Berliner demonstrieren.
Am heutigen Nachmittag (26.8.1948) demonstrierten Tausende von Werktätigen Berlins vor dem neuen Stadthaus (am Molkenmarkt), um gegen die Spaltung Berlins zu protestieren und Stadtrat Waldemar Schmidt ihr Vertrauen auszusprechen. Die angesetzte Stadtverordneten-Sitzung wurde abgesagt und nur die Fraktion der SED verblieb im Stadthaus und vermittelte den Empfang von Betriebs-Delegationen durch Bürgermeister Dr. Ferdinand Friedensburg.
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Es befindet sich am Molkenmarkt zwischen der Jüden-, Kloster-, Parochial- und Stralauer Straße. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann für das im Gegensatz zum Roten Rathaus weniger zerstörte Gebäude des Stadthauses eine Zeit unterschiedlicher Nutzungen. Bis 1956 war es noch ein Verwaltungsbau des Magistrat von Groß-Berlin. Dieser nutzte zusätzlich ein benachbartes Gebäude in der Parochialstraße, erbaut Mitte der 1930er Jahre und geplant durch Kurt Starcks und Franz Arnous als Geschäftshaus der Versicherung Städtische Feuersozietät. Das Haus in der Parochialstraße übernahm damit die Funktion des Stadthauses als erweiterter Dienstsitz verschiedener Berliner Magistratsverwaltungen und so auch die Bezeichnung Neues Stadthaus. Das ursprüngliche Neue Stadthaus hieß dagegen zur Unterscheidung von nun an Altes Stadthaus, so dass in der Literatur immer wieder Verwechslungen der Bauwerke zu finden sind. Von 1956 bis zum Ende der DDR diente das Alte Stadthaus unter anderem dem ersten Ministerpräsidenten der DDR Otto Grotewohl und dem letzten Lothar de Maizière als Amtssitz. Ab 1992 waren hier zwei Berliner Außenstellen der Bonner Bundesregierung untergebracht. Mitte der 1990er Jahre begann eine umfassende Renovierung und das Alte Stadthaus diente danach wieder seiner ursprünglichen Verwendung als ein Gebäude der Stadtverwaltung, indem es seitdem die Berliner Senatsverwaltung für Inneres beherbergt. Geschichte Suche nach einem „Zweiten Rathaus“ Das schnelle Wachstum Berlins seit den 1860er Jahren um 50.000 Menschen jährlich brachte auch eine enorme Steigerung des Verwaltungsaufwands mit sich. Die Kapazitäten des erst 1869 fertiggestellten Roten Rathauses als Berliner Rathaus waren daher bald wieder erschöpft, wie ein Vergleich zeigt: Beim Baubeginn des Roten Rathauses lebten in der Stadt etwa 500.000 Einwohner, bei der Fertigstellung bereits 800.000. In der Folge stellte sich heraus, dass der Berliner Magistrat eine Zweitresidenz, eine Art „zweites Rathaus“ brauchen würde. Einen Anbau an das vorhandene Rathaus schlossen sowohl Magistrat als auch die Stadtverordneten aus, da eine Erweiterung des baulich schon geschlossenen Rathauskomplexes auf architektonisch befriedigende Weise unmöglich schien. Der Bau des neuen Hauses war vor allem mit den wichtigen Fragen des wie und wo verbunden. 1893 schlug der Magistrat ein Grundstück am Ufer der Spree in Höhe der Waisenbrücke vor; an ungefähr dieser Stelle befindet sich heute die Berliner Finanzverwaltung und die Vertretung des Sozialverbandes Deutschland. Das vorgeschlagene Areal lehnten die Stadtverordneten jedoch ab, da sie befürchteten, dass das neue Gebäude durch seine exponierte Lage das bestehende Rathaus an Wirkung und Glanz übertreffen könne. Daher verschob man die Frage nach dem neuen, „zweiten Rathaus“ um einige Jahre. In der Zwischenzeit trat der Magistrat erneut mit Vorschlägen an die Abgeordneten heran, beide Seiten fanden jedoch wiederum keinen Konsens. 1898 griff auch der damalige Stadtbaurat Ludwig Hoffmann in die Diskussion ein, der, wie Schäche schreibt, durch „kluges Eingreifen in die Debatte [einen] Meinungsumschwung unter den Stadtverordneten“ herbeiführte. Schließlich einigten sich Berliner Magistrat und die Abgeordnetenversammlung auf das Grundstück am Berliner Molkenmarkt zwischen Jüden-, Parochial-, Kloster- und Stralauer Straße. Die auf dem anvisierten Baugrund bestehenden 32 bebauten Parzellen kaufte die Stadt nach und nach auf und ließ die vorhandenen Bauten abreißen. Durch sein Eingreifen in die Debatte, aber auch durch sein gewachsenes Ansehen stand unzweifelhaft fest, dass Ludwig Hoffmann der Architekt für das neue, repräsentative Gebäude sein sollte. So bekam der damalige Stadtbaurat ohne Ausschreibung den Auftrag, ein Verwaltungsgebäude mit etwa 1.000 Arbeitsplätzen und zwei Sitzungssälen zu entwerfen. Festlegungen oder gar Einschränkungen, betreffend die Gestaltung sowie der städtebaulichen Repräsentation, gab es nicht. Entwürfe für das neue Gebäude legte Hoffmann, wie er selbst in seinen Memoiren berichtet, erst Jahre später vor. Dabei gelangen ihm zwei Überraschungen, indem er die äußere Gestaltung durch einen Turm, die innere jedoch durch eine große Halle dominieren ließ. Die Ausschussmitglieder der Stadtverordnetenversammlung äußerten sich zwar zunächst kritisch dazu, votierten in der darauf folgenden Abstimmung dennoch mehrheitlich für das Konzept Hoffmanns. Die finanzielle Lage der Stadt Berlin war damals so gut, dass selbst der Stadtkämmerer weder Einwände gegen das Haus selbst noch gegen den Bau des Turms hatte. Baubeschreibung Hoffmann schuf ein monumentales Gebäude mit fünf Innenhöfen, um „einmal die Büros der städtischen Verwaltungen, die im Rathaus keinen Platz haben, aufzunehmen; es sollte aber außerdem die Halle für große öffentliche Feiern enthalten, die der Stadt fehlt, und auch nach außen hin das Berlin von heute repräsentieren und also ausgesprochener monumentaler Prunkbau sein“ (Ludwig Hoffmann 1914). Die Repräsentationsfunktion zeigt sich nach außen im etwa 80 Meter hohen Turm (die Angaben variieren hier), der sich auf einem quadratischen Sockel über dem Mittelrisalit an der Jüdenstraße erhebt. Der Turm besteht aus zwei Trommeln mit Säulenkranz und wird von einem Kuppelhelm gekrönt, die eine 3,25 Meter große Fortuna-Figur aus Kupfer von Ignatius Taschner trägt. Der Turm ist ein Zitat der von Carl von Gontard entworfenen Türme des Französischen und des Deutschen Domes am Gendarmenmarkt und soll aufzeigen, dass „Berlin eine in die Höhe gerichtete Entwicklung nimmt“. Im Inneren ist besonders der dreigeschossige, tonnengewölbte Festsaal repräsentativ, der so genannte Bärensaal, der in der Mitte des Gebäudes liegt. Georg Wrba gestaltete den Rosso-Verona-Marmorboden, sechs Prunkkandelaber und drei bronzene Portalgitter, die unter anderem den Saal ausschmücken. Die Halle selbst, die weder vom Magistrat noch von den Stadtverordneten verlangt worden war, sollte nach Hoffmann „eine Stadthalle für ernste Feiern“ sein und bietet etwa 1.500 Menschen Platz. An der Decke des Saales wurden 18 Reliefs mit „Bürgertugenden“ in Versform angebracht; zusätzlich schuf Georg Wrba einen großen, bronzenen Bären, der ans Ende des Saales gerückt wurde. Wrba fertigte den Bären, das Symbol der Stadt, sogar zweimal an: Zuerst in einer etwas großen Form, die der Künstler jedoch für zu herabdrückend in der 19 Meter hohen Halle fand, so dass er – ebenfalls aus Bronze – eine zweite Figur in verkleinerter Form anfertigte. Der Grundriss des Gebäudes folgt als unregelmäßiges Trapez den Ausmaßen des abgerissenen Stadtquartiers. Die Seitenflügel an der Parochial- und Stralauer Straße durchstoßen als dreiachsige Seitenrisalite die Fassaden an der Jüden- und der Klosterstraße. Die Hauptachse mit der Eingangshalle und dem Festsaal liegt zwischen den fünfachsigen Mittelrisaliten an der Jüden- und der Klosterstraße. Querflügel unterteilen den Gebäudekomplex im Inneren in fünf Innenhöfe. Die Fassadengliederung orientiert sich an den Formen des Palladianismus. Über dem Rustikasockel mit Erdgeschoss und der Hälfte des Zwischengeschosses erhebt sich die durch zweieinhalb Geschosse reichende toskanische Säulen- und Pilasterordnung. Mit dieser Verwischung der Grenze verletzte Hoffmann bewusst die Normen seines Vorbildes, des Palazzo Thiene in Vicenza. Die Fassade wurde in grauem Muschelkalk ausgeführt. Das Gebäude wird von einem Mansarddach bekrönt. Die Front in Richtung Jüdenstraße ist 82,63 Meter lang, in Richtung Klosterstraße 126,93 Meter, Parochialstraße 108,31 Meter sowie zur Stralauer Straße 94,46 Meter. Das Stadthaus ist reich an Bildhauerarbeiten, unter anderem 19 von ursprünglich 21 Figuren als Allegorien der Bürgertugenden, die von den Bildhauern Josef Rauch, Ignatius Taschner, Georg Wrba und Wilhelm Widemann geschaffen wurden. Im Giebelfeld der Frontfassade befanden sich ursprünglich drei Berliner Stadtwappen aus der Werkstatt von Josef Rauch. Beim Umbau zum Haus des Ministerrats wurden sie abgenommen und durch ein DDR-Staatswappen ersetzt. Nach der Wende wurde das DDR-Wappen entfernt, die Berliner Wappen wurden jedoch bisher nicht wieder angebracht. Eröffnung nach langem Warten Die Bauarbeiten