesinnenministers.[120]
Für die individuell von Entlassungen Betroffenen war dies allerdings kein tröstlicher Umstand. Sie kostete das geeinte Deutschland den bisherigen gesicherten Arbeitsplatz, auf den in höheren Stellen nicht selten Westdeutsche nachrückten. Richard Schröder weist aber die Rede von der Kolonisierung des Ostens durch den Westen zurück:
„In Wahrheit waren es die Betriebsbelegschaften und Lehrerkollegien, Gemeindevertretungen und Bürgerversammlungen, die im Herbst 1989 die Ablösung der bisherigen Direktoren und Bürgermeister erfolgreich ins Werk gesetzt und einen ersten Elitenwechsel herbeigeführt haben. Das war ein Ost-Ost-Elitenwechsel. Westdeutsche waren da noch gar nicht in Sicht.“[121]
Es sei dann mit der Übernahme der westlichen Ordnung ganz selbstverständlich ein westlicher Fachleute-Bedarf entstanden. „Das kann man wieder als Entmündigung der Ostdeutschen beklagen. Es setzt sich aber niemand gern in ein Flugzeug, wenn ihm erklärt wird: Der Pilot lernt grad noch.“[122]
Neuordnung der Eigentumsverhältnisse
Da im Staatssozialismus der DDR kollektives Eigentum eine klare Vorrangstellung vor dem Privateigentum der Individuen hatte, insbesondere im Bereich der Wirtschaft, aber je nach Bedarf auch bei den Immobilien, bedurften im Zuge des Einigungsprozesses auch die Eigentumsverhältnisse in der DDR einer Neuregelung.
„Infolge der kollektiven und individuellen Enteignungen sowie von sonstigen staatlichen Eingriffen jeglicher Art war in der DDR eine Lage entstanden, in der nicht nur die Eigentumsverhältnisse schwer durchschaubar waren, sondern auch die Eigentumsrechte selbst weitgehend ihre alte Bedeutung verloren hatten. Rechte am Grundstück und an dem darauf stehenden Gebäude fielen oft auseinander, ohne daß dies klar erkennbar war. Auch die Grundbücher wurden meistens nur noch unzulänglich geführt. Soweit es noch privaten Haus- und Grundbesitz gab, war er überdies in vielen Fällen durch Zwangsmiete und extensiven Kündigungsschutz mehr Last als Vermögen. Insofern zählte weniger das Eigentum als das Nutzungsrecht; dieses allein war von wirklichem Wert.“[123]
Da es bei diesen Verhältnissen im vereinten Deutschland nicht bleiben konnte, stellte sich bei der Herstellung einer den bundesdeutschen Verhältnissen entsprechenden Eigentumsordnung das Problem, wie mit den in der ostdeutschen Vergangenheit erfolgten entschädigungslosen Enteignungen umzugehen sei. In dieser Frage gab es politischen Entscheidungsspielraum, da die Eigentumsgarantie gemäß Art. 14 GG sich nicht ohne weiteres rückwirkend auf die DDR vor ihrem Beitritt erstreckte. Auf bundesdeutscher Seite entwickelte man die Maßgabe, dass in 40 Jahren DDR neue wirtschaftliche und soziale Umstände entstanden seien, die nicht ohne Weiteres rückgängig gemacht werden könnten, wollte man nicht teils altes Unrecht durch neues ersetzen. Es komme auf sozialverträgliche Kompromisse unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten an. Weder die Festschreibung der DDR-Zwangsmaßnahmen bis 1989 noch deren komplette Rückgängigmachung bis zum Mai 1945 seien in diesem Sinne als realisierbar anzusehen.[124]
Zwei gesondert zu betrachtende Phasen gab es bezüglich der durchgeführten Enteignungsmaßnahmen: die Phase der sowjetischen Besatzungshoheit 1945 bis 1949 und die Zeit der sowjetisch gestützten SED-Herrschaft in der DDR 1949 bis 1989. Bereits im Dezember 1989 war anlässlich des Besuchs von Bundeskanzler Kohl in Dresden beim Treffen mit Modrow eine gemeinsame Kommission zu Eigentumsfragen vereinbart worden, in deren Verhandlungen die Sowjetunion mit einbezogen wurde. Dort wie auch in den Zwei-plus-Vier-Verhandlungen forderte die Sowjetunion, dass die Unantastbarkeit ihrer Maßnahmen als Besatzungsmacht verbürgt würde, speziell in Boden- und Eigentumsfragen. „Im Sommer 1990 wollte die Volkskammer ein Häftlingsentschädigungsgesetz beschließen, das auch politische Häftlinge zwischen 1945 und 1949 entschädigen sollte. Die Legitimität der Urteile wollten wir nicht thematisieren. Trotzdem protestierte die sowjetische Seite umgehend und drohte, den Zwei-plus-Vier-Prozess anzuhalten, wenn wir dieses Gesetz beschließen.“[125] Schäuble sah die größte Entschiedenheit in dieser Frage auf Seiten der DDR und insbesondere bei de Maizière, der erklärte, die DDR werde keinen Vertrag unterschreiben, der vor die Bodenreform zurückwolle, und hinzufügte: „das wird keine politische Gruppierung in der DDR jemals unterschreiben. Dafür gibt es keine Mehrheiten.“[126]
Mit der Suche nach einer Konsensformel beauftragt wurden die Staatssekretäre Günther Krause für die DDR-Seite und Klaus Kinkel auf Seiten der Bundesregierung. In der Gemeinsamen Erklärung vom 15. Juni 1990 hieß es schließlich: „Die Regierungen der Sowjetunion und der Deutschen Demokratischen Republik sehen keine Möglichkeit, die damals getroffenen Maßnahmen zu revidieren. Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland nimmt dies im Hinblick auf die historische Entwicklung zur Kenntnis. Sie ist der Auffassung, dass einem künftigen gesamtdeutschen Parlament eine abschließende Entscheidung über etwaige staatliche Ausgleichsleistungen vorbehalten bleiben muß.“[127]
Eine differenziertere Lösung angestrebt wurde für die 40 Jahre DDR-Geschichte zwischen 1949 und 1989. Dabei ging es um Enteignungen im staatlichen Interesse mit nur minimaler Entschädigung, um beschlagnahmte Immobilien und Vermögen von DDR-Flüchtlingen sowie um in Westdeutschland lebende Grundeigentümer, die ihre Liegenschaften durch Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung vielfach ebenfalls an den Staat verloren hatten.[128] Den vormaligen Eigentümern gegenüber standen in großer Zahl gutgläubige Besitzer von enteigneten oder unter Zwangsverwaltung stehenden Grundstücken, die darauf mit behördlicher Duldung ein Gebäude errichtet hatten, oft in Form der gartenhausähnlichen Datsche, die aber ausgebaut oft auch als ständige Wohnung diente.
„Ein solches privates Refugium war der Traum vieler; und wer das Glück hatte, sich ihn zu erfüllen, scheute keine Mühe, seinen Besitz so schön und bequem wie möglich auszugestalten. Nur wer wusste, wie schwer in der DDR Baumaterial zu bekommen war – oft nur mit Beziehungen oder gegen Westgeld –, der konnte ermessen, welche Energie, Zeit und Arbeitskraft darauf gewendet worden war. Diese Welt aber, an der das Herz – und ein Stück Lebensarbeit – vieler kleiner Leute hing, war nun an nicht wenigen Stellen durch Rückgabeansprüche von Alteigentümern ernsthaft bedroht.“[129]
In der genannten Gemeinsamen Erklärung vom 15. Juni 1990 hieß es dazu entgegen mehrheitlichen Interessen auf DDR-Seite wie auch seitens der westlichen Sozialdemokratie, dass grundsätzlich die Rückgabe des Grundvermögens an den ehemaligen Eigentümer oder seine Erben erfolgen sollte. Nicht zum Tragen kommen sollte diese Regelung, wo Grundstücke oder Gebäude gewerblicher oder öffentlicher Nutzung unterlagen, im Wohnungs- oder Siedlungsbau verwendet oder von Dritten in „redlicher“ Weise erworben worden waren.[130] Richard Schröder schreibt im Rückblick:
„Zunächst war die Aufregung über den Grundsatz Rückgabe vor Entschädigung im Osten riesengroß. Skandalöse Einzelfälle von Westdeutschen, die vor der Haustür standen und den Bewohnern ohne Rechtsgrundlage erklärten, das Haus gehöre ihnen und sie müssten schnellstens ausziehen – andere platzierten gleich auf ‚ihrem‘ Grundstück ihren Wohnwagen –, gingen wie ein Lauffeuer durch die Presse und mobilisierten Vertreibungsängste. Dadurch wurde der Grundsatz ‚Rückgabe vor Entschädigung‘ als Bevorzugung Westdeutscher wahrgenommen, von denen manche Omas Häuschen längst vergessen hatten. Anderen war ununterbrochen der Verlust des Elternhauses bewusst geblieben. Es haben aber auch sehr viele Ostdeutsche von ihm profitiert. Auch ich habe mit meinen Geschwistern unser Elternhaus zurückbekommen.“[131]
In der Praxis sei die Regelung der Eigentumsfrage sehr kompliziert geraten, so Richard Schröder, „weil immer wieder neue Fallgruppen auftauchten und dem Mieter- und Naturschutz Rechnung getragen werden sollte.“ Mehr Alt- als Neueigentümer dürften demnach von der Rechtsprechung enttäuscht worden sein. „Ob man diese Regelung ‚Rückgabe vor Entschädigung mit vielen Ausnahmen‘ oder ‚Entschädigung vor Rückgabe mit vielen Ausnahmen‘ nennt, macht keinen großen Unterschied.“[132]
Vorkehrungen gegen die in der DDR sich ausbreitende „Angst vor dem Ausverkauf“ hatte noch die Regierung Modrow getroffen, indem sie mit Gesetz vom 7. März den Verkauf enteigneter Immobilien zu günstigen Bedingungen in die Wege leitete, wovon vor allem Privilegierte des alten SED-Regimes bevorzugt profitierten.[133] In den Verhandlungen zum Einigungsvertrag verpflichtete sich die DDR bis auf Weiteres zur Nichtveräußerung von Grundstücken mit ungeklärten Eigentumsansprüchen. Veräußerungen aus der Zeit nach Honeckers Sturz am 18. Oktober 1989 sollten überprüft werden, was auch gegen das Gesetz der Modrow-Regierung vom 7. März gerichtet war. Klaus Schroeder zufolge war die angesetzte Überprüfung aber nur von geringer Wirkung:
„So wurden z. B. die Häuser der Versorgungseinrichtungen des Ministerrates (VEM) an Nomenklaturkader verkauft, die konspirativ genutzten Gebäude des MfS an Angehörige des Repressionsapparates. Wie viele Grundstücke und Immobilien hierdurch kostengünstig in die Hand verdienter Genossen gelangten und sich dort noch befinden, lässt sich nicht beziffern. Das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das den Modrow-Erlass für nicht rechtens erklärt hat, scheint hieran wenig geändert zu haben.“
Das Berliner Abgeordnetenhaus hat laut Schroeder die damaligen Käufe quasi legalisiert; Kommunen hätten durch Nachbeurkundungen und den Verzicht auf die Ausübung ihres Vorkaufsrechts den besagten Transaktionen ihrerseits dauerhaft Fortgeltung verschafft. „Unter dem Strich bleibt wohl nur die Erkenntnis, dass auch auf diesem Feld die ehedem Privilegierten nach einem Systemwechsel ihre alten Vorteile in erheblichem Umfang sichern konnten.“[134]
Umgang mit der Stasi-Erblast
Zu den besonders umstrittenen Feldern im deutsch-deutschen Einigungsprozess gehörte die Hinterlassenschaft des Stasi-Apparates (MfS), dessen offizielle Auflösung bereits in der Wendezeit längst vor den Märzwahlen zur neuen Volkskammer durchgesetzt worden war im Zusammenwirken der Oppositionskräfte am Zentralen Runden Tisch mit Demonstranten und Bürgerkomitees überall in der DDR.
Noch in Auflösung und Zerfall schafften es nicht wenige MfS-Mitarbeiter, sich seit Ende 1989 aus verdeckten Ressourcen, über die dieser Machtapparat verfügte, einiges zur eigenen weiteren Verwendung abzuzweigen bzw. zuschanzen zu lassen, darunter Geld, Grundstücke, Immobilien, technisches Gerät u. a. m. Ein Vermerk der zentralen Abteilung Finanzen des MfS vom 13. Dezember 1989 empfahl den Mitarbeitern, sich Geldbeträge besser von der Sparkasse der Dienststelle überweisen zu lassen, weil hohe Bareinzahlungen von Angehörigen des Amtes für Nationale Sicherheit (AfNS, zeitweilige MfS-Nachfolgeorganisation unter der Regierung Modrow) bei zivilen Sparkassen bereits aufgefallen waren.[135]
So wurde das Jahr des Einigungsprozesses auch eines der alten „Seilschaften“, der Funktionärseliten des sich auflösenden Staatsapparats, die einander halfen beiseitezuschaffen oder umzuwidmen, was noch zu „retten“ war bzw. wessen man habhaft werden konnte:
„Dabei geht es um die Aneignung von Grundstücken, dubiose Umgründungen von genossenschaftlichen und kooperativen Wirtschaftseinheiten in privater Hand, unkontrollierte Ausgründungen aus Großbetrieben sowie Vermögensverschiebungen aller Art. Solche Seilschaften nutzen die Beziehungen in die noch nicht erneuerten Verwaltungen, zu dem nicht ausgetauschten Justizpersonal, sie üben Druck auf Mitwisser und Alteigentümer aus oder zahlen mit Beteiligungen und Schweigegeldern.“[136]
Weniger günstig für die MfS-Hauptamtlichen und -Unterstützer entwickelte sich allerdings der Umgang mit der umfänglichen schriftlichen Stasi-Hinterlassenschaft. Das energische Vorgehen der Oppositionskräfte gegen die Stasi-Objekte hatte entscheidend dazu beigetragen, dass ein Großteil des Aktenmaterials zu den DDR-weiten Bespitzelungsvorgängen erhalten geblieben war. Was damit im vereinten Deutschland weiter geschehen sollte, wurde in Ost und West kontrovers eingeschätzt. Da das MfS nicht nur in der DDR, sondern auch in Westdeutschland Mitarbeiter angeworben hatte, gab es auf beiden Seiten viele Personen, die an der Unzugänglichkeit, wenn nicht Vernichtung des Stasi-Aktenmaterials interessiert waren.
In den Absprachen zum Einigungsvertrag zeichnete sich zunächst ein restriktiver Umgang mit diesem Stasi-Erbe ab. Bundesinnenminister Schäuble als westlicher Verhandlungsführer vertrat den Standpunkt, man solle gerade als Außenstehender zurückhaltend urteilen, wo „ein Großteil der Menschen versuchte, aus seinem Leben für sich das Beste zu machen, ohne sich allzu sehr in persönliche Schuld zu verstricken. Jeder von uns im Westen hätte sich wohl im Zweifel nicht anders verhalten, wenn er in diesen vierzig Jahren in der DDR hätte leben müssen.“ Schäuble plädierte dafür, sich auf „die schweren Fälle wirklicher Schuld“ zu konzentrieren. Die wechselseitige Spionage wollte er als „teilungsbedingte Straftaten“ außer Verfolgung stellen. Die Stasiakten sollten der Verfügungsgewalt des Bundesarchivs in Koblenz „unter strenger Aufsicht des Datenschutzbeauftragten“ unterstellt werden.[137]
Damit war auch DDR-Verhandlungsführer Krause zunächst einverstanden. Anders fiel dagegen die Reaktion vieler Volkskammerabgeordneter aus, denen schon die Behinderung der Bürgerkomitees bei der Sicherung des Stasi-Materials unter der Modrow-Regierung als Aufklärungsvereitelung und Täterbegünstigung erschienen war.
