Astrid Ruppert ist eine erfolgreiche Schriftstellerin und Drehbuchautorin. Jedes Jahr an Weihnachten läuft der Film "Obendrüber, da schneit es" im ZDF, der auf ihrem Buch basiert. Sie lebt im Homberger Ortsteil Ober-Ofleiden in einem idyllischen Fachwerkhäuschen, die Kinder sind groß. "Vieles hat geklappt in meinem Leben, es geht mir gut, ich kann als Schriftstellerin auf dem Land leben", bilanziert sie. Bis 2015 die ersten Kriegsflüchtlinge in den Vogelsberg kamen. Astrid Ruppert stellte fest, dass sie noch Kapazitäten hatte, und machte eine Fortbildung zur ehrenamtlichen Flüchtlingshelferin. "Ich fand das alles sehr anregend", erzählt sie rund zwei Jahre später in ihrem Garten, umgeben von Blumen und summenden Bienen. "Und ich merkte: Wenn ich rede, hören alle zu." Daraus entstand die Idee, ihre Erlebnisse mit den Flüchtlingen in einer wöchentlichen Kolumne in dieser Zeitung zu veröffentlichen, als eine Art Tagebuch. Ein Jahr lang schrieb sie. Dieser Tage nun erschienen die Texte als Buch, gefördert von der Kirche. Es trägt den Titel "Tee mit Ayman". Ayman ist einer der syrischen Flüchtlinge, die mit der großen Welle nach Europa gespült wurden. Sein Name ist ausgedacht wie alle anderen auch. Die Flüchtlinge leben in einer Unterkunft im Nachbardorf Nieder-Ofleiden. Ruppert fuhr mit ihnen zu Ämtern, füllte Formulare aus, organisierte Deutschkurse und Wohnungen, holte die jungen Männer spätabends aus der Stadt ab, weil kein Bus mehr fuhr. "Ich war die Mama. Ich habe alle als offen und neugierig empfunden und das war so anders, als ich gedacht hatte. Das wollte ich den Leuten mitteilen." Schon bald wurde sie im Supermarkt auf die Kolumnen angesprochen. "Ich wollte gegen die Skepsis und die Angst angehen", sagt sie. Die Geschichten sind amüsant, nachdenklich, manchmal traurig, allesamt flott geschrieben. Viel Zeit verbringt sie mit den Flüchtlingen, mehr, als es ihrem Mann gefällt: "Mein Mann, der abends unterwegs war, hat die Zettel mit den Liebesliedern auf dem Esstisch liegen sehen und plötzlich war ihm das alles zu viel. Diese ganzen arabischen jungen Männer, die mich seiner Meinung nach anhimmeln und mich anlächeln und jetzt auch noch das: Liebeslieder! Ich schaue ihn verdutzt an. Anhimmeln?" Mit Sipan, einem Flüchtling, verabredet sie einen Termin zur Wohnungsbesichtigung. "15 Uhr, Schlossgasse, okay?" Wer ist nicht da? Sipan. Leicht verärgert fährt Ruppert unverrichteter Dinge nach Hause, vorher aber noch bei der Bank vorbei. "Und wer steht da verfroren und wartend vor dem Kreditinstitut, mit einem breiten Lächeln im Gesicht, als er mich sieht? Sipan!" Er hat Sparkasse statt Schlossgasse verstanden. Nach einem Jahr beendet Ruppert die Kolumne. "Ich bekam das Gefühl, auf der Stelle zu treten." Inzwischen begegnen ihr allerdings schon wieder neue Themen: drohende Abschiebungen, Jobsuche, die Familienzusammenführung. "Jetzt frage ich mich: Wie geht es weiter mit der Integration?" Die Flüchtlinge können besser Deutsch und sich um vieles selbst kümmern. Nun, da die Frauen da sind, ziehen sich die Männer stärker in ihre Familien zurück, beobachtet Ruppert. Das Buch erscheint im Selbstverlag, gefördert von der evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Ihr Agent, erzählt die Schriftstellerin, hielt es von Anfang an für ein Nischenthema. Als sie es selbst an die Verlage schickte, bekam sie keine Antwort. Für sie aber war das Jahr eine prägende Zeit. "Ich habe viel nachgedacht über Demokratie und Meinungsfreiheit und ich bin auch politischer geworden. Mir wurde etwas bewusst: Mein Gott, haben wir es gut." (Foto: dar/pm)