Der Kaiser in Nowo-Georgiewsk (Parade der Sächsischen Landwehr-Brigade am 20. August 1915).
Abgebildet sind: Kaiser Wilhelm II., Prinz Joachim, Prinz Oskar, Generaloberst von Beseler, Generalfeldmarschall von Hindenburg, General von Ludendorff, General von Falkenhayn.
Originale, großformatige Offset-Lithographie von 1915.
Nach einer Originalzeichnung von Professor Anton Hoffmann, München.
In der Platte signiert.
An der rechten unteren Ecke mit eingeprägtem Adelswappen.
Größe 415 x 300 mm.
Mit minimalen Alterungs- und Gebrauchsspuren, sonst sehr guter Zustand.
Hervorragende Bildqualität auf Kunstdruckpapier – extrem selten!!!
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Geboren 1863 in Bayreuth, gestorben 1938 in München. Bezog 1889 die Münchner Akademie und war von 1890 - 1895 Schüler von Gabriel von Hackl und Wilhelm von Diez. Stellte ab 1896 häufig im Glaspalast aus. Später als Illustrator für die Zeitschrift "Fliegende Blätter" tätig. In seiner Malerei zeigt sich der Künstler als treuer Dietz-Schüler, der gleich seinem Lehrer bevorzugt Motive aus dem Dreißigjährigen Krieg thematisierte. Die Farbigkeit seiner Gemälde ist naturgetreu, kräftige Töne finden sich nie ohne Härte. Der Farbauftrag erfolgt in großzügigen, breiten, aber immer wieder absetzenden und unruhig gestrichenem Pinsel und verrät des Künstlers persönliche Handschrift. Das Licht konzentriert A. Hoffmann stets auf das künstlerische Zentrum des Bildes, das Hauptgeschehen. Anton Hoffmann gehört den großen bayerischen Militär- und Historienmalern. Modlin (im 19. Jahrhundert von den Russen Nowogeorgiewsk benannt, auf polnisch Twierdza Modlin) ist der Name einer großen Festung bzw. deren Ruine in Polen, am Zusammenfluss von Weichsel und Bug, 50 km nordwestlich von Warschau. Einige ältere Quellen weisen darauf hin, dass Karl XII. von Schweden zuerst die große strategische und taktische Bedeutung dieses Platzes bemerkte und den hier liegenden Flecken Modlin befestigen ließ. Es gibt weitere Vermutungen, dass die Schweden schon in 1656 die Bugskansen, Bug-Schanze, unter König Karl X. Gustav anlegten. Napoleon I. erweiterte 1807 die Wälle und begann den Bau der eigentlichen Festung; doch war dieser noch nicht beendet, als die Russen die Festung einschlossen und den französischen General Daendels am 1. Dezember 1813 zur Kapitulation zwangen. Kaiser Alexander I. setzte die Festungsarbeiten fort, bis die Polen während des Aufstandes 1830 sich der Festung bemächtigten. Von General Golowin blockiert, ergab sich der polnische Kommandant Ignacy Graf Ledóchowski am 7. Oktober 1831 bedingungslos. Seitdem ließ Kaiser Nikolaus I. die Festung durch den General Dehn vollständig umbauen. Die Festung bestand (in den 1880ern, laut Meyers 4. Aufl.) aus bombenfesten, nur für die Garnison bestimmten Gebäuden, umringt von gewaltigen, bis 40 Meter hohen Wällen, die ihrerseits von einer langen Reihe von Außenwerken umgeben waren. Nowogeorgiewsk bildete zusammen mit Warschau, Iwangorod und Brest-Litowsk das „polnische Festungsviereck“. Während des Ersten Weltkrieges eroberte der deutsche General Hans von Beseler die Festung am 20. August 1915 von den Russen. In der Schlacht um Modlin wurde die Festung zwischen dem 13. und 29. September 1939 von polnischen Streitkräften unter Leitung von General Wiktor Thommée gegen den deutschen Angriff verteidigt. Wilhelm II., mit vollem Namen Friedrich Wilhelm Albert Victor von Preußen, (* 27. Januar 1859 in Berlin, Preußen; † 4. Juni 1941 in Doorn, Niederlande) entstammte der Dynastie der Hohenzollern und war von 1888 bis 1918 Deutscher Kaiser und König von Preußen. Einleitung Die dreißigjährige Regentschaft Wilhelms II. im Deutschen Reich (von 1888 bis 1918) wird als die wilhelminische Epoche bezeichnet. Herausragende Merkmale waren das Streben des Kaisers nach nationalem Prestige und die Versuche, das Reich in den Rang einer Weltmacht zu erheben. Eng verbunden mit diesem Anspruch war die militärische Aufrüstung des Kaiserreichs und die Forcierung der Kolonialpolitik in Afrika und der Südsee. Dies und die Verwicklung des Deutschen Reichs in verschiedene internationale Krisen (zum Beispiel Krügerdepesche 1896, Marokko-Krisen 1905/06 und 1911, Daily-Telegraph-Affäre 1908) führte zu einer Destabilisierung der Außenpolitik. Die Vorliebe Wilhelms für militärischen Prunk, die sich beispielsweise in zahlreichen Paraden zu den unterschiedlichsten Anlässen ausdrückte, führte auch gesellschaftlich zu einer Überbetonung des Militärs und militärischer Hierarchien bis hinein ins zivile Leben der deutschen Gesellschaft, in der für eine berufliche Laufbahn – nicht nur im Verwaltungsapparat – die Ableistung des Militärdienstes und der militärische Rang eines Menschen von entscheidender Bedeutung war (Militarismus). Der wirtschaftliche Aufschwung Deutschlands während Wilhelms Regentschaft, verbunden mit technologischem, naturwissenschaftlichem und industriellem Fortschritt, begünstigte eine auch vom Kaiser mit getragene allgemein verbreitete Technik- und Fortschrittsgläubigkeit. Innenpolitisch setzte er die für ihre Zeit als modern und fortschrittlich geltende Sozialpolitik Bismarcks fort und erweiterte sie. Er setzte sich für die Abschaffung des Sozialistengesetzes ein und suchte, teilweise erfolglos, den Ausgleich zwischen ethnischen und politischen Minderheiten. Wilhelm II. wollte sowohl die Innen- als auch Außenpolitik des Reiches wesentlich stärker als sein Großvater Wilhelm I. beeinflussen. Das „persönliche Regiment“ des Kaisers war aber in Wirklichkeit eine von häufig wechselnden Beratern gesteuerte Politik, die die Entscheidungen Wilhelms im Urteil der meisten Historiker oft widersprüchlich und letztlich unberechenbar erscheinen ließen. Wilhelm II. nutzte durch seinen sprunghaften Charakter die Macht, die ihm die Reichsverfassung zugestand, nie konsequent, musste aber immer wieder erleben, dass diejenigen, die ihn zu schwerwiegenden Entscheidungen drängten, sich hinter seinem Rücken versteckten, als sich deren Misserfolg abzeichnete. Die Marokkokrisen oder die Erklärung des unbeschränkten U-Boot-Krieges sind nur zwei Beispiele für Entscheidungen anderer Personen, die den Ruf des Kaisers heute nachhaltig belasten. Auch war seine Amtszeit von politischen Machtkämpfen zwischen den einzelnen Parteien geprägt, die es den amtierenden Kanzlern nur schwer möglich machten, längerfristig im Amt zu bleiben. So wurden im Kampf zwischen dem sog. Nationalliberal-Konservativen Kartell, Bülow-Block und Sozialdemokraten fünf von sieben Kanzlern unter kritischem Mitwirken des Parlaments entlassen. Während des Ersten Weltkriegs von 1914 bis 1918 wurde Wilhelms strategische und taktische Unfähigkeit offenbar. Ab 1916 enthielt er sich zunehmend relevanter politischer Entscheidungen und gab die Führung des Reiches faktisch in die Hände der Obersten Heeresleitung, namentlich in die der Generäle von Hindenburg und Ludendorff, die die Monarchie während der letzten Kriegsjahre mit starken Zügen einer Militärdiktatur versahen. Als Wilhelm II. sich nach Ende des „großen Kriegs” in Folge der Novemberrevolution, die zum Ende der Monarchie und zur Ausrufung der Republik führte, zur Abdankung und zur Flucht ins Exil nach Holland entschloss, hatte das deutsche Kaiserreich den Krieg verloren. Etwa 10 Millionen Menschen waren auf den Schlachtfeldern gefallen. Kindheit und Jugend Wilhelm II. wurde am 27. Januar 1859 in Berlin als ältester Sohn des Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen (1831–1888) (vom 9. März bis 15. Juni 1888 Deutscher Kaiser Friedrich III.) und dessen Frau Victoria (1840–1901) geboren und war somit Enkel Kaiser Wilhelms I. (1797–1888) und der englischen Königin Victoria (1819–1901). Die Geburt Wilhelm des Zweiten war ausgesprochen schwierig, der Prinz kam als Steißgeburt zur Welt und überlebte nur durch das couragierte Eingreifen einer Hebamme, die das leblose Baby ganz gegen das Protokoll mit einem nassen Handtuch schlug. Der linke Arm des Kindes war so verletzt, dass er zeitlebens gelähmt und deutlich kürzer blieb. 101 Salutschüsse verkündeten das freudige Ereignis, eine jubelnde Menschenmenge versammelte sich vor dem Kronprinzenpalais, die Thronfolge im Hause Hohenzollern war gesichert. Keinen gesunden Thronfolger geboren zu haben, empfand Prinzessin Victoria als persönliches Versagen und war nur schwer bereit, die Behinderung des Sohnes zu akzeptieren. Kronprinz Wilhelm erlebte eine Kindheit voll Torturen, nichts blieb unversucht, seine Behinderung zu beheben. Legendär sind Kuren wie das Einnähen des kranken Armes in ein frisch geschlachtetes Kaninchen oder Metallgerüste, die Wilhelm umgeschnallt wurden, um seine Haltung zu verbessern. Wilhelm, von Geburt an durch diesen verkümmerten Arm behindert, verbrachte laut eigenen Aussagen „eine recht unglückliche Kindheit“. Wie im Hochadel üblich, traten seine Eltern als unmittelbare Erzieher ganz hinter seinem calvinistischen Lehrer Georg Ernst Hinzpeter zurück. Als Siebenjähriger erlebte er den Sieg über Österreich-Ungarn 1866 mit der daraus resultierenden Vorherrschaft Preußens in Deutschland. Mit zehn Jahren, im damals üblichen Kadettenalter, trat er beim 1. Garde-Regiment zu Fuß formell als Leutnant in die preußische Armee ein. Als Zwölfjähriger wurde er mit der Gründung des Deutschen Kaiserreiches nach dem Sieg über Frankreich 1871 auch übernächster Anwärter auf den deutschen Kaiserthron. Nach dem Abitur am Friedrichsgymnasium in Kassel trat er am 9. Februar 1877 seinen realen Militärdienst bei seinem Regiment (6.Kompagnie, Hauptmann v. Petersdorff) an. 1880 wurde er am 22. März, dem Geburtstag seines Großvaters Kaiser Wilhelm I., zum Hauptmann befördert. Bereits in diesen Jahren bildete sich bei ihm ein Verständnis seiner monarchischen Rolle, das den liberal-konstitutionellen Vorstellungen seiner Eltern zuwiderlief. Seine folgenden Lebensstationen sind unter dem Aspekt einer Erziehung zum Monarchen zu sehen: Er sollte möglichst vielerlei Erfahrungen sammeln, erhielt aber in keinem Feld, nicht einmal im militärischen, die Chance, sich beruflich solide einzuarbeiten. Zum Studium begab er sich an die von seinem Urgroßvater gegründete Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, wo er nichtschlagendes Mitglied des Corps Borussia wurde. 1881 heiratete er Prinzessin Auguste Viktoria von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg (22. Oktober 1858–11. April 1921). Bis 1888 war er dann wechselnden Regimentern zugeordnet, dem 1. Garde-Regiment zu Fuß, dann dem Garde-Husaren-Regiment und dem 1. Garde-Feldartillerie-Regiment, wurde schnell bis zum untersten Generalsrang (Generalmajor) befördert und zuletzt Kommandeur der 2. Garde-Infanterie-Brigade. Der Militärdienst wurde immer wieder durch Beurlaubungen unterbrochen, damit er sich auch soweit möglich mit der zivilen Verwaltung vertraut machen konnte. Sehr gründlich konnte dies nicht geschehen, denn immer mehr Eile war geboten: Sein Großvater stand im höchsten Alter, und sein Vater war mittlerweile todkrank. Für die Regierungsgeschäfte war dies weniger problematisch, als man vermuten konnte, da bereits seit 1862 Otto von Bismarck, zunächst als preußischer Ministerpräsident, ab 1871 als Reichskanzler die politische Macht fest in seiner Hand konzentriert hatte. Bismarck war nach drei siegreichen Kriegen (1864, 1866, 1870/71) und als Einiger Deutschlands zur stärksten kontinentaleuropäischen Macht ein weltweit respektierter Staatsmann. Wilhelm I. und Friedrich III. hatten ihm gelegentlich opponiert und am Ende stets vertraut. Von diesem Vertrauen hing allerdings nach der Reichsverfassung der Reichskanzler ab, nicht vom Vertrauen des Reichstags. Bismarck baute selbstbewusst darauf, auch den dritten Kaiser lenken zu können. Das Jahr 1888 ging als Dreikaiserjahr in die Geschichte ein. Nach dem Tode Wilhelms I. am 9. März 1888 regierte Friedrich III. aufgrund seiner bereits fortgeschrittenen Krankheit (Kehlkopfkrebs) nur für 99 Tage (der „99-Tage-Kaiser“). Friedrich III. starb am 15. Juni in Potsdam. An diese Konstellation hatte der 29-jährige Wilhelm II. bei seinem Amtsantritt anzuknüpfen. Er wünschte, ein Kaiser aller Deutschen zu sein. Regentschaft und Politik Soziale Reformen „[...], weil die Arbeiter meine Untertanen sind, für die ich zu sorgen habe! Und wenn die Millionäre nicht nachgeben, werde ich meine Truppen zurückziehen und wenn ihre Villen erst in Flammen stehen, werden sie schon klein beigeben!