„Und nach der Volkskammerwahl wurde die Situation nicht besser, sondern schlechter, da der neue Innenminister Peter-Michael Diestel erklärte, ein Bürgerkomitee sei nicht mehr erforderlich. Er sperrte ihnen kurzerhand den Zugang zum Archiv und schickte den Komiteemitgliedern für Ende Juni 1990 die Entlassungsbescheide.“[138]
Von Mitte Juni ab gab es einen Sonderausschuss der Volkskammer zur Auflösung der Stasi unter Vorsitz Joachim Gaucks. So sollte auf parlamentarischer Basis die Arbeit der Bürgerkomitees fortgesetzt werden. „Das von Modrow eingesetzte Staatliche Auflösungskomitee, das die Regierung de Maizière umstandslos übernommen hatte, hat sich unserer Kontrolle allerdings weitgehend zu entziehen versucht, und der Innenminister hat es gedeckt.“[139] Als besondere Herausforderung für Gauck und seine Mitstreiter entpuppten sich die Stasi-Offiziere im besonderen Einsatz (OibE). Dabei handelte es sich um verdeckt arbeitende MfS-Kräfte, die sicherheitsrelevante Positionen in Wirtschaft, Polizei und Armee innehatten und dort als eine geheime Reserve für den Notfall das Überleben der Stasi sichern sollten. „Obwohl die elektronischen Datenträger der Stasi mit personenbezogenen Angaben auf Beschluss des Runden Tisches im März 1990 vernichtet worden waren, konnten wir eine Liste von knapp 2000 OibE zusammenstellen. Es ging uns nicht darum, diese Leute anzuprangern – noch gab es keinerlei Regelung über den Umgang mit den Stasi-Akten –, aber aus ihren Stellen wollten wir sie unbedingt entfernen.“[140]
In der politischen Perspektive verfolgte der Stasi-Ausschuss das Ziel, den Aktenbestand zu sichten und zur Aufarbeitung in politischer, juristischer und historischer Hinsicht zugänglich zu machen. Unverzüglich wurde ein „Gesetz über die Sicherung und Nutzung der personenbezogenen Daten des ehemaligen MfS/AfNS“ auf den Weg gebracht und am 24. August 1990 in der Volkskammer nahezu einstimmig angenommen.
Der für den Einigungsvertrag vorgesehene restriktive Umgang mit dem Stasi-Material und dessen geplante Unterstellung unter das Bundesarchiv stießen in wie außerhalb der Volkskammer auf geballten Widerstand. Am 4. September besetzten aus Protest unter anderen Bärbel Bohley und Wolf Biermann die vormalige MfS-Zentrale in Ost-Berlin und traten am 12. September sogar in einen Hungerstreik. Gauck wandte sich mit dem ausdrücklichen Hinweis an Krause, dass auch die CDU-Volkskammerfraktion mit der vertraglich vorgesehenen Regelung nicht einverstanden war. Der frühere Fraktionsvorsitzende der Ost-SPD Richard Schröder erinnert daran, dass viele seiner Fraktionskollegen ihre Zustimmung zum Einigungsvertrag von der westlichen Zusage abhängig machten, dass die Stasiakten zugänglich würden. „Die Zusage kam eine Stunde vor der entscheidenden Volkskammersitzung.“[141] Der mit Gauck in Bonn am 18. September ausgehandelte Kompromiss bestand darin, den Einigungsvertrag um eine Zusatzklausel zu ergänzen, wonach der Bundestag unmittelbar nach der Vereinigung ein eng an dem Volkskammerbeschluss orientiertes Gesetz verabschieden sollte. Gauck selbst wurde am 28. September 1990 in der Volkskammer als „Sonderbeauftragter der Bundesregierung für die Verwaltung der Akten und Dateien des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit“ gewählt.
Als in der letzten Arbeitssitzung der Volkskammer am 29. September 1990 die Berichterstattung des Stasi-Sonderausschusses über seine Arbeitsergebnisse anstand, kam es zu einer über Stunden sich hinziehenden hoch emotionalen Auseinandersetzung darüber, ob und auf welche Weise die Namen von Abgeordneten mit Stasi-Vorbelastung bekannt gegeben werden sollten. Aus den Fraktionen von SPD und Bündnis 90 wurde dies vehement gefordert, von CDU-Vertretern dagegen entschieden abgelehnt. Der zuständige Prüfungsausschuss verweigerte die Namensnennung mit Berufung auf die Schweigepflicht. Abgeordnete von Bündnis 90/Grüne begannen daraufhin einen Sitzstreik vor dem Präsidiumstisch. Der Volkskammer-Vizepräsident Reinhard Höppner handelte nach Unterbrechung der Sitzung mit beiden Seiten einen Kompromiss aus: Die Namen der 15 Hauptbelasteten sollten genannt werden, den Genannten aber zugleich Gelegenheit zu einer Erklärung gegeben werden. Allerdings waren da den Journalisten außerhalb des Sitzungssaals bereits Listen mit allen 56 Beschuldigten zugespielt worden.[142]
„Die Betroffenen beteuerten ihre Unschuld oder erklärten, Mitleid erheischend, wie sie in diese Situation gekommen waren. Einige verteidigten auch ihre Tätigkeit. Für die Zuhörer waren diese Auftritte eher peinlich. Zur Wahrheitsfindung trugen sie nicht bei. Später stellte sich heraus, dass viele schlimme Fälle nicht genannt worden waren, manche Personen dagegen zu Unrecht auf der Liste gestanden hatten.“[143]
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Die
Kommunistische Internationale entstand 1919 auf Initiative Lenins als Dritte
Internationale und war eine Reaktion auf das Scheitern der Zweiten Internationale.
Diese Zweite Internationale war 1889 in Paris als Bündnis sozialistischer
Parteien gegründet worden und hatte ihre Wurzeln in der von Karl Marx
angeregten Internationalen Arbeiterassoziation (IAA), die als Erste
Internationale bereits 1864 entstanden war. Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs
war die Zweite Internationale 1914 auseinandergebrochen. Linksparteien wie die
deutsche SPD, die österreichische SDAPÖ, die britische Labour Party, nahmen
damals mehrheitlich die politischen Positionen ihrer jeweiligen nationalen
Regierung an, beispielsweise im Rahmen einer Burgfriedenspolitik im Deutschen
Reich. Linke Kriegsgegner trafen sich 1915 in der Schweiz zur sogenannten
Zimmerwalder Konferenz und nochmals 1916 im nahegelegenen Dorf Kienthal. In
Zimmerwald wurde das von Trotzki verfasste Zimmerwalder Manifest verabschiedet.
Die Konzeption einer geschlossenen internationalen Zusammenarbeit innerhalb der
Arbeiterbewegung konnte dadurch aber nicht reaktiviert werden. Letztlich führte
1917 die Oktoberrevolution durch die Bolschewiki unter Lenin und Trotzki in
Russland und die dortige Etablierung des Sowjetsystems zur Spaltung zahlreicher
Linksparteien in einerseits reformorientierte
sozialistische/sozialdemokratische und andererseits kommunistische Parteien mit
revolutionärem Anspruch. Vom 3. bis zum 10. Februar 1919 tagte in Bern eine
internationale Konferenz sozialistischer und sozialdemokratischer Parteien.
Dort waren 97 Vertreter aus 21 Ländern anwesend, die an die Zweite
Internationale anknüpfen wollten. Die linksrevolutionären kommunistischen
Parteien und Gruppierungen organisierten sich im März 1919 in Moskau zur
Dritten Internationale. I. Weltkongress 1919 – Gründungskongress Auf dem I.
Weltkongress vom 2. bis 6. März 1919 in Moskau waren 51 Delegierte aus 29
Ländern anwesend. Diese vertraten jedoch meist nur kleine und unbedeutende
revolutionäre Gruppen. Außer der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, die
zum damaligen Zeitpunkt noch den Namen Kommunistische Partei Russlands (B), KPR
(B), mit dem Zusatz (B) für Bolschewiki führte, war die deutsche KPD die
einzige bedeutendere, größere Partei. Deren Vertreter, Hugo Eberlein, enthielt
sich bei der entscheidenden Abstimmung zur Gründung der Dritten Internationale
der Stimme. Dies geschah auf Weisung seiner Berliner Parteizentrale, der die
Gründung als verfrüht galt. Die KPD-Führung handelte und argumentierte zu
diesem Zeitpunkt noch im Sinne der im Januar ermordeten Rosa Luxemburg, die in
den Vorjahren immer wieder in kritischer Distanz zu Positionen Lenins und der
Bolschewiki gestanden hatte. Eberlein, unter dem Decknamen Albert, am dritten
Sitzungstag:[4] „[…] Wenn hier gesagt wird, dass die Gründung der III.
Internationale eine unbedingte Notwendigkeit sei, wagen wir das zu bestreiten.
[…] [w]as eine III. Internationale sein muss, ist nicht allein ein geistiges
Zentrum, nicht allein eine Institution, in der sich die Theoretiker gegenseitig
heisse Reden halten, sondern sie muss die Grundlage einer organisatorischen
Macht sein. Wollen wir aus der III. Internationale ein gebrauchsfähiges
Werkzeug machen, wollen wir diese Internationale zu einem Kampfmittel
gestalten, dann ist es notwendig, dass dazu auch die Vorbedingungen vorhanden
sind. […] Ich habe dabei immer das Gefühl, als ob die Genossen, die so zur
Gründung drängen, sich doch bedeutend beeinflussen lassen vom Werdegang der II.
Internationale, dass sie nach dem Zustandekommen der Berner Konferenz ihr ein
Konkurrenzunternehmen entgegensetzen wollen. […]“ Die übrigen
Kongressteilnehmer, darunter die Kommunistische Partei Deutsch-Österreichs
(KPDÖ, später Kommunistische Partei Österreichs, KPÖ), folgten jedoch
mehrheitlich den Auffassungen Lenins. Dieser forderte eine sofortige Gründung
der Dritten Internationale. Die bestehende internationale Situation war nach
seiner Vorstellung nur durch eine proletarische Revolution im Weltmaßstab zu
überwinden, zu der die russische Oktoberrevolution nur den Prolog bildete. Die
Komintern sollte dabei, im Gegensatz zur Zweiten Internationale, eine straff,
quasi militärisch, organisierte Weltpartei mit nationalen Sektionen bilden. Bei
der Wahl der Mittel wurden gewaltsame Machtergreifungen ausdrücklich
legitimiert. In den Richtlinien der Kommunistischen Internationale, angenommen
vom Kongress in Moskau, beginnt der letzte Abschnitt, 4. Der Weg zum Siege, mit
den Sätzen:[5] „Die revolutionäre Epoche fordert vom Proletariat die Anwendung
solcher Kampfmittel, die seine ganze Energie konzentrieren, nämlich die Methode
der Massenaktionen und ihr logisches Ende – den direkten Zusammenstoss mit der
bürgerlichen Staatsmaschine in offenem Kampfe. Diesem Ziele müssen alle anderen
Methoden, wie z. B. die revolutionäre Ausnutzung des bürgerlichen
Parlamentarismus, untergeordnet sein. […]“ Diese Mittel sah man auch beim
politischen Gegner, insofern enden die Richtlinien mit: „[…] Die
kapitalistischen Verbrecher behaupteten am Anfang des Weltkrieges, sie
verteidigten nur das gemeinsame Vaterland. Aber bald zeigte der deutsche
Imperialismus durch seine blutigen Taten in Russland, in der Ukraine, in
Finnland seine wirkliche Raubnatur. Jetzt demaskieren sich selbst vor den
zurückgebliebenen Schichten der Bevölkerung die Ententestaaten als Welträuber
und Mörder des Proletariats. […] Unbeschreiblich ist der weisse Terror der bürgerlichen
Kannibalen. Zahllos sind die Opfer der Arbeiterklasse. Ihre besten Führer –
Liebknecht, Luxemburg – hat sie verloren. Dagegen muss das Proletariat sich
wehren, wehren um jeden Preis! Die Kommunistische Internationale ruft das ganze
Weltproletariat zu diesem letzten Kampfe auf. Waffe gegen Waffe! Gewalt gegen
Gewalt! Nieder mit der imperialistischen Verschwörung des Kapitals! Es lebe die
internationale Republik der proletarischen Räte!“ II. Weltkongress 1920 –
Organisationsstruktur Lenin (ganz vorne links) und andere Delegierte des II.
Weltkongresses der Komintern am 19. Juli 1920 Der II. Weltkongress der
Komintern, vom 19. Juli bis 7. August 1920, legte die Organisationsstruktur der
Vereinigung fest und zementierte insbesondere die dominierende Rolle der
Bolschewiki, der späteren Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU). Lenins
Organisations- und Führungsprinzip, der sogenannte demokratische Zentralismus,
wurde als verbindlich auf die Komintern übertragen. Im Ergebnis mussten die
einzelnen kommunistischen Mitgliedsparteien ihre Eigenständigkeit aufgeben.
Diese KP hatten sich in den folgenden Jahren ausschließlich als territoriale
Gliederungen, als nationale Sektionen, der Komintern zu verstehen. Als formal
oberstes Organ der Komintern wurde der Weltkongress festgelegt, der jährlich
zusammentreten sollte. In der Praxis geschah dies in den 24 Jahren, in denen
die Komintern bestand, jedoch nur siebenmal, jeweils in Moskau. Die eigentliche
Machtzentrale bildete stattdessen das in Moskau eingerichtete Exekutivkomitee
der Kommunistischen Internationale (EKKI), welches von Mitgliedern der KPdSU
dominiert wurde. Das EKKI, mit einem Präsidium an der Spitze, hatte als
leitendes Organ zwischen den Weltkongressen das Recht, in die inneren
Angelegenheiten jeder Mitgliedspartei einzugreifen. Ohne Diskussion beschloss
der Kongress Lenins 21 Leitsätze über die Bedingungen der Aufnahme in die
Kommunistische Internationale,[6] welche die Mitarbeit „zentristischer“
Parteien verhindern sollten. Gemeint waren damit diejenigen, die zwischen
reformerischer und revolutionärer Politik schwankten. In der Folge spaltete
sich beispielsweise die deutsche USPD, wobei nur der linksrevolutionäre Flügel
Mitglied der Komintern wurde. Vergleichbares passierte auch innerhalb der
italienischen und französischen Sozialisten. Im ersten Punkt der 21 Bedingungen
wurde gefordert, „Die Reformisten aller Schattierungen systematisch und
unbarmherzig zu brandmarken“. In Punkt zwei wird dann die planmäßige Entfernung
aller „Reformisten und Zentrumsleute“ aus allen Organisationen angeordnet, die
sich der Komintern anschließen wollen. „Die Kommunistische Internationale
fordert unbedingt und ultimativ die Durchführung dieses Bruchs in kürzester
Frist“. In den Bedingungen wird außerdem verlangt, Presse-, Parlaments- und
Gewerkschaftsarbeit fest unter die Beschlüsse der Parteileitung – sprich: des
EKKI – zu stellen. Alle Sektionen wurden verpflichtet, „einen parallelen
Organisationsapparat zu schaffen, der im entscheidenden Moment der Partei
behilflich sein wird, ihre Pflicht gegenüber der Revolution zu erfüllen“.[7]
Faktisch war dies die Forderung nach dem Aufbau einer Untergrundorganisation. III.
und IV. Weltkongress 1921 und 1922 – Einheitsfront Delegierte beim III.