zogen sich in die Länge, so dass Teile der Verwaltung, unter anderem die Hoch- und Tiefbaudeputation und die städtische Polizeiverwaltung bereits im März 1908 einzogen; Kanalisations-Deputation und städtische Feuersozietät folgten ihnen ein paar Wochen später. Der Turm selbst entstand in den Jahren 1908 bis 1911. Nach mehr als zehn Jahren Planungs- und Bauzeit eröffnete Bürgermeister Martin Kirschner am 29. Oktober 1911 das Gebäude in einer feierlichen Zeremonie. Die genaue Bauzeit betrug insgesamt neun Jahre und sechs Monate (April 1902 bis Oktober 1911). Ludwig Hoffmanns Bau galt in der Bevölkerung allgemein als gelungen. Das „imposante“ Gebäude setzte einen Schwerpunkt im städtebaulichen Umfeld zwischen Molkenmarkt und Parochialkirche, wie es das eigentliche Berliner Rathaus, im Allgemeinen als Rotes Rathaus bekannt, zwischen Alexanderplatz und Nikolaikirche tat. Nicht umsonst bekam das in Laufnähe zu diesem gelegene Stadthaus auch den Namen „zweites Rathaus“, wofür es mit seiner Architektur geradezu prädestiniert war. In statistischer Sicht übertraf das „zweite“ das „erste Rathaus“ bei weitem: So bot das Stadthaus Raum für etwa 1.000 Arbeitsplätze städtischer Beamter, das Rote Rathaus dagegen gerade 317. Auch an Gesamtfläche war das Hoffmannsche Stadthaus mit etwa 12.600 Quadratmetern im Gegensatz zu 9.000 im alten Haus größer. Weiteres Geschehen und Planungen zur Zeit des Nationalsozialismus Bis in die 1920er Jahre änderte sich nichts Wesentliches am Stadthaus. Weder der Erste Weltkrieg noch die anschließende Revolution konnten dem Gebäude etwas anhaben. 1920 bildete sich die neue Großgemeinde Berlin unter Eingemeindung vieler vorgelagerter Dörfer und Städte wie Spandau, Köpenick, Charlottenburg oder Wilmersdorf. Damit stieg wiederum der Verwaltungsaufwand erheblich, so dass bereits einige Abteilungen und Dienststellen ausgelagert werden mussten. 1929 beauftragte der Berliner Magistrat die Hochbauverwaltung, ein Konzept für einen zwei Blöcke umfassenden Verwaltungsneubau zu entwickeln, der gleichzeitig eine visuelle und bauliche Verbindung zwischen dem Berliner Rathaus und dem Stadthaus darstellen sollte. In dem neuen Verwaltungsbau sollten jedoch nicht nur neue Arbeitsplätze für Beamte entstehen, es sollte auch die vorhandene Stadthauptbibliothek sowie die Stadtsparkasse mitaufnehmen. Der Bau des neuen Gebäudes war in ein groß geplantes Sanierungsprogramm des Molkenmarktviertels integriert. So sollten menschenunwürdige Wohnungen im so genannten „Krögel-Block“ abgerissen und durch neue ersetzt werden. Bis 1931 gediehen die Pläne dieses Programms, doch aufgrund der desolaten politischen und wirtschaftlichen Situation konnte die Verwirklichung nicht mehr weiterverfolgt werden. Nach dem Antritt Hitlers als Reichskanzler wollte der Berliner Magistrat mit seiner Verwaltung – passend zur nationalsozialistischen Propaganda – seinen Teil zum „Nationalen Aufbauprogramm“ beitragen und nahm die Sanierungs- und Neubaupläne wieder auf. Die Pläne waren besonders durch den sozialen Aspekt des Wohnungsneubaus im „Krögel-Block“ sehr gut für dieses Programm. Allerdings tat sich ein anderes Problem auf: Da durch das Reichsministerium für Verkehr der Ausbau der Mühlendammschleuse im Zusammenhang mit dem Bau des Mittelland- und des Adolf-Hitler-Kanals angeordnet wurde, musste auch die vorhandene Mühlendammbrücke ersetzt werden. Dadurch mussten einige Gebäude, darunter auch das Ephraim-Palais, versetzt werden. Dabei war eine generelle Neuplanung des Viertels willkommen, denn auch das preußische Finanzministerium meldete den Neubau der Reichsmünze an. In dem neuen Gebäude mit dem Namen „Deutsche Reichsmünze“ sollten alle vorhandenen – damals sechs – Ländermünzen vereinigt werden. Durch all dies erwuchs der Gedanke, den Bereich um den Molkenmarkt in eine Art „großes Stadt- und Verwaltungsareal“ umzubauen, wobei das von Ludwig Hoffmann konzipierte Stadthaus Mittelpunkt des neuen „Forums“ werden sollte. Im Übrigen fiel dabei erneut das Wohnungsbauprojekt des „Krögel-Blocks“ aus den Plänen heraus. Nachdem 1936 der Krögel-Block mit seinen Wohnungen abgerissen worden war, konnte auch der Neubau dieses Verwaltungsareals beginnen. Vor dem Stadthaus, dem neuen Mittelpunkt des Gebietes, sollte ein großer Platz entstehen, der durch zwei gleiche Flügelbauten jeweils links und rechts des Stadthauses flankiert war. Auf dem Platz selbst sollte die heute im Lustgarten stehende Granitschale des Steinmetzen Christian Gottlieb Cantian stehen, die wiederum von zwei großen Säulen mit jeweils einer Adlerstatuette abgegrenzt werden sollte. Zum Neubau des Verwaltungsforums gehörten außerdem ein so genanntes „Stadtpräsidentenhaus“, die Reichsmünze sowie mehrere andere Verwaltungsgebäude. Von diesen Planungen wurden nur wenige verwirklicht, darunter die Verwaltungsgebäude (in den Plänen mit C und D gekennzeichnet) sowie das Haus der Feuersozietät, das heutige „Neue Stadthaus“. Neben all diesen städtischen Planungen, das heißt Planungen, die aktiv vom Magistrat der Reichshauptstadt betrieben wurden, entwarf auch der Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt Albert Speer das Gelände eines weitaus größeren Verwaltungsareals für eine zukünftige „Welthauptstadt Germania“. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude von Fliegerbomben getroffen, so dass es einige Schäden, besonders an den Hausflügeln C und D sowie am Eckbereich Jüden-/Parochialstraße, gegeben hat. Die größten Schäden erhielt das Gebäude jedoch in den letzten Kriegsmonaten und -wochen durch die näherrückende Front und den so genannten „Endkampf“. Das Mansarddach brannte nahezu vollständig ab, erhebliche Wasserschäden taten ein Übriges. Außerdem wurden im Krieg die Statuen am Eingangsrisalit an der rückwärtigen Fassade zur Klosterstraße zerstört. Die Stadtkommandantur gab den Schaden mit etwa 50 Prozent an. Situation nach 1945 Kurz nach der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai 1945 suchte der sowjetische Stadtkommandant Nikolai Bersarin nach fähigen, antifaschistischen Personen für eine neue öffentliche Verwaltung Berlins. Am 19. Mai ernannte Bersarin die 19 Mitglieder des Magistrats unter der Führung des kommissarischen Oberbürgermeisters Arthur Werner. Die Ernennung fand jedoch weder im Roten Rathaus noch im Stadthaus statt, denn beide Gebäude waren relativ stark zerstört. So wird berichtet, dass der Sitz der Städtischen Feuersozietät direkt neben dem Stadthaus den „besterhaltene[n] Saal in der ganzen Innenstadt“ aufweisen konnte. Auch aus diesem Grund zog der Magistrat von Groß-Berlin, der sich in den nächsten Monaten personell vergrößerte, in das ehemalige Haus der Feuersozietät in der Parochialstraße 1–3, das so schnell den Namen „Neues Stadthaus“ bekam. Um dieses wiederum vom eigentlichen Stadthaus zu unterscheiden, erhielt der Hoffmannsche Bau den bis heute gültigen Namen „Altes Stadthaus“. Das Stadthaus als nun „drittes Rathaus“ beherbergte vorläufig das Planungs- und Hochbauamt, die Ämter für Vermessung und Wohnungswesen und einige andere Ämter. Während die Mitarbeiter der Verwaltung die Büros vollständig belegt hatten und nutzten, standen der Festsaal sowie die Turmräume aufgrund fehlender Heizung, großer Feuchtigkeit und daraus resultierender Schimmelschäden leer, abgesehen von einigen Planungsausstellungen des Berliner Stadtbaurates Hans Scharoun. Der Magistrat verwaltete von den beiden Gebäuden des Alten und Neuen Stadthauses aus bis 1948 noch das gesamte Groß-Berlin. Nach der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung von Groß-Berlin Anfang Dezember 1948 zogen die 14 West-Berliner Bezirksverwaltungen Ende 1948 aus. Bis zur Wiederherstellung des Roten Rathauses 1956 arbeitete dann nur noch die Verwaltung für die damals noch acht Ost-Berliner Stadtbezirke hier. Änderungen in der DDR Die Beschädigung des Alten Stadthauses konnte durch einige kleine Aufbaumaßnahmen, unter anderem eine Notdachdeckung, bis 1950 prozentual auf 45 Prozent gesenkt werden. Für kleinere Arbeiten bestanden gerade noch die personellen, materiellen und finanziellen Möglichkeiten, größere Bauarbeiten konnten in den ersten Nachkriegsjahren nicht in Angriff genommen werden. Erste Vorschläge für eine Rekonstruktion des Hauses erarbeitete das Hochbauamt bereits im Jahr 1948. Konkret ging es dabei vor allem um das neu aufzubauende Dach. Nach und nach kristallisierten sich zwei Varianten heraus: Entweder einen originalgetreuen Aufbau des Mansarddaches oder die Konstruktion eines flachen Satteldaches. Wichtigstes Kriterium dabei war die benötigte Anzahl an Schnittholz, das weder damals noch später in der DDR in ausreichender Menge zur Verfügung stand. Deshalb fiel die Entscheidung zugunsten eines Satteldaches bei 