“ (Wilhelm II. zu Otto von Bismarck, als er sich weigerte, Soldaten zur Niederschlagung eines Streiks im Ruhrgebiet zu schicken.) Dieses Zitat und andere Äußerungen Wilhelms in den ersten Jahren seiner Regentschaft weckten in der Arbeiterschaft zunächst Hoffnungen auf einen sozialen Wandel im Reich. Die Sozialpolitik lag Wilhelm II. durchaus am Herzen. Allerdings folgten seinen sozialen Reformen keine strukturellen Veränderungen im Reich. Im Gegenteil, er baute seinen politischen Einfluss noch aus und lehnte eine Demokratisierung der Verfassung ab. Preußen behielt das seit Anfang der 1850-er Jahre bestehende undemokratische Dreiklassenwahlrecht, das eine repräsentative Landtagsvertretung verhinderte. Nach wie vor wurde die Regierung nicht vom Reichstag gewählt, sondern vom Kaiser ohne Berücksichtigung der parlamentarischen Verhältnisse bestimmt oder entlassen. Es war dem Kanzler aber auch nicht möglich ohne Mehrheit im Parlament Gesetze zu erlassen oder den Haushalt zu beschließen. Das Parlament war in seiner Macht, als echte Legislative, nicht zu unterschätzen. Bei alledem forderte Kaiser Wilhelm II. noch während Bismarcks Kanzlerschaft am 178. Geburtstag Friedrichs des Großen in einer Proklamation an sein Volk, mit der Devise: „Je veux être un roi des gueux“ (frz.; zu dt.: „Ich will ein König der armen Leute sein“) das Verbot der Sonntagsarbeit, der Nachtarbeit für Frauen und Kinder, der Frauenarbeit während der letzten Schwangerschaftsmonate sowie die Einschränkung der Arbeit von Kindern unter vierzehn Jahren. Außerdem forderte er bei dem zur Erneuerung anstehenden „Gesetz wider die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ („Sozialistengesetz“) die Streichung des Ausweisungsparagraphen, der die Polizei zur Ausweisung „gefährlicher Sozialisten“ aus ihrem Heimatort berechtigte. Reichskanzler Bismarck kommentierte dies als „Humanitätsduselei“ und verweigerte sich dem in seinen Forderungen durch den Reichstag unterstützten Kaiser. Seine Forderungen konnte der junge Kaiser erst mit dem Nachfolger Bismarcks durchführen, Leo von Caprivi. Allerdings war Wilhelm II. bei allen sozialen Ambitionen so wenig ein Freund der Sozialdemokratie, wie Bismarck es gewesen war. Im Gegenteil hoffte er, durch seine Reformen die Sympathien für die trotz der Sozialistengesetze erstarkte Sozialdemokratie zu schwächen und durch die Aufhebung des repressiven Sozialistengesetzes der 1890 von SAP in SPD umbenannten Partei ihren Märtyrerbonus zu nehmen. Die Sozialdemokraten ihrerseits ließen sich nicht von dem Reformen Wilhelms II. beeindrucken und setzten unter August Bebel aus ihrem antimonarchistischen Selbstverständnis heraus weiter auf Fundamentalopposition. Obwohl sie den Fortschritt der im Arbeitsschutzgesetz zusammengefassten Reformen sahen, stimmten sie im Reichstag dagegen. Sie forderten grundlegende strukturelle Veränderungen wie zum Beispiel eine Verfassungsänderung, Demokratisierung, ein ausgeweitetes Wahlrecht, Vorrang des Parlaments bei politischen Entscheidungen, eine Umstrukturierung des Haushalts, deutliche Senkung der Rüstungsausgaben, Freiheit für die Kolonien und anderes mehr, für den Kaiser unerfüllbare Anliegen, die seinen Hass auf die Sozialdemokratie noch steigerten. Der Wohlstand der deutschen Arbeiterschaft stieg von Jahr zu Jahr, doch gelang es Wilhelm II. nicht, den Arbeitern in den Städten das Gefühl zu geben, anerkannte Mitglieder der Gesellschaft zu sein, was zu starken Stimmenzuwächsen der Sozialdemokraten im Reichstag und den Landtagen der Länder führte. Diese Vorgänge ließen in Wilhelm II., der immer noch „ein König der Armen“ sein wollte, das Urteil reifen, dass eine Versöhnung mit den Sozialdemokraten nicht möglich sei. Er rief schließlich in Königsberg „zum Kampf für Religion, Sitte und Ordnung, gegen die Parteien des Umsturzes!“ auf. Überblick der unter der Herrschaft Wilhelms II. erlassenen sozialen Reformen 1889: Gesetz betreffend die Invaliditäts- und Altersversicherung vom 22. Juni (für Arbeiter) 1890: Aufhebung des Sozialistengesetzes 1890: Gründung von 31 Versicherungsanstalten – Vorläufer der Landesversicherungsanstalten (LVA) 1891: Auszahlung der ersten Renten an dauernd Erwerbsunfähige und an Arbeiter über 70 Jahre 1891: Arbeiterschutzgesetz vom 1. Juni (23. Novelle zur Reichsgewerbeordnung) mit Frauenschutz, eingeschränkter Nachtarbeit, Sonntagsruhe und Kinderschutz 1891: Einführung der staatlichen Gewerbeaufsicht 1891: Zulassung freiwilliger Arbeiterausschüsse in Betrieben 1891: Verbot der Sonntagsarbeit in Industrie und Handwerk 1892: Novellierung des Krankenversicherungsgesetzes mit Erweiterungen der Versicherungspflicht (Ausweitung auf Familienangehörige) 1895: Verbot der Sonntagsarbeit für das Handelsgewerbe. 1899: Invalidenversicherungsgesetz 1901: Förderung des Arbeiterwohnungsbaus 1905: Arbeiterausschüsse werden in Bergbaubetrieben zur Pflicht 1908: Höchstarbeitszeit, keine Nachtarbeit für Frauen und Jugendliche 1911: Reichsversicherungsordnung (RVO) 1911: Einführung der Hinterbliebenenrente 1911: Versicherungsgesetz für Angestellte 1911: Hausarbeitsgesetz (Regelung der Heimarbeit) 1916: Herabsetzung des Rentenalters für Arbeiter von 70 auf 65 Jahre 1916: Herabsetzung des Rentenalters für Frauen auf 60 Jahre Entlassung Bismarcks und Antritt Caprivis [Bearbeiten] In der letzten Periode der Regierungszeit Bismarcks hatte das Deutsche Reich einer „Kanzlerdiktatur“ geglichen, dessen politische Ziele nicht die des jungen Kaisers waren. Bismarck wollte Russland als einen starken Verbündeten, Wilhelm II. vertraute auf Österreich-Ungarn. Bismarck wollte den „Kulturkampf“ gegen den politischen Katholizismus fortsetzen, der Kaiser war strikt dagegen. Bismarck wollte das Sozialistengesetz verschärfen, Wilhelm II. wollte es abschaffen: „Ich will meine ersten Regierungsjahre nicht mit dem Blut meiner Untertanen färben!“ Als der Reichskanzler hartnäckig blieb, schickte der Kaiser am Morgen des 17. März 1890 den Chef seines Militärkabinetts, General v. Hahnke, in die Reichskanzlei: Der Kanzler solle am Nachmittag ins Schloss kommen und sein Abschiedsgesuch mitbringen. Dieses wurde ihm am nächsten Morgen aber nur durch einen Boten gebracht. Am 20. März 1890 entließ Wilhelm II. den Reichskanzler Otto von Bismarck. Bismarck überwand dies nie und sorgte indirekt durch vielfach lancierte Kritik an den „Hintermännern“ der wilhelminischen Politik und durch sein Memoirenwerk Gedanken und Erinnerungen für nachhaltige Kritik an Wilhelm II . (Der dritte Teil der Memoiren, in welchem Bismarck seine Entlassung darstellte, wurde in der Tat wegen extremer politischer Brisanz erst 1919 veröffentlicht, als Deutschland Republik geworden war.) Aus der Bismarckschen Darstellung geht explizit hervor, wie isoliert er zum Zeitpunkt der Entlassung schon war, dass er nicht einmal bei den Angehörigen seines eigenen Kabinetts Unterstützung fand und dass sein Stellverteter, Karl Heinrich von Boetticher, in seiner Abwesenheit und ohne seine Billigung mit dem Kaiser in dessen Sinne verhandelt hatte. Bismarck wollte das unterbinden und berief sich auf eine (38 Jahre alte) Kabinettsorder, die es den preußischen Ministern untersagte, ohne Billigung des Kanzlers mit dem Souverän zu sprechen. Damit war für den Kaiser das Maß voll und Bismarck musste „aus Gesundheitsgründen“ sofort zurücktreten. Der Rücktritt Bismarcks war somit zwar primär innenpolitisch begründet, aber langfristig gesehen vor allem außenpolitisch fatal. Bezeichnenderweise erinnerte man nur in Wien, nicht dagegen in St. Petersburg, sofort und explizit an Bismarcks Verdienste (Brief vom Kaiser Franz Joseph I.). Als Bismarcks Nachfolger ernannte Wilhelm II. den General Leo von Caprivi (1831–1899). Caprivi wurde vom Kaiser als „Mann der rettenden Tat“ gefeiert und ob seiner Leistungen in den Grafenstand erhoben. Mit Caprivi glaubte Wilhelm II. eine anerkannte Persönlichkeit gefunden zu haben, mit der er seine geplante Politik der inneren Versöhnung sowie das Arbeitsschutzgesetz durchzusetzen hoffte. Ein wichtiges außenpolitisches Ereignis fiel (quasi „genau passend“) in dieses Jahr des Kanzlerwechsels: Der Rückversicherungsvertrag mit Russland widersprach teilweise den Bedingungen des Dreibundpaktes mit Italien und Österreich-Ungarn. Der Kaiser war gegen ein Verletzen des letztgenannten Paktes, während Bismarck den Rückversicherungsvertrag seinerzeit für unbedingt notwendig gehalten hatte. Jetzt, 1890, ging es um seine Verlängerung. Von der Öffentlichkeit unbemerkt (es handelte sich ohnehin um einen Geheimvertrag), und von Caprivi hingenommen, wurde der auslaufende Rückversicherungsvertrag vom Deutschen Reich bewusst nicht erneuert. In Russland nahm man realistischerweise einen deutschen Kurswechsel an und begann, sich Frankreich anzunähern. Caprivis Kanzlerzeit war durch entschiedene Englandfreundlichkeit geprägt. Er war in der Innenpolitik einer der Hauptverantwortlichen für den Wandel des Deutschen Reiches von der Agrarwirtschaft zur industriellen Exportwirtschaft. Die in diesem Zeitraum gemachten Reformen erleichterten es, dass Deutschland wenig später Großbritannien überholte und zur Weltwirtschaftsmacht Nr. 1 aufstieg. Das „Made in Germany“ errang zu dieser Zeit den Status einer Garantie für höchste Qualität. Integrationspolitik Die turbulente Vereinigung des alten „Deutschen Bundes“ zu einem „Deutschen Reich“ ohne die deutschen Österreicher - die Kleindeutsche Lösung - brachte einige Probleme mit sich. Die rheinländische, süddeutsche und polnische Opposition gegen die preußische Vorherrschaft stützte sich auf ein sich politisierendes katholisches Bürger-, Arbeiter- und Bauerntum. Als Partei des politischen Katholizismus formierte sich das „Zentrum“. Die Versuche Bismarcks, die katholischen Parteien in ihrer Arbeit zu behindern, führte zu Eingriffen in das Leben der Katholiken. Auch die Judenintegration, die es vorher außer in Preußen nur in wenigen anderen Staaten gab, war jung, und der merkliche soziale Aufstieg der jüdischen Bevölkerung nährte Neid und Antisemitismus in der Bevölkerung. In den östlichen Gebieten Preußens, vor allem in der Provinz Posen, gab es eine starke Unterdrückung der polnischen Minderheit, die zu Unruhen und Gefühlen der Ungerechtigkeit führte. Der Kaiser erkannte die Ernsthaftigkeit dieser Probleme und bezeichnete sie als eine seiner Hauptaufgaben. Am besten gelang die Integrationspolitik mit den Katholiken. Sie waren durch den bismarckschen Kulturkampf benachteiligt und an der Teilnahme am politischen Leben, sowie bei der freien Ausübung ihrer Religion gehindert worden. Schon zu seiner Prinzenzeit war Wilhelm gegen diese Praktiken und befürwortete die Beendigung des Kulturkampfes. Um die Einigkeit zwischen Protestanten und Katholiken im Reich zu verbessern, zahlte das Reich die den Opfern vorenthaltenen Gelder zurück, hob allerdings nicht alle gefassten Beschlüsse und Gesetze dieser Zeit wieder auf. Die östlichen Provinzen Preußens (Ostpreußen, Westpreußen, Pommern und Schlesien) waren bis zur Vertreibung nach 1945 mehrheitlich von Deutschen bewohnt, minderheitlich von Polen, dazu regional von Kaschuben und Masuren. In der Provinz Posen (Poznan) stellten die Polen die Mehrheit. Seit der Bismarckzeit versuchte der Staat, die hier lebenden Polen zu germanisieren, was allerdings scheiterte und in offenen Protest mündete. Kaiser Wilhelm II. hob viele dieser Repressionen, die vor allem die Sprache des Unterrichts und später auch des Gottesdienstes regelten, auf und erkannte die Polen als eigenes Volk und Minderheit im Deutschen Reich an. Eine der umstrittensten Bereiche in der Einordnung der politischen Meinung des Kaisers ist seine Beziehung zum Judentum bzw. zum Antisemitismus. Die Historiker gehen hier in den Meinungen weit auseinander, je nachdem