Weltkongress der Komintern. Abgebildet in der vorderen Reihe u. a. zwei
bedeutende Vertreterinnen der sozialistischen Frauenbewegung: rechts die
russische Revolutionärin Alexandra Kollontai, neben ihr ca. Bildmitte, also
vierte von links, die deutsche KPD-Delegierte Clara Zetkin. Mit dem III. (22.
Juni bis 12. Juli 1921) und dem IV. Weltkongress (5. November bis 5. Dezember
1922) wird eine Phase vergleichsweise gemäßigter Politik der Komintern
verbunden. Dies geschah nachdem sich die – auch im Zusammenhang des Ersten
Weltkrieges aufgetauchten – internationalen revolutionären Strömungen nicht zu
der erwarteten Weltrevolution verdichteten. Stattdessen ebbten diese im
Weltmaßstab offensichtlich sogar ab. Die führenden Köpfe der Kommunistischen
Partei Russlands, Lenin und Trotzki, waren daher gezwungen, ihre bisherige
Strategie anzupassen. Als unmittelbare Folge suchten die in der Komintern
organisierten KP unter der Losung der „Einheitsfront“ jetzt nach
Bündnispartnern in anderen Parteien innerhalb der politischen Linken. Im
Anschluss an den III. Weltkongress hatte Lenin eine Einheitsfront-Taktik
entwickelt, die sich das EKKI im Dezember 1921 zu eigen machte. Als Konsequenz
fanden 1922 in Berlin Verhandlungen der Komintern mit Vertretern anderer
Linksparteien statt. Auf dem IV. Weltkongress wurde diese Linie 1922 offiziell
bestätigt. In der Folge entstanden 1923 zwar kurzzeitig Arbeiterregierungen der
Sozialdemokraten und der KPD in den deutschen Ländern Sachsen und Thüringen,
das Verhältnis der Komintern zu Sozialdemokraten und nichtrevolutionären
Sozialisten blieb jedoch gespannt. 1922 organisierte die Komintern u. a. als Reaktion
auf die Washingtoner Flottenkonferenz den Ersten Kongress der kommunistischen
und revolutionären Organisationen des Fernen Ostens in Moskau, an dem rund 150
Delegierte v. a. aus Korea, Japan, China und der Mongolei teilnahmen.[8] Umsturzaktionen
der Komintern Hamburger Aufstand 1923 Dieser Artikel oder nachfolgende
Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (beispielsweise Einzelnachweisen)
ausgestattet. Angaben ohne ausreichenden Beleg könnten demnächst entfernt
werden. Bitte hilf Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und gute
Belege einfügst. Das erste große Komintern-Unternehmen war eine geplante
Revolution in Deutschland, die von Karl Radek organisiert wurde. In der Nacht
vom 22. zum 23. Oktober 1923 sollten mehrere Großstädte von kommunistischen
Stoßtrupps übernommen werden, doch Radek gab in letzter Minute den Befehl, die
Revolution um drei Monate zu verschieben. Diese Nachricht erreichte nicht mehr
Ernst Thälmann in Hamburg, wo Arbeiter zahlreiche Polizeiwachen angriffen
(Hamburger Aufstand). Putschversuch in Estland 1924 Nach dem Fiasko des
Hamburger Aufstands sollte die Revolution zunächst in einem kleineren Land
ausprobiert werden, wobei die Wahl auf Estland fiel. Am 1. Dezember 1924 griff
eine kommunistische Einheit die strategischen Punkte in der Hauptstadt Tallinn
an. Diese Angriffe wurden ebenfalls zurückgeschlagen. Bombenanschlag in Sofia
1925 1925 sollte bei einer Trauerfeier in der alten Kathedrale im bulgarischen
Sofia die Zarenfamilie ermordet werden. Bei der Explosion kamen mehr als
einhundert Menschen um, aber Zar Boris III. und die Minister entkamen
unverletzt.[9] V. Weltkongress 1924 – Stalin Der V. Weltkongress, vom 17. Juni
bis 8. Juli 1924, fand vor dem Hintergrund des Todes Lenins am 24. Januar
desselben Jahres und des Machtkampfes um dessen Nachfolge statt. Hier setzte
sich letztendlich Stalin innerhalb der Kommunistischen Partei der Sowjetunion
und damit auch in der Komintern durch. Stalins Theorie vom Aufbau des
Sozialismus in einem Land, die als Gegenentwurf zu Trotzkis Theorie der
permanenten Revolution stand, führte in der Folgezeit dazu, dass sich die
Komintern vom Ziel einer Weltrevolution verabschiedete. Stattdessen standen die
Konsolidierung der Komintern und die Sicherung des politischen Systems der Sowjetunion
im Mittelpunkt. Faktisch wurde die Komintern damit endgültig zum Anhängsel der
KPdSU und zum Vehikel der sowjetischen Außenpolitik. Die nationalen KP, die
Sektionen wurden völlig den Weisungen des Moskauer Exekutivkomitees, des EKKI,
unterworfen. Der Kongress beschloss die Bolschewisierung der kommunistischen
Parteien. Mit ihr sollte die sozialdemokratische Vergangenheit der KP, die in
der gemeinsamen Arbeiterbewegung gründete, überwunden und durch die Ideologie
des Marxismus-Leninismus ersetzt werden. Grigori Sinowjew, Vorsitzender des
EKKI erklärte am 19. Juni vor dem Kongress in seinem Bericht über die
Exekutive: „Die Überreste der Sozialdemokratie sind in unserem eigene Lager
größer als wir sie uns jemals vorgestellt haben“. Diese Bolschewisierung wurde
auch von der Führung der deutschen KP mitgetragen, wie hier in einer Rede Clara
Zetkins auf dem V. Erweiterten Plenum des Exekutivkomitees der Kommunistischen
Internationale am 30. März 1925:[10] „Genossen! Die vorliegenden Thesen zur
Bolschewisierung begrüße ich aufrichtig. Genosse Sinowjew hat durchaus recht.
Leider! Die objektive Weltlage ist nicht unmittelbar revolutionär in diesem
Augenblick. […] Ich halte deshalb die Thesen zur Bolschewisierung der
kommunistischen Parteien für eine absolute Notwendigkeit. […] ich bewerte sie
sehr hoch als ein unentbehrliches Hilfsmittel, unsere kommunistischen Parteien
zu wirklichen bolschewistischen Massenparteien zu machen, und es ist an der
Zeit, daß dies geschieht. Ich sehe in den Thesen den festen Willen, in den
kommunistischen Parteien alle ehrlich revolutionär gesinnten Elemente in
reinlicher Scheidung von dem Opportunismus rechts und von dem phantastischen
Putschismus, von dem revolutionären Romantismus auf der Linken
zusammenzufassen, straff, fest, auf einer einheitlichen ideologischen und
organisatorischen Grundlage. […]“ Im Rahmen von Fraktionskämpfen innerhalb der
Komintern wurde in den kommenden Jahren von 1925 bis 1927 eine linke
Opposition, die sich an Positionen Trotzkis und Sinowjews orientierte,
ausgegrenzt. Linkskommunisten, die sich insbesondere gegen die Abhängigkeit der
Komintern von den Positionen Stalins wandten, sammelten sich in teilweise
neugegründeten Organisationen. In Deutschland gab es die Linken Kommunisten
(KPD) aus der der Leninbund hervorging, oder die Linke Opposition (KPD), die
später mit der Weddinger Opposition zur Vereinigten Linken Opposition (KPD)
fusionierte, die wiederum mit dem Leninbund fusionierte und dann Linke
Opposition der KPD (Bolschewiki-Leninisten) beziehungsweise Linke Opposition
der KPD (Linke Opposition (KPD)) genannt wurde. Das sowjetische Vorbild der
Abspaltung um Trotzki nannte sich Plattform der Linken Opposition
(Bolschewiki-Leninisten) (Linke Opposition in der Sowjetunion) und
international bezeichneten sich diese Fraktionen zunächst als Vereinigte
Opposition (Komintern) und etwas später als Internationale Linke Opposition
(Komintern). Zunächst hatten Trotzki und die Linke Opposition die Auffassung,
dass die nationalen Sektionen der Komintern zentristische und zu bürokratische
Arbeiterparteien seien, so wurde auch der stalinisierten Komintern selbst
monolithische Bürokratie vorgeworfen. In der Komintern wurden alle Ziele dem
Führungsanspruch der KPdSU unter Stalin und dessen Konzept vom Aufbau des Sozialismus
in einem Land untergeordnet. Mit der Niederlage der chinesischen Revolution,
dem Sieg des Nationalsozialismus (Faschismus) in Deutschland änderten Trotzki,
der im Zeitraum vor der Oktoberrevolution 1917 selber als Zentrist galt, und
die Linke Opposition die Einschätzung über die Komintern und ihre nationalen
Sektionen zu „nicht-reformierbaren, degenerierten Arbeiterparteien“.
Oppositionelle Kommunisten wurden zum Austritt aus den Kommunistischen Parteien
aufgerufen (sofern nicht bereits ausgeschlossen) und es wurde der Aufbau
eigenständiger revolutionärer Parteien angestrebt. In Deutschland sind daraus
die Internationalen Kommunisten Deutschlands (IKD) (international gab es
zunächst die Internationale Kommunistische Liga (IKL)), ab 1938 IKD hervorgegangen.
International wurde die Vierte Internationale gegründet. Die politische
Ausrichtung dieser Organisationen war an den Theorien und Einschätzungen
Trotzkis ausgerichtet und trägt deswegen die Fremdbezeichnung trotzkistisch. Eine
weitere kommunistische Strömung, die der „Rechtsabweichler“ entstand in etwa
zeitgleich. Diese Richtung orientierte sich an dem Theoretiker Nikolai
Iwanowitsch Bucharin (KPdSU) bzw. organisierte sich in Deutschland um August
Thalheimer und Heinrich Brandler, die beide zunächst in der KPD waren, später
aber die Kommunistische Partei-Opposition gründeten (international:
Internationale Vereinigte Kommunistische Opposition (IVKO)), aus der nach 1945
die Gruppe Arbeiterpolitik hervorging. Diese Abspaltung blieb jedoch verhältnismäßig
erfolglos und die Organisationen zerfielen. VI. Weltkongress 1928 –
Sozialfaschismusthese Der bereits 1924 eingeschlagene Weg der Stalinisierung
der Komintern wurde auf dem VI. Weltkongress vom 17. Juli bis 1. September 1928
fortgeführt, ja verschärft. Die Komintern vollzog unter dem Einfluss Stalins
und nach der Ausgrenzung Trotzkis und Sinowjews selbst eine Art von
Linksschwenk, der sich in den Folgejahren für Deutschland als verhängnisvoll
erwies: Der Kongress rückte völlig vom Modell der Einheitsfront der
Linksparteien ab. Im Rahmen der Sozialfaschismusthese wurden stattdessen
insbesondere die Sozialdemokraten zum Hauptfeind der kommunistischen
Weltbewegung erklärt. Diese Politik der Komintern verhinderte nicht nur jede
Zusammenarbeit der deutschen Sektion der KPD mit den Sozialdemokraten. Die KPD
arbeitete auch aktiv an der Destabilisierung der von Sozialdemokraten
gestellten Regierungen in Deutschland. Diese Gegensätze innerhalb der Linken
gelten als unmittelbar mitverantwortlich für den Aufstieg des Faschismus und
die Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933. Der Vorsitzende der KPD,
Ernst Thälmann, behauptete in seiner Begrüßungsansprache vor dem Kongress, die
„konterrevolutionäre Sozialdemokratie“ habe sich „vollkommen mit den
Kriegoperationen der kapitalistischen Bourgeoisie gegen die Sowjetunion“
vereinigt und Hermann Müller, der amtierende sozialdemokratische Reichskanzler,
beschäftige sich vor allem mit „Kriegsvorbereitungen gegen die Sowjetunion“.
Thälmann forderte, alle sozialdemokratischen Regierungen in Europa „als
sozialverräterisch“ zu bekämpfen und die „proletarischen Massen zum Sturz
dieser Regierungen zu mobilisieren“.[11] Die ab 1929 einsetzende
Weltwirtschaftskrise bewirkte eine Radikalisierung der Arbeiterschaft in vielen
Industrienationen und damit auch neue Chancen für linksrevolutionäre,
kommunistische Parteien. Die Sektionen der Komintern konnten davon aber nur
bedingt profitieren. Die bedeutendste außerhalb der Sowjetunion, die
Kommunistische Partei Deutschlands, wuchs von 1928 mit 130.000 Mitgliedern und
3,2 Millionen Wähler bis zum November 1932 auf 252.000 Mitglieder und sechs
Millionen Wähler. Aufgrund der radikalen Komintern-Linie und deren
Sozialfaschismusthese war die Partei jedoch koalitionsunfähig was die Sozialdemokraten
als potentiellen Partner anbelangte. Die KPD befand sich in einer
selbstgewählten Isolation und war damit von parlamentarisch legitimierter
Regierungsmacht ausgeschlossen. Auf der anderen Seite des politischen Spektrums
wuchs gleichzeitig der Faschismus. 1933, nach der „Machtergreifung“ Hitlers in
Deutschland, wurde zunächst die KPD, dann auch die SPD verboten. Zahlreiche
Mitglieder beider Parteien wurden in die neueingerichteten Konzentrationslager
der Nationalsozialisten verschleppt. Damit war die außerhalb der Sowjetunion
stärkste Sektion der Komintern zerschlagen. Doch ein Abrücken von der
bisherigen Sozialfaschismus-Strategie bedeutete dies zunächst nicht. Vom 28.
November bis 12. Dezember tagte in Moskau das XIII. Plenum des EKKI. Sekretär Otto
Kuusinen hielt das Hauptreferat: „Unabhängig davon, ob faschistische Umwälzung
oder die Gefahr imperialistischen Krieges droht, ob im betreffenden Lande
bereits eine revolutionäre Situation zur Machtergreifung des Proletariats
vorliegt – unter allen Umständen ist der Einfluß der Sozialfaschisten auf die
Arbeitermassen jenes Hindernis, daß überwunden werden muß.“ In diesem
Zusammenhang stellte der Nachfolger Thälmanns, EKKI-Präsidiumsmitglied Wilhelm
Pieck, Ende 1933 fest: „Deutschland marschiert der proletarischen Revolution
entgegen“. Als „Beweis“ führte Pieck an, die von der faschistischen Diktatur
„unbesiegte Arbeiterklasse“ in Deutschland sammle sich wieder zum Angriff. Die
Diktatur habe nur deshalb aufgerichtet werden können, weil durch die sozialdemokratische
Politik die KPD „der Unterstützung der Mehrheit der Arbeiterklasse beraubt
worden sei“.[12] Offenbar hielten führende Komintern-Funktionäre den
Nationalsozialismus zunächst für eine kurze Episode der deutschen Politik und
erwarteten ihr schnelles Ende. Im Laufe des Jahres 1934 festigte Hitler jedoch
innenpolitisch seine Macht, beispielsweise durch die Ausschaltung der
SA-Führung im sogenannten Röhm-Putsch. Außenpolitisch schlug er einen Kurs ein,
den die Sowjetunion als Bedrohung empfinden musste, wie die Aufstockung der
deutschen Rüstungsausgaben, die Einführung der Wehrpflicht und ein
Flottenabkommen mit Großbritannien. Vor diesem Hintergrund änderte Stalin die
Außenpolitik der Sowjetunion und in deren Folge auch die Aufstellung der Komintern.