214 m² Schnittholz, eine Mansarddachkonstruktion hätte dagegen 930 m² beansprucht. Erwägungen des Denkmalschutzes spielten kaum eine Rolle. Bei beiden Varianten war geplant, das Dachgeschoss für Büroräume auszubauen. Der Wiederaufbau des Alten Stadthauses sollte in den Jahren 1950 bis 1955 in fünf einzelnen Phasen stattfinden. Der erste Bauabschnitt soll sich vor allem mit der Aufstockung des Hofflügels in Richtung Stralauer Straße befasst haben (hierzu finden sich keine genauen Angaben). Im zweiten Teil betrafen die Rekonstruktionsmaßnahmen den Flügel Stralauer Straße/Jüdenstraße, dabei ließ der Magistrat als Bauherr im vierten Geschoss weitere Büros und einen 300 Personen fassenden Speisesaal inklusive Küche einbauen. Diese Maßnahmen waren bis Anfang 1952 fertiggestellt. Die weiteren Bauphasen kamen jedoch aus mehreren Gründen nicht mehr zur Verwirklichung; der vermutlich schwerwiegendste war, dass das Stadthaus nicht Amtssitz des Bürgermeisters war, außerdem hatte der Aufbau alter, „wilhelminischer“ Architekturbauten keine hohe Priorität – die Errichtung von Wohnraum war damals wesentlich dringender, so dass diese Investition nicht in den Volkswirtschaftsplan aufgenommen wurde. Nach Jahren der Rekonstruktion war das Rote Rathaus im Jahr 1955 fertiggestellt und wieder voll funktionstüchtig. Damit konnten nun viele Abteilungen des Ost-Berliner Magistrats, der sich weiterhin Magistrat von Groß-Berlin nannte, aus den beiden Stadthäusern und anderen, weiter entlegenen Verwaltungsgebäuden, wieder in das Rote Rathaus umziehen. Anfang desselben Jahres war außerdem bekannt geworden, dass das Alte Stadthaus vom inzwischen Ost-Berliner Magistrat an den Ministerrat der DDR übergehen sollte. Dieses Staatsorgan hatte sich seit seiner Gründung 1949 inzwischen erheblich personell erweitert und brauchte neue Räume, wobei das Alte Stadthaus nur eine Zwischenlösung darstellen sollte. Bereits im Herbst 1955 zog der Ministerpräsident der DDR Otto Grotewohl in das Haus ein. Zuvor fanden Umbauarbeiten statt, um den Ansprüchen des Ministerpräsidenten und dessen Büroleitung gerecht zu werden. Dazu zählten die Einrichtungen der verschiedenen Ministerialzimmer, die schon früher geplante Aufstockung um das vierte Obergeschoss, Neuordnung der Treppenhäuser, Belüftungsanlagen und elektrische Einrichtungen. Gänge und Flure erhielten lange rote Teppiche; des Weiteren wurde in den Jahren 1960/61 der Festsaal erheblich verändert, der nach dem Umbau nur noch 300 statt bisher 1.500 Personen fasste. Außerdem brachten Bauarbeiter neue hölzerne Wandelemente an, und unter die gewölbte Decke wurde eine niedrigere Zwischendecke gehängt. Dabei gingen auch prunkvolle Kandelaber, bronzene Portalgitter und der Marmorfußboden verloren. Die von Georg Wrba geschaffene Bärenskulptur wurde 1959 im Tierpark Friedrichsfelde aufgestellt. Ab 1960 wurde das Gebäude der Amtssitz des gesamten Ministerrates der DDR. Im vorderen Bereich wurden eine Sicherheits- und Sonderzone eingerichtet, der öffentliche Zugang zum „Haus des Ministerrates“ befand sich jetzt in der Klosterstraße. Das Eingangsportal zur Jüdenstraße, an dem das Staatswappen der DDR angebracht wurde, war nur in Ausnahmen geöffnet. Diese Veränderungen sollten auch die negative Haltung zum „wilhelminischen“ Charakter des Stadthauses darstellen, die nicht dem sozialistischen Idealbild entsprachen, denn, so schreibt Schäche, die Innenarchitektur Hoffmanns galt als „pomphaft, schwülstig, düster und nicht mehr zeitgemäß“. Insgesamt kosteten die Umbaumaßnahmen zwei Millionen DDR-Mark. Auch die Fortuna-Statue überdauerte die Bauarbeiten nicht: schon bei den ersten Rekonstruktionsmaßnahmen 1951 entfernte man sie und ersetzte sie durch eine 13 Meter hohe Rundfunkantenne. Nach der Inbetriebnahme des Fernsehturms 1969 wurde diese wiederum gegen eine DDR-Flagge ausgewechselt. Die Fortuna war bis in die 1960er Jahre in der Kuppel eingelagert, danach wurde sie eingeschmolzen. Die anderen Statuen befanden sich bis 1974 auf dem Stadthaus, danach wurden auch sie abgenommen und in Friedrichsfelde und anderen Depots eingelagert, da sie durch Regen und Frost erheblichen Schaden genommen hatten. Allgemein nahm die Bedeutung des Stadthauses jedoch im Staatsapparat der DDR ab. Wichtige Anlässe, Feiern und Festakte fanden im Roten Rathaus, im Palast der Republik oder im Staatsratsgebäude statt. Der einzige historische Höhepunkt lag in der Spätphase der DDR, als die erste und einzige frei gewählte DDR-Regierung unter Führung von Lothar de Maizière hier ihren Amtssitz bezog. So wurden die Konditionen des Einigungsvertrags im Stadthaus ausgehandelt. Die Berliner Luftbrücke diente der Versorgung des Westteils der Stadt Berlin durch Flugzeuge der Westalliierten, nachdem die sowjetische Besatzungsmacht die Land- und Wasserwege von der Trizone nach West-Berlin vom 24. Juni 1948 bis 12. Mai 1949 durch die Berlin-Blockade gesperrt hatte. Am 30. September 1949 wurde die Luftbrücke offiziell beendet. Geschichte Ab Januar 1948 schränkte die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) in wechselnder Dauer und Art wiederholt den Güter- und Personenverkehr sowohl der westalliierten Militärs als auch von Zivilisten von den Westzonen in die Westsektoren Berlins ein. Eine erste Zuspitzung gab es, als auf Anordnung des Chefs der SMAD, Wassili Danilowitsch Sokolowski, ab dem 1. April 1948 eine Reihe von Straßen in der westlichen sowjetischen Besatzungszone, darunter eine wichtige Brücke über die Elbe bei Magdeburg, für Transporte in die Westsektoren blockiert wurden. Briten und US-Amerikaner beantworteten dies ab dem 3. April mit der „kleinen Luftbrücke“, die zwei Tage lang ihre Garnisonen in Berlin versorgen musste. Die am 20. Juni 1948 von den Westalliierten durchgeführte Währungsreform in den drei Westzonen nahm die sowjetische Besatzung dann zum Anlass einer unbefristeten Blockade. Zunächst wurden die Westsektoren Berlins in der Nacht auf den 24. Juni 1948 von der Stromversorgung aus der Sowjetisch besetzten Zone (SBZ) abgeschnitten. Gegen 6 Uhr am 24. Juni folgte die Unterbrechung des gesamten Güterverkehrs als auch des Personenverkehrs auf Straßen, Schienen und einige Tage später (entgegen der schriftlichen Zusage von 1946) auch zu Wasser von den westlichen Besatzungszonen nach West-Berlin. Bei der Ankündigung der Blockade hatte die SMAD betont, dass die Westsektoren nicht aus der SBZ oder Ost-Berlin versorgt und die Belieferung tatsächlich am 25. Juni 1948 eingestellt werden könnte. Die Regierungen der Westmächte hatten zwar mit einer Reaktion auf die Währungsreform gerechnet, aber diese totale Blockade traf sie weitgehend unvorbereitet. Der Militärgouverneur der US-amerikanischen Zone, Lucius D. Clay, setzte sich in den nächsten Tagen mit seinem Engagement für eine Luftbrücke gegen Vorschläge seines britischen Kollegen Sir Brian Robertson durch, die Besetzung Berlins zu Gunsten gesamtdeutscher Wahlen aufzugeben. Versorgungslage In den westlichen Sektoren Berlins lebten damals etwa 2,2 Millionen Menschen. Hinzu kamen etwa 9000 amerikanische, 7600 britische und 6100 französische alliierte Soldaten mit ihren Angehörigen. Als Millionenstadt musste Berlin nahezu komplett aus dem Umland versorgt werden, bisher war dies zu etwa 75 % durch Importe aus den Westzonen geschehen. Zu Beginn der Blockade lagerten in den Westsektoren Vorräte nur für diese geschätzte Dauer: Lebensmittel 36 Tage Medikamente 6 Monate Benzin 4–5 Monate Motoröl 3–4 Monate Diesel 7–8 Wochen Steinkohle für Heizen, Kochen 35 Tage für Frischwasser- und Abwasser-Pumpen der Wasserwerke 35 Tage für Kraftwerke bei starker Strom-Rationierung 3 Wochen Koks 49 Tage Braunkohle-Briketts 25 Tage Dabei beruhten die Schätzungen auf außerordentlich knappen täglichen Rationen. So liegt der mittlere täglich nötige Bedarf an Energie aus Lebensmitteln für Frauen bei 2400 und Männer bei 3100 kcal. Über ihre Lebensmittelkarten erhielten damals „Normale Verbraucher“ (NC) aber nur etwa 1500 kcal. Zwar konnte das auf dem Land nach Schätzungen der Besatzungsmacht durch eigene Erzeugung um 200–500 kcal erhöht werden, aber nicht mitten in einer Millionenstadt wie Berlin. Und während für den bevorstehenden Winter beispielsweise im südlichen Britannien etwa 1730 kg (34 cwt) und selbst den Hamburgern etwa 890 kg Kohle je Haushalt zugeteilt wurden, schätzten die Briten, in ihrem Berliner Sektor selbst unter optimalen Bedingungen jedem Haushalt lediglich etwa 152 kg für den gesamten Winter zuteilen zu können. In Berlin blieb da als Selbsthilfe nur das Abholzen von Bäumen in Straßen, privaten und öffentlichen Anlagen wie dem Tiergarten und, soweit für Zivilisten zugänglich, im Grunewald. Die Luftbrücke beginnt Am 30. November 1945 waren den westlichen