Krabbe, Norbert (1951 Demmin, lebt in Koserow/Usedom)
"C 12"
Collage, unten rechts signiert, 1997, Maße: 27,7x17,7 cm (Bl.), auf Unterkarton montiert (40x30 cm); Dazu: Bildband „Norbert Krabbe – Wenn das Gelb das Grau aufbricht“, 178 Seiten, 2011 erschienen, durchgehend farbig bebildert
Norbert Krabbe (1951 Demmin, lebt seit 2005 in Koserow) ist künstlerischer Autodidakt. 1976 machte er die Bekanntschaft mit Malern der Dresdener Szene, er unterhielt dort enge Kontakte zu Malern der von A.R.Penck gegründeten Künstlergruppe "Lücke". Ab 1981 war ihm nach Übersiedlung sämtlicher Malerfreunde in den Westen Deutschlands nur noch isoliertes Arbeiten möglich, in den Jahren 1982 - 89 war er mit einem Ausstellungsverbot belegt. 1990 machte er die Bekanntschaft des Berliner Galeristen Michael Schultz, es folgen Beteiligungen an internationalen Kunstmessen und Ausstellungen. 1993 erfolgte die Gründung der Künstlergruppe „NORA“. Es sind vier lehrreiche und innovative Jahre der Zusammenarbeit innerhalb der Künstlergruppe. Im Jahr 1997 löste sich die Gruppe NORA auf und das individuelle Werk rückte wieder in den Vordergrund. 1997-2004 lebt und arbeitet Norbert Krabbe zunächst in Neubrandenburg, ab 2005 verlegt er seinen Lebensmittelpunkt nach Koserow auf Usedom. - Als einziger Vertreter der informellen Kunst auf Usedom verfolgt Norbert Krabbe mit unerschütterlicher Konsequenz eine künstlerische Haltung, die das klassische Form- und Kompositionsprinzip ebenso ablehnt wie die geometrische Abstraktion. Ausstellungen der letzten Jahre, wie "Wenn das Gelb das Grau aufbricht" (2011) oder "54°3'N 14°E" (2016) zeigten einen Künstler, dessen lyrisch-meditative Schöpfungen einerseits hohen Wiedererkennungswert haben, andererseits durch ihren Formenreichtum und die Wandlungsfähigkeit überraschen, ohne jemals in Beliebigkeit zu verfallen.
Auszug aus dem Vorwort „Norbert Krabbe - Wenn das Gelb das Grau aufbricht“, 2011 im Eigenverlag des Koserower Kunstsalons erschienen, 174 Seiten, durchgehend farbig bebildert: „In erster Linie tritt er bei seiner künstlerischen Tätigkeit in einen Dialog mit sich selbst – geht auf Entdeckungsreise in seinem Unterbewusstsein – selbst nicht wissend, wie das Ergebnis des Malprozesses ausfallen wird. Da wird experimentiert, um eine Form gerungen, immer wieder verworfen und, in glücklichen Momenten, entstehen Bilder, die vor dem gestrengen Auge ihres Schöpfers Bestand haben – zunächst.
Im aktuellen Werk Norbert Krabbes, auf dem der Schwerpunkt der Ausstellung liegt, findet man Abstraktes, aber auch Arbeiten, die gegenständliche Bezüge offenbaren. Norbert Krabbe will sich nicht vorschreiben lassen, was und wie er zu malen habe. Wenn er im Atelier mit der künstlerischen Arbeit beginnt, lässt er sich zunächst treiben. Erst im malerischen Prozess schälen sich Form und Inhalt heraus, zieht eine Aktion in immer enger werdendem Radius die nächste nach sich. Ergeben sich Assoziationen zu Gegenständlichem, lässt er dies durchaus zu. Dabei geht es ihm bei der gegenständlichen Darstellung nicht um Exaktheit, vielmehr sieht er in künstlerischer Überhöhung die Chance zu gesteigerter Ausdruckskraft. Die Form hat sich letztendlich der Bildaussage unterzuordnen.
Nähert man sich den Bildern Norbert Krabbes mit der gebotenen Unbefangenheit, stellt man zunächst fest: da ist nichts Gekünsteltes, Gestelltes, Beifall heischendes; jedes Bild ist „eine ehrliche Haut“. Die Bilder sind nicht „laut“ oder vordergründig provozierend- er selbst beschreibt seinen Malstil als lyrisch-meditativ. Nach meiner Erfahrung haben die Bilder – bei jedem werden es andere sein - das Potential, den Betrachter in eine kontemplative Stimmung zu versetzten; gelingt das, fallen aller Lärm und die Hektik des Alltags ab und machen Raum für ein Innehalten, einen Dialog zwischen Bild und Betrachter einerseits und zwischen Denken und Fühlen des Betrachters selbst. In diesem Sinne sind die Bilder für mich Andachtsbilder. Wie sagte einmal ein Besucher einer Krabbe-Ausstellung so schön: „Man möchte davor niederknien“.