Angestrebt wurde nun ein Bündnis mit den demokratischen Westmächten gegen das
nationalsozialistische Deutschland. VII. und letzter Weltkongress 1935 –
Volksfront Der VII. Weltkongress vom 25. Juli bis 20. August 1935 beendete
offiziell die bisherige Linie der Komintern und verabschiedete sich von der
Sozialfaschismusthese. Bereits im Juli 1934 hatte die französischen KP unter
Maurice Thorez einen Aktionspakt mit den Sozialisten abgeschlossen. Nach diesem
Vorbild und unter dem Begriff der „Volksfront“ wurde nun ein Bündnis der
einzelnen nationalen KP mit Sozialisten, Sozialdemokraten und anderen
antifaschistischen liberalen und bürgerlichen Kräften gesucht. Von den
einzelnen Sektionen wurde die neue Linie begrüßt, da damit die selbst gewählte
politische Isolation der letzten Jahre zunächst beendet war. Diese
Volksfrontpolitik wird jedoch oft als eine Volksfrontstrategie bezeichnet, denn
einen grundsätzlichen programmatischen Schwenk stellte sie nicht dar: Das
Endziel, die Diktatur des Proletariats und die Errichtung des Sozialismus nach
sowjetischem Vorbild, wurde nicht verändert. Im Zuge der stalinistischen
Säuberungen der 1930er Jahre gerieten auch zahlreiche Funktionäre der Komintern
ins Visier des Diktators und wurden Opfer von Schauprozessen und Verfolgung,
wie beispielsweise Sinowjew und Bucharin. Wolfgang Leonhard, der diese Phase in
Moskau als Zeitzeuge erlebte, schreibt darüber in seiner in den 1950er Jahren
veröffentlichten politischen Autobiographie:[13] „Die in der Sowjetunion
lebenden ausländischen Kommunisten wurden ganz besonders davon betroffen. In
wenigen Monaten wurden mehr Funktionäre des Kominternapparates verhaftet, als
vorher in zwanzig Jahren von allen bürgerlichen Regierungen zusammengenommen.
Allein die Aufzählung der Namen würde ganze Seiten füllen.“ Unter den
Verfolgten waren viele KPD-Funktionäre, wie Mitglieder des KPD-Zentralkomitees,
die geglaubt hatten, nach Hitlers Machtergreifung in der Sowjetunion ein
sicheres Asyl gefunden zu haben. Darunter auch Hugo Eberlein, der auf dem
Komintern-Gründungskongress 1919 anwesend gewesen war. Der ebenfalls durch
Stalin ausgegrenzte und verfolgte Trotzki und andere Kommunisten gründeten 1938
als oppositionelle Alternative zu der von Stalin dominierten Komintern die
Vierte Internationale. Deren Sektionen kamen in den Folgejahren jedoch selten
über den Status kleinster Kader- oder Splitterparteien hinaus. Nachdem bereits
seit 1933 in Berlin der Gesamtverband Deutscher antikommunistischer Vereinigungen
als Teil der Propaganda des NS-Staates gegen die Sowjetunion und die Komintern
bestand, kam es 1936 zu einem zwischen Deutschland und Japan geschlossenen
Beistandsvertrag, dem Antikominternpakt. Darin vereinbarten die beiden Staaten
die Bekämpfung der Komintern und versicherten sich gegenseitig, keine Verträge
mit der Sowjetunion abzuschließen, die dem antikommunistischen Geist des
Abkommens widersprechen würden. Dies hinderte Hitler aber nicht daran, im
August 1939 mit Stalin den deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt
abzuschließen, was wiederum das Ende der Volksfrontpolitik und faktisch auch
das der Komintern bedeutete. Der deutsch-sowjetische Nichtangriffsvertrag
beinhaltete weitreichende Abmachungen über Interessensphären, die in den
nächsten zwei Jahren von den beiden Mächten mit militärischen Mitteln auch
umgesetzt wurden. Die Komintern-Sektionen befanden sich nun in der politisch
selbstmörderischen Situation, beispielsweise die Annexion Ostpolens vertreten
zu müssen. In der Folge des Paktes fiel die Sowjetunion im Oktober 1939, im
sogenannten Winterkrieg, in Finnland ein, was insbesondere die skandinavischen
KPen von der Bevölkerung ihrer Länder isolierte. Am 3. September 1939 hatten
Frankreich und Großbritannien dem Deutschen Reich, nach dessen Überfall auf
Polen, den Krieg erklärt. Der sowjetische Außenminister Molotow erklärte dazu
am 31. Oktober, nicht Hitlerdeutschland, sondern England und Frankreich seien
als Angreifer zu betrachten. Die geschwächte und dezimierte Komintern musste
dazu am 6. November offiziell deklarieren, es handle sich auf beiden Seiten um
einen imperialistischen Krieg und die Hauptschuld liege bei England und
Frankreich.[14] Diese Phase, in der die Komintern den Hitlerfaschismus gewähren
ließ, endete erst am 22. Juni 1941 mit dem Überfall Deutschlands auf die
Sowjetunion. Während dieser beiden Jahre kehrten viele Kommunisten ihren
Sektionen den Rücken und die Komintern verlor politische Glaubwürdigkeit und
Bedeutung. Die Erfahrungen mit der verhängnisvollen Bindung der nationalen KP
an die KPdSU und die Außenpolitik der Sowjetunion führte nach 1945 in vielen
Staaten zu einer neuen Ausrichtung. Diese von sowjetischen Vorbildern
unabhängigen Denkrichtungen innerhalb kommunistischer Parteien wurden seit den
1970er Jahren als Eurokommunismus bezeichnet. Auflösung 1943 Im Herbst 1941 war
die Moskauer Zentrale des Kominternapparates als Reaktion auf den deutschen
Vormarsch in die weiter östlich gelegene Stadt Ufa in Baschkirien evakuiert
worden. Am 15. Mai 1943 fasste das Exekutivkomitee der Kommunistischen
Internationale den Beschluss über die Auflösung der Komintern zum 10. Juni.
Dessen Veröffentlichung kam selbst für Komintern-Funktionäre völlig
überraschend.[15] Nach dem Eingang zustimmender Reaktionen von 31
angeschlossenen KP stellten die Komintern-Organe ihre Tätigkeit ein. Es wird
davon ausgegangen, dass der EKKI-Beschluss unmittelbar auf eine Entscheidung
Stalins zurückgeht. Dieser erklärte in einem Interview mit der Agentur Reuters
am 28. Mai 1943, dass mit der Auflösung vor aller Welt zwei Momente
unterstrichen werden sollten: dass Moskau sich nicht „in das Leben anderer
Staaten“ einmische und dass die kommunistischen Parteien „im Interesse ihres
eigenen Volkes“ und nicht „auf Befehl von außen“ handelten.[16] Allgemein gilt
die Auflösung der Komintern als ein Zugeständnis Stalins an die westlichen
Alliierten, die USA und Großbritannien, auf deren Unterstützung Stalin nach
Hitlers Überfall auf die Sowjetunion angewiesen war. Einen politischen Einfluss
hatte die Organisation zu diesem Zeitpunkt nicht mehr.
Die
Kommunistische Partei Deutschlands (Kurzbezeichnung KPD) entstand am Jahresende
1918 aus einem Zusammenschluss des Spartakusbundes mit kleineren linksradikalen
Gruppen. Ihr Ziel war die Errichtung des Kommunismus in Deutschland. Der im
Zeichen linksradikaler Strömungen stehende Gründungsparteitag vom 30. Dezember
1918 bis zum 1. Januar 1919 lehnte die Beteiligung der KPD an den Wahlen zur
deutschen Nationalversammlung ab. Nach dem Januaraufstand 1919 wurden die
KPD-Führer Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg und kurz darauf das Gründungsmitglied
Leo Jogiches ermordet. Im Dezember 1920 schloss sich die KPD mit der linken
Mehrheit der USPD zusammen und nahm vorübergehend den Namen Vereinigte KPD an.
Ab 1929 wurde die KPD eine stalinistische Partei, und der Personenkult um
Stalin und Ernst Thälmann nahm immer mehr zu. Zur Diskreditierung der
Sozialdemokratie wurde die SPD ab 1928 als „sozialfaschistisch“ diffamiert und
zum Hauptfeind erklärt, was eine gemeinsame Abwehr des Nationalsozialismus
verhinderte. Nach dem VII. Kongress der Komintern 1935 wurde die
Sozialfaschismusthese zugunsten der Volksfrontpolitik aufgegeben. Die KPD
verstand sich von Anfang an als revolutionäre Alternative zur SPD und versuchte
während der Weimarer Republik, auf sozialistische Produktionsverhältnisse und
eine Diktatur des Proletariats hinzuwirken. Ihr Verhältnis zum Parlamentarismus
und zur Demokratie[1] war gespalten, da sie die „bürgerliche Demokratie“ durch
eine sozialistische Räterepublik unter Führung der Partei ersetzen wollte, aber
dennoch an Wahlen teilnahm. Seit 1919 war sie Mitglied der von Lenin, später
von Stalin inhaltlich dominierten Kommunistischen Internationale (Komintern). Nach
dem Reichstagsbrand in der Nacht zum 28. Februar 1933 wurde die KPD von der
sich formierenden nationalsozialistischen Diktatur verfolgt und in den
Untergrund gedrängt. Viele Mitglieder kamen im Widerstand gegen Hitler ums
Leben, oder gingen ins Exil, wo viele den stalinistischen Säuberungen in der
UdSSR zum Opfer fielen. Im Moskauer Exil gewann Walter Ulbricht zunehmend an Einfluss
in der Parteispitze. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Partei
wieder aufgebaut. In der SBZ betrieb die KPD auf Drängen der Sowjetischen
Militäradministration (SMAD) den Zusammenschluss mit der SPD zur SED, der
diktatorisch herrschenden Führungspartei der nachmaligen DDR. Bei der 1.
Bundestagswahl 1949 erhielt die KPD 5,7 % der Stimmen, 1953 scheiterte sie mit
2,2 % an der Fünfprozentklausel. 1950 erließ die Regierung Adenauer ein
Berufsverbot für KPD-Mitglieder im Öffentlichen Dienst. Am 17. August 1956
wurde die KPD auf Antrag der Bundesregierung vom Bundesverfassungsgericht in
der Bundesrepublik Deutschland verboten. Bei den übrigen im Bundestag
vertretenen Parteien galt sie als mitschuldig am Untergang der Weimarer
Republik, der Sowjetunion hörig und verfassungsfeindlich.[2] 1968 wurde eine
neue kommunistische Partei in der Bundesrepublik gegründet, die DKP. Weiterhin
bildeten in den Jahren nach 1968 verschiedene, oft maoistische, kommunistische
Splittergruppen Parteiaufbauorganisationen, Bünde oder Parteien, die die
Nachfolge der KPD für sich beanspruchten. Im Januar 1990 wurde in der Endphase
der DDR die namensgleiche Kommunistische Partei Deutschlands gegründet. Inhaltsverzeichnis
1 Entstehung (1914–1919) 2 Weimarer Republik 2.1 Vereinigung mit der USPD
(1920) 2.2 Märzkämpfe und deren Folgen (1921) 2.3 Flügelkämpfe und anfängliche
„Stalinisierung“ (1923–1927) 2.4 Sozialfaschismus-Doktrin und sowjetischer
Einfluss (1928–1933) 2.5 Neben- und Vorfeldorganisationen 2.6 Ergebnisse bei
Reichstagswahlen 3 NS-Zeit (1933–1945) 4 Nachkriegszeit 4.1 Von der KPD (Ost)
zur SED (1945/46) 4.2 Westdeutsche KPD (1945–1956) 4.3 Illegale Tätigkeiten
(1956–1968) 4.4 Ergebnisse bei Bundes- und Landtagswahlen 5 Weiterführende
Informationen 5.1 Siehe auch 5.2 Literatur 5.3 Filme 5.4 Weblinks 5.5
Einzelnachweise Entstehung (1914–1919) Siehe auch: „Anfänge im 19. Jahrhundert
bis zur Revisionismusdebatte“ im Artikel Kommunistische Partei Grafische
Darstellung der Entwicklung deutscher Arbeiterparteien zwischen 1863 und 1933
(Entwicklung der KPD aus dem linken Flügel der SPD) Die KPD konstituierte sich
während der dreitägigen Gründungskonferenz vom 30. Dezember 1918 bis zum 1.
Januar 1919 im Festsaal des Preußischen Landtags durch den Zusammenschluss des
Spartakusbundes, der sich zuvor mit der USPD entzweit hatte, mit den Bremer
Linksradikalen, einer Radikalisierung der Bremer Ortsgruppe der SPD, und
anderen Linksgruppen. Die umstrittene Namensgebung und die Anwesenheit Karl
Radeks, der eine Rede hielt, auf der er die zukünftige Kampfgemeinschaft
zwischen einem von der KPD regierten Deutschland und Sowjetrussland beschwor,
zeigten die enge Verbundenheit der KPD mit Sowjetrussland. Die auf der
KPD-Gründungskonferenz vorherrschenden ultraradikalen Kräfte nahmen Rosa
Luxemburgs Programmentwurf zwar an, tatsächlich verfolgten sie jedoch einen
putschistischen Kurs, der etwa in der Ablehnung der von Luxemburg geforderten
Teilnahme an den Wahlen zur Nationalversammlung und in den Debatten über den
von ihr abgelehnten Einsatz revolutionärer Terrormethoden deutlich wurde. Die
SPD bezeichnete Radeks Rede als pure Kriegshetze und forderte dessen
Ausweisung. Max Levien beschwichtigte, die Bolschewiki seien Gegner des von den
Sozialrevolutionären praktizierten Terrorismus und behauptete sie würden
„höchstens Konterterror“ betreiben. Karl Liebknecht versuchte zwar zu
vermitteln und verteidigte Luxemburgs Programm, das mit eiserner Faust gegen
alle Revolutionsgegner zu verteidigen sei, doch es fehlte den beiden an
Durchsetzungsvermögen, um dem putschistischen Radikalismus Einhalt zu
gebieten.[3] Auf der Gründungskonferenz wählten die Delegierten einen
Parteivorstand, dem die Führungspersönlichkeiten der wichtigsten Teilgruppen
angehörten: von den Bremer Linksradikalen Otto Rühle, von den Internationalen
Kommunisten Deutschlands (IKD) Johann Knief und Paul Frölich, vom Spartakusbund
Hermann Duncker, Käte Duncker, Hugo Eberlein, Leo Jogiches, Paul Lange, Paul
Levi, Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg, Ernst Meyer, Wilhelm Pieck und August
Thalheimer. Obwohl Karl Liebknecht sich in Verhandlungen um einen Eintritt auch
der Revolutionären Obleute in die KPD bemüht hatte und dafür eigens der
Gründungsparteitag unterbrochen wurde, kam eine Verbindung der beiden
Strömungen nicht zustande. Grund waren einerseits persönliche Differenzen
zwischen Liebknecht und dem Sprecher der Obleute Richard Müller, andererseits
taktische Differenzen zur Gewerkschaftsfrage und zur Teilnahme an den Wahlen
zur Nationalversammlung. Damit blieb die KPD in den ersten Jahren ihrer
Existenz ohne breitere betriebliche Basis. Erst 1920 stießen mit der Spaltung
der USPD die Mehrheit der Obleute und ihre Infrastruktur zur KPD.[4]
Mitbegründer und Funktionäre der KPD waren Franz Mehring, Julian Balthasar
Marchlewski, Ernst Meyer, Hermann Duncker, Wilhelm Pieck, Leo Jogiches und
Clara Zetkin. Rosa Luxemburg (um 1900) Karl Liebknecht Gedenktafel am Haus,
Sophienstraße 18, in Berlin-Mitte Im Vorfeld der Parteigründung waren
Liebknecht im Dezember 1914 und Otto Rühle im Januar 1915 die ersten
SPD-Abgeordneten, die ihre Zustimmung zu weiteren Kriegskrediten verweigerten.