Stadtkommandanten drei Luftkorridore von je etwa 32 km Breite zwischen den westlichen Besatzungszonen und Berlin schriftlich zugesichert worden: der Hamburg Air Corridor (Nordwesten) in Richtung Hamburg, der Bueckeburg Air Corridor (Westen) in Richtung Hannover (damals mit den Flugplätzen Bückeburg, Celle-Wietzenbruch und Faßberg), und der Frankfurt Air Corridor (Südwesten) in Richtung Frankfurt. In einer weiteren schriftlichen Vereinbarung vom 31. Dezember 1945 waren die Nutzungsregeln festgelegt worden. Demnach durften die Korridore völlig frei, zu jeder Tageszeit, ohne vorherige Benachrichtigung der anderen Alliierten und durch alle Arten von Flugzeugen der Besatzungsmächte, auch zivile, genutzt werden. Es stellte sich nun als Vorteil heraus, dass die britischen Alliierten den Plan, den sie Anfang April 1948 in der „Kleinen Luftbrücke“ umgesetzt hatten, bis Juni 1948 mehrfach unter dem Namen „Operation Knicker“ erweitert hatten. Der Chef der britischen Luftwaffenverbände in Berlin Reginald „Rex“ Waite hatte schon Wochen zuvor bei der Erweiterung der Operation Knicker überprüfen lassen, ob eine Luftbrücke auch die zivile Bevölkerung Westberlins versorgen könnte. Das Ergebnis zeigte die Machbarkeit der Versorgung der eigenen Truppen und der Berliner Bevölkerung über eine Luftbrücke zumindest für die warme Jahreszeit. Am 24. Juni 1948 wurde Clay darüber unterrichtet. Am Tag darauf befahl er Berlins gewählten Bürgermeister Ernst Reuter zu sich und fragte ihn, ob die Berliner Bevölkerung die eingeschränkte Versorgung durch eine Luftbrücke ertragen würde. Reuter, begleitet von Willy Brandt, entgegnete, Clay solle sich um die Luftbrücke, er werde sich um die Berliner kümmern. Berlin werde zugunsten der Freiheit die notwendigen Opfer bringen – es komme, was wolle. Nach dem Gespräch allerdings äußerte Reuter, er bewundere zwar Clays Entschlossenheit, glaube aber nicht, dass die Versorgung per Luftbrücke möglich sei. Clay ordnete am selben Tag in Absprache mit dem Kommandanten der US Air Forces in Europe Curtis E. LeMay die Errichtung einer Luftbrücke an. Am 26. Juni flogen die ersten Maschinen der US-amerikanischen Luftwaffe von Frankfurt (Rhein-Main Airbase) und Wiesbaden (Flugplatz Wiesbaden-Erbenheim) aus zum Flughafen Tempelhof in Berlin und starteten damit die Operation Vittles (Operation Proviant). Die britische Luftwaffe beteiligte sich mit Operation Plainfare (zunächst Operation Carter Patterson genannt) an der Luftbrücke. Erstmals ließ sie am 28. Juni 1948 von Wunstorf aus „Dakotas“ (Douglas C-47) zum Flugplatz Gatow fliegen. Ab Anfang Juli bis zum Einsetzen des ersten Frosts im Dezember 1948 nutzten die Briten auch Flugboote, die wegen ihrer Korrosionsfestigkeit bevorzugt mit Salz beladen wurden, auf der Unterelbe bei Hamburg-Finkenwerder starteten und in Berlin auf der Havel und auf dem Großen Wannsee landeten. Australien nahm mit der Operation Pelican teil. Die Luftbrücke wird optimiert Anfangs ging man davon aus, dass allenfalls 750 Tonnen Luftfracht pro Tag möglich seien. Es ist daher verständlich, dass im Juli 1948 von den durch die Westalliierten befragten Berlinern 86 % angaben, Berlin würde trotz der Luftbrücke nicht über den Winter kommen, sondern in einigen Monaten gegenüber den Russen kapitulieren müssen. Das sagten zwar auch die Ost-Berliner Medien voraus. Aber selbst Otto Suhr, damals Vorsteher der Stadtverordnetenversammlung, meinte, die West-Alliierten würden schließlich aufgeben und Berlin verlassen. Es war also offenkundig, dass die materielle und personelle Ausstattung verstärkt und die Abläufe optimiert werden mussten, um die notwendigen Transportmengen zu bewältigen. Dies galt vor allem für den Fall, dass die Luftbrücke auch in der kalten Jahreszeit nötig sein würde, weil dann für Steinkohle vor allem für Kraftwerke und Heizungen nahezu die doppelte Tonnage eingeflogen werden musste. Am 23. Juli 1948 wurde Generalleutnant William Henry Tunner Befehlshaber der in Wiesbaden zur Abstimmung der US Air Force und der Royal Air Force eingerichteten Combined Airlift Task Force (CALTF). Tunner hatte bereits die US-Luftbrücke über den Himalaya (The Hump) organisiert. Dank seiner Erfahrung und seines Engagements war man Ende Juli 1948 schon bei über 2000 Tonnen pro Tag. Etwa zwei Drittel des Transportvolumens bestand aus Steinkohle. Sie wurde überwiegend vom Flughafen Faßberg aus eingeflogen, der in der britischen Zone lag, dessen Flugbetrieb aber nach wenigen Wochen in US-amerikanische Verantwortung überging. Die Briten transportierten rund ein Drittel aller Hilfsgüter nach Berlin. Im Gegensatz zu den US-Amerikanern setzten sie eine Vielzahl verschiedener Flugzeugtypen ein und nahmen außerdem organisiert durch British European Airways (BEA) etwa 25 private Luftfrachtunternehmen unter Vertrag. Schiffe, die Getreide geladen hatten und als Hilfslieferungen aus den USA für Großbritannien bestimmt waren, wurden von den Briten nach Deutschland umgeleitet. Das hatte zur Folge, dass zu Zeiten der Luftbrücke in Großbritannien selbst das Getreide rationiert wurde, was es noch nicht einmal während des Zweiten Weltkriegs gegeben hatte. Anders als es bei den US-Amerikanern die Regel war, beförderten britische Flugzeuge auch vielfach Fracht und Passagiere aus Berlin heraus. So nahmen britische Flugzeuge auf dem Rückflug Kinder aus Berlin mit, die sich zur Wiederherstellung ihrer Gesundheit in Westdeutschland erholen konnten. Die massiven Steigerungen der eingeflogenen Mengen beruhten vor allem auf einer Optimierung hinsichtlich der Flugzeugtypen, der Landebahnen, der Flugzeugwartung, der Entladevorgänge und der Flugrouten. Bei letzteren half ein ausgeklügeltes System: Die drei Luftkorridore wurden als Einbahnstraßen verwendet, wobei im nördlichen (von Hamburg nach Berlin) und im südlichen (von Frankfurt nach Berlin) die Hinflüge abliefen und im mittleren Korridor (von Berlin nach Hannover) die Rückflüge stattfanden. In den Korridoren flogen die Flugzeuge in fünf Ebenen mit einem Höhenabstand von 500 Fuß. Ein dramatisches Erlebnis Tunners am 13. August 1948 („Black Friday“) ließ ihn eine weitere Regel einführen: Von Wiesbaden aus anfliegend war er im Luftraum über Berlin in einen massiven Stau von Frachtflugzeugen geraten, weil diese wegen schlechter Sicht nicht wie geplant in Abständen von drei Minuten in Tempelhof landen konnten. Die nachkommenden Flugzeuge mussten über Berlin in Höhen von 3.000 bis 11.000 Fuß geparkt werden. Schließlich verloren die Fluglotsen die Übersicht. Auf der Landebahn unter Tunners Maschine verunglückten drei Flugzeuge, eines davon brannte aus. Tunner ließ per Funk alle benachbarten Frachtflugzeuge zu ihrer Basis zurückkehren, um den gefährlichen Stau aufzulösen und selbst ungefährdet landen zu können, und ordnete an, dass zukünftig Maschinen, deren Landung misslungen war, zu ihrem Ausgangsflughafen zurückfliegen und sich dort neu in die Kette der nach Berlin fliegenden Flugzeuge einreihen mussten. Mit diesem System war es seitdem möglich, dass in Berlin schließlich alle drei Minuten ein Flugzeug landete. Außerdem wurde durch eine ähnlich straffe Organisation der Wartungsarbeiten der Aufenthalt am Boden von 75 auf 30 Minuten verkürzt. Der Abwurf von Gütern ohne Landung war dagegen nach wenigen Versuchen als unzweckmäßig wieder eingestellt worden. Neben Briten und US-Amerikanern flogen später auch Piloten aus Australien, Neuseeland, Kanada und Südafrika. Frankreich dagegen konnte sich nur mit wenigen Flugzeugen an der Luftbrücke beteiligen, da die Armée de l’air im Indochinakrieg gebunden war. Es konnte lediglich seine eigenen Garnisonen mit Junkers Ju 52/3m versorgen. Stattdessen errichteten die Franzosen in ihrem Sektor den neuen Flughafen Tegel. Mitte Dezember 1948 sprengten französische Pioniere nach erfolglosen Aufforderungen an die sowjetische Seite durch den französischen Stadtkommandanten Jean Ganeval die den Anflug behindernden Sendemasten des Senders Tegel, der den sowjetisch beherrschten Berliner Rundfunk ausstrahlte. Der Sender musste ins brandenburgische Stolpe verlegt werden. Während der Blockade West-Berlins wurde dessen Bürgermeister Ernst Reuter (SPD) zum Symbol des (West-)Berliner Durchhaltewillens. Seine Rede vom 9. September 1948 vor der Ruine des Reichstagsgebäudes „[…] Heute ist der Tag, wo das Volk von Berlin seine Stimme erhebt. Dieses Volk von Berlin ruft heute die ganze Welt. […] Ihr Völker der Welt, ihr Völker in Amerika, in England, in Frankreich, in Italien! Schaut auf diese Stadt und erkennt, daß ihr diese Stadt und dieses Volk nicht preisgeben dürft, nicht preisgeben könnt! […]“ Gut zwei Jahre später, am 18. September 1950, erschien Reuter auf dem Titel des Time Magazine, das ihm zugleich die