welche Quellen sie benutzen. Bei den Reichstagswahlen 1880 zogen zum ersten Mal mehrere antisemitische Parteien in den Reichstag ein. Mit fünf Abgeordneten bildeten sie die „Fraktion der Antisemiten“. Grund für den gestärkten Antisemitismus waren wohl die „Gründerkrise“ und die als relativ stark empfundenen wirtschaftlichen Erfolge jüdischer Unternehmer. Die Juden waren im 1871 gegründeten Deutschen Reich zum ersten Mal freie und gleiche Bürger: Die Einschränkungen, die sie, von Land zu Land unterschiedlich, teilweise zu Schutzbefohlenen eines Herrschers machten und ihnen wirtschaftliche Beschränkungen auferlegten oder ihnen bestimmte Berufsverbote erteilten, waren aufgehoben. Auch der Dienst beim Militär, in Schulen oder der Justiz stand ihnen jetzt offen. Als Reaktion auf den Antisemitismus entstanden gesellschaftliche Gruppen, die letzterem entgegenzuwirken versuchten. So bildeten besorgte Christen den Verein zur Abwehr des Antisemitismus, dem neben Heinrich Mann auch der Historiker Theodor Mommsen beitrat. Im Judentum entwickelten sich neben dem orthodoxen Glauben mehrere Strömungen, teilweise auch mit politischem Hintergrund. So gab es erstens die assimilierten Juden, die sich taufen ließen und das Christentum als Erfüllung des jüdischen Messias-Glaubens akzeptierten. Der jüdische so genannte Reform-Glaube (Reformjudentum) lehnte diese Art ab, passte sich aber in seiner Wesensart fast völlig den deutsch-christlichen Traditionen an. Er hielt Gottesdienst am Sonntag, nicht am Sabbat (Samstag), mit deutscher, nicht hebräischer Liturgie, hielt kürzere Gebete mit Orgeluntermalung und verzichtete auf traditionelle Gebetsbekleidung. Kaiser Wilhelm unterstützte diese Art der Religionsausübung sehr und finanzierte den Bau der Reform-Synagoge in der Berliner Fasanenstraße mit, an deren Einweihung er demonstrativ teilnahm. Eine dritte aufstrebende Richtung war der Zionismus, der die Gründung eines eigenen Judenstaates vorsah. Aus Angst, den Antisemitismus zu bestärken, lehnten die Reformgläubigen auch diese, sehr radikale, ursprüngliche Form des Glaubens ab und strich jegliche Passagen über das gelobte Land aus dem Gottesdienst. Der Kaiser unternahm eine Palästinareise mit Theodor Herzl, dem Begründer des modernen Zionismus in Europa. Auf dieser Reise stiftete er in Jerusalem die Erlöserkirche auf dem Muristangelände. Als Erinnerung an diese Expedition wurde dem Kaiser in Haifa 1982 ein Denkmal gesetzt. Bei seiner Integrationspolitik kam Kaiser Wilhelm II. der Parlamentarismus im Reich entgegen. Anders als heute gab es keine Fünf-Prozent-Hürde, welche das Entsenden von Abgeordneten aus kleineren Parteien verhinderte. So hatten Dänen (1-2 Abgeordnete), Elsass-Lothringer (8-15 Abgeordnete) und Polen (13-20 Abgeordnete) von 1871 bis zur letzten Wahl 1912 stets ihre Fraktion im Reichstag. Juden organisierten sich nicht in einer eigenen Partei. Dies widersprach ihrem Selbstverständnis, deutsche Staatsbürger zu sein, welches durch lange Tradition besonders in Preußen sehr stark ausgeprägt war. Das Wahlsystem grenzte aber auch politische Minderheiten nicht aus. Dies sorgte dafür, dass sich auch die reichsfeindlichen Welfen, aber vor allem die Antisemiten aus der Christlichsozialen Partei und der Deutschen Reformpartei organisieren konnten. Die Zahl ihrer Abgeordneten überschritt aber nie die Zahl der Abgeordneten aus den Parteien der ethnischen Minderheiten. Trotz dieser Unterstützung gibt es von Wilhelm II. mehrere Zitate, die einen antisemitischen Klang haben, so: „Ich denke gar nicht daran wegen der paar hundert Juden und der tausend Arbeiter den Thron zu verlassen!“ Ob er allerdings auf die Juden als Kollektiv schimpfte oder einzelne meinte, z.B. die ihn oft kritisch betrachtenden jüdisch geleiteten Zeitungskonzerne, ist unklar. Die Verurteilung der Juden als Volk ist aber unwahrscheinlich, da er in seinem Freundeskreis nie Unterschiede zwischen Deutschen jüdischer oder christlicher Abstammung machte. Der von Antisemiten geprägte und heute noch verwendete Begriff „Kaiserjuden“ verriet allerdings große Missbilligung von Teilen der Bevölkerung an diesen Kontakten. Wirtschaftspolitik und rüstungspolitische Prioritäten Caprivi setzte einen weiteren von Bismarck verwehrten Wunsch Wilhelms II. durch, die progressive Einkommenssteuer, die höhere Einkommen stärker belastete: die Miquelsche Einkommensteuerreform von 1891. Durch die industriefreundliche und exportorientierte Eindämmung des Protektionismus zog sich Caprivi die Feindschaft der im Bund der Landwirte organisierten Grundbesitzer („Ostelbier“, „Junker“) zu, der sehr eng mit der Konservativen Partei verwoben war. Die nach Abschaffung der Schutzzölle wachsenden Agrarexporte der USA bewirkten für sie einen Preisverfall. Durch die Förderung des Einsatzes von Agrarmaschinen konnte man die Verluste zwar teilweise auffangen, erhöhte aber die agrarprotektionistischen Ansprüche der ohnehin unterkapitalisierten und zu Investitionen genötigten Großgrundbesitzer. 1893 löste Wilhelm II. den 1890er Reichstag auf, jetzt, weil der die auch von ihm gewollte Aufrüstung des Heeres abgelehnt hatte. Im darauf folgenden Wahlkampf siegten die Befürworter der wilhelminischen Politik aus der Konservativen und Nationalliberalen Partei. Auch die von Alfred von Tirpitz propagierte Aufrüstung der Kaiserlichen Marine, im Volk populär (vgl. Matrosenanzug), wurde in der Folgezeit von Wilhelm gefördert (1895 Vollendung des heutigen Nord-Ostseekanals, Ausbau der Marinehäfen Kiel und Wilhelmshaven). In diesem Zusammenhang besetzte und pachtete das Deutsche Reich die chinesische Hafenstadt Tsingtao auf 99 Jahre. Wilhelm erkannte trotz seiner Englandfreundlichkeit nicht, dass damit die weltweite Hegemonialmacht Großbritannien aufs Äußerste beunruhigt wurde. Der anhaltende deutsche Kolonialismus – gegen den Bismarck sich noch gewehrt hatte – wurde von ihm nicht als riskant gegenüber den Großmächten England, Frankreich und Japan erkannt und eher gebilligt: 1899 erwarb das Reich die Karolinen, Marianen, Palau und Westsamoa. Wende in den Reichskanzlerberufungen und außenpolitische Dauerprobleme 1894 wurde Caprivi entlassen. Wilhelm berief erstmals einen Nichtpreußen, den Bayern Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, der weder Führungsehrgeiz entwickeln sollte noch entwickelte: 1896 versäumte er, Wilhelm von der Krüger-Depesche abzuhalten, einem Glückwunschtelegramm an die Buren zur Abwehr des britisch inspirierten Jameson Raid, die in Großbritannien mit Empörung aufgenommen und nachhaltig als Abkehr von der englandfreundlichen Politik Caprivis gedeutet wurde. 1900 ersetzte er Hohenlohe durch Graf Bernhard von Bülow, der als Reichskanzler weder die anstehenden innenpolitischen Reformen betrieb noch die sich umgruppierenden außenpolitischen Konstellationen (in Deutschland als Einkreisungspolitik verstanden) zu meistern vermochte. Das Verhältnis zu Frankreich wurde nicht verbessert, England nun auch durch die Flottenpolitik herausgefordert und Russland auf dem Balkan nicht gegen Österreich-Ungarn unterstützt (vgl. dagegen den Rückversicherungsvertrag der Bismarck-Epoche). Wilhelm hatte allerdings bis zur Daily-Telegraph-Affäre und den Eulenburg-Prozessen Vertrauen in Bülow, der sich ihm zudem durch Schmeichelei unentbehrlich machte. Friedenspolitisch ergriff Wilhelm II. erst 1905 eine Initiative: Zwecks Wiederannäherung an Russland, das gerade seinen Krieg gegen Japan zu verlieren drohte, schloss er mit Nikolaus II. den Freundschaftsvertrag von Björkö. Frankreich sollte einbezogen werden. Leider wurde aber der deutsch-russische Freundschaftsvertrag schon 1907 von Russland für gegenstandslos erklärt, weil er mit der französisch-russischen Annäherung, die inzwischen stattgefunden hatte, nicht verträglich sei. Diese Annäherung hatte sich ergeben, nachdem Wilhelm II. 1906 in der Ersten Marokkokrise durch seinen Besuch in Tanger Frankreich stark provoziert hatte. Resultat war überdies eine Verschlechterung der Beziehungen zu Japan, das bisher Preußen/Deutschland als wissenschaftlichen und militärischen Lehrmeister angesehen hatte. 1908 wurde Wilhelms Hilflosigkeit durch die Daily-Telegraph-Affäre deutlich: Er beschwerte sich in einem Interview der Zeitung über seine eigene Regierung: sie sei nicht englandfreundlich genug. Bismarck war ein Meister darin gewesen, seine Politik medial zu flankieren (vgl. die Emser Depesche 1870). Bei Wilhelm II. dagegen sollte das Interview und markige Reden die Politik ersetzen. Ein besonders eklatantes Beispiel gab der Kaiser mit der bereits am 27. Juli 1900 in Bremerhaven gehaltenen Hunnenrede. Mit dem Daily Telegraph-Interview fiel er nunmehr der Reichspolitik in den Rücken, knickte angesichts des deutschen Pressesturms ein und versprach, sich künftig zurückzuhalten. Inzwischen begann die Öffentliche Meinung überhaupt, den Kaiser kritisch zu sehen, und eine Kampagne schadete ihm konkret: Schon 1906 hatte der Journalist Maximilian Harden in seiner Zeitschrift Die Zukunft die Kamarilla um den Kaiser und damit das persönliche Regiment des Kaisers angegriffen. Zu besonders harten Auseinandersetzungen führte seine Enthüllung, dass Philipp von Eulenburg und Hertefeld, ein enger Freund und Berater des Kaisers, homosexuell sei und einen Meineid geleistet habe. Es folgten drei Sensationsprozesse gegen Eulenburg, die trotz „freisprechenden“ Urteils das Ansehen des Kaisers beschädigten. 1909 zerbrach der so genannte Bülowblock, in dem sich die regierungsunterstützenden linksliberalen Parteien, sowie die Nationalliberale und die Konservative Partei zusammengeschlossen hatten. Auslöser war der Versuch Bülows, das preußische Wahlrecht zu reformieren, worauf ihm die im Preußischen Landtag dominierenden Konservativen die Gefolgschaft verweigerten. Sozialdemokraten und Zentrum, die diesen Versuch in seinen Grundsätzen unterstützen, verweigerten trotzdem die Zusammenarbeit mit Bülow. Sie warfen ihm Prinzipienlosigkeit vor, da er erst kurz zuvor in Zusammenarbeit mit den Konservativen neue Repressalien gegen die Polen durchgesetzt hatte. Die Germanisierungspolitik wurde auf Betreiben Kaiser Wilhelms II. beendet. Dass Bülow nun aber, um sich die Loyalität der Konservativen Partei zusichern, die Enteignung von polnischen Gütern erleichterte, ignorierte der Kaiser zunächst, um die stabile Parlamentsmehrheit nicht zu gefährden. Daraufhin entließ er ihn jedoch und ernannte Theobald von Bethmann Hollweg zum Reichskanzler. Er überließ ihm die Außenpolitik, die aber ihre Ziele - Wiederannäherung an England und Distanzierung von der antirussischen Balkanpolitik Österreich-Ungarns - nicht erreichte. Die antifranzösische Politik wurde 1911 in der zweiten Marokkokrise durch deutschen Interventionismus verschärft (der „Panthersprung nach Agadir“), Heer und Flotte wurden weiter verstärkt. Markante Eingriffe Wilhelms unterblieben. Der Kaiser war zwar Militarist, aber kein Bellizist, er wollte trotz seiner kriegerischen Reden im Grunde keinen Krieg. Er tat aber auch zu wenig, um dies deutlich zu machen. Insgesamt ist Wilhelms II. Anteil an der deutschen Außenpolitik umstritten. Während John C. G. Röhl in ihm eine wirkungsmächtige Instanz hervorhebt, die in die Politik des Reiches eigenständig eingriff, sieht die Mehrzahl der Historiker wie Wolfgang Mommsen die zivile Reichsleitung im Zentrum der Verantwortung. Unbestreitbar ist, dass der Kaiser nicht als Koordinator zwischen Außen-, Heeres- und Flottenpolitik wirkte. So kam es, dass Reichskanzler, Heeres- und Marineleitung je unterschiedliche Ziele verfolgten, die miteinander nicht verträglich waren: Vor allem der Aufbau der Flotte schuf ein außenpolitisches Problem. Erster Weltkrieg 1914 in der Julikrise spielte Wilhelm II. eine ambivalente Rolle. Er wollte den Frieden retten und auf der Monarchenebene versuchte er sein Bestes, einen fieberhaften Briefwechsel mit dem russischen Kaiser (Lieber Nicky! – Lieber Willy!), der bei der nunmehr objektiven Kriegsentschlossenheit sämtlicher Kontinental-Großmächte gar nichts bewirkte. Objektiv jedoch steigerte der Kaiser die Kriegsgefahr: Denn er ermächtigte