Schütt, Franz-Theodor (1908 Berlin - 1990 Wiesbaden) 

„Letzte Segelschiffe/Resumé – Meinem Großvater“

Bleistiftzeichnung, unten rechts signiert und datiert, 1967, Maße: 38x53 cm (Bl.), Werkverzeichnis-Nr. 3313-28, Passepartout, im Schrägschnitt-Passepartout montiert (Museumskarton),  abgebildet in: J. Lüder gen. Lühr „Usedomer Maler des 20. Jahrhunderts“, Hinstorff Verlag, Rostock 2015, S. 797

Durch den Vater erhielt Franz-Theodor Schütt  auf den Gebieten der Malerei und Zeichnung eine Ausbildung an der Kunstgewerbeschule Stettin, wo er von 1925 bis 1929 bei Kurt Schwerdtfeger auch Bildhauerei und Keramik studierte. Von 1929 bis 1931 studiert er Innenarchitektur in Stettin und München. Ab 1931 ist er als freischaffender Künstler in Stettin tätig. Anregung erfährt er durch den Verismus eines George Grosz, Otto Dix oder Rudolf Schlichter. In der Folge entwickelt er einen primär zeichnerischen Stil und zählt zu den wichtigen Vertretern der Neuen Sachlichkeit. 1934 stellt er mit Max Pechstein, Willy Jaeckel und Kurt Schwerdtfeger in Köslin/Pommern aus, die Ausstellung wird jedoch aus politischen Gründen geschlossen. Sein gesamtes Vorkriegswerk (ca. 1000 Arbeiten) wird bei einem Bombenangriff auf Stettin 1943 vernichtet. Von 1947 bis 1950 lebt er in Frankfurt/Main, den Rest seines Lebens in Wiesbaden. Von 1971 bis 1978 erhält er einen Lehrauftrag an der Technischen Hochschule in Darmstadt. Er erfährt Anerkennung durch Auszeichnungen und Einzelausstellungen, seine Werke sind in zahlreichen Museen vertreten. Der überwiegende Teil des erhaltenen künstlerischen Nachlasses befindet sich im Pommerschen Landesmuseum Greifswald. - Through his father, Franz-Theodor Schütt received training in the fields of painting and drawing at the School of Applied Arts in Szczecin, where he also studied sculpture and ceramics under Kurt Schwerdtfeger from 1925 to 1929. From 1929 to 1931 he studied interior design in Szczecin and Munich. From 1931 he works as a freelance artist in Szczecin. He finds inspiration by the verism of George Grosz, Otto Dix or Rudolf Schlichter. As a result, he developed a primarily graphic style and is one of the important representatives of the New Objectivity. In 1934 he exhibited with Max Pechstein, Willy Jaeckel and Kurt Schwerdtfeger in Köslin / Pomerania, but the exhibition was closed for political reasons. His entire pre-war work (about 1000 works) is destroyed in a bomb attack on Szczecin in 1943. From 1947 to 1950 he lives in Frankfurt / Main, the rest of his life in Wiesbaden. From 1971 to 1978 he received a lectureship at the Technical University in Darmstadt. He receives recognition through awards and solo exhibitions, his works are represented in numerous museums. The majority of the surviving artistic estate is in the Pomeranian State Museum Greifswald.

Text zur Ausstellung: Franz Theodor Schütt (1908 – 1990) – ein pommerscher Vertreter der Neuen Sachlichkeit, auf der das angebotene Werk ausgestellt war:

Der Sohn des pommerschen Malers und Kunstschullehrers Franz Friedrich Christian Schütt (1874-1962) wurde 1908 in Berlin geboren und lebte ab 1915 in Stettin. An der Kunstgewerbeschule Stettin studierte er Bildhauerei bei Kurt Schwerdtfeger und Innenarchitektur bei Gregor Rosenbauer, beschäftigte sich mit Keramik, bevor er sich dann endgültig für die Bildende Kunst entschied und auf diesem Gebiet u.a. von seinem Vater unterrichtet wurde. Ab 1931 war er als freischaffender Künstler in Stettin tätig. In den 1930er Jahren wendete er sich hauptsächlich dem Verismus, einer Hauptströmung der Neuen Sachlichkeit zu. Zu seinen Vorbildern und Anregern zählten  George Grosz, Otto Dix oder Rudolf Schlichter. In der Folge entwickelte er einen primär zeichnerischen Stil und zählte zu den wichtigen Vertretern der Neuen Sachlichkeit. 1934 stellte er mit Max Pechstein, Willy Jaeckel und Kurt Schwerdtfeger in Köslin/Pommern aus, die Ausstellung wurde jedoch aus politischen Gründen geschlossen. Von 1937 bis 1940 lebte er in Danzig. Eine geplante Flucht nach Brasilien scheiterte im letzten Moment. Als Soldat wurde er u.a. auf den Kanalinseln und in Frankreich eingesetzt. Bei einem Luftangriff auf Stettin im Jahr 1943 wurde fast sein gesamtes Vorkriegswerk vernichtet.  Von 1945 bis 1947 war er Kriegsgefangener, danach lebte er zunächst in Frankfurt/Main, ab 1950 in Wiesbaden. Neben seiner künstlerischen Arbeit engagierte er sich in hohem Maße kulturpolitisch. Er war Gründungsmitglied des Berufsverbandes Bildende Künstler in Wiesbaden und in den 1960er Jahren Präsident des Landesverbandes Bildender Künstler in Hessen. Von 1963 bis 1973 war er Vorstandsmitglied des Nassauischen Kunstvereins Wiesbaden. Von 1971 bis 1978 hatte er eine Dozentur für Malen, Zeichnen und Graphik an der Technischen Hochschule in Darmstadt inne. Für sein Engagement zur Errichtung einer Künstlersozialkasse erhielt er 1981 das Bundesverdienstkreuz am Bande. 1985 wurde ihm der Kulturpreis der Landeshauptstadt Wiesbaden verliehen.

