Meissen
große
Kumme / Spülkumme / Schale / Schüssel / slop bowl
Modell: Neuosier, um 1770
Durchmesser: ca. 17 cm
Höhe: ca. 9 cm
Textile Dekore auf Porzellan:
Edle Bänder und Bordüren waren im Barock große Mode.
Sie passend zu Kleidern und Hüten zu dekorieren gab eine
willkommene Möglichkeit, schlichte Kleider aufzuwerten und zu verwandeln.
Entsprechend groß war die Auswahl: Seidenrips, bestickt, mit Spitze
und dergleichen mehr. Schon in J.S. Bachs Kaffeekantate lässt der Meister
den Vater drohend singen: "Du sollst auch nicht von meiner Hand
ein silbern oder goldnes Band auf deine Haube kriegen!" (Der Vater
droht hier seiner Tochter, die stets zu viel Kaffee trinkt, damit,
ihr in Zukunft keine neuen Zierborten mehr zu schenken, wenn sie nicht dem
Kaffegenuss abschwört. - Es sei verraten: Alles Drohen bleibt vergeblich!)
Hier nun kommen die Borten direkt vom Kleidersaum auf die
Kaffeetafel! Breite Bänder zieren die Kumme. Sie verlaufen entlang
der gekurvten Grate des "Neuosier"-Reliefs und imitieren eben
jene Bänder, die Barocke Kleider zierten:
Ein Streifen in Purpur und Rosa windet sich an vier Stellen auf der Wandung
entlang. Die Ränder sind mit einer Spitzen in Gold eingefasst.
Zwischen die Bänder sind bunte Blumenbuketts gesetzt;
auch das Innere der Schale ziert ein Strauß mit Rose.
Kummen wie diese dienten an der Tafel dazu, die Reste von
Kaffeesatz oder Teeblättern aus den Tassen zu spülen, bevor
nachgeschenkt wurde. Moderne Filter waren noch unbekannt
und so wurde das Kaffeemehl direkt in der Kanne überbrüht
und Teeblätter ebenso lose in die Teekanne gegeben. Kleine
Reste waren so in den Tassen unvermeidbar. Die Spülkummen
sorgten dafür, dass sich der Satz nicht akkumulierte.
Nach Einführung von effektiven Papier- und Dauerfiltern
verloren die Kummen ihre Bedeutung und wurden häufig zu
Gebäckschalen umgewidmet. Die besondere Tiefe der Kummen
macht aber die Unterscheidung zu anderen Schalen leicht.
Erhaltung
Die Schale ist unbeschädigt erhalten. Es gibt keine Reparaturen.
Lediglich der Goldrand ist stellenweise leicht berieben. Die Malerei
im Boden der Schale weist ebenfalls einige Kratzspuren auf.
Alle Details sind auf den Fotos klar zu erkennen.
Marken
Die Kumme trägt die gekreuzten Schwerter in unterglasur Blau.
Das Erscheinungsbild des Stücks ebenso wie die Form der
Marke lassen uns das Stück auf die Jahre um 1770 datieren.
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