Bethmann Hollweg nach dem Attentat von Sarajewo am 28. Juni 1914, Österreich-Ungarn eine Blankovollmacht für dessen aggressive Politik gegen Serbien zu erteilen. Faktisch wurde nach der österreichisch-ungarischen Kriegserklärung an Serbien die Außenpolitik von Kaiser und Kanzler dem deutschen Generalstab überlassen: Die Mobilmachung im Russischen Reich erlaubte es nach dessen Urteil dem Deutschen Reich nicht, mit der Kriegserklärung an Russland und Frankreich länger zu warten, da sonst der deutsche Schlieffenplan, bei einem Zweifrontenkrieg erst schnell Frankreich, dann Russland zu schlagen, undurchführbar zu werden drohte. Wilhelm mischte sich in der Folge nicht in militärische Zielsetzungen ein, überließ diese aber nicht verfassungsgemäß dem Reichskabinett, sondern der Obersten Heeresleitung. Im Verlauf des Ersten Weltkrieges 1914–1918 wurde die Bedeutung des Kaisers immer geringer. Besonders mit der 3. Obersten Heeresleitung unter Hindenburg und dem dominierenden Ludendorff wurde er 1916–1918 zunehmend von den politisch-militärischen Entscheidungen ausgeschlossen. Jedoch schob die Heeresleitung ihm 1917 die auch im Reich umstrittene Entscheidung über den „uneingeschränkten“ U-Boot-Krieg zu. Er schloss sich – gegen den Rat seines Reichskanzlers – der Meinung der Militärs an und willigte ein, was dann zur Kriegserklärung der USA führte. Diese machten später die Abdankung des Kaisers zur Bedingung für die Eröffnung von Friedensverhandlungen. Ab 1917 hatte Ludendorff eine faktisch diktatorische Position. Auf weitere Reichskanzlerwechsel nahm Wilhelm II. keinen Einfluss, die 1918er Reform der Reichverfassung in Richtung auf eine parlamentarische Monarchie wurde ohne ihn versucht. Durch den Hungerwinter 1917/18 und das völlige Desaster der Kriegsführung, spätestens nach der gescheiterten Frühjahrsoffensive im Westen 1918, war Wilhelm II. im Reich unhaltbar geworden. Dazu kam die Tatsache, dass der Bevölkerung längst bewusst war, dass ein Friedensschluss unter leidlichen Bedingungen („Selbstbestimmungsrecht der Völker") nur noch von der Abdankung ihres Kaisers abhing, da die USA sich weigerten, Friedensverhandlungen vorher zu beginnen. Am 9. November 1918 gab Reichskanzler Prinz Max von Baden (1867–1929) eigenmächtig und ohne Wilhelms II. Einwilligung dessen (!) Abdankung bekannt. Damit war in Deutschland die Monarchie überall am Ende. Der noch im selben Monat vom Kaiser selbst ausgesprochene Rücktritt (s.u.) war angesichts der Situation zwangsläufig (s. Novemberrevolution). Die Folgen konnte man zu diesem Zeitpunkt noch nicht erahnen: Der Sturz der Monarchie ebnete nach Ansicht des späteren britischen Premierministers Sir Winston Churchill den Weg in die Diktatur Adolf Hitlers. Am 10. November 1918 fuhr der Kaiser aus seinem Hauptquartier in Spa in die Niederlande und erbat (und erhielt) dort Asyl. Besonders enttäuscht war er von Hindenburg, der ihn fallen ließ, des Weiteren wetterte er gegen „das Judengesindel“ (O-Ton Wilhelm). Er dankte offiziell am 28. November 1918 ab, 19 Tage nach Ausrufung der Republik, gab aber nie den Wunsch auf, wieder auf den Thron zurückzukehren. Text der Abdankungsurkunde: Ich verzichte hierdurch für alle Zukunft auf die Rechte an der Krone Preussen und die damit verbundenen Rechte an der deutschen Kaiserkrone. Zugleich entbinde ich alle Beamten des Deutschen Reiches und Preussens sowie alle Offiziere, Unteroffiziere und Mann- schaften der Marine, des Preussischen Heeres und der Truppen der Bundeskontingente des Treueides, den sie Mir als ihrem Kaiser, König und Obersten Befehlshaber geleistet haben. Ich erwarte von ihnen, dass sie bis zur Neuordnung des Deutschen Reichs den Inhabern der tatsächlichen Gewalt in Deutschland helfen, das Deutsche Volk gegen die drohenden Gefahren der Anarchie, der Hungersnot und der Fremdherrschaft zu schützen. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unter- schrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel. Gegeben Amerongen, den 28. November 1918 Wilhelm Zeit nach der Abdankung Exil Bis 1920 lebte Wilhelm II. in Amerongen, danach bis zu seinem Tod in dem von ihm erworbenen Haus Doorn in den Niederlanden im Exil. 1921 starb seine Frau. 1922 heiratete er die verwitwete Prinzessin Hermine von Schönaich-Carolath, geborene Prinzessin Reuß ä.L. (1887-1947) („Kaiserin“ in seiner Titulatur, amtlich „Prinzessin von Preußen“). Er versammelte Gelehrte zu kulturhistorischen Studien um sich (Doorner Arbeitskreis), verfasste seine Memoiren und weitere Bücher und hielt sich für die Wiederherstellung der Monarchie bereit. Unter anderem durch den Hitlerputsch 1923 sah er sich darin bestätigt, dass nur ein Monarch Ruhe und Ordnung garantieren könne. Immer wieder äußerte er sich antisemitisch, „Presse, Juden und Mücken“ solle man den Garaus machen, „am besten mit Gas“. 1933 näherte er sich – auch bestärkt durch seine Frau, die im Reich umherreiste – den Nationalsozialisten an, von denen er sich die Restauration des Kaiserreichs versprach, was sich trotz zweimaligen Besuchs Görings in Doorn bald als unrealistisch erwies. Hitler hielt ihn hin. Als er im November 1938 von dem antijüdischen Pogrom, der „Kristallnacht“, erfuhr, äußerte er sich entsetzt und hielt es für eine Schande. Bei Besetzung der Niederlande 1940 ließ Hitler das Anwesen durch die Geheime Feldpolizei abriegeln. Zum deutschen Sieg über Frankreich im Mai erhielt Adolf Hitler ein angeblich von Wilhelm II. abgesandtes Glückwunschtelegramm. Darin wurde zwar nicht dem „Führer“ Hitler, aber dem Reichskanzler, und vor allem zum „Sieg der deutschen Waffen“ gratuliert. Ob es von Wilhelm II. stammte, wird stark bestritten, sein damaliger Hausminister Wilhelm von Dommes dürfte der Urheber dieses Telegramms gewesen sein. Tod Wilhelm II. starb am Morgen des 4. Juni 1941 im Haus Doorn. Seine letzten Worte sind zweifelhaft überliefert: „Ich versinke, ich versinke...“. Trauerfeiern im Reich wurden verboten. Die NS-Machthaber erlaubten nur einer kleinen Zahl von Personen (dem engeren Familienkreis, einigen ehemaligen Offizieren) die Fahrt in die besetzten Niederlande zur Teilnahme an der Beisetzung. Der Kaiser wurde zunächst in einer Kapelle nahe dem Doorner Torhaus beigesetzt. Sodann wurde sein Sarg in das nach seinen Zeichnungen posthum erbaute Mausoleum im Park von Haus Doorn überführt. Sein selbst gewählter Grabspruch lautet: „Lobet mich nicht, denn ich bedarf keines Lobes; rühmet mich nicht, denn ich bedarf keines Ruhmes; richtet mich nicht, denn ich werde gerichtet.“ Beide Gattinnen ruhen im Antikentempel am Neuen Palais in Potsdam. Wilhelm II. als Persönlichkeit Auf Grund von Komplikationen bei seiner Geburt war Wilhelms II. linker Arm um 15 cm kürzer als der rechte und teilweise gelähmt, mit daraus resultierenden Gleichgewichtsstörungen und Haltungsschäden sowie häufigen Schmerzen im linken Ohr. Eine besondere elterliche Zuwendung erfuhr er nicht und dankte es mit einem bleibenden Ressentiment besonders gegen seine Mutter, die ihn selbst wiederum, wie in ihren Briefen deutlich zu lesen, hasste. Schmerzvoll waren die Versuche der Familie, seiner Behinderung entgegen zu wirken. Denn der zukünftige König von Preußen sollte ein „ganzer Mann“ und kein Krüppel sein. So musste er sich als Kleinkind z.B. schmerzhaften Elektroschocktherapien unterziehen. Auch wurde erfolglos versucht, seinen verkümmerten Arm zu strecken. Das beruflich oft erforderliche Reiten fiel ihm daher schwer. Diese unbehebbare Behinderung prägte ihn sehr. Er war gehalten, sie stets als einen Makel zu verbergen. Das Tragen von Uniformen und das Abstützen der linken Hand auf der Waffe war ein Ausweg. Die Behinderung machte ihn vermutlich zu einem Menschen mit Selbstzweifeln und geringem Selbstbewusstsein und einer darauf beruhenden Ichverfangenheit, leichten Kränkbarkeit und ihr zufolge Sprunghaftigkeit. Später dürfte diese auch seine sprichwörtliche Reiselust begünstigt haben. Ob mögliche Neurosen eine ernsthafte seelische Erkrankung unterstellen lassen müssten, ist durchaus strittig. Ob auch eine Anlage zu einer Geisteskrankheit vorlag, noch mehr. Ein schwermütiger Zug wird ihm mitunter attestiert. Der noch heute berühmte Psychiater Emil Kraepelin bezeichnete sogar – auf Grund ferndiagnostisch zugänglicher öffentlicher Quellen – Wilhelms Gemüt als einen „typischen Fall periodischen Gestörtseins“, ein freilich bestrittenes Urteil in Richtung auf eine manisch-depressive Disposition. Anhaltende Schwierigkeiten waren Wilhelm II. verhasst, deswegen ließ er auch bewährte Freunde und Parteigänger schnell im Stich, so dass eher diplomatisierende Charaktere, wie Bülow und viele Höflinge, seinen Umgang ausmachten und seine Personalauswahl bestimmten. Offiziere, unter denen er sich wohlfühlte, erweiterten sein Urteil wenig, denn sie hatten im Zweifel die politischen Vorurteile ihrer kastenartig abgeschlossenen Berufsgruppe, und auch ihr Stil des Schwadronierens färbte auf ihn ab. Von seiner Persönlichkeit her gesehen behinderten narzisstische Züge seine Einfühlungsgabe und sein Urteil über Andere, wie z.B. über Nikolaus II. von Russland. Seine Taktlosigkeiten waren bekannt. Sie fielen seiner Mitwelt besonders bei seinem Regierungsantritt und bei Bismarcks Entlassung ins Auge, die dieser in seinen Gedanken und Erinnerungen rachsüchtig ausbreitete. Eine diese Handikaps ausbalancierende Welt- und Menschenkenntnis zu erwerben, hatte sein Werdegang ihm nicht erlaubt. Trotz der Wesensunterschiede zu seinem altpreußisch-schlichten und im Persönlichen bemerkenswert loyalen Großvater Wilhelm I. versuchte Wilhelm II. immer, dessen Regierungsmuster zu folgen. Man kann sein anfängliches Verhältnis zu Caprivi dergestalt deuten, dass er hier ‚seinen eigenen Bismarck‘ gefunden zu haben hoffte. Zum militärischen Oberbefehlshaber ernannte er den Neffen des berühmten Generalfeldmarschalls Helmuth von Moltke („Ich will auch einen Moltke.“), der dann aber aus dem Schatten Alfred von Schlieffens nicht heraus zu treten vermochte. Allerdings wurde die Zurückhaltung seines Großvaters bei direkten politischen Eingriffen keineswegs bleibendes Merkmal des Enkels; wiederholt griff Wilhelm II. durch Personalentscheidungen und Befehle für Gesetzesvorlagen direkt in die Politik ein. Gar nicht folgte er der öffentlichen Zurückhaltung des alten Kaisers: Selbstdarstellungseifer drängte Wilhelm II. oft repräsentativ in die Öffentlichkeit, wobei eine nicht unbeachtliche Rednergabe ihm Echo einbrachte, aber auch zu politisch bedenklichen Formulierungen verlockte. Auch begünstigte dieser Übereifer sein Verhältnis zu den Massenmedien. Man kann ihn als ersten Medienmonarchen des 20. Jahrhunderts ansehen. Seine Schaustellungen von Uniformen und Orden stimmten im Übrigen zum Protzstil des später nach ihm benannten Wilhelminismus. Die Künste standen ihm fern, die Literatur lag ihm nicht am Herzen. Eigene Interessen entwickelte er für die Archäologie, seine Korfu-Aufenthalte sind auch davon bestimmt. Außerdem oblag er, wie in Adelskreisen nicht unüblich, begeistert der Jagd, seine Trophäenzahl erfreute ihn (er erlegte rd. 46.000 Tiere); im Exil fällte er gerne Bäume. Bei der Jagd lernte Wilhelm auch seinen später engen Freund Philipp Graf zu Eulenburg kennen, der besonders in den Jahren 1890 bis 1898 zu seinen wichtigsten Beratern zählte. Desengagement, wenn die Dinge anders liefen, als er wollte, blieb sein Wesenszug. Noch 1918, angesichts der revolutionären Verhältnisse im Reich, emigrierte er sang- und klanglos ins neutrale Ausland. Seine in Holland verfasste Autobiografie mit ihren Rechtfertigungen oder Themenvermeidungen ist ein gutes Zeugnis seiner Urteilsschwächen. Das Bild Wilhelms II. in der Öffentlichkeit Wilhelm II. war zunächst sehr populär. Die weniger geschätzten Züge einer Reichseinigung „von oben“ mit Bewahrung alter Machtstrukturen fand in der Kaiserverehrung einen willkommenen Ausgleich. Die weithin monarchistisch gesonnene Presse nahm dies auf, man fand für ihn die Bezeichnungen „Arbeiterkaiser“ und „Friedenskaiser“ (dies geht u. a. auf den Vorschlag von Emanuel Nobel von 1912 zurück, Kaiser Wilhelm II. den von Alfred Nobel gestifteten Friedensnobelpreis zuzusprechen, damals hatte das Deutsche Reich unter seinem Kaisertum 24 Jahre Frieden gehalten). Doch wurde er auch als bedrohlich empfunden (vgl. Ludwig Quiddes als Kritik an Wilhelm II. aufgefasste und vielrezipierte 1894er Studie Caligula zum "Cäsarenwahnsinn“). Zunehmend mischte sich dann Spott hinein: „Der erste war der greise Kaiser, der zweite war der weise Kaiser, der dritte ist der Reisekaiser.