Titelstory widmete. Transportleistung Im zeitlichen Verlauf Durch Erfahrung und Optimieren der Abläufe, Aufstocken von Personal und Ersatzteilen sowie Verbesserung des Materials kam es zu drastischen Erhöhungen der täglich eingeflogenen Mengen. Sie überstiegen ab Ende August 1948 im Monatsmittel den geschätzten Mindestbedarf des im Sommer nötigen Nachschubs von Lebensmitteln, Steinkohle, Benzin und Diesel, Medikamenten und weiteren Bedarfsgütern. Zwar wurde die für einen normalen Winter mindestens für nötig eingeschätzte Frachtleistung im Monatsmittel nie erreicht, der Winter 1948/1949 war aber ungewöhnlich mild. Tage mit eingeschränkter Sicht vor allem durch Nebel führten allerdings anfangs zu massiven Einbrüchen der Transportleistung. Dadurch gab es in den Westsektoren Ende 1948 zeitweise nur noch Vorräte für wenige Tage. Um den Jahreswechsel 1948/49 konnte aber auf US-amerikanischer Seite der Instrumentenflug ausreichend vieler Flugzeuge durch GCA und CPS-5 ermöglicht werden. Ein anderes schwerwiegendes Problem war der Mangel an Treibstoff im eingeschlossenen Berlin. Sowjetische Bestände, die in den Westsektoren lagen, waren im November 1948 beschlagnahmt worden. Den Briten gelang es ebenfalls um Jahreswende, ihre Flugzeuge, die Treibstoffe nach Berlin brachten, umfassend mit ihrer Navigationstechnik Rebecca-Eureka auszurüsten, wodurch nun ausreichend Treibstoff eingeflogen werden konnte. Insgesamt entwickelte sich die Transportleistung während der Blockade wie folgt: Zeitraum bzw. Tag Tonnen (t) pro Tag Hinweis Importe vor der Blockade im Sommer 10.900 geschätzter Mindestbedarf im Sommer 4.500 davon 1.360 t Lebensmittel, der Rest Kohle, Benzin, Diesel geschätzter Mindestbedarf in üblichem Winter 10.000 vor allem Steinkohle für Heizungen Transportleistung der Luftbrücke erste Woche 80 zweite Woche 910 Juli 1948 2.020 Ende August 1948 4.500 erstmals Erreichen der im Sommer mindestens nötigen Frachtleistung August 1948 3.480 September 1948 4.220 Oktober 1948 4.320 November 1948 3.430 Nebel ab 26. d. M. Dezember 1948 4.140 bis 6. Dez. weiter Nebel Januar 1949 5.030 20. Februar 1949 185 Nebel Februar 1949 4.930 März 1949 5.740 15./16. April 1949 11.700 „Tunner’s Oster-Parade“ April 1949 7.120 12. Mai 1949 Ende der totalen Blockade Mai 1949 7.340 Juni 1949 keine Angaben 24. Juli 1949 Einlagerung von Vorrat für 2 Monate erreicht Juli 1949 7.410 ab 1. August 1949 schrittweises Verringern der Transportleistung August 1949 2.320 September 1949 450 30. September 1949 letzte Landung für Luftbrücke Aufsummiert Insgesamt waren von Juni 1948 bis September 1949 rund 2,1 Millionen Tonnen Fracht (davon 1,6 Millionen Tonnen durch US-Flugzeuge), davon 1,44 Millionen Tonnen Kohle, 485.000 Tonnen Nahrungsmittel und 160.000 Tonnen Baustoffe zum Ausbau der Flughäfen, aber auch zum Erweiterungsbau des Kraftwerks Reuter, eingeflogen worden. Es wurden soweit möglich dehydrierte Lebensmittel wie Milchpulver, getrocknetes Gemüse, Trockenkartoffeln und Mehl statt fertiger Teigwaren eingeflogen, um Gewicht zu sparen. Außerdem wurden 74.145 Tonnen Fracht aus Berlin ausgeflogen, die zu einem Großteil aus in der Stadt hergestellten Produkten bestand, die mit dem Etikett „Hergestellt im Blockierten Berlin“ versehen waren. Es wurden zudem insgesamt 227.655 Passagiere befördert. Statistik der USAFE Gesamt US-Anteil Britischer Anteil Anzahl Flüge 277.569 189.963 87.606 Eingeflogene Güter (gesamt) 2.109.666,8 t 1.618.029,9 t 491.636,9 t davon Lebensmittel 486.890,9 t 268.816,3 t 218.074,5 t davon Kohle 1.438.821,6 t 1.289.217,3 t 149.604,3 t davon sonstige Güter 183.954,4 t 59.996,3 t 123.958,1 t Ausgeflogene Güter (gesamt) 74.144,9 t 41.628,6 t 32.516,3 t Beförderte Passagiere (gesamt) 227.655 62.749 164.906 davon nach Berlin 60.078 25.263 34.815 davon aus Berlin 167.577 37.486 130.091 Zahlen für den Zeitraum vom 26. Juni 1948 bis 30. September 1949. Für Zivilpersonen richtete die Royal Air Force Flüge zwischen dem Flugplatz Gatow und Lübeck-Blankensee sowie Wunstorf ein. Insgesamt wurden so von Ende Juni 1948 bis Anfang Mai 1949 etwa 68.000 Passagiere ausgeflogen, die in der Regel hierfür nur eine Gebühr etwa in Höhe der Kosten für eine Bahnkarte zu entrichten hatten. Kinder flogen kostenlos. Der größere Teil der Frachttonnage wurde über Tempelhof abgewickelt, die meisten Flugbewegungen im Laufe der Luftbrücke wurden am Flughafen Gatow registriert. Das Ende der Luftbrücke Insbesondere wegen der nachteiligen Folgen auf die Wirtschaft der SBZ und von Ost-Berlin durch das Embargo hochwertiger Technologie durch den Westen (Gegen-Blockade) und durch den Wegfall des Handels mit den Westzonen und angesichts des mit der Luftbrücke demonstrierten Willens, West-Berlin vor einer sowjetischen Annexion zu bewahren, sah sich die Sowjetunion schließlich veranlasst, die bisherige Blockade aufzuheben. Kurz vor Mitternacht vom 11. auf den 12. Mai 1949 wurden die Westsektoren wieder mit Strom versorgt und um 0:01 Uhr wurde die totale Blockade der Verkehrswege zu Land und Wasser aufgehoben. Es kam mit mehreren erneuten Einschränkungen und entsprechenden Protesten der westlichen Stadtkommandanten schließlich bis zum Herbst 1949 wieder zu einer Lage der Verkehrswege, wie sie vor Beginn der Blockade seitens der sowjetischen Seite zugestanden worden war. Die Anzahl der Flüge der Luftbrücke wurde schrittweise verringert, bis Lagerbestände für etwa zwei Monate erreicht waren. Am 30. September 1949 wurde die Luftbrücke offiziell eingestellt. An diesem Tag landete auf dem Tempelhofer Flughafen der letzte Rosinenbomber mit zehn Tonnen Kohle an Bord. Unfälle Im Zusammenhang mit der Luftbrücke gab es teils in der Luft, teils am Boden Unfälle mit auch tödlichen Personenschäden. Die Angaben hierzu variieren schon deswegen, weil einige Autoren keinen Zugang zu den militärischen Unterlagen aller beteiligten Nationen hatten. Mehrere Autoren berichten übereinstimmend von 31 US-amerikanischen Toten. Zumindest für die Unfälle des Flugzeugtyps Douglas DC-4 (C-54 bzw. R5D) gibt es vollständige Listen anhand der einzelnen Fabriknummern. Bei 10 Unfällen der USAF bzw. US Navy kamen vom 13. August 1948 bis zum 12. Juli 1949 insgesamt 15 Besatzungsmitglieder ums Leben. Außerdem kamen mindestens 40 Briten und 13 Deutsche (davon sieben als Passagiere) um. Zwar gab es insgesamt im Rahmen der Luftbrücke allein auf US-amerikanischer Seite etwa 120 Unfälle und bei allen Beteiligten mindestens 101 Tote. Tunner weist aber darauf hin, dass die Zahl der Unfälle weniger als 50 % dessen betrug, was für dieselbe Zahl von Flugstunden damals bei der US Air Force zu erwarten war. Konfrontation Auf einigen Stützpunkten kam es zu Sabotageakten. Auch wurden einige Piloten über der sowjetischen Besatzungszone behindert z. B. durch störende Flugmanöver sowjetischer Jagdflugzeuge, Flak-Beschuss im Grenzbereich der Luftkorridore zur Einschüchterung oder Blenden der Piloten mit Flakscheinwerfern. Amerikanische Piloten berichteten von 733 Vorkommnissen. Dabei kam es erstmals zur Konfrontation von westalliierten Flugzeugen mit sowjetischen MiG-15. Infrastruktur Außerhalb Deutschlands Die Luftbrücke bestand nicht nur aus den Luftkorridoren zwischen West-Deutschland nach West-Berlin, sondern die Hilfsgüter mussten zuerst nach Deutschland gebracht werden. Für damalige Flugzeugtypen war die Flugstrecke für einen Direktflug aus den USA nach Deutschland zu weit. Flugzeuge mit amerikanischen Hilfsgütern mussten somit zwischenlanden. In Grönland erfüllten die Flughäfen Søndre Strømfjord (US Air Force Base „Bluie West Eight“, heute Kangerlussuaq) und Narsarsuaq (US Air Force Base „Bluie West One“) diese Aufgaben. Flugverkehrskontrolle Als Bezirkskontrollstellen diente für den Luftraum über Berlin das Berlin Air Safety Control Center, das aufgrund des Vier-Mächte-Status der Stadt und der sowjetischen Flugbewegungen über der SBZ auch sowjetisches Personal hatte. Für die US-Zone übernahm das Air Traffic Control Center Frankfurt die Flugverkehrskontrolle und für die britische Zone das Air Traffic Control Center Bad Eilsen. Berlin In Berlin wurden die Flughäfen Gatow (Britischer Sektor), Tempelhof (Amerikanischer Sektor) und ab Anfang Dezember 1948 auch Tegel (Französischer Sektor) angeflogen. Anfangs gab es in Gatow und Tempelhof lediglich unbefestigte Graspisten, erst im Laufe der Operation wurden Pisten angelegt, die winterfest waren und der Belastung durch die sehr zahlreichen Start- und Landevorgänge gewachsen waren. In Tegel wurden auf einer bis dahin nur als Truppenübungsplatz genutzten Fläche durch bis zu 19.000 überwiegend deutsche Arbeiter (darunter etwa die Hälfte Frauen) im Einsatz rund um die Uhr in der Rekordzeit von 90 Tagen die notwendigsten Gebäude und Einrichtungen