Franz Theodor Schütt hielt auch in der Nachkriegszeit konsequent am Gegenstand fest. Die Dominanz der abstrakten Kunstrichtung in Westdeutschland ließ seine Bildschöpfungen zunächst als nicht zeitgemäß erscheinen. Erst ab Mitte der 1960er Jahre erfuhr er zunehmend Anerkennung durch Auszeichnungen und Einzelausstellungen. Von 1960 bis 1990 konnte er seine Arbeiten in 16 Einzelausstellungen und Retrospektiven präsentieren. Seine Werke sind in zahlreichen Museen vertreten. Der überwiegende Teil des erhaltenen künstlerischen Nachlasses befindet sich im Besitz der Stadt Wiesbaden (Stadtarchiv/Artothek) und im Pommerschen Landesmuseum Greifswald.

Die Ausstellung umfasst – in verschiedenen Werkgruppen nach ihrer Entstehungszeit zusammengefasst – Landschaften, Seestücke, Stillleben und Figürliches. Die frühesten Arbeiten sind eine 1943 gezeichnete Landschaft auf Usedom („Rohrhütten – Loddin), und eine während der Kriegsgefangenschaft in Frankreich entstandene kolorierte Federzeichnung („Ebbe bei Granville“).

Das Leben in der Hafenstadt Stettin (1915 – 1937) und die Nähe zum Meer prägten Franz Theodor Schütt und führten auch nach dem Verlust der pommerschen Heimat dazu, dass Küstenlandschaften und Hafenansichten in seinen Bildern auftauchten. Schütt, der wie sein Großvater selbst Seefahrer werden wollte, beschäftigt sich zeitlebens mit dem Kampf des Menschen mit dem Meer als Urgewalt der Natur. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang auch seine Vorliebe für Seefahrergeschichten. Zu seinen bevorzugten Schriftstellern zählten z.B. Robert Louis Stevenson, Marc Twain,  Victor Hugo oder Hermann Melville. Deren Geschichten inspirierten ihn zu  unzähligen Küsten- und Meerszenen, die er im Laufe seines Lebens anfertigte. Die Vorliebe resultiert also sowohl aus dem unmittelbaren Lebensumfeld, literarischen Reflexionen als auch auf die in den 1930er Jahren verstärkte Rezeption eines anderen pommerschen Künstlers:  C. D. Friedrich, an dessen Werk zahlreiche Bildfindungen Schütts unwillkürlich erinnern - unter anderem findet man wiederholt Wrackmotive als Symbol der Vergänglichkeit oder Rückenfiguren am Strand als bildhaftes Zeichen für Einsamkeit, Verunsicherung und Entwurzelung.

Die Stationierung in der Normandie und auf den Kanalinseln aber auch spätere Reisen nach Jugoslawien, Frankreich, Italien, an die Nord- und Ostsee machen ihn mit den verschiedensten Küstenlandschaften bekannt und finden Eingang in seine Bilder. Durch den bis 1960 in Heringsdorf auf Usedom lebenden Vater führen ihn verschiedene Aufenthalte wiederholt auf die Insel Usedom. Dabei entstand auch die wichtige Werkgruppe der Grafit- und Federzeichnungen mit Haff- und Achterwasserlandschaften und Fischerstrandansichten, die noch Jahrzehnte später als Vorlage für Ölbilder dienen.

Eine weitere wichtige Werkgruppe im Gesamtschaffen Schütts sind die Darstellungen frivoler Mädchen. Das Motiv der Dirnen durchzieht sein gesamtes Werk und stellt in der Art der Auffassung – beeinflusst von den Romanwelten Zolas, Maupassants, Flauberts oder dem Erlebnis der Dreigroschenoper Brechts - eine ureigene Bildschöpfung dar.

In den 1950er Jahren entstehen starkfarbige, flächige und sehr reduzierte Temperaarbeiten, mit denen der bis dahin stark an die Linie gebundene Zeichner Franz Theodor Schütt versucht, sich mittels der Farbe Ausdrucksmöglichkeiten zu erarbeiten. Neben realistischen Bildentwürfen tragen viele Motive in dieser Zeit auch surreale Züge. Durch das Weglassen der Konturen und der Binnenzeichnungen zeigen sie eine Tendenz zur Abstraktion und spiegeln eine weitere wichtige Facette im Schaffen des Künstlers wider.

Aufgrund der schwierigen Zeitumstände - Krieg, Zerstörung eines Großteils des bis 1943 geschaffenen Werkes und Entwurzelung durch Verlust der pommerschen Heimat -  blieb Franz Theodor Schütt eine  künstlerische Entwicklung versagt. Dem zum Trotz schuf er unbeirrt ein umfangreiches, in sich geschlossenes, eigenständiges und qualitätvolles Werk. Diese Ausstellung stellt eine Ehrung des Künstlers zu dessen 25. Todestag dar und soll einen kleinen Beitrag dazu leisten, den Künstler im Bewußtsein der Öffentlichkeit wachzuhalten.