“ Auch in der Bezeichnung „Redekaiser“ steckte Kritik. Seine vielerlei Uniformen wurden bewitzelt: „Majestät, im Badezimmer ist ein Rohr geplatzt.“ – „Bringen Sie die Admiralsunifom.“ („Simplicissimus“) Von den ihn kritisierenden Demokraten, Sozialisten, Katholiken, auch den kritischen Minderheiten (von 1864 her die Dänen, seit 1866 die Hannoveraner, seit 1871 die Elsass-Lothringer, dauerhaft die Polen) wurde ihm zunächst das die öffentliche Meinung beherrschende Bürgertum am gefährlichsten. Bei den Schriftstellern war er nicht angesehen, der ironische Thomas Mann war in seinem Roman Königliche Hoheit noch am mildesten mit einem behinderten und etwas einfältigen Dynasten umgegangen. Direkte Kritik verbot der Paragraph zur „Majestätsbeleidigung“ im Strafgesetzbuch, aber die Witze über ihn wurden immer beißender. Man vergleiche nur das viel positivere Kaiserbild von Franz Joseph in Österreich-Ungarn, der doch viel stärkere innen- und außenpolitische Probleme hatte. Nach 1918 und seiner Flucht ins Exil überwog die Verachtung, man warf ihm Feigheit vor: Warum ist er nicht an der Spitze seines Heeres kämpfend gefallen? Monarchisten erhofften 1933 mit Hitlers Machtantritt seine Rückkehr. Da Hitler nichts dergleichen im Sinne hatte, wurde Wilhelm II. in seinen letzten zehn Lebensjahren immer stärker vergessen, sein Tod blieb überwiegend unbetrauert. Sein öffentliches Ansehen hat sich seither kaum erholt. Außerhalb Deutschlands war sein Ansehen eher schlechter als in Deutschland. Während des Ersten Weltkrieges war Wilhelm II. oft die symbolische Zielfigur der feindlichen Propaganda. Familie Stammbaum Söhne und Töchter Friedrich Wilhelm Victor August Ernst (1882-1951) ∞ 1905 Herzogin Cecilie zu Mecklenburg-Schwerin (1886-1954) Wilhelm Eitel Friedrich Christian Karl (1883–1942) ∞ 1906-1926 Herzogin Sophie Charlotte von Oldenburg (1879-1964) Adalbert Ferdinand Berengar (1884–1948) ∞ 1914 Prinzessin Adelheid von Sachsen-Meiningen (1891-1971) August Wilhelm (1887–1949) ∞ 1908-1920 Prinzessin Alexandra von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg (1887-1957) Oskar Karl Gustav Adolf (1888–1958) ∞ 1914 Gräfin Ina Maria von Bassewitz (1888-1973) Joachim Franz Humbert (1890–1920, Selbstmord) ∞ 1916 Prinzessin Marie Auguste von Anhalt (1898-1983) Victoria Luise Adelheid Mathilde Charlotte (1892–1980) ∞ 1913 Herzog Ernst August von Braunschweig-Lüneburg (1887-1953) Titel und Ränge Titular Akademische Titel (alphabetisch nach Hochschulen) Dr. iur. utr. h.c. der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin Dr.-Ing. E.h. der Polytechnischen Hochschule in Berlin Ehrendoktor der Wissenschaften der Universität Klausenburg Dr. of Civil Law der Universität Oxford Ehrendoktor der Rechte der Universität von Pennsylvania Ehrendoktor der Medizin der Karls-Universität Prag Militärische Laufbahn 27. Januar 1869: Leutnant im 1. Garderegiment zu Fuß und à la suite des 1. Batl. (Berlin) des 2. Garde-Landwehr-Regiments. 22. März 1876: Oberleutnant 22. März 1880: Hauptmann 16. Oktober 1881: Major 16. September 1885: Oberst und Kommandeur des Garde-Husaren-Regiments 27. Januar 1888: Generalmajor und Kommandeur der 2. Garde-Infanterie-Brigade 15. Juni 1888: Oberster Kriegsherr des deutschen Heeres und Chef der Marine, Chef des 1. Garde-Regiments zu Fuß, des Regiments der Garde du Corps, des Leib-Garde-Husaren-Regiments 13. September 1889: Chef des Königs-Ulanen-Regiment (1. hannoversches) Nr. 13 Chefstellen und andere Ehrenränge Hier geht es um den Rang des Chefs (in Bayern: Inhaber) von Truppenteilen, dessen Namen diese dann auch oftmals trugen (das militärische Kommando liegt nicht beim „Chef“, sondern bei dem jeweiligen „Kommandeur“). Die Generals- und Admirals-Titel sind ebenfalls als Ehrenränge zu verstehen. Deutschland Chef des 1.Garde-Regiments zu Fuß Regiments der Gardes du Corps Leib-Garde-Husaren-Regiments Königs-Ulanen-Regiments (1. Hannoversches) Nr. 13 Königs-Infanterie-Regiments (6. Lothringisches) Nr. 145 Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm I. (2. Ostpreußisches) Nr. 3 Regiments Königs-Jäger zu Pferde Nr. 1 Leib-Kürassier-Regiments Großer Kurfürst (Schlesisches) Nr. 1 1. Leib-Husaren-Regiments Nr. 1 2. Leib-Husaren-Regiments Königin Viktoria von Preußen Nr. 2 Leib-Grenadier-Regiments Friedrich Wilhelm III. (1. Brandenburgisches) Nr. 8 2. Badischen Grenadier-Regiments Kaiser Wilhelm I. Nr. 110 Infanterie-Regiments Kaiser Wilhelm (2. Großherzoglich Hessisches) Nr. 116 Königlich Sächsischen 2. Grenadier-Regiments Kaiser Wilhelm Nr. 101 Königlich Württembergischen Infanterie-Regiments Nr. 120 Königlich Württembergischen Dragoner-Regiments Königin Olga (1. Württembergisches) Nr. 25 Inhaber des 1. Königlich Bayerisches Ulanen-Regiment „Kaiser Wilhelm II., König von Preußen“ Königlich Bayerischen 6. Infanterie-Regiments Kaiser Wilhelm, König von Preußen Ausland Inhaber des K.u.k. Infanterie-Regiments Nr. 34 (Österreich-Ungarn) K.u.k. Husaren-Regiments Nr. 7 (Österreich-Ungarn) Chef des Kaiserlich Russischen St. Petersburger Leib-Garde-Grenadier-Regiments 'König Friedrich Wilhelm III.' 85. Infanterie-Regiments „Wyborg“, (Russland) 13. Husaren-Regiments „Narva“ (Russland) Königlich Großbritannischen 1. Dragoner-Regiments Ehrenoberst des Königlich Portugiesischen 4. Reiter-Regiments Königlich Spanischen Dragoner-Regiments „Numancia“ Kaiserlich Osmanischer Feldmarschall Feldmarschall der Kaiserlich-Königlichen Armee Österreich-Ungarns Königlich Großbritannischer Feldmarschall Königlich Großbritannischer Ehrenadmiral der Flotte Königlich schwedischer Flaggenadmiral Königlich norwegischer Ehrenadmiral Königlich dänischer Ehrenadmiral Admiral der Kaiserlich russischen Flotte Ehrenadmiral der Kgl. griechischen Flotte Sonstige (nichtmilitärische) Ränge und Orden Auswahl Neuntes Oberhaupt und neunter Souverän und Meister des Hohen Ordens vom Schwarzen Adler Protektor des Johanniterordens Ritter des Hosenbandordens (Vereinigtes Königreich) Ritter des St.Andreasordens (Russland) Ritter des Annunciaten-Ordens (Italien) Ritter des Elefanten-Ordens (Dänemark) Ritter des St.-Hubertus-Ordens Ritter des Seraphinenordens (Schweden) Ritter des Löwen-Ordens (Norwegen) Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies (Spanien) Ehrenbailli und Großkreuz des Souveränen Malteserordens Hans Hartwig Beseler, seit 1904 von Beseler (* 27. April 1850 in Greifswald, † 20. Dezember 1921 in Neu-Babelsberg) war ein preußischer Generaloberst und Politiker der Wilhelminischen Zeit. Leben Beseler entstammte einer Familie aus dem Herzogtum Schleswig und war der Sohn des berühmten Rechtsgelehrten Georg Beseler (1809-1888) und trat 1868 in den preußischen Militärdienst ein. Er nahm am deutsch-französischen Krieg teil und besuchte anschließend die Kriegsakademie. Seit 1893 war er Abteilungschef im Kriegsministerium und stieg im Generalstab 1899 zum Oberquartiermeister auf. Am 27. Januar 1904, seit langem als Nachfolger Alfred Graf von Schlieffens vorgesehen, wurde Beseler als Generalleutnant und Kommandeur 6. Division zwar geadelt, jedoch nur zum Generalinspekteur der Festungen ernannt. 1910 nahm er seinen Abschied, trat der Freikonservativen Partei bei und war für sie seit 1912 Abgeordneter im Preußischen Herrenhaus. Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde Beseler, ähnlich wie Paul von Hindenburg wieder zum aktiven Dienst herangezogen und erzielte als Kommandierender General des III. Reservekorps große Erfolge an der Westfront (Eroberung der Festung Antwerpen (1914), und später an der Ostfront (Eroberung der Festung Modlin (Iwangorod) in Kongresspolen 20. August 1915. Bald darauf wurde Beseler zum Generalgouverneur im deutsch besetzten Teil Kongresspolens und zum Generaloberst ernannt. Als dieser proklamierte er 1916 die von den Besatzungsmächten Deutsches Reich und Österreich-Ungarn vereinbarte Errichtung eines selbständigen Königreiches Polen (sog. Regentschaftskönigreiches Polen). Mit tätiger Hilfe seines nahen Mitarbeiters, des polnisch-preußischen Aristokraten Bogdan Graf von Hutten-Czapski schuf er die neue polnischsprachige Universität Warschau und die Technische Hochschule Warschau. Es gelang ihm indessen nicht, eine "Polnische Wehrmacht" aufzustellen, welches einer der Hauptzwecke der Mittelmächte bei der Errichtung eines "unabhängigen" Polens war: die Legionäre des Józef Piłsudski, die das Offizierskorps der neuen Wehrmacht stellen sollten, verweigerten den Eid auf die beiden Kaiser Wilhelm II. und Karl I. und wurden danach interniert, Piłsudski selbst in der Festung Magdeburg. Beseler scheiterte schließlich mit seiner Politik: er betrieb eifrig den Aufbau des Königreiches Polen und widersetzte sich energisch des Bestrebungen Erich Ludendorffs, eine vierte Teilung Polens durchzuführen und einen "Schutzstreifen" aus Grenzgebieten Kongresspolens dem Deutschen Reich anzugliedern. Er verlor gleichzeitig Anhänger unter den Polen, als die kommende Niederlage der Mittelmächte sichtbar wurde. Aus Angst vor den deutschen Soldatenräten floh Beseler (als Arbeiter verkleidet), am 12. November gegen 17 Uhr, mit seinen zwei Adjutanten und zwei von Piłsudski zu Verfügung gestellten polnischen Offizieren auf einem Schiff der Weichselschifffahrt aus Warschau nach Thorn und von dort nach Berlin. Als gebrochener Mann starb er 1921 bei Potsdam. Er war mit Clara, geb. Cornelius verheiratet. Das Ehepaar hatte drei Töchter. Seine Zeitgenossen Hutten-Czapski , Hermann Fürst von Hatzfeldt und Maria Fürstin Lubomirska, Ehefrau von Zdzisław Lubomirski hatten nur Lobendes über ihn zu sagen: "Hutten-Czapski: "als Generalinspekteur des Ingenieur- und Pionierkorps und der Festungen hatte er sich auch Verwaltungserfahrungen angeeignet. Diese Anlagen und Fähigkeiten verbanden sich mit einem vornehmen und ideal gerichteten Charakter. Durchdrungen von dem Gefühl seiner großen Aufgabe und Stellung verleugnete er doch nicht die schlichte Menschlichkeit seines Wesens. Für die Lage der ihm anvertrauten Bevölkerung, für ihre nationale und kulturelle Eigenart hatte er wirkliches Verständnis". Hatzfeldt: "er ist ein kristallklarer Kopf, und man hätte keinen besseren als ihn nach Warschau schicken können. Ein Anderer wäre, als er gefragt wurde, wie er sich die Zukunft Polens denke, sofort mit seinem Plane fertig gewesen. Beseler sagte nur: lassen Sie mir Zeit, wenn ich heute schon meine Ansicht äußern sollte, wäre es nur die Ansicht der anderen. Fürstin Lubomirska: "Unser Generalgouverneur Beseler ist ein guter Mensch, voll von guten Absichten, regieren kann er aber nicht, seine Spezialität sind Festungen: er wird im Geschichtsgedächtnis als Eroberer von Antwerpen und Modlin bleiben, als ein Mensch mit gründlichen Kenntnissen, voll von Wissen und mit hoher künstlerischer Kultur". Paul Ludwig Hans Anton von Beneckendorff und von Hindenburg (* 2. Oktober 1847 in Posen; † 2. August 1934 auf Gut Neudeck, Westpreußen) war ein deutscher Generalfeldmarschall und Politiker. Er war der zweite Reichspräsident der Weimarer Republik. Am 30. Januar 1933 ernannte er H., A. zum Reichskanzler. Leben Eltern Seine Eltern waren der preußische Offizier und Gutsbesitzer Robert von Beneckendorff und von Hindenburg und dessen Frau Luise, malerin. Familie Am 24. September 1879 heiratete er Gertrud von Sperling (*1860), welche am 14. Mai 1921 starb. Aus dieser Ehe gingen der Sohn Oskar von Hindenburg und zwei Töchter hervor. Beginn der militärischen Laufbahn Als Sohn eines preußischen Offiziers wählte er ebenfalls die militärische Laufbahn. Von 1859 bis 1866 besuchte er, nach jeweils zweijährigem Besuch der Bürgerschule (Grundschule) und des evangelischen Gymnasiums in Posen, die Kadettenanstalt in Wahlstatt (heute Legnickie Pole, Polen) im damaligen Landkreis Liegnitz und ab Ostern 1863 in Berlin. Im Jahre 1865 wurde er Königin Elisabeth, der Witwe des verstorbenen preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV., als Page zugeteilt. Dies war eine besondere Auszeichnung und er war sehr stolz darauf. 