Anfang 1916 waren es 20 Abgeordnete. Im Frühjahr 1917 führte die wachsende
Opposition innerhalb der SPD gegen die Burgfriedenspolitik und weitere
Bewilligung der Kriegskredite schließlich zum Parteiausschluss der
Kriegsgegner. Diese reagierten darauf am 9. April 1917 mit der Gründung der
USPD. Nun trat die Spartakusgruppe, die seit Januar 1916 reichsweit organisiert
war, in diese ein und bildete auch dort bis zur KPD-Gründung den revolutionären
Flügel. Durch die Inhaftierung der meisten Mitglieder der Gruppe, allen voran Liebknecht
und Luxemburg, war die Arbeit stark behindert. Mit den Streiks von März 1917
und mehr noch den Streiks im Januar 1918 erhielt die deutsche Arbeiterbewegung
jedoch überraschend neue Impulse. Die reichsweite Streikbewegung vor allem in
der Rüstungsindustrie stärkte die unabhängigen Arbeitervertreter gegenüber den
konservativen, ganz dem Burgfrieden folgenden Gewerkschaftsführern. Die
Revolutionären Obleute Berlins, aber auch anderswo bildeten später das
energische Rückgrat der Rätebewegung, die Deutschland erstmals eine historische
Chance auf Sozialisierung der Produktionsmittel eröffneten. Der Erfolg der
Oktoberrevolution in Russland gab diesen Bestrebungen zusätzlichen Rückenwind. Schon
ein Jahr darauf, am 7. Oktober 1918, demonstrierte der Spartakusbund sein
Selbstbewusstsein und beantwortete den Regierungseintritt der MSPD, der zwei
Tage zuvor bekannt geworden war, indem er grundlegende Reformen in Wirtschaft,
Staat, Recht und Verwaltung forderte und praktisch eine neue
radikaldemokratische Reichsverfassung anvisierte. Anfang November entstand aus
dem Kieler Matrosenaufstand rasch ein Flächenbrand, in dem auch die Soldaten
die Selbstorganisation der Räte wählten, um ihre Vorgesetzten zu entmachten und
ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Viele dieser Forderungen griffen
direkt oder indirekt das Programm des Spartakusbundes auf. Als die
Novemberrevolution Berlin erreichte und den Kaiser zur Flucht in die
Niederlande veranlasste, rief Philipp Scheidemann von der Mehrheits-SPD dort
mittags am 9. November 1918 eine „Deutsche Republik“ aus. Ihm folgte wenig
später Liebknecht, der eine „Freie Sozialistische Republik“ ausrief und die
Menge zugleich auf die „internationale Revolution“ einschwor. Es folgten zwei
Monate lange Machtkämpfe zwischen den Vertretern dieser beiden Richtungen, aus
denen die Mehrheits-SPD und mit ihr das gemäßigte und konservative Bürgertum
als Sieger hervorgingen. Die Gründung der KPD war seit etwa Anfang Dezember
1918 geplant und erfolgte dann als direkte Reaktion auf die Ereignisse des 24.
Dezember in Berlin. Dabei wurde die Absicht Friedrich Eberts unübersehbar,
kaiserliches Militär gegen Revolutionäre einzusetzen und diese zu entmachten.
Bald darauf erfuhren die Linken die Gewaltbereitschaft der SPD-Führung: Es kam
zum Einsatz der Freikorps gegen Teile der Berliner Bevölkerung, die die
Revolution unter Mitwirkung und teilweiser Führung der Spartakisten fortsetzen
wollten. Seit Jahresbeginn 1919, besonders aber seit der Niederwerfung des
sogenannten Spartakusaufstands und der Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa
Luxemburg am 15. Januar 1919 kam es reichsweit zu bürgerkriegsähnlichen
politischen Unruhen. Die KPD verstand sich wegen dieser Erfahrungen von Beginn
an als Gegensatz und Gegengewicht zur SPD. Sie wollte deren ursprüngliches
Ziel, den Sozialismus, weiterverfolgen und damit den deutschen Arbeitern eine
revolutionäre Alternative zum – dem Bürgertum angepassten – Reformismus
anbieten. Sie verstand sich als Massenpartei und wollte die sozialistische
Räterepublik von der Betriebsebene aus verwirklichen, die durch die SPD und
Gewerkschaftsführungen verhindert und durch die USPD nicht energisch genug
angestrebt worden war. Weimarer Republik Vereinigung mit der USPD (1920) In den
Debatten um das Programm und die künftige politische Orientierung wurden
bereits Konfliktlinien sichtbar, besonders im Verhalten zum Parlamentarismus
und zur Sozialdemokratie, die sich (aus Sicht der KPD) zu einer bürgerlichen
Partei herausbildete. Einige Gründungsmitglieder, darunter Luxemburg,
plädierten für den Namen Sozialistische Partei Deutschlands und für die
Teilnahme an den kommenden Wahlen zur Weimarer Nationalversammlung. Dies wurde
ebenso wie der Verbleib in der USPD mehrheitlich abgelehnt. Von den IKD war nur
Johann Knief für diesen Vorschlag. Damit legte sich die Parteimehrheit entgegen
dem Rat der Spartakusführer früh auf eine Ablehnung der bürgerlichen Demokratie
und der Konkurrentin SPD, der älteren und lange Zeit führenden Arbeiterpartei,
fest. Vor allem die Bremer Linksradikalen unter Otto Rühle und die IKD
vertraten eine enge Anlehnung an die sowjetischen Bolschewiki unter Führung
Lenins. Bei den Wahlen zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 behauptete
sich die SPD als stärkste Kraft, die aber fortan auf wechselnde
Koalitionspartner aus dem bürgerlichen Lager angewiesen war. Nun setzte der
Reichswehrminister Gustav Noske (der nach eigener Aussage vom 6. Januar der
„Bluthund sein musste“) rücksichtslos die neuen, meist rechtsextremen Freikorps
gegen die Aufständischen ein, um jeden Ansatz einer Räterepublik, wie er sich
in einigen Großstädten gebildet hatte, wieder zu zerschlagen. Als letztes
Experiment dieser Art wurden im Mai die Münchner Räterepublik zerstört und ihre
Führer hingerichtet, unter ihnen beispielsweise der KPD-Funktionär Eugen
Leviné. Im Verlauf dieser Kämpfe wurde im März auch Leo Jogiches im
Untersuchungsgefängnis Berlin-Moabit ermordet. Mit der Verabschiedung der
Reichsverfassung am 11. August war die bürgerlich-parlamentarische Weimarer
Republik praktisch durchgesetzt. Die KPD hatte zunächst nur wenige Mitglieder
und gewann in der Rätebewegung auch während der Aufstände keine führende Rolle:
Dazu war sie zu neu und organisatorisch zu wenig in der Arbeiterbewegung
verankert. Ihre Mitglieder waren zumeist ehemalige Sozialdemokraten. Durch ihre
Weigerung, an den Parlamentswahlen teilzunehmen, geriet die KPD weiter ins
Abseits und wurde außerdem durch die Verfolgung und Verhaftung ihrer Mitglieder
reduziert. Im Frühjahr 1919 war sie verboten worden und konnte ihre folgenden
Parteitage nur illegal durchführen. Darum suchte die Partei Rückhalt, indem sie
Mitglied der im selben Jahr gegründeten Komintern, der Dritten Internationale,
wurde. Im Bunde mit dem linken Flügel der USPD versuchte die KPD im Januar 1920
die Verabschiedung des Betriebsrätegesetzes mit einer Demonstration zu
verhindern, weil sie weitergehende rätedemokratische Ziele verfolgte. Militär
und Sicherheitspolizei setzten Schusswaffen ein, das Ergebnis war am 13. Januar
1920 ein Blutbad am Reichstagsgebäude. Daraufhin verhängte die
sozialdemokratische Reichsregierung erneut den erst im Dezember 1919
aufgehobenen Ausnahmezustand und verbot die Zeitungen Freiheit und Die Rote
Fahne. Am 19. Januar wurden zwölf Parteifunktionäre der USPD und der KPD,
darunter die Vorsitzenden Ernst Däumig und Paul Levi, für einige Zeit
inhaftiert. Paul Levi, enger Freund Luxemburgs und nach deren Tod Herausgeber
ihrer Werke, setzte beim zweiten, dem sogenannten Heidelberger Parteitag der
KPD jedoch die Beteiligung an den Reichstagswahlen von 1920 durch. Einige
Parteimitglieder glaubten, dass damit der revolutionäre Weg verlassen würde.
Damit zeichnete sich ein innerer Klärungsprozess ab: Die rätekommunistischen
und utopistisch orientierten Mitglieder traten aus und bildeten die eigene
Kommunistische Arbeiterpartei Deutschlands (KAPD), die Otto Rühle leitete und
der zunächst (bis zu ihrem Ausschluss im August 1920) auch die
Nationalbolschewisten Fritz Wolffheim und Heinrich Laufenberg angehörten. Die
KAPD konnte sich bis 1922 halten und zerfiel dann in Einzelgruppen, die
sektiererisch miteinander konkurrierten. Zuvor jedoch mobilisierte der
Putschversuch von Wolfgang Kapp und Walther von Lüttwitz im Frühjahr 1920 noch
einmal die Kräfte der Linken im ganzen Reich: Spontane Massenstreiks führten
zum Generalstreik, dem sich freie Gewerkschaften, SPD, USPD und KPD
anschlossen, um gemeinsam die Republik zu retten. Er führte zur Eroberung des
Ruhrgebiets durch eine Rote Ruhrarmee. Doch sobald die rechtsnationalistischen
Putschisten aufgegeben hatten und der Generalstreik beendet war, verbündete
sich die SPD wieder mit den zuvor abtrünnigen Reichswehrverbänden und
Freikorpseinheiten und ließ diese in das von den aufständischen Arbeitern
besetzte Ruhrrevier einrücken. Bei den unter dem Namen Ruhraufstand bekannten
bürgerkriegsähnlichen Kämpfen kamen etwa 2.000 Arbeiter und 372
gegenrevolutionäre Soldaten ums Leben. Auf einem gemeinsamen Parteitag vom 4.
bis 7. Dezember 1920 vereinigte sich die linke USPD (349 Delegierte vertraten
300.000 Mitglieder) mit der KPD (146 Delegierte vertraten 70.000 Mitglieder)
zur VKPD. Diese Vereinigte Kommunistische Partei Deutschlands bekannte sich zur
Komintern und peilte die Diktatur des Proletariats und die Räterepublik als
Ziel an. Unter dem Vorsitz von Levi und Ernst Däumig entstand eine
Massenpartei, mit 356.000 Mitgliedern Anfang 1921, einer Zahl, die sie in der
Weimarer Republik nie wieder erreichte. Allerdings befanden sich darunter nur 5
% der in den freien Gewerkschaften organisierten Arbeiter. Bei den preußischen
Landtagswahlen vom Februar 1921 erhielt die VKPD nur 5,5 % der Stimmen. 1921
rief die KPD-Zentrale zu einer Politik der Einheitsfront auf. Diese
Einheitsfronttaktik wurde von der Kommunistischen Internationale (Komintern),
insbesondere von Sinowjew und Bucharin, zunächst kritisiert. Nachdem es 1921 zu
einem von den Kronstädter Matrosen angeführten Aufstand linker Kräfte gegen die
Bolschewiki gekommen war, und den heftigen Fraktionskämpfen und Streits
zwischen Lenin, Bucharin und Trotzki, führten die Spannungen innerhalb der
Kommunistischen Partei Russlands zu einer Krise in der Komintern, die im März
1921 zu einer radikalen Änderung der Linie der VKPD führte.[5] Märzkämpfe und
deren Folgen (1921) Im März 1921 rief die KPD-Zentrale nach der Besetzung
Mitteldeutschlands durch Polizeieinheiten, die sie als Provokation empfand, die
Arbeiter zum bewaffneten Kampf auf. Dieser kommunistische Aufstand in
Mitteldeutschland, der so genannte Märzaufstand, wurde nach einigen Tagen
blutiger Kämpfe niedergeschlagen. Die Niederlage führte noch 1921 zu einer
tiefen Krise in der KPD, die das Problem der Hegemonie der Komintern und
Sowjetrusslands gegenüber den deutschen Kommunisten augenscheinlich werden
ließ. Im Februar 1921 war der Parteiführer Paul Levi zusammen mit Clara Zetkin,
Ernst Däumig, Adolph Hoffmann u. a. nach Differenzen mit der Komintern
ausgeschieden. Unter Vorsitz Heinrich Brandlers kam es in der neuen Zentrale zu
einer Radikalisierung, und mit EKKI-Vertretern steuerte man nun auf einen
Aufstand hin, der mit Radek, der sich mit linken Kräften in der KPD-Führung
verbündet hatte, gegen Levis Einheitsfrontpolitik richtete. Die Kommunisten,
für die die gewaltsame russischen Revolution und der russische Bürgerkrieg als
Vorbild diente, heroisierten Gewalt, die sie für eine „notwendige“ politische
Maßnahme hielten. Levi kritisierte die putschistische Taktik der KPD beim
Märzaufstand 1921 öffentlich und bezichtigte die Kominternspitze den „größten
Bakunisten-Putsch der bisherigen Geschichte“ provoziert zu haben, woraufhin er
aus der KPD ausgeschlossen wurde. Andere KPD-Führer, wie die aus der USPD
gekommenen Däumig, Otto Brass, Kurt Geyer und Hoffmann und viele „Kader“
solidarisierten sich mit Levi und verließen die KPD ebenfalls. Für die KPD war
diese Austrittswelle, nach der Abspaltung der KAPD 1920, der zweite große
Aderlass an Funktionären. Die rechte Gruppe um Levi gründete am 20. November
1921 die Kommunistischen Arbeitsgemeinschaft (KAG), die sich im August 1922 mit
der USPD zusammenschloss. Ab 1921 übte Moskau massiv Einfluss auf die
KPD-Führungen aus, um diese zu disziplinieren.[6] Flügelkämpfe und anfängliche
„Stalinisierung“ (1923–1927) Wahlwerbung für Ernst Thälmann bei der
Reichspräsidentenwahl 1925 Die typische von der KPD verwendete Fahne Nach dem
gescheiterten Hamburger Aufstand von 1923 (Oktoberniederlage) fiel die
Führungsriege unter Heinrich Brandler, August Thalheimer und Jacob Walcher als
„Parteirechte“ auch bei der Moskauer Komintern in Ungnade, weil sie eine
Kooperation mit der SPD politisch für am chancenreichsten hielten.[7] Ab dem
23. November 1923 wurde die KPD vorübergehend verboten und Bezirksparteitage
und öffentliche Diskussionen konnten für einige Wochen nicht stattfinden.[8]
Danach wurde die Leitung der KPD durch die so genannte Linke Opposition um
Werner Scholem, Ruth Fischer, Arkadi Maslow, Ernst Thälmann und Arthur
Rosenberg übernommen. Diese Fraktion betrieb die „Bolschewisierung“ der Partei,
indem sie, auf Basis eines uminterpretierten leninistisch geprägten Marxismus,
die Gepflogenheiten der sowjetischen Regierungspartei KPdSU imitierte, und die
KPD-Mitglieder der Herrschaft ihres autoritären, neuabsolutistischen
Funktionärsapparates unterwarf. Später wurden Fischer und Maslow als angebliche
„Linksabweichler“ von Stalin aus der Parteizentrale entfernt, und der Chef des
paramilitärischen Roten Frontkämpferbundes, Ernst Thälmann, wurde, den
Führerkult um Stalin imitierend, als „unfehlbarer Führer“ der KPD dargestellt
und die Partei auf bedingungslose Unterstützung der Politik des Diktators
Stalin eingeschworen.[9] Nach der Auflösung der militanten proletarischen
Hundertschaften wurde mit der Gründung des Roten Frontkämpferbundes (RFB) der
völkische Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten strukturell imitiert. Im Verbund
mit der Roten Jugendfront bildete der RFB die politisch unselbstständige
Privatarmee der KPD. Unter Thälmanns Vorsitz zählte sie 1927 etwa 106.000
Kämpfer, während die KPD auf 127.000 Mitglieder kam. Im Mai 1929 wurde diese
Privatarmee der KPD wegen ihrer radikalen Ideologie und der Gewaltsamkeit und
Brutalität ihrer Mitglieder, die bis zu politischem Mord reichte, in Preußen
und anderen Ländern verboten. Daraufhin tauchte ein Drittel der RFB-Getreuen in
die Illegalität ab, um sich an der Bildung kommunistischer Wehrverbände zu
beteiligen, die den Straßenkrieg gegen die SA fortsetzten.[10] Die linke
Opposition hatte durch ihre skeptisch-ablehnende Haltung zur
Einheitsfrontpolitik von Anfang an Konflikte mit der Komintern.[11] Hinzu kamen
die innerrussischen Fraktionskämpfe: Als Lenin 1924 starb, verschärften sich
diese, und der Machtzuwachs Stalins hatte großen Einfluss auch auf die deutsche
Entwicklung. Stalin, der zunächst die Linke unterstützt hatte, distanzierte
sich zunehmend von ihren linksradikalen Thesen, die nun als „ultralinks“
geschmäht wurden. An der Parteibasis machte sich gleichzeitig vermehrter Unmut
über den autoritären Stil der Reorganisation aus, verschiedentlich wurden der
linken Führung „diktatorische Methoden“ vorgeworfen. Die ultralinke
Parteiführung hatte somit schnell an Einfluss verloren. Als sich mit Ernst
Thälmann einer der prominentesten Linken von der linken Führung distanzierte,
kam es zur Spaltung der Zentrale.[12] Thälmann stützte sich parteiintern bis
1927/28 auch auf die Mittelgruppe um u. a. Arthur Ewert und Gerhart Eisler,
danach im Wesentlichen auf Apparatangehörige wie Walter Ulbricht und auf eng an
Stalin angelehnte Politiker wie Hermann Remmele, Heinz Neumann und Paul Merker.