und die mit 2400 m damals längste Start- und Landebahn Europas errichtet. In Tempelhof wurde das seinerzeit modernste Radarsystem eingerichtet, um den dichten Flugbetrieb auf den der Luftbrücke dienenden Flughäfen auch bei ungünstiger Witterung und bei Nacht aufrecht halten zu können. Außerdem landeten die von Hamburg-Finkenwerder kommenden britischen Flugboote auf der Havel und dem Großen Wannsee. Westdeutschland Die Amerikaner starteten überwiegend von ihren großen Stützpunkten in Wiesbaden (Flugplatz Erbenheim) und der Rhein-Main Air Base am Flughafen Frankfurt Main. Hauptumschlagplatz für das quantitativ bedeutsamste Frachtgut Kohle waren die in der britischen Zone gelegenen Flugplätze von Faßberg, ferner Wunstorf sowie (erst später einbezogen) Lübeck, Celle-Wietzenbruch und Schleswig-Land. Die Flugplätze wurden zum Teil aufwendig ausgebaut und an die Bahn angeschlossen. Die Koordination der Luftbrücke erfolgte durch die Combined Airlift Task Force mit Sitz in der Taunusstraße in Wiesbaden. Veronicas Die Blockade Berlins sorgte nicht nur in der eingeschlossenen Stadt, sondern auch anderswo für einen Ausnahmezustand: Rund um die großen Luftwaffenstützpunkte wie Celle blühte die Prostitution. Bis zu 2000 „leichte Mädchen“ befriedigten 1948/49 die Bedürfnisse einiger britischer und vor allem einiger – gemessen am deutschen Lebensstandard jener Zeit hervorragend versorgter – amerikanischer Piloten, Ingenieure und Lademeister. Mit Informationsbroschüren und Plakaten warnte die Militärverwaltung vor Geschlechtskrankheiten – „venereal diseases“, abgekürzt „VD“. Diese Abkürzung sei umgedeutet worden zu „Veronica, Danke schön“. So jedenfalls lautet eine Erklärung dafür, dass die deutschen Prostituierten jener Zeit von ihren Kunden oft „Veronicas“ genannt wurden. Zentralbilder. Pressefotografie in der DDR Die Bilder sollten um die Welt gehen. Auf Einladung des US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower traf im September 1959 Nikita Chruschtschow als erster sowjetischer Regierungschef zu einem Besuch in den USA ein. Nach der Begrüßung auf dem Washingtoner Luftwaffenstützpunkt Andrews begab er sich auf eine zweiwöchige Rundreise durch das Land des „Klassenfeindes". Aus Sorge darum, welche Bilder dieses historischen Ereignisses die Leser in der DDR zu Gesicht bekommen, versicherte sich ADN-Zentralbild (ADN-ZB), die staatliche Bildagentur der DDR, schon im Vorfeld des Besuchs der Unterstützung durch die sowjetische Schwesteragentur Fotochronik-TASS. Die Bildagentur wollte damit sicherstellen, nicht allein auf die Lieferungen der kooperierenden westlichen Agenturen wie der Associated Press oder der (West-)Deutschen Presse-Agentur angewiesen zu sein. Über befreundete Redaktionen in Italien kaufte ADN-Zentralbild zusätzliche Fotos, die nach Aussage der Bildagentur „die katastrophalen Lebensverhältnisse in den amerikanischen Städten" zeigen würden. Mithilfe der TASS-Fotos, so hieß es auf der Redaktionssitzung nach dem USA-Besuch, hätte man somit in der gesamten Bildberichterstattung in den Medien der DDR nicht einzig allein auf „Fotos aus, amerikanischer Optik'" zurückgreifen müssen. Dieser Plan sei aber fehlgeschlagen. Die eigens eingekauften Bilder von den „katastrophalen Lebensverhältnissen" in den USA hätten die Redaktionstische der DDR-Bezirkszeitungen zu spät erreicht. Im Ergebnis, so der Leiter von ADN-Zentralbild, Walter Heilig, hätte die Bildberichterstattung durch das von der Bildagentur herausgegebene Material über die USA „sehr prächtige Luftaufnahmen usw. – ein zu wirkungsvolles Bild über die USA" vermittelt. Die Strategie der kontrastierenden Pressefotografien war also in den Augen der Verantwortlichen gescheitert, und das zu einem Zeitpunkt, an dem die Arbeit der einzigen Bildagentur der DDR ohnehin unter erhöhter Beobachtung stand. Erst wenige Monate zuvor war die Bildberichterstattung insgesamt von höchster Stelle kritisiert worden. Auf der 3. Pressekonferenz des Zentralkomitees der SED Mitte April 1959 hatte das Politbüro per Beschluss die Abkehr von „starren und gestellten Fotos" gefordert. Pressefotografien hätten „das pulsierende Leben darzustellen und den Menschen zu zeigen, der die sozialistische Gesellschaft gestaltet" habe. Ein gutes Pressefoto, heißt es weiter, müsse „Bewegung atmen und die für das Ganze gültigen Details überzeugend ausdrücken". Bilder für die neue Generation Dieses Beispiel aus der täglichen Redaktionsarbeit und die politischen Stellungnahmen verdeutlichen das wachsende Interesse der SED und ihrer Medieninstitutionen an der Pressefotografie, deutlich sichtbar ab Ende der 1950er-Jahre. Die Verantwortlichen waren sich bewusst, dass man im Bereich der Pressefotografie dringend Bildkonzeptionen finden müsse, welche die parteipolitischen Vorgaben mit den gestiegenen Ansprüchen an einen modernen, zeitgemäßen Bildjournalismus, auch in Konkurrenz zum Fernsehen, miteinander verbinden konnten. Die Erwartungen an die Medien waren diesbezüglich groß. Das galt insbesondere nach dem V. Parteitag der SED 1958. Dort hatte die Partei das „Ganze", dessen Details die Bilder auszudrücken hätten, neu definiert. Walter Ulbricht sprach an dieser Stelle euphorisch von der „neuen sozialistischen Umwälzung" und proklamierte, dass „das Reich des neuen Menschen […] gekommen" sei. Verstärkt wurde diese Debatte nach dem Bau der Mauer 1961, der eine kurze Phase der Liberalisierung in der Medien- und Kulturpolitik einleiten sollte. Die Zielgruppe eines modernisierten Medienangebots war vor allem die Nachkriegsgeneration. Die DDR sollte als junger und dynamischer Staat präsentiert werden, um gerade den Jüngeren ein stärkeres Identifikationsangebot bereitzustellen – und zwar mit Bildern, die zeigen sollten, „wie die Menschen arbeiten, wie sie durch die sozialistische Gemeinschaftsarbeit immer neue Erfolge erringen und wie die ständige Aufwärtsentwicklung in unserer Republik ihr Leben reicher und schöner macht". Dieses Ziel stärkte den Wunsch nach einer funktionalen Ikonografie, welche die Gegenwart des „modernen, neuen Deutschlands" – wie es auf dem VII. Parteitag 1963 formuliert wurde – angemessen wiedergeben könne. Vom Medium Pressefotografie wurde von offizieller Stelle dabei viel erwartet, was auf der 4. Journalistenkonferenz Ende 1964 abermals bekräftigt wurde. Fast alle monografischen Publikationen zum Thema Bildjournalismus erschienen in diesen Jahren – und wurden bis 1989 auch nicht mehr wesentlich überarbeitet. Die Institution der staatlichen Bilderwelt Charakterisiert man die publizistische Bilderwelt der DDR, kann die Agentur ADN-Zentralbild, als eine Abteilung des staatlichen Nachrichtendienstes ADN, als Epizentrum der „staatstragenden Bilder in den linientreuen Massenmedien" bezeichnet werden. Die Geschichte dieser Agentur ist die einer dauerhaften Einbindung von Fotografie in die politische Agitation. Zentralbild versorgte die gesamte Publizistik der DDR mit aktuellen Inlands- und Auslandsbildern sowie das Ausland mit Bildern aus der DDR. Ihre Sichtweise war unmissverständlich definiert: „Die Bildagentur des sozialistischen Staates ist eine ideologische Institution, die bestimmte Erscheinungen der gegenständlichen Wirklichkeit vom Standpunkt der Arbeiterklasse auswertet." Hierbei verließ sich die SED-Führung in der Regel auf die bildjournalistische Arbeit vor Ort oder in den Agenturräumen. Angesichts drohender Konsequenzen für die berufliche Stellung oder Karriere im Falle der Beanstandung durch die Auswertungsabteilungen des ZK oder des Presseamts funktionierte bereits die eigene „Schere im Kopf" und machte eine (Vor-)Zensur weitestgehend überflüssig. Fotos nicht erwünschter „Erscheinungen" wurden gar nicht erst gemacht. Im Aktenbestand des Politbüros und der ZK-Abteilung Agitation und Propaganda finden sich fernschriftliche Presseanweisungen, die nahezu ausschließlich die Wortberichterstattung betrafen, kaum jedoch „optische Presseanweisungen", also Vorgaben für Fotografen. Tauchten dennoch einmal nicht „passende" Bilder in den Redaktionen auf, wie beispielsweise Aufnahmen von Funktionären, die aufgrund von Parteisäuberungen oder politischen Richtungswechseln in Ungnade gefallen waren, so verschwanden diese im Sperrarchiv. In besonders heiklen Fällen bediente man sich verschärfter Kontrollmaßnahmen, wie der Flugzeugabsturz einer Interflug-Maschine in Königs Wusterhausen 1972 illustriert: Mit Ausnahme der zur Veröffentlichung freigegebenen Bilder mussten alle Negative an das Presseamt beim Ministerpräsidenten übergeben werden. All dies geschah unter Kontrolle und Überwachung durch das Ministerium für Staatssicherheit, das von Anfang an methodisch gegen unliebsame Bilder arbeitete. Von ILLUS zu Zentralbild Die Wurzeln von