1866 nahm er bereits als Leutnant am Deutschen Krieg teil, ebenfalls am Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71. Am 18. Januar 1871 wohnte er als Abgesandter seines Garderegiments der Kaiserproklamation im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles bei. 1888 zählte er zu den Offizieren, die den aufgebahrten Leichnam des verstorbenen Kaisers Wilhelm I. als Totenwache flankierten. In den 1890er Jahren war er u.a. im preußischen Kriegsministerium in Berlin tätig. 1903 wurde er Kommandierender General und nahm 1911 im Alter von 64 Jahren seinen Abschied aus dem aktiven Dienst. 1912 hatte er auf Anfragen Kaiser Wilhelms II. seine Bereitschaft erklärt, im Falle eines Krieges das Kommando über eine Heeresgruppe zu übernehmen. Stationen seiner militärischen Laufbahn 1859 Eintritt als Kadett in das Kadettenhaus Wahlstatt/Liegnitz 1863 Kadett in der Hauptkadettenanstalt Berlin-Lichterfelde 7. April 1866 Leutnant im 3. Garde-Regiment zu Fuß und Teilnahme an der Schlacht von Königgrätz 1866 Teilnahme am Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 und an der Reichsproklamation in Versailles 13. April 1872 Oberleutnant und abkommandiert zur Kriegsakademie 1. Mai 1877 abkommandiert zum Großen Generalstab 18. April 1878 Beförderung zum Hauptmann 5. Mai 1881 im Generalstab der 1. Division in Königsberg 12. November 1885 Beförderung zum Major 25. November 1890 Chef der II. Abteilung im Kriegsministerium 14. Februar 1891 Beförderung zum Oberstleutnant 17. Juni 1893 Kommandeur des Oldenburgisches Infanterie-Regiment Nr. 91 17. März 1894 Beförderung zum Oberst 14. August 1896 Chef des Generalstabes des VIII. Armeekorps Koblenz 22. März 1897 Beförderung zum Generalmajor 9. Juli 1900 Beförderung zum Generalleutnant und Kommandeur der 28. Division, Karlsruhe 22. Juni 1905 Beförderung zum General der Infanterie und Kommandierenden General des IV. Armeekorps Magdeburg 18. März 1911 unter Verleihung des Schwarzen Adlerordens in den Ruhestand verabschiedet. Ruhesitz in Hannover. 22. August 1914 Oberbefehlshaber der 8. Armee, am nächsten Morgen Abreise nach Ostpreußen 26. August 1914 Schlacht bei Tannenberg und Beförderung zum Generaloberst 2. September 1914 Verleihung des Ordens Pour le mérite 1. November 1914 Oberbefehlshaber Ost 27. November 1914 Beförderung zum Generalfeldmarschall 23. Februar 1915 Eichenlaub zum Pour le mérite 30. Juli 1916 Chef des Generalstabes des Feldheeres 25. März 1918 Großkreuz des Eisernen Kreuzes mit goldenen Strahlen 25. Juni 1919 Rücktritt als Chef des Generalstabes des Heeres 3. Juli 1919 Aufhebung der Mobilmachungsbestimmung Hindenburgs Aufstieg während des Ersten Weltkrieges Drei Jahre später, bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges, wurde er aus dem Ruhestand zurückgeholt und zum Oberbefehlshaber der 8. Armee an der Ostfront ernannt. Der Sieg über die russische Armee bei Tannenberg Ende 1914 machte ihn berühmt und brachte ihm die Ernennung zum Generalfeldmarschall. Seitdem war er von dem Mythos „Sieger von Tannenberg“ umgeben. Im August 1916 übernahm er mit Erich Ludendorff die Oberste Heeresleitung, die schnell an Einfluss gewann. Ein großes Rüstungsprogramm ("Hindenburgprogramm") trug seinen Namen. 1918 versuchte er, die Monarchie zu retten, indem er Kaiser Wilhelm II. riet, das Land zu verlassen. Durch die Zusammenarbeit mit der neuen Regierung versuchte er, den Unruhen innerhalb der Bevölkerung entgegenzuwirken. Mit Abschluss des Versailler Vertrages im Juli 1919 trat Hindenburg zurück. Vor dem Untersuchungsausschuss der Weimarer Nationalversammlung verbreitete er die „Dolchstoßlegende“, wonach das deutsche Heer unbesiegt geblieben und von den Novemberrevolutionären durch einen Waffenstillstand „von hinten erdolcht“ worden sei. 1919–1925 Ruhestand in Hannover Am 25. Juni 1919 trat Hindenburg von seinem Posten als Chef des Generalstabes des Heeres zurück und verließ seinen letzten Dienstort Kolberg. Er wählte Hannover zu seinem Alterssitz. Von dort unternahm er in den folgenden Jahren viele Reisen durch das ganze Reich, besonders durch Ostpreußen, wo er sich als Befreier Ostpreußens einer ungeheuren Popularität erfreute. Er bewohnte im hannoverschen Zooviertel ein Haus in der Seelhorststraße, welches heute noch steht und mit einer Gedenktafel versehen ist. Als Adjutant arbeitete in diesen Jahren der Oberstleutnant Wilhelm von Kügelgen für Hindenburg. Nachdem beim ersten Wahlgang zur Reichspräsidentenwahl am 29. März 1925 kein Kandidat eine absolute Mehrheit erreichte, drängten die Rechtsparteien den parteilosen Hindenburg zur Kandidatur. Die Reichspräsidentenschaft Hindenburgs Am 26. April 1925 wurde Hindenburg im zweiten Wahlgang im Alter von 77 Jahren als Nachfolger Friedrich Eberts zum Reichspräsidenten gewählt (siehe: Reichspräsidentenwahl 1925) und am 12. Mai vereidigt. Trotz seiner monarchistischen Überzeugung und der daraus folgenden skeptischen Haltung gegenüber der Weimarer Republik versuchte er, sein Amt verfassungsgerecht auszuüben. Beginn der Präsidialkabinette Wegen seiner Unterschrift unter den Young-Plan, der von den rechtsradikalen Parteien als Verpflichtung zu jahrzehntelanger Versklavung des Volkes hingestellt wurde, rückten seine ehemaligen politischen Freunde immer mehr von ihm ab. Daher beschloss Hindenburg, die derzeit regierende Große Koalition unter Kanzler Hermann Müller (SPD) durch eine antimarxistische und antiparlamentarische Regierung zu ersetzen. Die Gelegenheit hierzu ergab sich, nachdem die Große Koalition an der Frage des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung zerbrochen war. Am 29. März 1930 berief er Heinrich Brüning (Zentrum) zum Reichskanzler eines Minderheitskabinetts, ohne das Parlament zu konsultieren. Damit begann die Zeit der Präsidialkabinette, in denen der jeweilige Kanzler vom Vertrauen des Präsidenten, nicht des Reichstags abhängig sein sollte. Ganz gelang die geplante Ausschaltung des Parlaments indes nicht, da der Reichstag die von der Regierung gemäß Artikel 48 der Reichsverfassung erlassenen Notverordnungen jederzeit aufheben konnte. Als er das im Juni 1930 tat, löste Hindenburg ihn kurzerhand auf – ein verhängnisvoller Fehler, denn dieser Reichstag war der letzte mit einer demokratischen Mehrheit. Durch die beginnende Weltwirtschaftskrise radikalisiert, gaben die Bürgerinnen und Bürger zunehmend den republikfeindlichen Parteien KPD, DNVP und nicht zuletzt der N. ihre Stimme. Damit war die politische Notlage, die nach dem Sinn der Verfassung durch die Anwendung der Artikel 48 und 25 doch eigentlich behoben werden sollte, durch die Politik Hindenburgs erst herbeigeführt worden. Um weitere Parlamentsauflösungen zu verhindern, beschloss daraufhin die SPD, künftig die Regierung Brüning zu tolerieren, das heißt gegen weitere Anträge der extremistischen Parteien auf Aufhebung der Notverordnungen zu stimmen. Damit war auch der zweite Teil von Hindenburgs Plan gescheitert: Die Regierung blieb weiter abhängig vom Parlament und von den verhassten Sozialdemokraten. 1932 wurde Hindenburg für weitere sieben Jahre in seinem Amt bestätigt. Dies ist dem Umstand zu verdanken, dass sich alle demokratischen Parteien, einschließlich der Sozialdemokraten und des Zentrums, hinter den überzeugten Monarchisten stellten, um so H. als Reichspräsidenten zu verhindern. Der Osthilfeskandal und die Steuersache Neudeck Im Zusammenhang mit dem Osthilfeskandal gab es Korruptionsvorwürfe gegen Hindenburg. Historiker vermuten, dass dies die Entscheidung Hindenburgs für H. beeinflusst haben könnte. Das Gut Neudeck hatte Hindenburg zu seinem Geburtstag geschenkt bekommen. Um Erbschaftssteuern zu sparen, wurde es gleich auf seinen Sohn Oskar überschrieben. Von Papen zu H. Nach der Wahl geriet Hindenburg noch stärker als zuvor unter den Einfluss der Kamarilla, eines Kreises von Freunden und Weggefährten der politischen Rechten. Dieser gehörten unter anderen sein, wie es ironisch hieß, in der Verfassung nicht vorgesehener Sohn Oskar von Hindenburg an, ferner sein Nachbar auf Neudeck Elard von Oldenburg-Januschau sowie Generalleutnant Kurt von Schleicher und schließlich auch Franz von Papen. Diese überredeten Hindenburg, Brüning zu entlassen und stattdessen von Papen zum Reichskanzler zu ernennen, der mehr nach Rechts regieren sollte. Als dies nicht zum Erfolg führte, erwog der Kreis kurzfristig einen Staatsstreich, um ein autoritäres Regime zu errichten, doch weigerte sich Schleicher, dafür die Reichswehr zur Verfügung zu stellen. Der neu zum Reichskanzler ernannte Schleicher versuchte noch, Teile der N. um Gregor Strasser von H. loszubrechen, doch dies misslang. Am 19. November 1932 erhielt er eine Eingabe von führenden Industriellen mit der Aufforderung, H., A. zum Reichskanzler zu ernennen. Ernennung H.s und politisches Ende Am 30. Januar 1933 berief Präsident von Hindenburg H., A. zum Reichskanzler. Trotz seiner persönlichen Abneigung gegen den Führer der N.ialisten, den er abschätzig den "böhmischen Gefreiten" nannte, geriet er immer stärker in deren Einflussbereich. Er unterzeichnete die unter dem Begriff Reichstagsbrandverordnung bekannt gewordene Verordnung Zum Schutz von Volk und Staat, welche alle Grundrechte aufhob und so der Willkür freien Lauf ließ. Bei der von Propagandaminister Joseph G. am 21. März 1933 (dem so genannten Tag von Potsdam) inszenierten Begegnung mit H. vor der Garnisonskirche wurde durch eine symbolische Verneigung des Reichskanzlers vor dem Reichspräsidenten eine symbolträchtige Kontinuität zwischen der Kaiserzeit und dem so genannten Dritten Reich hergestellt und Hindenburgs hohes Ansehen für das neue Regime instrumentalisiert und vereinnahmt. Das am 24. März 1933 verabschiedete Ermächtigungsgesetz setzte dann mit Hindenburgs Zustimmung die Weimarer Verfassung faktisch außer Kraft und ermöglichte es H., im Zuge der Gleichschaltung die totale Kontrolle über die politischen Verhältnisse in Deutschland zu erlangen. Tod und geschichtliche Einordnung Hindenburg verfiel seit längerer Zeit geistig und körperlich. Am Vorabend seines Todes in Neudeck hielt er H. für den Kaiser und sprach ihn mit Majestät an. Er sollte eigentlich an seinem Sterbeort, auf Gut Neudeck, begraben werden. H. organisierte jedoch eine Beerdigung im Denkmal der Schlacht bei Tannenberg. Nach dem Tod des Reichspräsidenten war für H. endgültig das letzte Hindernis für die n.ialistische Diktatur aus dem Weg geräumt. Das Kabinett H. setzte schon am 1. August, also dem Tag vor Hindenburgs Tod, eine Volksabstimmung über die Zusammenlegung des Amtes des Reichskanzlers und des Reichspräsidenten in der Person des "Führers" H. für den 19. August 1934 an. Am Tag davor warb Oskar von Hindenburg, der Sohn des verstorbenen Reichspräsidenten, in einer Rundfunkrede für H. als einzig legitimen Nachfolger Hindenburgs. Im Januar 1945 wurden sein Sarg und der seiner Frau bei Anrücken der Roten Armee von der Wehrmacht aus dem Tannenberg-Denkmal entfernt und mit dem Leichten Kreuzer Emden von Königsberg nach Pillau und von dort mit dem Passagierschiff Pretoria nach Stettin abtransportiert und anschließend nach Marburg verbracht, wo sie in der Elisabethkirche in deren Nordturmkapelle heute noch liegen. Sie werden allerdings, nach einer Entscheidung des Kirchenvorstandes der Gemeinde, nicht mehr beleuchtet. Über siebzig Jahre nach seinem Tod beschäftigen sich noch heute einzelne Städte und Gemeinden mit der Umbenennung von Straßen und Plätzen, die jahrzehntelang seinen Namen trugen. Auch öffentliche Einrichtungen wie Schulen oder Kasernen tragen noch heute seinen Namen, nicht zu vergessen der 1927 durch ihn eingeweihte Eisenbahndamm vom Festland nach Sylt. Dies veranschaulicht die noch heute zwiespältige Bewertung Hindenburgs – einerseits der Held des Ersten Weltkriegs und der einzige vom Volk gewählte Reichspräsident der Weimarer Republik, andererseits der Mann, der H. zum Reichskanzler machte. Paul von Hindenburg war Ehrenbürger vieler Städte, u.a. Berlin, Dresden, Frankfurt am Main und Hamburg. Erich Friedrich Wilhelm Ludendorff (* 9. April 1865 in Kruszewnia bei Schwersenz, Preußen, heute Polen; † 20. Dezember 1937 in Tutzing) war als Erster Generalquartiermeister und Stellvertreter Paul von Hindenburgs, dem Chef der Dritten Obersten Heeresleitung (OHL), der faktisch führende deutsche General des Ersten Weltkrieges, Putschist, Reichstagsabgeordneter der N.