Die ausgeschlossenen Linken und Ultralinken protestierten heftig gegen diese
Entwicklung und formierten sich teilweise unter dem Namen Leninbund als
eigenständige Partei.[13] Die KPD tat nach Ansicht des deutschen Historikers
Andreas Wirsching wenig bis nichts, um andere Wähler aus anderen Schichten zu
gewinnen, im Gegenteil, der kleinbürgerliche Mittelstand wurde durch provokante
Aktionen verprellt: Während der Inflation von 1922/23 nahmen selbsternannte
Kontrollausschüsse bei Lebensmittelhändlern willkürliche Preisfestsetzungen
vor, 1927 wurden anlässlich einer Tagung des Stahlhelm in Berlin die örtlichen
Gastwirte und Hoteliers bedroht, falls sie Teilnehmer beherbergen oder
verköstigen würden.[14] Sozialfaschismus-Doktrin und sowjetischer Einfluss
(1928–1933) Das Karl-Liebknecht-Haus am Tag der Reichstagswahl 1930 Die
Stalinisierung bedeutete nicht nur die Entmachtung und den Ausschluss von
„Ultralinken“ und „Brandlerianern“ ab 1926, es wurde von 1928 bis 1930 auch
noch die aus der „Mittelgruppe“ hervorgegangene Gruppe der „Versöhnler“
parteiintern entmachtet und teilweise aus der Partei ausgeschlossen.[15] Somit
wurde die Politik der KPD in der Endphase der Weimarer Republik weniger durch
die Unzufriedenheit vieler Arbeiter und Arbeitsloser mit ihrer sozialen Lage v.
a. während der Weltwirtschaftskrise bestimmt, in deren Verlauf die KPD ihre
Wähler- und Anhängerschaft steigern konnte (Mai 1928: 130.000 Mitglieder und
3,2 Millionen Wähler; Januar 1930: 133.000 Mitglieder; November 1932: 330.000
Mitglieder,[16] 6 Millionen Wähler, 16,9 % der Stimmen und damit 100
Reichstagsmandate); vielmehr sei die Politik der KPD hauptsächlich in Moskau
entworfen und gesteuert worden, um den außenpolitischen Zielen der sowjetischen
Führung zu entsprechen.[17] Ab 1929 radikalisierte sich die KPD, und ihr
Hauptgegner war nicht die NSDAP, sondern die SPD: Der politische Kurs der KPD
beinhaltete nun die Sozialfaschismusthese, die die Sozialdemokratie zum
Hauptfeind erklärte, weil sie angeblich eine bloße Variante des Faschismus sei,
wodurch die KPD die antifaschistischen Kräfte schwächte und den Aufstieg des
Nationalsozialismus begünstigte.[18] Ernst Thälmann (1932) Tatsächlich schien
die Verteidigung des „Vaterlandes aller Werktätigen“ – eben der Sowjetunion –
für die deutschen Kommunisten oberste Priorität zu haben und direkt verbunden
zu sein mit dem Kampf gegen die deutsche Sozialdemokratie. So meinte der
KPD-Vorsitzende Ernst Thälmann auf dem Kongress der Kommunistischen
Internationale von 1928, „die konterrevolutionäre Sozialdemokratie“ sei dazu
übergegangen, den Kapitalismus in allen Fragen zu unterstützen, und behauptete
sogar:[19] „Die SPD ist der treibende Faktor in der Linie der
Kriegsvorbereitungen gegen die Sowjetunion. Daher ist der Kampf gegen den
imperialistischen Krieg ein Kampf gegen die Sozialdemokratie.“ Auf dem 12.
Parteitag der KPD im Juni 1929 polemisierte Thälmann gegen die deutsche
Sozialdemokratie „als den aktivsten Vorkämpfer des deutschen Imperialismus und
seiner Kriegspolitik gegen die Sowjetunion“.[20] Dagegen bezeichnete die
KPD-Führung den Nationalsozialismus noch wenige Monate vor dessen
Machtübernahme öffentlich als lediglich sekundäre Randerscheinung in der
Endphase der kapitalistischen Entwicklung.[21] Der Zentralausschuss der KPD
machte sich Radeks „nationalbolschewistische“ Taktik zu eigen, und maßgebende
deutsche Kommunisten versuchten mehrfach, gezielt Anhänger aus der Gefolgschaft
der radikalen Rechten anzuwerben. Der völkische Schriftsteller und spätere
Reichstagsabgeordnete der NSDAP Ernst Graf zu Reventlow wurde eingeladen, seine
Positionen in der Roten Fahne auszubreiten.[22] Die KPD-Propaganda nutzte die
antisemitische Stimmungslage aus, rief zum Kampf gegen „die jüdischen
Kapitalisten“ auf, verbreitete in Millionenauflagen Flugblätter mit Parolen
wie: „Nieder mit der Judenrepublik“ und Ruth Fischer vom KPD-Vorstand rief
vulgär-hysterisch sogar einmal zur physischen Gewalt gegen Juden auf: „Tretet
die Juden-Kapitalisten nieder, hängt sie an die Laterne, zertrampelt sie“.[23]
In den Wahlkämpfen des Jahres 1932 trat die KPD hingegen mit der Parole auf:
„Wer Hitler wählt, wählt Krieg!“ Die sowjetischen Kommunisten waren von dieser
Einstellung immer wieder schockiert. Sie bestärkte sie in ihrer Überzeugung,
dass das Leben in einer pluralistischen Demokratie zu einer „Verweichlichung
der Funktionäre“ und zur Unterwanderung der Parteien durch Agenten und
„Saboteure“ führe. Stalin und seine Gefolgsleute, die durch gewalttätige
politische Konflikte im Zarenreich und während des Russischen Bürgerkriegs geprägt
worden waren, hielten die deutschen Kommunisten für „Kaffeehaussozialisten“ und
„Schwätzer“, die weder die Mühen des Untergrundkampfes durchlitten, noch das
Feuer einer richtigen Revolution durchschritten hatten. Für sie stand daher
fest, dass den deutschen Kommunisten der Verhaltenskodex der Bolschewiki
eingebleut werden musste, sollte es nicht wieder zu so einer politischen
Niederlage wie während der Wittorf-Affäre 1928 kommen: Damals hatte das ZK der
KPD den Vorsitzenden Thälmann zeitweilig abgesetzt, nachdem dessen Verwicklung
in eine Unterschlagungsäffare bekannt geworden war, weil es den Druck der
deutschen Öffentlichkeit fürchtete. Diese Denkweise war dem sowjetischen
Diktator und den von ihm protegierten Führungsfunktionären der Komintern schon
deshalb völlig fremd, weil eine unabhängige Presse in ihrer Vorstellungswelt
keine Rolle spielte. Stalin und seine Gefolgsleute konnten gegen ausländische
Kommunisten keine disziplinierende Gewalt anwenden, wie sie dies in der
Sowjetunion seit der Revolution praktizierten – und auch das Instrument des
Vertrauensentzuges und der Absetzung unbotmäßiger Parteileitungen ließ sich,
wie sich die Komintern selbst eingestand, nicht endlos oft einsetzen. Um die
Frage zu klären, warum es denn Stalin dennoch gelang, seinen Willen im
Wesentlichen auch in der KPD-Führung durchzusetzen, ist es sinnvoll, sich von
dem Verständnis zu lösen, die Komintern habe vorrangig nach dem Prinzip von
Befehl und Gehorsam funktioniert. Die Macht Stalins über die deutsche
Parteispitze entsprang weniger seiner formalen Machtstellung – sein Erfolg lag
vielmehr darin begründet, dass er das System des feudalen Gefolgschaftswesens
auf die KPD übertrug. Mit dieser Herrschaftstechnik, die vorrangig auf den
personengebundenen Prinzipien wie Loyalität und Ehre basierte, hatte er bereits
die Parteiorganisationen an der zuvor kaum beherrschbaren sowjetischen
Peripherie erfolgreich in das Machtgeflecht der Bolschewiki eingebunden.
Weniger die vielzitierte „Bürokratisierung“ von Komintern und KPD machte also
die deutschen Kommunisten anfällig für die Beeinflussung von außen, sondern die
schließlich fast vollständige Fixierung der KPD-Führung auf den sowjetischen
Diktator. Dies zeigte sich besonders deutlich in den letzten Monaten vor der
Machtübertragung an Hitler, als der Parteivorsitzende Thälmann und sein
Konkurrent Heinz Neumann hinter den Kulissen einen aberwitzigen Kampf um die
Führungsposition in der KPD ausfochten: Thälmann konnte sich schließlich nicht
zuletzt deshalb behaupten, weil er sich gegenüber Stalin als der getreuere
Gefolgsmann profilierte – noch 40 Jahre später erinnerte sich Stalins engster
Gefährte Molotow daran, dass Thälmann in Moskau „einen sehr guten Eindruck
gemacht“ habe, weil er sich stets „loyal“ verhalten habe.[24] Neben- und
Vorfeldorganisationen Deutscher Reichsverband für proletarische Sexualpolitik Assoziation
revolutionärer bildender Künstler (ASSO) Bund der Freunde der Sowjetunion
(BdFSU) Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller (BPRS) Internationale
Arbeiterhilfe (IAH) Internationaler Bund der Opfer des Krieges und der Arbeit
(IBOKA) Kampfbund gegen den Faschismus Revolutionäre Gewerkschafts-Opposition
(RGO) Rote Hilfe Deutschlands (RHD) Roter Frontkämpferbund (RFB, einschließlich
der Roten Marine) Kampfgemeinschaft der Arbeitersänger (KdA) Kampfgemeinschaft
für Rote Sporteinheit (KG) Kommunistischer Jugendverband Deutschlands (KJVD) Union
der Hand- und Kopfarbeiter (UdHuK) Deutsche Tscheka (Reichs-Tscheka) Ergebnisse
bei Reichstagswahlen Reichstagswahlergebnisse Wahltag Stimmenanzahl Stimmenanteil
Mandate 6. Juni 1920 589.454 2,1 % 4 4. Mai 1924 3.693.280 12,6 % 62 7.
Dezember 1924 2.709.086 8,9 % 45 20. Mai 1928 3.264.793 10,6 % 54 14. September
1930 4.590.160 13,1 % 77 31. Juli 1932 5.282.636 14,3 % 89 6. November 1932 5.980.239
16,9 % 100 5. März 1933 4.848.058 12,3 % 81 An der Wahl zur Deutschen
Nationalversammlung (1919) nahm die KPD nicht teil. Nach der Wahl 1933 wurden
am 8. März die Sitze der KPD mit Berufung auf die Reichstagsbrandverordnung
annulliert. Mit dem Gesetz gegen die Neubildung von Parteien waren ab dem 16.
Juli 1933[25] alle Parteien neben der NSDAP untersagt; diese nahm als einzige
Partei im November 1933 sowie 1936 und 1938 teil. NS-Zeit (1933–1945) KPD-Mitgliedsbuch
von 1933 Erinnerung an die „Brüsseler Parteikonferenz der KPD“ von 1935 –
Sondermarke der DDR zum 20. Jahrestag des Kriegsendes Als Adolf Hitler am 30.
Januar 1933 von Reichspräsident Hindenburg zum Reichskanzler ernannt wurde,
rief die KPD zum reichsweiten Generalstreik auf.[26] Allerdings stieß dieser
Aufruf kaum auf öffentliche Resonanz. Einzig in der kleinen schwäbischen
Industrieortschaft Mössingen wurde am 31. Januar 1933 von kommunistischen
Arbeitern versucht, den Generalstreik umzusetzen.[27] Die Streikaktionen in den
drei ansässigen Textilbetrieben wurden jedoch schnell niedergeschlagen. 80
Beteiligte wurden zu Haftstrafen bis zu zweieinhalb Jahren verurteilt. Beim
Stuttgarter Kabelattentat am 15. Februar 1933 durchtrennten KPD-Mitglieder das
Hauptverbindungskabel eines Funkturmes in der Nähe von Stuttgart, wo Hitler
eine Rede hielt. Das Attentat hatte zur Folge, dass die Rede in einigen Teilen
von Württemberg nicht im Radio gesendet wurde. Nach dem Reichstagsbrand am 27.
Februar 1933 erschien am 28. Februar 1933 unter dem Vorwand, eine akute
kommunistische Umsturzgefahr bannen zu müssen, die Verordnung des
Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat, mit der alle Grundrechte
suspendiert wurden und die das Verbot der KPD- und SPD-Presse zur Folge hatte.