ADN-Zentralbild gehen – wie die des ADN – auf die Arbeit der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) und deren Gründung der „Berliner Zeitung" 1945 zurück. Nachdem die SMAD relativ schnell die Kontrolle der Zeitung dem Magistrat für Groß-Berlin übergab, gehörte die „Berliner Zeitung" zunächst zum Allgemeinen Deutschen Verlag. Diesem war auch eine kleine dreiköpfige Illustrationsabteilung, kurz ILLUS angeschlossen, die laut Statut für den Vertrieb von Bildern verantwortlich war und schlagartig wuchs, als ihr Ende Oktober 1945 die SMAD einen großen Teil des Bildarchivs vom ehemaligen Berliner Scherl-Verlag zuwies. Ab Ende 1945 gehörte ILLUS offiziell dem Berliner Verlag an, der sich als GmbH Anfang Oktober 1945 aus der „Berliner Zeitung", dem Verlag Neuer Weg und der Gesellschaft zur Erforschung zeitgenössischer Dokumente mit Erlaubnis des Magistrats gegründet hatte. Zusammen mit den Bildern wechselten auch neun Mitarbeiter vom Scherl-Archiv zu ILLUS, darunter auch dessen Leiter Dr. Robert von Wahlert, der bei ILLUS diese Position weiter ausübte, und der erste ILLUS-Bildreporter Bruno Heinscher. Bis Ende 1946 ging es bei der Illustrationsabteilung weniger um die Produktion eigener Bilder als um die Sichtung des übergebenen Scherl-Archivs sowie um die Belieferung der „Berliner Zeitung" und der Presse in der SBZ mit Archivmaterial. Man arbeitete aus diesem Grund eng mit dem Sowjetischen Nachrichtenbüro und dessen Fotoabteilung zusammen. Erst ab dem Frühjahr 1947 wurden weitere Bildreporter fest angestellt, und es wurde mit dem Vertrieb aktueller Bilder begonnen. Mit dem zweiten Bildreporter, Walter Heilig, kam auch Helmut Rudolph zu ILLUS und – nur für kurze Zeit – Kurt Reimann, ebenfalls ein ehemaliger Angestellter des Scherl-Archivs. Parallel kaufte die kleine Agentur Bilder von frei arbeitenden Fotografen an. Aus einem vermutlich Anfang 1948 von Walter Heilig verfassten Personalplan für ILLUS geht hervor, dass Heinscher und Reimann nicht lange dort beschäftigt gewesen sein können. In dem Plan werden für den Aufbau eines festen Stamms von zehn Bildjournalisten neben den schon vorhandenen Fotografen Eva Kemlein, Walter Heilig und Helmut Rudolph weiterhin vorgeschlagen: Herbert Hensky, Albert Kolbe, Paul Iglarz, Herbert Blunck, das Duo Toby (vermutlich Günther Meyer) und Mady (Meyer) sowie Otto Donath. Eva Kemlein kam 1948 zu ILLUS, blieb aber nur bis 1950. Bis zu ihrem Wechsel zu ILLUS war sie Bildreporterin der „Berliner Zeitung". Es werden allerdings auch Fotografen genannt, die nach Ansicht Heiligs nicht in Betracht kommen würden. Bis zu Beginn der 1950er-Jahre wuchs ILLUS kontinuierlich. Nachdem das Sowjetische Nachrichtenbüro aufgelöst wurde, erhielt die Abteilung das Recht auf den Alleinvertrieb der Bilder der sowjetischen Agentur Fotochronik-TASS und damit das Monopol in der Auslandsberichterstattung. Die Illustrationsabteilung des Berliner Verlags war zu „ILLUS, Illustrations-Zentrale für Presse, Buch und Werbung, dem größten deutschen Pressearchiv" geworden, wie in der ersten Werbeanzeige in dem Verbandsorgan „Neue Deutsche Presse" im Februar 1948 zu lesen war. Die in der Folgezeit erscheinenden Anzeigen verdeutlichen, wie sich das politische System nach und nach in die Pressefotografie einschrieb. Mit der Gründung der DDR und der endgültigen Übernahme des stalinistischen Modells der „Presse neuen Typs" musste die SED-Führung feststellen, dass die Presse als „schärfste Waffe der Partei" bisher unterschätzt worden sei. Die Ansprüche stiegen – und ILLUS wuchs sowohl hinsichtlich der Auftragslage als auch personell. Anfang des Jahres 1950 wurde die Agentur weiter ausgebaut und neue Bildreporter eingestellt. So stieß insbesondere Horst Sturm dazu, der mit Walter Heilig und Erich Zühlsdorf zu den prägenden Fotografen der Aufbauphase gehören sollte. Es folgten Fotografen wie Hans-Günter Quaschinsky oder Peter Heinz Junge im Juni 1951, die ebenfalls zur ersten Generation der DDR-Bildreporter zu zählen sind. Ende 1951 war die kleine Illustrationsabteilung endgültig zu „eine[m] Helfer der demokratischen Presse im Kampf für den Frieden" geworden. Aus diesem Grund war es 1952 laut offizieller Sicht „zweckmäßig, notwendig und entsprechend der Perspektive der Agentur richtig", ILLUS aus dem Berliner Verlag herauszulösen und als Zentrale Bildstelle, kurz: Zentral-Bild GmbH, in die Eigenständigkeit zu überführen. Bereits 1951 erschien die erste Anzeige von Zentral-Bild. Doch nicht allein die „Perspektive der Agentur" war ausschlaggebend für die Herauslösung. Dahinter stand vielmehr das Amt für Information, das zu diesem Zeitpunkt wichtigste Instrument staatlicher Medienlenkung. Die endgültige Verstaatlichung Anfang 1955 wurde darüber nachgedacht, Zentralbild an den ADN anzuschließen. Der Doppelcharakter von Zentralbild als volkseigener Betrieb und als „Regierungsstelle" bereitete Probleme, sowohl in Fragen der Leistungsfähigkeit, der Rentabilität als auch der Leitung. Zu diesem Ergebnis kam eine interne Untersuchung durch die ZK-Abteilung Presse und Rundfunk, die zunächst nur eine enge Verbindung zwischen ADN und Zentralbild vorschlug. Dieses Ergebnis der Untersuchung wurde allerdings ignoriert. Schon wenige Monate später wurde Zentral-Bild vollständig in den ADN integriert. Die erhofften Synergieeffekte von Wort- und Bildberichterstattung blieben allerdings aus. In einer verbandsinternen Debatte stellte man fest, dass noch mehr zu tun sei, um „neue Formen der Bildpublizistik und Bildjournalistik" zu entwickeln. 1957 gewann diese Diskussion mit einem Artikel in der „Neuen Deutschen Presse" erneut an Bedeutung. In dieser Kritik wurde Zentralbild zwar nicht namentlich genannt, die Antwort der Agentur ließ trotzdem nicht lange auf sich warten. Dort wurde dem Verfasser zumindest teilweise Recht gegeben. Intern arbeitete man weiter an einer Lösung der Probleme. Im Frühjahr 1958 bat der ADN die ZK-Abteilung Agitation und Propaganda, für einen aktuellen Bilderdienst Verbindungen nach Westdeutschland sowie Westeuropa aufnehmen zu dürfen. Aber auch unmittelbar nach der 3. Pressekonferenz mit ihrer programmatischen Forderung nach einem neuen sozialistischen Pressebild und mit Blick auf die geplante Medienoffensive mahnte die ZK-Abteilung Agitation an, dass die „prinzipielle Rolle von ADN-Zentralbild" im Verhältnis zwischen sozialistischer Presse und ADN zu klären sei. Eine weitere, direkte Reaktion auf die Forderungen der Pressekonferenz war eine internationale Konferenz von Bildjournalisten, die 1960 unter gemeinsamer Federführung des ADN mit dem Verband Deutscher Journalisten (VDJ, ehemals VDP) und dem Internationalen Journalistenverband (IOJ) durchgeführt wurde. Parallel dazu fand die erste internationale Fotoausstellung „Interpress-Foto 1960" statt, auf der Bilder sowohl aus sozialistischen als auch kapitalistischen Ländern präsentiert wurden. Man wollte sich betont offen zeigen. Von Konferenz wie Ausstellung zeigte sich der Gastgeber Zentralbild zufrieden: Man hätte erreicht, Fotos mit einer politischen Aussage zu prämieren, „die der Zielsetzung der IOJ dienlich sind". Auf der anderen Seite wären die sozialistischen Bilder immer noch zu starr, um „unserem Inhalt noch stärker Ausdruck zu verleihen". An dieser Stelle bemängelte Walter Heilig erneut das zu geringe Engagement der eigenen Bildreporter, Bilder einzuschicken – ein Problem, das die Ausstellungen des Verbands auch in Zukunft stets begleiten sollte. So zeigte er sich unzufrieden mit der zeitgleich stattfindenden kleineren und bisher nicht beachteten Ausstellung, die unter dem Titel „Pressefotos aus der DDR – Bildjournalisten berichten" eine Art erste Leistungsschau darstellte. Einem zwangsläufigen Vergleich mit der „Interpress" könnten die Bilder nicht standhalten, so das deutliche Urteil. Das Jahr 1963 – Der Höhepunkt der Auseinandersetzung Im Jahr 1963 erreichte die Auseinandersetzung um die Qualität der Nachrichtenfotos von Zentralbild und die Suche nach einer sozialistischen Pressefotografie ihren ersten Höhepunkt. Konferenzen, Publikationen und Ausstellungen wie die 1. Pressefotoschau der DDR sollten endlich den anvisierten Bildjournalismus sichtbar werden lassen. ADN-Zentralbild wurde weiterhin offen für sein Bildangebot kritisiert.] Die Kritik umfasste aber zudem Fragen nach der Wirtschaftlichkeit und reichte bis zur Infragestellung der Konzeption der Agentur selbst. Andererseits wollte man auch die Redaktionen unter Druck setzen. Zentralbild wurde aufgefordert, eine „Aussprache mit dem zuständigen Genossen des ZK [anzustreben, um] über Möglichkeiten des Einwirkens auf die Presse hinsichtlich eines stärkeren Abdrucks guter ZB-Fotos [zu sprechen]". Die Qualität der Bilder, so wiederum die Kritik aus den