-Freiheitspartei und Begründer einer deutsch-völkischen Bewegung. Jugend und militärische Karriere Ludendorff wurde als Sohn eines Rittergutsbesitzers und Reserveoffiziers in der Nähe von Schwersenz (dem heutigen Swarzędz, Polen) geboren. Der Vater entstammt einer Pommerschen Kaufmannsfamilie, deren Stammbaum bis hin zu Erik XIV. von Schweden zurückverfolgt werden kann. Ludendorffs Vater kämpfte als Kavallerieoffizier in den deutschen Einigungskriegen (1866, 1870/71) und bestimmte Erich für die Offizierslaufbahn. Seine Mutter entstammte der preußischen Adelsfamilie von Tempelhoff, einer ihrer Urgroßväter war der preußische General Georg Friedrich von Tempelhoff. Sein jüngerer Bruder war der Astrophysiker Hans Ludendorff. Nach seiner Ausbildung im Kadettenkorps Plön und an der Hauptkadettenschule in Groß-Lichterfelde in den Jahren 1877 bis 1882 durchlief Ludendorff zunächst die übliche Karriere eines Generalstabsoffiziers. 1908 wurde Ludendorff zum Oberstleutnant und 1911 zum Oberst befördert. 1912 wurde er als Regimentskommandeur nach Düsseldorf versetzt, am 22. April 1914 zum Generalmajor befördert und zum Kommandeur der 85sten Infanteriebrigade in Straßburg ernannt. Im Ersten Weltkrieg Während des Ersten Weltkriegs veränderte sich Ludendorffs Karriere rapide. Zunächst stieg er schnell in der Oberen Heeresleitung auf. Im Laufe des Weltkrieges wurden Paul von Hindenburg und er die eigentlichen Machthaber im Reich. Gegen Ende des Weltkriegs verlor Ludendorff seinen Einfluss auf die deutsche Politik jedoch fast völlig. Aufstieg zur Oberen Heeresleitung Sechs Tage nach Beginn des Ersten Weltkriegs und drei Tage nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Belgien besetzte die von Ludendorff kommandierte Brigade am 6. August 1914 die Zitadelle in Lüttich, wofür er mit dem höchsten preußischen Orden Pour le Mérite ausgezeichnet wurde. Am 22. August 1914 wurde er zum Chef des Generalstabs der 8. Armee berufen. Mit dem späteren Reichspräsidenten Hindenburg war er als strategischer Kopf an den Siegen in der Tannenbergschlacht und der Masurenschlacht gegen die russischen Truppen maßgeblich beteiligt. Nach den Kämpfen um Lodz wurde Ludendorff zum Generalleutnant befördert. Das Duumvirat Hindenburg-Ludendorff Nach der Entlassung Erich von Falkenhayns als Chef des Generalstabs am 29. August 1916 stieg Ludendorff zum General der Infanterie und als Erster Generalquartiermeister neben Hindenburg zum eigentlichen Kopf der dritten OHL auf. Als vermeintlich einzige Hoffnungsträger für einen Sieg hatten beide eine nahezu unangreifbare Machtstellung und übten eine faktische Militärdiktatur aus, neben der die Stellung des Kaisers als auch die des Reichskanzlers Bethmann Hollwegs verblasste. Innerhalb der OHL, so der Historiker Erich Eyck, fiel Ludendorff aufgrund seiner überlegenen rhetorischen Fähigkeiten gegenüber Hindenburg mehr und mehr die Rolle des intellektuellen Drahtziehers zu. Aufgrund dieser Machtposition wurden Hindenburg und Ludendorff letztlich wesentlich mitverantwortlich für die militärische Niederlage des Deutschen Reichs. Das von Hindenburg und Ludendorff durchgesetzte „Hilfsdienstgesetz“ vom Dezember 1916 sollte Massenstreiks verhindern und die Arbeiterschaft bei der Stange halten. Eine der ersten entscheidenden Meinungsverschiedenheiten Ludendorffs und Hindenburgs mit Bethmann Hollweg war die von letzterem aus Furcht von einem daraus resultierenden Kriegseintritts der USA abgelehnte Eröffnung eines U-Boot-Krieges. Gegen den expliziten Widerstand Bethmann Hollwegs, setzten die beiden Generäle den Eintritt in jenen als Antwort auf die britische Seeblockade durch. In der Folge traten jedoch USA, wie von Bethmann Hollweg erwartet, öffentlich auf Seiten der Alliierten in den Krieg ein. Im Osten erstrebte Ludendorff sehr weitgehende Kriegsziele, die noch über das im Friedensvertrag von Brest-Litowsk Erreichte hinausgingen; Ludendorff betrieb eine Abtrennung Estlands, Finnlands, Livlands und der Ukraine vom Russischen Reich und wollte die Armee bis St. Petersburg vorrücken lassen. Zur Destabilisierung der russischen Regierung ließ er in einem versiegelten Zug eine Gruppe russischer Revolutionäre, darunter Lenin, aus der Schweiz über Deutschland nach Russland schleusen. In der Frühjahrsoffensive 1918 wendete er die so genannte Tiefeninfiltrationstaktik an, die erstmals seit Beginn des Grabenkriegs einen wirklichen Durchbruch und operative Geländegewinne ermöglichte. Zu einem entscheidenden Sieg reichten diese Erfolge aber nicht. Am 24. März 1918 wurde ihm aufgrund seiner Verdienste als einem von fünf Offizieren des ersten Weltkrieges das Großkreuz des Eisernen Kreuzes verliehen. Propagandabemühungen Neben militärstrategischen Fragen war Ludendorff besonders an der Rolle von Propaganda für die Kriegsführung interessiert wie er sie vom britischen Crewe House realisiert sah. Beeindruckt von der Moral der britischen Soldaten beauftragte Ludendorff eine Geheimdienststudie, die Gründe für diese Moral herauszufinden. Die Studie befand, dass der englische Humor dabei eine entscheidende Rolle spielte, was Ludendorff zu dem Bonmot „Was ist humour?“ verleitete. In der Folge versuchte er die Moral der deutschen Tuppen durch ein unter den Soldaten verteiltes Buch über Humor zu heben. Ludendorff beschränkte seine Propagandabemühungen nicht auf die traditionellen Medien. Er erkannte früh die Möglichkeiten des Films und richtete folgerichtig am 13. Januar 1917 das Bild- und Filmamt (Bufa), eine Vorläuferorganisation der Ufa, ein. Die Aufgabe dieser Behörde bestand darin, auch im eigenen Land den Film für die psychologische Kriegführung nutzbar zu machen. Die Pläne des Generalstabs und insbesondere Ludendorffs gingen jedoch weit über die Einrichtung des Bufa hinaus. Ihm schwebte ein großer Filmkonzern vor, der – vom Staat gesteuert – den nationalen Interessen dienen sollte. Unter diesem Vorzeichen wurde die Universum-Film AG (Ufa) am 18. Dezember 1917 in Berlin als Zusammenschluss privater Filmfirmen gegründet, der jedoch zur Hälfte mit Reichsmitteln anfinanziert wurde. Das Startkapital der Firma, an der neben der Reichsregierung und dem Kriegsministerium auch die Deutsche Bank beteiligt war, betrug 7 Millionen Reichsmark. Ludendorff als „Diktator“ Die Macht Ludendorffs, dem wahren Chef der Dritten OHL, war immer mehr gestiegen, während der fügsame Hindenburg alles deckte und als Fassade für Ludendorffs diktatorischen Manipulationen diente. Die stille Diktatur der OHL war auch durch die Schwäche Kaiser Wilhelms bedingt, der in den beiden letzten Kriegsjahren immer hilfloser agierte, was die Position der OHL stärkte. Eine offene Diktatur war für Ludendorff nachteilig, sie brauchte einen Kanzler als „Blitzableiter“, als „Sündenbock“ für die Fehler und Unzulänglichkeiten der deutschen Politik. Bethmanns Nachfolger Georg Michaelis und Georg von Hertling betrachteten sich selbst ganz bewusst nur als Ludendorffs Gehilfen an der Heimatfront. Die OHL unter Ludendorff hatte zeitweise die totale Autorität in allen Bereichen, sie war unter anderem für die Rücktritte von Bethmann Hollweg, Kriegsminister Wild, Admiralstabschef Holtzendorff, Kabinettschef Valentini, Staatssekretär Kühlmann und Kanzler Michaelis verantwortlich. Bereits ab Frühsommer 1917 entwickelte Ludendorff eine solche politische Aktivität, dass es fast schien, als hätte die OHL ein eigenes Außenministerium gebildet und der Generalstabschef unbegrenzt Zeit zur Bearbeitung politischer Fragen gehabt. Bethmann Hollweg hätte sich notfalls mit einem Status quo-Frieden abgefunden, weil die „Selbstbehauptung“ gegen die stärkstmögliche Koalition in Europa als Erfolg zu werten sei. Für Ludendorff hätte der Status quo bedeutet, dass wir den Krieg verloren hätten. Nur konnte der General Ludendorff den Siegfrieden nicht liefern, den der Politiker Ludendorff verlangte. Da für den kommenden Krieg angeblich Deutschlands Ausbau zur „Weltmacht“ nötig sei, wäre für Ludendorff die Rückkehr zum Status quo ante ein Abstieg, der zur politischen Bedeutungslosigkeit führen musste. Abstieg aus dem inneren Machtzirkel Angesichts der steckengebliebenen Offensiven an der Westfront sprach sich Ludendorff am 29. September 1918 auf einem Zusammentreffen der Heeresleitung mit dem Kaiser in Spa für ein sofortiges Waffenstillstandsangebot an den US-Präsidenten Wilson und – aus taktischen Gründen – für eine Parlamentarisierung der Regierung aus. Die genauen Umstände dieses Sinneswandels sind bis heute strittig, aber unstrittigerweise gilt diese bisweilen als Affekthandlung bewertete Entscheidung als wichtigster Drehpunkt für die Einführung der Republik und die militärische Kapitulation. Zivile, insbesondere sozialdemokratische Politiker sollten damit die Verantwortung für die Beendigung des Krieges übernehmen; hierin lag der Keim für die Dolchstoßlegende. Mit der Regierungsübernahme durch Maximilian von Baden Anfang Oktober 1918 schwand Ludendorffs Einfluss auf die deutsche Politik rasch; alle folgenden Differenzen mit dem Reichskanzler wurden zugunsten des letzteren entschieden. Friedrich Graf von der Schulenburg nutzte die Tatsache, dass Ludendorff de facto die deutsche Kapitulation eingeleitet hatte, um ihn unter Druck zu setzen. Als Ludendorff Ende Oktober in eklatantem Widerspruch zu seinen vorherigen Schritten eine Fortsetzung des „Widerstands mit äußersten Kräften“ forderte, wurde er am 26. Oktober 1918 auf Geheiß des Reichskanzlers, formell jedoch auf eigenem Wunsch hin entlassen. Ludendorff nahm es Hindenburg sehr übel, dass dieser nicht zugleich zurücktrat. Zu Beginn der Novemberrevolution floh er nach Schweden. Kampf gegen die Weimarer Republik Nach seiner Rückkehr nach Deutschland spielte Ludendorff eine führende Rolle in den republikfeindlichen und chauvinistischen Kreisen der völkischen Bewegung und war sowohl am Kapp- als auch am H.-Ludendorff-Putsch aktiv beteiligt. H.-Ludendorff-Putsch und Folgezeit Über Max Erwin von Scheubner-Richter lernte Ludendorff H. kennen, an dem er zunächst kein näheres Interesse zeigte, da dieser sich als ehemaliger Gefreiter im Dienstrang weit unter ihm befand. In der Nacht zum 9. November 1923 versuchte Ludendorff im H.-Ludendorff-Putsch gemeinsam mit H., A. die Reichsregierung zu stürzen und die Macht an sich zu reißen. H. betrachtete zu dieser Zeit Ludendorff noch als Führer der rechtsradikalen Kräfte. Der Putschversuch schlug fehl; Ludendorff wurde im folgenden Prozess trotz des schwerwiegenden Belastungsmaterials auf Grund seiner Verdienste im Ersten Weltkrieg freigesprochen. Das Verhältnis zu H., der zur Festungshaft verurteilt wurde, verschlechterte sich Anfang 1924 zusehends, vor allem deshalb, da H. sich nun selbst zum Führer der N. berufen sah. Ludendorff, der stark antiklerikale Ansichten vertrat, entfernte sich außerdem von H. aufgrund dessen pragmatischen Kurses im Verhältnis zur Katholischen Kirche. H. beschuldigte Ludendorff im Gegenzug, die völkische Bewegung mit der Deutschgläubigkeit zu spalten. Ludendorff übernahm derweil gemeinsam mit G. St. die Führung der Deutschvölkischen Freiheitspartei, eine der völkischen Splittergruppen mit antisemitischem Leitmotiv, die das Erbe der nach dem H.putsch vorübergehend verbotenen N. antreten wollte. Von 1924 bis 1928 saß er als Abgeordneter für diese nach dem N.-Verbot in N. Freiheitspartei umbenannte Partei im Reichstag. 