Noch in der Nacht zum 28. Februar wurden etliche KPD-Reichstagsabgeordnete und Funktionäre
in „Schutzhaft“ genommen und die Parteibüros geschlossen. Bis März 1933 wurden
7500 Kommunisten, darunter Thälmann, verhaftet. Bei der Reichstagswahl am 5.
März 1933 erhielt die KPD 12,3 % der Stimmen, doch die Sitze im Reichstag
blieben vakant[28] und wurden am 8. März, mit Berufung auf die
Reichstagsbrandverordnung, annulliert. So war die KPD nicht mehr beteiligt an
der Abstimmung über Hitlers Ermächtigungsgesetz zum 23. März 1933, durch das
die Weimarer Republik auch formell beseitigt wurde. Nach dem Ausschluss der KPD
stimmten nur die SPD-Abgeordneten gegen dieses Gesetz. Am 26. Mai 1933 wurde
das Vermögen der KPD eingezogen.[29] Viele ihrer Anhänger und die ihrer
Splittergruppen wurden verhaftet und bereits 1933 mit als erste in das Konzentrationslager
Dachau oder die Lager im Emsland gesperrt. Sie wurden im „Dritten Reich“
systematisch politisch verfolgt, in Konzentrationslager gesperrt und ermordet,
einfache Mitglieder genauso wie leitende Kader (zum Beispiel Ernst Thälmann
oder Werner Scholem). Die KPD erlitt im Kampf gegen die faschistische Diktatur
von 1933 bis 1945 große Verluste. Im Untergrund führte die KPD ihren
antifaschistischen Kampf fort. Eine relativ bedeutende Widerstandsbewegung von
nicht ins Exil gegangenen KPD-Mitgliedern wurde die
Saefkow-Jacob-Bästlein-Organisation. Andere Kommunisten sammelten sich in
verschiedenen Widerstandsgruppen der Roten Kapelle, die während des Zweiten
Weltkrieges der Sowjetunion zuarbeiteten und unter anderem versuchten, an
Geheiminformationen zu gelangen. Mit dem Prager Manifest der SPD 1934 und den
Beschlüssen der Brüsseler Konferenz der KPD 1935 wurde die
Sozialfaschismusthese als Fehler erkannt und Grundlagen für ein gemeinsames
Vorgehen geschaffen. Das Manifest der Brüsseler Parteikonferenz öffnete die KPD
dabei für die Volksfront, da die Idee der Einheitsfront Mitte der 1930er Jahre
als faktisch gescheitert galt. Das Manifest spricht in seinem Duktus
folgerichtig auch die Interessen des Kleinbürgertums oder national, aber
antifaschistisch Gesinnter an.[30] Wie die anderen Mitgliedsparteien der
Komintern stimmte auch die KPD dem deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt zu.
Am 25. August 1939 erläuterte das ZK der KPD:[31] „Der Nichtangriffspakt
entlarvt die Hetze des Naziregimes über die angebliche ‚Einkreisung‘
Deutschlands. […] Das deutsche Volk begrüßt den Nichtangriffspakt zwischen der
Sowjetunion und Deutschland, weil es den Frieden will […] weil es nicht wie das
Bündnis Hitlers und Mussolinis und den japanischen Militaristen ein Instrument
des Krieges und der imperialistischen Vergewaltigung anderer Völker, sondern
ein Pakt zur Wahrung des Friedens zwischen Deutschland und der Sowjetunion
ist.“ Der Krieg zwischen den Westmächten und Deutschland wurde als
Auseinandersetzung imperialistischer Mächte betrachtet:[32] „Der Krieg der
grossen imperialistischen Mächte in Europa ist zur Tatsache geworden. Wieder
werden Millionen von Menschen auf die Schlachtfelder getrieben, in den Tod
gejagt. Alle Illusionen über beständige Friedenssysteme, Abrüstung und
Verständigung in der Welt des Kapitalismus sind zerschellt. […] Die wahre
Ursache liegt im Kampf der Imperialisten um die Vorherrschaft in Europa und um
die Neuverteilung der Erde. Seit 20 Jahren streben Imperialisten danach, ihre
Raubgelüste auf Kosten der Sowjetunion zu befriedigen.“ Das ZK der KPD mit
Wilhelm Pieck und Walter Ulbricht an der Spitze entwickelte ein Programm zur
Rettung der deutschen Nation (zum Beispiel auf der Brüsseler und Berner
Parteikonferenz der KPD). Im sowjetischen Exil gründete die KPD in Moskau das
Nationalkomitee Freies Deutschland (NKFD), ein Zentrum des Kampfes von
Antifaschisten aller Lager. Exilanten bauten ähnliche partei- und
weltanschauungsübergreifend konzipierte Organisationen auch in Frankreich, den Niederlanden
und sogar in Mexiko aufgebaut. Mitglieder der KPD wirkten mit im Lutetia-Kreis
(Paris) und im Council for a Democratic Germany (New York). Während des Exils
in Moskau fielen zahlreiche in die Sowjetunion emigrierte Kommunisten den
stalinistischen „Säuberungen“ im Rahmen des Großen Terrors zum Opfer, mit
ausdrücklicher Billigung von Pieck und Ulbricht. Mindestens 242
KPD-Spitzenfunktionäre wurden ermordet und auf Exekutionsplätzen wie Butowo in
Massengräbern verscharrt; über 4000 Genossen wurden nach dem Hitler-Stalin-Pakt
nach Deutschland abgeschoben, wo die meisten von ihnen sofort von der Gestapo
verhaftet und in Konzentrationslager deportiert wurden.[33] Neben Exilanten und
dem Widerstand gab es wie aus anderen Parteien auch ehemalige KPD-Anhänger, die
sich von den wirtschaftlichen Erfolgen der Nationalsozialisten in den ersten
Jahren des Regimes überzeugen ließen und ihre oppositionelle Haltung ablegten.
Die Motive dieser Überläufer waren meist entweder im Opportunismus oder im
Gesinnungswandel zu sehen. Die durch Repression und aktiven Widerstand
eingetretenen Verluste der KPD waren „ungeheuer hoch“.[34] Allan Merson,
britischer Historiker und Kommunist, schätzte 1985, dass 150.000 deutsche
Kommunisten über längere oder kürzere Zeiträume inhaftiert waren und dass
25.000 bis 30.000 ermordet wurden, hingerichtet wurden oder in der Haft
starben.[35] In den letzten zwölf Kriegsmonaten wurden – in Umsetzung einer
einschlägigen, bereits auf die Ausgangsbedingungen nach Kriegsende zielenden
Anweisung Hitlers[36] – zahlreiche KPD-Kader gezielt ermordet, darunter der
Parteivorsitzende Thälmann und die ehemaligen Reichs- bzw. Landtagsabgeordneten
Theodor Neubauer, Ernst Schneller, Mathias Thesen, Rudolf Hennig, Gustl
Sandtner und Georg Schumann. Die Gestapostellen in Frontnähe wurden im Januar
1945 angewiesen, deutsche Kommunisten und „umstürzlerischer“ Tätigkeit
verdächtige Ausländer „zu vernichten, ohne im formellen Weg vorher beim RSHA
Sonderbehandlung zu beantragen“[37] (vgl. Endphaseverbrechen). Nachkriegszeit Von
der KPD (Ost) zur SED (1945/46) Mitgliedskarte eines KPD-Mitglieds in der SBZ
1945 Max Reimann (1950), Partei- und Fraktionschef der KPD Der Befehl Nr. 2 der
Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) vom 10. Juni 1945
ermöglichte die Gründung oder Wiedergründung deutscher antifaschistischer
Parteien in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und Berlin, unter Kontrolle
der SMAD. Bereits am 11. Juni verfasste die KPD einen Aufruf des
Zentralkomitees der Kommunistischen Partei an das deutsche Volk zum Aufbau
eines antifaschistisch-demokratischen Deutschlands[38] Neben den aus dem
sowjetischen Exil zurückgekommenen KPD-Mitgliedern, gewannen in ersten Linie
sudetendeutsche Kommunisten in der SBZ an Einfluss. 1945 überstellte die
Kommunistische Partei der Tschechoslowakei (KSČ) der KPD 30.000 ihrer
sudetendeutschen Parteimitglieder, von denen ein großer Teil einer strengen
ideologischen Prüfung unterzogen wurde. 1946 stellte die KSČ der KPD weitere
15.000 sudetendeutsche Mitglieder zur Verfügung. Weiterhin wurden 2000
Sozialdemokraten aus der Tschechoslowakei überstellt, die der angedachten
Vereinigung von SPD (Ost) und KPD (Ost) wohlwollend gegenüberstanden. Die
Sudetendeutschen verließen ihr Land nicht freiwillig und durften nur 120 Kilo
Gepäck mitnehmen.[39] Führend wurde eine Gruppe unter dem aus dem Moskauer Exil
zurückgekehrten Walter Ulbricht. Die im Februar und März 1945 in Moskau
erarbeiteten Richtlinien für die Reorganisation der Partei waren an einem
weitgehenden Neuaufbau orientiert: Personen, die 1932/33 im Besitz eines
Mitgliedsbuches der KPD waren, sollten sich nun nicht ohne weiteres als
Mitglied der Partei betrachten können. In jedem Einzelfall war zu prüfen, wie
sich der oder die Betroffene nach 1933 verhalten hatte. Zunächst abgelehnt
wurde auch die Wiederaufnahme von „früher wegen Zugehörigkeit zu
parteifeindlichen Gruppierungen (Brandleristen, Trotzkisten, Neumanngruppe)“ Die
„sektiererischen“ Kommunisten sahen die KPD als exklusive, dem leninistischen
Avantgarde-Konzept verpflichtete Kaderpartei und warfen der Parteiführung im
Sommer 1945 mitunter offen „Antileninismus“ vor.[40] Sie waren vor allem in den
Gebieten einflussreich, in denen nach der Befreiung spontan Antifa-Ausschüsse
bzw. Antifa-Komitees entstanden waren. Im Zuge der Bekämpfung dieser
„sektiererischen Schwächen“[41] betrieb die Parteiführung auch die Auflösung
der Antifa-Komitees. Am 21. April 1946 kam es in Berlin zur Zwangsvereinigung
von SPD und KPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) in der Sowjetischen
Besatzungszone. In der Viersektorenstadt Berlin scheiterte die Ausschaltung der
SPD an der Mitgliederbefragung, deren Verbot die SMAD nur in der SBZ und im
Sowjetsektor Berlins hatte durchsetzen können. In ihren Besatzungszonen
verboten die westlichen Besatzungsmächte der Partei, den Namen der vereinigten
Partei zu tragen, die dort weiterhin unter dem Namen KPD auftreten musste.
Heute mutet es kurios an, dass die KPD in Bayern am 28. September 1945, vor der
ersten demokratischen Wahl, im Kabinett Hoegner I gemeinsam mit CSU und SPD
eine Regierungskoalition bildete. Sie stellte mit Heinrich Schmitt den
Sonderminister für Politische Befreiung. Der Zuständigkeitsbereich war die
Entnazifizierung der Gesellschaft. Nach den Ereignissen im Osten verließ die
KPD die Koalition vorzeitig. Westdeutsche KPD (1945–1956) Vom 25. November 1946
bis zum 2. Februar 1948 war die KPD an der Landesregierung in Niedersachsen
beteiligt. Im Kabinett Kopf I stellte sie mit Karl Abel den Minister für
Volksgesundheit und Staatswohlfahrt. Nach der niedersächsischen Landtagswahl am
20. April 1947 amtierte Abel im Kabinett Kopf II vom 11. Juni 1947 bis zu
seinem Rücktritt am 5. Februar 1948 als Landesminister ohne Geschäftsbereich.
In Bremen waren Vertreter der KPD ab dem 6. Juni 1945 im Senat der Freien
Hansestadt Bremen. Dazu gehörten die Senatorin Käthe Popall (1945–1947) und
Senator Hermann Wolters (1945–1946) (siehe Senat Vagts, Senat Kaisen I, Senat
Kaisen II). 1948/49 trennte sich die KPD in den Westzonen organisatorisch von
der SED und arbeitete als formal selbstständige Partei mit eigenem
Parteivorstand weiter. Mit Ausnahme von Schleswig-Holstein, wo sie mit 4,7 %
knapp an der Sperrklausel scheiterte, gelang der KPD bis 1947 der Einzug in
alle westdeutschen Landtage ebenso wie im damals französisch besetzten
Saarland. Von den im Saarland zugelassenen Parteien war die KPD damals
vehementester Gegner einer Angliederung an Frankreich. Bei der Bundestagswahl
1949 erreichte die KPD ein Wahlergebnis von 5,7 % und zog damit in den ersten
Deutschen Bundestag ein. In den Folgejahren verlor die KPD jedoch deutlich an
Zustimmung und überregionalem parlamentarischen Einfluss. Im Wahljahr 1950, in
dem fünf Landtagswahlen stattfanden, erreichte sie nur in Nordrhein-Westfalen
die Fünf-Prozent-Marke, so sodass sie in Bayern, Hessen und Westberlin aus dem
Landtag ausschied. Außerparlamentarisch versuchte die KPD weiterhin, in der
Arbeiterbewegung und den Gewerkschaften ihren Einfluss zu halten, der vor allem
im Ruhrgebiet groß war. Ihre Bedeutung in den Gewerkschaften ging jedoch nach
dem Parteitag 1951 und der These 37 zugrunde. In jener These formulierte die
KPD ein Primat der Partei über das gewerkschaftliche Handeln. Seitens der
Gewerkschaften wurden alle Funktionäre verpflichtet, eine Erklärung zu
unterschreiben, welche diese These zurückwies. Konsequenz der Unterschrift war
ein Ausschluss aus der KPD, der Verweigerung ein Ausschluss aus der
Gewerkschaft. Die meisten Gewerkschafter entschieden sich gegen die KPD und für
die Gewerkschaften. Geschwächt wurde die KPD zwischen 1948 und 1952 auch durch
interne Auseinandersetzungen. Mit Hilfe der SED und der DDR-Regierung wurden
zwischen 1948 und 1952 Parteimitglieder aus Führungspositionen entfernt oder
ausgeschlossen, die sich für eine Tolerierung der politischen Strukturen der
Bundesrepublik Deutschland und für eine politische Arbeit in deren Rahmen
aussprachen. Die stellvertretenden Vorsitzenden Kurt Müller und Fritz Sperling
wurden 1950/51, u. a. durch Mithilfe des späteren Ehrenvorsitzenden der DKP Max
Reimann, in die DDR gelockt, dort verhaftet und zu langjährigen
Zuchthausstrafen verurteilt. → Hauptartikel: KPD-Verbot 1950 erließ die
Regierung Adenauer mit dem „Adenauer-Erlass“ ein erstes Berufsverbot für KPD-
und FDJ-Mitglieder im Öffentlichen Dienst. Auf dem Parteitag von 1951 übernahm
die KPD den durch die SED formulierten Aufruf zum nationalen Widerstand. Die
Bundesregierung beantragte am 23. November 1951 die Feststellung der
Verfassungswidrigkeit der KPD nach Art. 21 Abs. 2 GG durch das
Bundesverfassungsgericht und verbot zugleich die West-FDJ und zahlreiche
weitere „kommunistische Organisationen“. Im Januar 1952 wurde die
Geschäftsordnung des Bundestages geändert, wodurch die KPD den Fraktionsstatus
und damit das Recht verlor, Anträge und Anfragen zu stellen. Die
außerparlamentarische Agitation der Partei verschärfte sich daraufhin. Ab 1953
war die KPD mit 2,2 % (607.860 Wähler) im Bundestag nicht mehr vertreten und
konnte in der Folge nur noch in wenige Landtage einziehen. Obschon die KPD u.
a. ihr Ziel, den „revolutionären Sturz des Adenauer-Regimes“, kurze Zeit vor
dem Verbotsurteil fallengelassen hatte, erging am 17. August 1956 das
Parteiverbot. Zum Zeitpunkt ihres Verbots war die KPD noch in den
Landesparlamenten von Niedersachsen, Bremen und dem Saarland vertreten gewesen.