Norbert Krabbes Bilder wollen in erster Linie nicht erkannt, sondern gefühlt werden. Da ist zunächst die Wirkung der Farbe – einzeln oder als Akkord; Strukturen künden von Auseinandersetzungen und Veränderungen, denen alles unterworfen ist; bizarre Formgebilde entstehen und erzeugen Spannungen im Bildgefüge – der Betrachter taucht immer tiefer ein in einen Bild-Organismus, der ein Eigenleben zu führen scheint. Dann setzt sich irgendwann auch ein geistiger Prozess in Gang; man beginnt, zu interpretieren und zu philosophieren. In diesem Dialog ist der Betrachter nicht mehr nur Konsument einer vorgefertigten Meinung, eines geschaffenen Kunstwerkes, sondern muss sich selbst einbringen, mit seiner Phantasie, seinen Erfahrungen und Gefühlen. Diese Auseinandersetzung, dieser Dialog kann bei einem guten Bild beliebig fortgeführt und von neuem aufgenommen werden – man kann sich ein solches Bild schwerlich „über sehen“. Da beginnt dann allerdings auch die Ohnmacht des Künstlers, denn der Betrachter muß innerlich bereit sein, zu kommunizieren und dabei auch etwas von sich preiszugeben – vielleicht tun sich Menschen so schwer mit gegenstandsloser Kunst, weil sie dieses „Geben“ scheuen, sei es, weil sie sich einfach nicht die Zeit nehmen, die so ein Bild braucht oder weil sie Angst haben, Individualität und Gefühl zu zeigen, ihr eigenes Unterbewusstsein zu erforschen.
Mir scheint, Norbert Krabbe ist an einem Punkt angekommen, wo die Jahre autodidaktischen Studiums, des schöpferischen Austausches und des Selbstfindungsprozesses zur Reife gelangt sind und er nunmehr die Ernte einbringen kann. Der Quell schöpferischer Ideen und deren Umsetzung in neue Bildfindungen sprudelt mit unverminderter Intensität und jeder Tag, der ungestörtes Arbeiten im Atelier ermöglicht, wird als Geschenk dankend angenommen. Möge es in Zukunft viele dieser Tage geben.“
BIOGRAFIE
1951 geboren in Demmin; Autodidakt
1976 Bekanntschaft mit Künstlern der Dresdner Szene: Kontakte zu Mitgliedern der ehemaligen Künstlergruppe „Die Lücke“ (A.R.Penck, Terk, H.Gallasch, W.Opitz)
1977-80 Gemeinsame Malaktionen mit Terk; reger künstlerischer Austausch, Entwicklung eigener Bildideen, Ausstellungen in Privatwohnungen
1981 Nach Übersiedlung vieler Malerfreunde in den Westen Deutschlands nur noch isoliertes Arbeiten
1982-89 Ausstellungsverbot
1990 Bekanntschaft mit dem Berliner Galeristen Michael Schultz; Erste Siebdruckserien, Beteiligung an internationalen Kunstmessen, Ausstellungen
1991 Bekanntschaft mit dem Maler Arno C.Schmetjen in Hannover
1993 Gründung der Künstlergruppe NORA (Norbert Krabbe, Arno C.Schmetjen, Tomo Storelli), Atelier in Hamburg/Eppendorf („Tante Emma-Laden“)
1994 Durch Vermittlung des Kunstmäzen Dr. Jürgen König Ausbau einer Industriehalle in Werder/Havel zu einem NORA-Atelier; Intensives Arbeiten an den Gemeinschaftsbildern, Ausstellungen und Beteiligungen an internationalen Kunstmessen
1997 Auflösung der Gruppe NORA
1997-2004 Atelier in Neubrandenburg, Einzelarbeiten
2004 Leiter der Galerie NOHARA in Ahlbeck/Usedom, Umzug nach Koserow/Insel Usedom
2005-heute Atelier in Koserow, Einzelarbeiten
AUSSTELLUNGEN
bis 1982: Ausstellungen in zu Galerien umfunktionierten Privatwohnungen in Berlin und Dresden sowie Beteiligung an Kunstmärkten
1982 – 1989 Ausstellungsverbot
Nach Auflösung der Gruppe NORA wieder Einzelarbeiten (1998 – 2011)
(Auswahl)
Kunstmarkt Dresden
I.A.G. Berlin
Arge Nova Dresden
Schauspielhaus Neubrandenburg
Kunsthaus Villa Meyer Zinnowitz
Skulpturenpark/Kulturscheune Katzow (mit Arno C.Schmetjen und NORA-Werken)
Galerie NOHARA Seebad Ahlbeck
Galerie NOHARA Stade
Museum „Kaffeemühle“ Wolgast
Kurverwaltung Koserow
Kunstsalon Ralf Waschkau Koserow