Redaktionen, sei (ob Ost oder West) oft sehr schlecht, Bilder würden zu spät geliefert oder wichtige Ereignisse gänzlich fehlen. Die Auseinandersetzungen im Jahr 1963 mündeten in einem offenen Gespräch Anfang September und wenige Wochen darauf in einer Zentralvorstandssitzung des Journalistenverbands in Berlin. An dem Gespräch mit der „Neuen Deutschen Presse" beteiligte sich die gesamte Leitung des ADN-Zentralbilds. Hier wurden die Kritikpunkte gebündelt formuliert. Die Bilder Zentralbilds seien immer noch zu schablonenhaft und routiniert und ließen nach wie vor eine breite Motivauswahl vermissen, insbesondere vom Kulturleben. Als Ursachen wurden angeführt: Unzulänglichkeiten im Vertrieb, zu wenig Personal, die Raumnot sowie die räumliche Trennung zwischen der Leitung, der Redaktion ADN-Zentralbild und den Wortredaktionen des ADN. Aber auch die mangelnde systematische politische und fachliche Qualifizierung wurde für das schlechte Angebot verantwortlich gemacht. Erstmals befasste sich anschließend auch das höchste Gremium des VDJ ausschließlich mit „Stand und Perspektive der Bildjournalistik". Schon in der Konzeptionsphase der Sitzung vermerkte man den Rückstand in der bildjournalistischen Arbeit. Mit der obligatorisch gewordenen Erinnerung an die 3. Pressekonferenz 1959 stellte der Vorstand fest, dass gerade bei Tageszeitungen „Primitivität und der Schematismus" besonders stark in Erscheinung treten würden. Die großen Schwächen wären, so der Vorstand weiter, Bilder aus Politik und Alltag. Diese Worte bezogen sich auch auf die zu diesem Zeitpunkt laufende 1. Pressefotoschau der DDR. Hier hätte, so das Protokoll, „fast völlig die Darstellung unseres breiten demokratischen Lebens, an dem jeder Bürger irgendwie teilhat [gefehlt]. Gleichzeitig wird das Neue in den menschlichen Beziehungen und im gesellschaftlichen Leben noch zu wenig dargestellt." Eine Ausstellung wie diese sollte im Jahr des VI. Parteitags und der Verabschiedung des „Neuen Ökonomischen Systems der Leitung und Planung" die passenden Bilder liefern. Über 185 Fotografen folgten dem im April 1963 veröffentlichten Aufruf des VDJ und der Zentralen Kommission Fotografie (ZKF) zur Teilnahme an einem Wettbewerb zum Thema: „Unsere Republik – Zukunft der Deutschen Nation". Erstmalig zeige eine Ausstellung, so die Organisatoren, gleichberechtigt die Bilder von Fotokorrespondenten, Amateuren und Bildreportern. Die Ausstellung sei in enger Verbindung mit der im Frühjahr 1963 gemeinsamen abgegebenen Erklärung des VDJ und der ZKF zu sehen. In der Eröffnungsrede am 25. September 1963 verwies Werner Eberlein, Mitglied der Agitationskommission beim Politbüro des ZK der SED, auf die in knapp einem Monat stattfindenden Volkswahlen. Als „Rechenschaftsbericht unseres Lebens", so Eberlein, würde die erste Ausstellung dieser Art das gesetzte Motto erreichen und die DDR als Zukunft der Deutschen Nation zeigen. Wie schon im Vorfeld der Ausstellung bedauerte man auch an dieser Stelle ausdrücklich das Fehlen von bekannten Profifotografen. Konrad von Billerbeck sprach in seiner Eröffnungsrede zur Sitzung offen von „Disziplinlosigkeit". Das wiederholt auftretende Desinteresse an Ausstellungen wie der 1. Pressefotoschau oder auch der III. Interpress in Warschau war gut anderthalb Jahre später der offizielle Auslöser zur Gründung der Fotogruppe „signum". Konkret war diese Gruppe das Ergebnis einer Beratung des Präsidiums und der Berliner Bezirksdelegiertenversammlung im März 1965. An dieser Stelle wurde über die Schaffung einer Journalisten-Akademie gesprochen als Ergänzung zur Deutschen Journalistenschule in Leipzig und den dort angesiedelten „journalistischen Meisterklassen". Als solche Meisterklasse wurde in einer der folgenden Sitzungen auch „signum" bezeichnet. Diese zunächst dreizehnköpfige Fotogruppe unter der Leitung Konrad von Billerbecks versammelte viele DDR-Fotografen der ersten Generation wie Herbert Fiebig, Horst Sturm, Herbert Hensky oder Alfred Paszkowiak. Auf der VDJ-Sitzung 1963 unterstrich man am Ende noch einmal deutlich den Propaganda- bzw. den Erziehungsauftrag des Bildjournalisten. Ziel müsse es sein, eine erzieherische Wirkung gegenüber dem Bildbetrachter zu erreichen. Ein sozialistischer Bildjournalismus könne sich nicht darin erschöpfen, „daß [...] der Leser kühl und sachlich ein Bild registriert, sondern daß er von einem Vorgang innerlich bewegt wird, daß er mitfühlt mit den abgebildeten Menschen, daß er an ihren Handlungen seine eigene Handlungsweise überprüft und, wenn nötig, auch korrigiert. Bildjournalismus ist – wir müssen es wiederholen – eine Form der ideologischen Arbeit." Ideologische Festigung des Mediums Diese Aussage als auch die skizzierten Einblicke in die Geschichte der Bildagentur und die Debatten über die Pressefotografie zeigen, dass es an politisch-normativen Vorgaben für das Pressebild nicht mangelte. Einen wichtigen Beitrag dazu lieferten die Theorien des sozialistischen Bildjournalismus. Der größte argumentative Aufwand galt dabei der Einheit von journalistischer Objektivität und Parteilichkeit: Erst der parteilich agierende, typisierend auswählende Bildreporter könne „objektive" und „wahrhaftige" Pressebilder herstellen. Die daraus entwickelten „Prinzipien sozialistischer Bildnachrichtenpolitik" blieben für den bildjournalistischen Alltag jedoch folgenlos. Ähnliches gilt für die ebenfalls Anfang der 1960er-Jahre einsetzende Rezeption der Arbeiterfotografie der 1920er-Jahre. Die in der Debatte nach 1959 oft bemühte historische Kontinuitätslinie zur Fotografie der „Arbeiter-Illustrierten-Zeitung" (A.I.Z.), welche als Vorläufer der eigenen publizistischen Bilderwelt bemüht wurde, war mehr ein Postulat als eine Tatsache. Die Tradition der Arbeiterfotografie konnte in der DDR zu keinem Zeitpunkt ernsthaft wiederaufleben. Gleiches gilt für den Versuch, über die Zentrale Kommission für Fotografie Amateure als Fotokorrespondenten für die Arbeit in den Medien nachhaltig zu begeistern. Auf Seiten des Verbands wurde auch versucht, mit neuen Ausbildungsrichtlinien, mit der Arbeit in den Sektionen und pressefotografischen Ausstellungen Anschluss zu finden. Doch zufriedenstellend waren die Ergebnisse nur selten. Noch 1968 nahm der Verband sich vor, „mehr als bisher, Kenntnisse über die Arbeit mit dem Bild zu vermitteln". Selbst nach Meinung der maßgeblichen Akteure wie dem Journalistenverband oder ADN-Zentralbild wurde man den formulierten Zielen sozialistischer Bildpolitik nicht gerecht. Doch welche Pressefotografien den dargestellten Anforderungen hätten gerecht werden können, blieb trotz aller ideologischer Klärungsversuche, Verweise auf die Arbeiterfotografie oder neuerlicher Pressefotoschauen weitestgehend unklar. Trugbilder autoritärer Bildpolitik Die staatlich kontrollierte Bilderwelt sollte wie die Medien insgesamt die Bevölkerung mobilisieren und in das politische System integrieren, was eine hohe Akzeptanz seitens der Bevölkerung voraussetzte. Das war aber nicht der Fall. Der journalistischen Professionalisierung, die diese Akzeptanz hätte herstellen können, waren enge Grenzen gesetzt, vor allem durch die auf Machtsicherung fixierte autoritäre Grundstruktur der Medien, aber auch durch die stets knappen wirtschaftlichen Mittel. Diese Grenzen galten für ADN-Zentralbild im zweifachen Sinne, wie die Jahre 1962/63 deutlich zeigen. Erstens litt die Agentur organisatorisch permanent unter finanziellen, personellen und technischen Problemen. Dem Ziel einer „sozialistischen Weltagentur" näherte man sich allein aus diesen Gründen bis 1989 nicht. Zweitens wirkten diese ideologischen Grenzen auch auf die produzierten Bilder selbst: Die häufig beklagte „Schablone" war nichts anderes als die Schablone eines politischen Systems, das den nicht-starren, offenen Blick und dessen bildliche Dokumentation fürchtete. Indem die SED-Medienpolitik die Eigendynamiken journalistischer Professionalisierungen mit ideologischen Grenzen konfrontierte und überlagerte, schuf man – vor allem in der politischen Berichterstattung – eine auf Dauer ritualisierte, entleerte (und letztlich auch gescheiterte) Medienpropaganda. So wie sich ein Großteil der Bevölkerung immer mehr gegen die Bleiwüsten in der Zeitung immunisierte, so wirkungslos wurden auf Dauer die Bildlandschaften des Mitte der 1960er-Jahre ausgerufenen „neuen Antlitz des Sozialismus", der Protokollbilder des reisenden Staatsratsvorsitzenden oder der Bilder von überglücklichen Menschen am 1. Mai. Diese Fotografien reproduzierten über vierzig Jahre lang eine offizielle Ikonografie einer Gesellschaft, in der sich zweifach Ideologie einschreiben sollte – zum einen in die Realität und zum anderen in Zentralbildern, die vortäuschten, diese Realität wiederzugeben.