1925 ließ sich Ludendorff als Kandidat der Völkischen für die Wahl zum Reichspräsidenten nominieren. H. war zu diesem Zeitpunkt noch kein deutscher Staatsbürger und konnte so nicht selbst antreten; die N. unterstützten indes stillschweigend Ludendorff im ersten Wahlgang, in dem er jedoch lediglich 1,1 Prozent der Stimmen erlangte. Nachdem H., auf dessen Unterstützung er gerechnet hatte, seine Anhänger dazu aufgefordert hatte, für Hindenburg zu stimmen, trat Ludendorff im zweiten Wahlgang nicht mehr an. Verschwörungstheorien und kabbalistische Geschichtsdeutung Ludendorff zog sich nach diesem blamablen Ergebnis aus der Parteipolitik zurück. Das Scheitern seiner parteipolitischen Karriere erklärte er verschwörungstheoretisch mit dem „Wirken überstaatlicher Mächte“. Damit waren der Jesuitenorden, die Freimaurerei, das Judentum und die kommunistische Internationale gemeint, die sich, so wähnte der immer paranoider werdende Ludendorff, zusammengetan hätten, um Deutschland zu demütigen und zu knechten. Zu diesem Zweck hätten sie unter anderem schon 1914 die Morde von Sarajevo inszeniert, die russische Revolution, den Kriegseintritt der USA, den Umsturz vom 9. November 1918 und den Versailler Vertrag. Dass die einzelnen Gruppierungen in dieser angeblichen Weltverschwörung einander zum Teil spinnefeind waren, hielt Ludendorff nicht davon ab, immer mehr konspirationistisches Garn dieser Sorte zu spinnen. Er verstieg sich zum Beispiel zu der Behauptung, Mozart und Schiller seien von der „Tscheka des überstaatlichen Geheimbundes“ ermordet worden. Forum für diese Verschwörungstheorien bot ihm der politische Ziele verfolgende T. Ursprünglich hatten er und K. H. diese Organisation 1925 als Dachverband völkischer Kräfte gegründet, um kleinere Organisationen, aus anderen konservativen und rechtsnationalen Vereinen ausgestoßene Völkische und Reste der verbotenen N. zu sammeln. Unter dem Einfluss von Ludendorffs zweiter Frau Mathilde entwickelte sich der Bund aber zu einer Gruppierung, in der zunehmend antichristliches Gedankengut vertreten und in der an Stelle des Christentums die Philosophie Mathilde Ludendorffs gestellt wurde. In den späteren Veröffentlichungen des T. konstruierte Ludendorff nicht nur weitere Verschwörungstheorien, sondern vermutete kabbalistische Hintergründe bei bestimmten Geschichtsdaten: Da die Ziffern 10 und 5 als kabbalistische Zahlwerte der ersten beiden Buchstaben des Gottesnamens JHWH den Juden heilig sind, müsse der nächste Weltkrieg, der von ihnen ausgelöst werden würde, am 1. Mai 1932 oder 1941 beginnen, denn die Zahlen 1932 und 1941 haben als Quersumme 15. Teile dieser Verschwörungsideologie fand breite Resonanz unter der deutschen Bevölkerung; Ludendorff wurde ein Nationalheld, der zumindest metaphorisch durch eine Verschwörung von Juden und Freimaurern gestürzt worden sei. Ludendorff blieb weiterhin eine wichtige Symbolfigur für die völkische Bewegung, aber auch für den hegemonialen Antisemitismus; anlässlich seines 60. Geburtstages 1925 lobte das Göttinger Tageblatt beispielsweise Ludendorffs Kampf gegen das Judentum. Die meisten völkische Kräfte, insbesondere auch die meisten N., die ansonsten Verschwörungstheorien wie den P. d. W. v. Z. nicht abgeneigt waren, teilten die Ideen des ehemaligen Kampfgenossen jedoch nicht in vollem Umfang. A. R. vermutete, der ehemalige Generalquartiermeister sei psychotisch geworden, während G. in seinem Tagebuch ätzte: "Diese Frau ist sein böser Geist". Bereits am 5. Februar 1927 war ein Rundschreiben an alle Gauleitungen der N. ergangen, das parteioffiziell feststellte: „Exz. Ludendorff ist nicht Mitglied der N. und hat deshalb auf diese keinerlei Einfluss“. H. äußerte im selben Jahr auf einer öffentlichen Veranstaltung in Regensburg sogar die Vermutung, Ludendorff sei selbst Mitglied einer Loge. Der N. blieb in seiner Ablehnung des Ludendorffschen Ideen innerhalb der völkischen Bewegung nicht allein. Der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs Heinrich Rendtorff und die führenden protestantischen Theologen sowie einige konservative Publizisten bekämpften Ludendorffs Ideen in der völkisch orientierten Zeitschrift Glaube und Volk. 1933 wurden der T. mit seinen angeschlossenen Organisationen und seine Zeitschrift Ludendorffs Volkswarte verboten. Nur die Zeitschrift Am heiligen Quell Deutscher Kraft durfte bis 1939 weiter erscheinen. Letzte Jahre und Tod Im Laufe des Jahres 1928 begann Ludendorff auch F. und N. als Teil der „überstaatlichen Mächte“, von denen er sich verfolgt sah, und die er öffentlich scharf bekämpfte, zu betrachten. Nach der Ernennung H.s zum Reichskanzler protestierte Ludendorff dagegen in scharfer Form bei Reichspräsident Hindenburg. Da die N. ihn aber als Helden des Weltkrieges und der „Kampfzeit“ verehrten, blieb das Ehepaar Ludendorff persönlich unbehelligt, nach Hindenburgs Tod 1934 versuchten sie sich mit ihm auszusöhnen und ihn als nationale Identifikationsfigur aufzubauen. H.s Angebot, ihn zum Generalfeldmarschall zu ernennen und ihm ein wertvolles Rittergut zu schenken, lehnte Ludendorff brüsk ab, da er von einem Gefreiten nicht den Feldmarschallstitel bekommen wollte. Schließlich kam es am 30. März 1937 zu einer Aussprache zwischen H. und Ludendorff, auf die Ludendorff nur unter der Bedingung eingegangen war, dass der Bund für Deutsche Gotterkenntnis wieder zugelassen würde. Dieser wurde als „Deutsche Gotterkenntnis (L)“ gleichberechtigt zu den christlichen als Religionsgemeinschaft staatlich zugelassen. Am 20. Dezember 1937 starb Ludendorff an einem Krebsleiden. Die n. Regierung ehrte ihn gegen seinen ausdrücklichen Willen und den seiner Ehefrau mit einem Staatsbegräbnis am 22. Dezember 1937 in München, beigesetzt wurde er am selben Tag auf dem Neuen Friedhof in Tutzing. Die dortige Gedenkstätte verfügt über das Ludendorff-Archiv. Einfluss auf die Nachwelt Obwohl Ludendorff in seinem 1934 erschienen Pamphlet Der totale Krieg eines der nachhaltigsten Stichwörter der n. Regierungsideologie geliefert hat, so wich H.s Militärstrategie im Totalen Krieg doch inhaltlich deutlich von den Überlegungen Ludendorffs ab. Anders als Ludendorff, der basierend auf der Dolchstoßlegende dem Militär sämtliche Verfügungsgewalt überlassen wollte, sah H. den Krieg als genuin politisch an; dadurch gewann der Krieg an Grausamkeit, die weder der Ideologie Ludendorffs noch seines geistigen Antipoden Clausewitz, dessen Werk Ludendorff als überholt betrachtete, unterlag. Erich von Falkenhayn (* 11. November 1861 in Burg Belchau (Kreis Graudenz/Westpreussen); † 8. April 1922 in Schloss Lindstedt bei Potsdam) war ein deutscher General und Militärpolitiker und im Ersten Weltkrieg Chef des Großen Generalstabs. Leben Falkenhayn war Karrieresoldat und diente zuerst (1896–1903) im Kaiserreich China, wo er an der Niederschlagung des Boxeraufstandes beteiligt war. Danach war er in Braunschweig, Metz und Magdeburg in immer höheren Diensträngen stationiert. Am 8. Juli 1913 wurde er preußischer Kriegsminister. In dieser Position gehörte er zu den Schlüsselgestalten um den Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Wie die meisten Militärs rechnete er nicht mit dem Krieg und war zum Zeitpunkt des Attentats von Sarajevo wohl eher dagegen, gehörte dann aber sehr schnell zu denjenigen, die Kaiser Wilhelm II. zur Kriegserklärung drängten. Chef des Generalstabs Im ersten Kriegsjahr löste er Moltke d. J. als Chef des Generalstabs nach der Ersten Marneschlacht am 14. September 1914 ab. Nach dem Scheitern des Schlieffenplans versuchte er zuerst, Frankreich und England durch den Wettlauf zum Meer (via Nordfrankreich und Belgien zur Nordsee) auszumanövrieren. Dies gelang aber nicht und endete in der Schlacht um Ypern. Verdun Falkenhayn hatte frühzeitig erkannt, dass ein militärischer Totalsieg nach der Marneschlacht nicht mehr zu erreichen war. Er drängte in einem am 18. November 1914 vorgelegten Memorandum die politische Führung, den Krieg auf dem Verhandlungswege zu beenden, fand aber kein Gehör. Trotz der Erfolge bei Tannenberg hielt er es für unmöglich, Russland völlig zu besiegen. Dies brachte ihn in Konflikt mit Hindenburg und Ludendorff, die das zwar große, aber nur schlecht ausgerüstete russische Heer von Norden und Süden umfassen und einkesseln wollten. So hatten sie schon bei Tannenberg gesiegt. Ludendorff nannte Falkenhayn ab der Zeit, als dieser die Umklammerungsstrategie im Osten ablehnte, schlichtweg nur noch „den Verbrecher“. Die Ablehnung Falkenhayns resultierte daraus, dass er fürchtete, beim Erfolg eines solchen Vorgehens von dem Konkurrenten als Generalstabschef abgelöst zu werden. Der „Verbrecher“ entwickelte daraufhin eine „Ermattungsstrategie“, die begrenzte Offensiven im Osten und eine Defensive im Westen vorsah. Im Westen wollte er vor Verdun in einem überraschenden Vorstoß die Höhenzüge besetzen und mittels massierter Artillerie die Festung beschießen. Die Franzosen hätten so Verdun – die stärkste ihrer Festungen im Festungswall vor der deutschen Grenze – entweder aufgeben müssen – was sie seiner Meinung nach nie tun würden – oder aber in Verdun verbluten (die sogenannte „Blutpumpe“, oder auch „Knochenmühle“ von Verdun). Falkenhayn ging dabei keinesfalls davon aus, so gegen die Franzosen und Engländer einen Sieg herbeiführen zu können. Vielmehr erwog er, dass die Verluste auf alliierter Seite schwerer zu tragen seien als auf deutscher, auch weil aus Deutschland immer wieder neues „Menschenmaterial“ in die Schlacht geworfen wurde. Diese Strategie scheiterte unter anderem daran, dass den Alliierten eher der Ersatz ihrer Truppen (durch Pétains Paternoster-Prinzip) gelang, während bei den Deutschen die Truppen kaum ausgetauscht wurden, was stark demoralisierend wirkte. Über eine halbe Million Soldaten starb vor Verdun, am Ende ohne jeden Sinn. Die Verluste waren hier auf der deutschen Seite nur etwa halb so hoch wie bei den Alliierten, die insgesamt im Ersten Weltkrieg aber sowieso eine doppelte Übermacht hatten. Diese waren bei Kriegsbeginn noch nicht so gut ausgerüstet wie die Deutschen und hatten ihre Armee noch nicht aufgebaut, so dass die Zeit für sie arbeitete und Falkenhayns Ermattungsstrategie also eigentlich widersinnig war. Nach Verdun Nach dem Misserfolg an der Westfront wurde Falkenhayn am 29. August 1916 durch Hindenburg als Chef des Generalstabs abgelöst. Falkenhayn übernahm nun – erfolgreicher – den Oberbefehl der 9. Armee in Rumänien (Eroberung von Bukarest im Dezember 1916 mit August von Mackensen) und wurde darauf türkischer Marschall. Zwar konnte er die Eroberung Palästinas durch die Engländer unter General Edmund Allenby im Dezember 1917 nicht verhindern, wohl aber vorher noch die Zwangsumsiedlung aller Juden aus Palästina, die von der türkischen Regierung unter dem Statthalter Cemal Pascha im Sinne des türkischen Völkermords an den Armeniern geplant war. Ab Februar 1918 wurde Falkenhayn Oberbefehlshaber der 10. Armee in Weißrussland, in welcher Funktion er auch das Kriegsende erlebte. 1919 schied er aus der Armee aus und zog sich ins Privatleben zurück. Seine Grabstelle auf dem Bornstedter Friedhof unweit des Potsdamer Schlosses Sanssouci ist bis heute erhalten. Einschätzung Falkenhayn gilt als ein Vertreter des heute nicht mehr verständlichen Stereotyps des preußischen Generals. Seine ganz unbestreitbare politische und militärische Kompetenz – Winston Churchill hielt ihn für den weitaus fähigsten deutschen General im Ersten Weltkrieg – gingen mit seiner Verachtung für Demokratie und Parlament einher, die seine militärische Unbedingtheit noch deutlicher machten. Die wahrscheinlich doch wissentliche und sogar absichtliche Herbeiführung der „Blutpumpe von Verdun“ ist kaum noch nachzuvollziehen; die damalige Art der Kriegsführung erinnert an Menschenverachtung totalitärer Diktatoren späterer Zeiten. Andererseits war Falkenhayn ein loyaler, ehrlicher Freund und Vorgesetzter. Bleibenden Ruhm hat er sich durch sein Verhalten im Judenpogromkonflikt 1917 erworben: „Ein unmenschlicher Exzeß gegen die Juden in Palästina wurde allein durch Falkenhayns Verhalten verhindert, was vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts einen besonderen – und Falkenhayn auszeichnenden – Stellenwert erhält.“.