Bereits vor dem KPD-Verbot waren durch eine Änderung des Strafgesetzbuches
diverse kommunistische Aktivitäten unter dem Vorwurf der
Verfassungsfeindlichkeit sanktioniert worden.[42] In der Folge des Verbots kam
es zu vielen Tausenden von Ermittlungsverfahren, etwa 7.000 bis 10.000
rechtskräftigen Verurteilungen und zahlreichen Inhaftierungen. Mit den
Verfahren einher gingen in der Regel Entlassungen mit dauerhafter
Arbeitslosigkeit, und zwar oft selbst dann, wenn es aus Beweisnot nicht zu
einer Verurteilung gekommen war. Nach dem Beitritt des Saarlandes zur
Bundesrepublik wurde 1957 auch die Kommunistische Partei Saar als
Ersatzorganisation der KPD verboten. Innerhalb der Linken wird das Urteil bis
heute harsch kritisiert.[43] Illegale Tätigkeiten (1956–1968) Nach dem
KPD-Verbot setzten ehemalige Mitglieder ihre Tätigkeit illegal bis zur Gründung
der kommunistischen Kleinpartei DKP 1968 fort. Bis dahin kam es zu
Hausdurchsuchungen, Festnahmen und gerichtlichen Verurteilungen, darunter des
NRW-Landtagsabgeordneten Josef Angenfort, der mehrmals verhaftet und zu
Haftstrafen verurteilt wurde. Viele Mitglieder des Parteivorstands gingen in
die DDR, von wo sie teilweise konspirativ in die Bundesrepublik zurückkehrten,
um ihre Arbeit fortzusetzen. Für die Bundestagswahl 1957 hatte die KPD zur Wahl
der SPD aufgerufen.[44] In den 1960er Jahren veränderten sich die
Voraussetzungen für die Legalisierung einer kommunistischen Partei, die die KPD
stets als Wiederzulassung angestrebt hatte. Der Neukonstituierung der kommunistischen
Partei in der Gestalt der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) am 22.
September 1968 ging im Juli 1968 ein Gespräch von zwei Funktionären der KPD mit
dem Justizminister Gustav Heinemann der regierenden Großen Koalition voraus, in
dem dieser eine Wiederzulassung der KPD ablehnte und die Gründung einer neuen
Partei als den Weg für eine Legalisierung der politischen Arbeit von
Kommunisten in der Bundesrepublik empfahl.[45] → Hauptartikel: Deutsche
Kommunistische Partei und K-Gruppe Ergebnisse bei Bundes- und Landtagswahlen Bundestagswahlergebnisse
Wahltag Stimmenanzahl Stimmenanteil Mandate 14. August 1949 1.361.706 5,7 % 15 6.
September 1953 611.317 (Erststimmen) 607.860 (Zweitstimmen) 2,2 % (Erststimmen)
2,2 % (Zweitstimmen) – Im Parlamentarischen Rat (1948/49) hatte die KPD zwei
Vertreter. Am 17. August 1956 wurde die KPD verboten. Landtagswahlergebnisse in
Prozent Jahr BD BW BY BE 1 HB HH HE NI NW RP SL 2 SH WB WH 1946 – 5,3 6,1 19,8 11,5
* 10,4 * 9,8 10,7 10,0 10,3 * – 1947 7,4 – 8,8 5,6 * 14,0 * 8,7 * 8,4 4,7 7,3 1948
– n. k. 1949 – 7,4 1950 – 1,9 n. k. 4,7 5,5 2,2 4,9 1951 – 6,4 1,8 4 4,3 1952 –
4,4 3 9,5 – – 1953 – 3,2 – – 1954 – 2,1 2,7 3,4 3,8 2,1 – – 1955 – 5,0 1,3 4 3,2
6,6 – – 1956 – 3,2 – – Einzug in den Landtag * Beteiligung an der anschließend
gebildeten Landesregierung Höchstes Ergebnis in dem Bundesland, ohne Einzug in
den Landtag 1 Ergebnisse der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED);
für die weiteren Wahlergebnisse bis 1989 siehe Sozialistische Einheitspartei
Westberlins (SEW). 2 Ergebnisse der Kommunistischen Partei Saar (KPS). 3 Da bei
der Wahl zur Verfassunggebenden Landesversammlung in Baden-Württemberg 1952 die
5-%-Hürde in den einzelnen Landesteilen galt, zog die KPD in den Landtag
ein.[46] 4 Keine Sperrklausel In der Sowjetischen Besatzungszone (Länder
Brandenburg, Mecklenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen) fanden 1946
teilweise freie Landtagswahlen statt. Die SED erreichte auf das gesamte Gebiet
der SBZ bezogen 47,5 % der Stimmen. Die Scheinwahlen 1950 erbrachten offiziell
in jedem der fünf Länder über 99 % für die Einheitslisten der Nationalen Front.
Weiterführende Informationen Siehe auch Kommunistische Partei Schubkastenverordnung
Liste der Mitglieder der Zentralen der KPD (1918–1924) Liste der Mitglieder der
Zentralkomitees der KPD (1925–1945) Literatur übergreifend Eric D. Weitz:
Creating German communism, 1890–1990. From popular protests to socialist state.
Princeton University Press, Princeton NJ u. a. 1997, ISBN 0-691-02594-0. Klaus
Kinner (Hg.): Der Deutsche Kommunismus – Selbstverständnis und Realität, 4
Bände, Karl-Dietz-Verlag, Berlin 1999ff. KPD 1918 bis 1945 Ossip K. Flechtheim:
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der Militärpolitik der KPD (1918-1945), (Militärverlag der Deutschen
Demokratischen Republik) Berlin 1987. ISBN 3-327-00278-9. Bert Hoppe: In
Stalins Gefolgschaft. Moskau und die KPD 1928–1933. Oldenbourg, München 2007,
ISBN 978-3-486-58255-0, (Studien zur Zeitgeschichte 74), (Zugleich: Berlin,
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deutsche Kommunismus. Selbstverständnis und Realität. Band 1: Die Weimarer
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Widerstand in Nazideutschland. Vorw. Peter Gingold. Pahl-Rugenstein Verlag,
Bonn 1999, ISBN 978-3-89144-262-3; Erstausgabe: Communist resistance in Nazi
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das Stalintrauma die DDR prägte. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2019,
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1969. Der Weg in den Abgrund. Das Schaltjahr 1928 – Die KPD am Scheideweg (Teil
I) und Biographische Forschungen zur KPD-Geschichte (Teil II). Kolloquium zur
historischen Sozialismus- und Kommunismusforschung. Pankower Vorträge 51 u. 52,
Helle Panke, Berlin 2003. Hermann Weber, Andreas Herbst: Deutsche Kommunisten.
Biographisches Handbuch 1918 bis 1945. Dietz, Berlin 2004, ISBN 3-320-02044-7
(2. Aufl., 2008 hier online recherchierbar; Online-Rezension auf hagalil.com) Hermann
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Deutschland, Russland, Komintern. I. Überblicke, Analysen, Diskussionen. Neue
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Communism as Mass Movement 1918-1933, Lawrence & Wishart, London 2017. KPD
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Mensing, Manfred Wilke: Nehmen oder Annehmen. Die verbotene KPD auf der Suche
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Partei Deutschlands. In: Richard Stöss (Hrsg.): Parteien-Handbuch. Die Parteien
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Sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin 39), S.
1663–1809. Herbert Mayer: Durchsetzt von Parteifeinden, Agenten, Verbrechern
...? Zu den Parteisäuberungen in der KPD (1948–1952) und der Mitwirkung der
SED, Band 29 der Reihe „Hefte zur DDR-Geschichte“ bei Helle Panke e.V., Berlin
1995. Filme Brennende Ruhr (Deutscher Fernsehfunk 1967; Regie: Hans-Erich
Korbschmitt, nach dem gleichnamigen Roman von Karl Grünberg) Ernst Thälmann –
Sohn seiner Klasse Ernst Thälmann – Führer seiner Klasse Das Lied vom Trompeter
Max Hölz. Ein deutsches Lehrstück Wolz – Leben und Verklärung eines deutschen
Anarchisten Weblinks Commons: Kommunistische Partei Deutschlands – Sammlung von
Bildern, Videos und Audiodateien Zur Sozialgeschichte der KPD 1918 bis 1933 Protokoll
des Gründungsparteitages der Kommunistischen Partei Deutschlands Auszüge aus
dem KPD-Aufruf vom 11. Juni 1945 (PDF; 38 kB) Liste der
KPD-Reichstagsabgeordneten während der Weimarer Republik mit Links zu den
Einträgen in den Reichstagshandbüchern in den einzelnen Wahlperioden (Datenbank
der Reichstagsabgeordneten 1919 – 1933/38) Übersichtskarte zu den Ergebnissen
der KPD bei den Reichstagswahlen in der Weimarer Republik nach Wahlkreisen Mario
Keßler: Die KPD und der Antisemitismus in der Weimarer Republik (PDF; 94 kB) Peter
Berens: Die ´Atomisierung` der KPD zwischen 1923 – 1927 am Beispiel des
KPD-Bezirks Ruhrgebiet (PDF; 5 MB) Die Kommunistische Arbeiterpartei
Deutschlands (KAPD) war eine kommunistische Partei während der Weimarer
Republik, die linke, antiparlamentaristische und rätekommunistische Positionen
vertrat. Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Siehe auch 3 Literatur 4 Weblinks Geschichte
Die KAPD wurde am 4./5. April 1920 von Mitgliedern des linken Flügels der
Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) gegründet, die auf dem Heidelberger
Parteitag der KPD (20.–23. Oktober 1919) durch die Zentrale Leitung unter Paul
Levi ausgeschlossen worden waren. Viele von ihnen waren vor der KPD-Gründung in
der Gruppe Internationale Kommunisten Deutschlands aktiv. Ihr Hauptziel war die
sofortige Beseitigung der bürgerlichen Demokratie und die Konstituierung einer
Diktatur des Proletariats, wobei eine Diktatur einer Partei nach russischem
Vorbild verworfen wurde. Die KAPD lehnte, anders als die KPD, insbesondere die
leninistische Organisationsform des sogenannten demokratischen Zentralismus,
die Teilnahme an Wahlen und die Mitarbeit in reformistischen Gewerkschaften ab.
Eine wichtige Rolle für die KAPD spielten die niederländischen kommunistischen
Theoretiker Anton Pannekoek und Herman Gorter, die nach dem Vorbild der KAPD in
den Niederlanden die KAPN ins Leben riefen, die freilich niemals die Bedeutung
der Schwesterpartei in Deutschland erreichte. Hintergrund für die Gründung der
KAPD war der Kapp-Putsch. Er hatte nach Ansicht des linken Flügels in der KPD
gezeigt, dass das Verhalten der KPD-Parteileitung gleichbedeutend mit einem
Aufgeben des revolutionären Kampfes war, da die KPD eine mehrmals wechselnde
Haltung zum Generalstreik eingenommen und im Bielefelder Abkommen vom 24. März
1920 einer Entwaffnung der Roten Ruhrarmee zugestimmt hatte. Die Berliner
Bezirksgruppe rief zum 3. April 1920 einen Kongress der linken Opposition ein.
Dort wurde beschlossen, sich als die „Kommunistische Arbeiter-Partei
Deutschlands“ zu konstituieren. Die Delegierten vertraten nach Schätzungen
80.000 KPD-Mitglieder. Die neu gegründete Partei trat für die Ablehnung der
parlamentarischen Tätigkeit und den aktiven Kampf gegen den bürgerlichen Staat
ein. Sie arbeitete in der Folgezeit eng mit der AAUD zusammen. Hochburgen der
Partei lagen in Berlin, Hamburg, Bremen und Ostsachsen, wo sich jeweils ein
Großteil der KPD-Mitglieder der neuen Partei anschloss. Im August 1920 erfolgte
der Ausschluss der Hamburger Gründungsmitglieder Heinrich Laufenberg und Fritz
Wolffheim, die nationalbolschewistische Ideen vertreten hatten. Zwei Monate
später wurde auch Gründungsmitglied Otto Rühle ausgeschlossen. Die KAPD war 1920
bis 1921 kooptiertes Mitglied der III. Internationale. 1921 kooperierte die
KAPD bei der Märzaktion wieder mit der KPD. Ausgelöst wurde dies durch den
Einmarsch von Truppen der Weimarer Republik in das mitteldeutsche
Industriegebiet, wobei KAPD und KPD befürchteten, dass das Militär die Betriebe
besetzen wollte. Ende 1921 kam es zu einer weiteren Absplitterung, als sich
Teile der AAUD um Rühle, Franz Pfemfert und Oskar Kanehl von der KAPD trennten
und die AAUE gründeten. Nach 1921, als die KAPD noch über 43.000 Mitglieder
verfügte, verlor die die Partei mehr und mehr an Bedeutung und spaltete sich
1922 in die „Berliner Richtung“ und die „Essener Richtung“ um Alexander Schwab,
Arthur Goldstein, Bernhard Reichenbach und Karl Schröder. Hauptgrund war die
Ablehnung der Beteiligung an betrieblichen Tageskämpfen in einer als
revolutionär eingeschätzten Situation durch die Essener. Die Gründung einer
Kommunistischen Arbeiter-Internationale (KAI) 1922 durch die KAPD der „Essener
Richtung“ (die „Berliner Richtung“ lehnte diesen Schritt als verfrüht ab),
gemeinsam mit den Gruppen um Herman Gorter in den Niederlanden, um Sylvia
Pankhurst in Britannien und weiteren Gruppen in Belgien, Bulgarien und unter
Exilanten aus der Sowjetunion war wenig erfolgreich. Die KAI, deren Sekretariat
von der deutschen Sektion dominiert wurde, zerfiel bis 1925. 1926/1927 kam es
zum kurzfristigen Zusammenschluss der KAPD (Berliner Richtung) mit der
Entschiedenen Linken um den aus der KPD ausgeschlossenen Abgeordneten Ernst
Schwarz. Diese Fusion führte innerhalb der KAPD zu einer weiteren Spaltung, da
Schwarz sein Abgeordnetenmandat nicht niederlegte, wie es eine Minderheit der
Mitglieder forderte, die sich nach dem darauf erfolgten Austritt um die
Zeitschrift Vulkan gruppierte. Widerstandsgruppen gegen den
Nationalsozialismus, die in der Tradition der KAPD standen, waren die Roten
Kämpfer und die Kommunistische Räte-Union im Raum Braunschweig. Genuine
KAPD-Widerstandsgruppen gab es im Ruhrgebiet, in Leipzig (wo die örtliche
KAPD-Gruppe in ihrer Druckerei auch Materialien für andere Widerstandsgruppen
erstellte), in Königsberg und im litauischen Memel. Weitere bekannte Mitglieder
der KAPD waren die Schriftsteller Franz Jung, Adam Scharrer und Friedrich
Wendel, der Künstler Heinrich Vogeler, der Pressefotograf John Graudenz, der
Anthropologe Paul Kirchhoff, die Anführer bewaffneter kommunistischer
Partisanengruppen 1920/1921 Max Hölz und Karl Plättner, die rätekommunistischen
Theoretiker und Aktivisten Fritz Rasch, Paul Mattick und Jan Appel sowie August
Merges, der 1918/1919 kurzzeitig Präsident der Sozialistischen Republik
Braunschweig war. Siehe auch Liste linkskommunistischer Organisationen in der
Weimarer Republik Literatur Hans Manfred Bock: Syndikalismus und Linkskommunismus
von 1918–1923. Zur Geschichte und Soziologie der Freien Arbeiter-Union
Deutschlands (Syndikalisten), der Allgemeinen Arbeiter-Union Deutschlands und
der Kommunistischen Arbeiter-Partei Deutschlands (= Marburger Abhandlungen zur
Politischen Wissenschaft. Bd. 13, ISSN 0542-6480). Hain, Meisenheim am Glan
1969 (Zugleich: Marburg, Universität, Dissertation, 1968). Hans Manfred Bock:
Geschichte des „linken Radikalismus“ in Deutschland. Ein Versuch (= Edition
Suhrkamp 645). Suhrkamp, Frankfurt am Main 1976, ISBN 3-518-00645-2.