Fidus – Lebenszeichen.
Originaler zweifarbiger Reklamedruck für die Fidus-Mappe „Lebenszeichen“ (Zwölf Federzeichnungen aus verschiedenen Zeiten) von 1908.
Mit Abriß-Perforation am oberen Rand. Vermutlich aus dem Kunst und Leben - Kalender 1908 vom Fritz Heyder Verlag, Berlin.
Größe 165 x 240 mm.
Mit minimalen Alterungs- und Gebrauchsspuren, sonst sehr guter Zustand.
Hervorragende Bildqualität auf Kunstdruckpapier – extrem selten!!!
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Zu Rückgabe und AGB bitte mich-Seite beachten. Die dort hinterlegten Informationen sind verbindlicher Bestandteil dieses Angebots/dieser Artikelbeschreibung!1908, 20. 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Oktober 1868 in Lübeck; † 23. Februar 1948 in Woltersdorf) war ein deutscher Maler und Illustrator. Leben Hugo Höppener wurde als Sohn eines Konditors in Lübeck geboren. Ostern 1887 wurde er von seinen Eltern auf die Vorschule der Münchner Akademie geschickt. Nach wenigen Monaten schloss er sich dem Kreis des Malers und Naturapostels Karl Wilhelm Diefenbach (1851–1913) in Höllriegelskreuth an, von dem er seine stilistische Prägung und den Künstlernamen „Fidus“ (Der Getreue) erhielt. Er verschrieb sich den lebensreformerischen Ideen des Vegetarismus, der Lichtgläubigkeit, der Freikörperkultur und einer naturgemäßen Lebensweise. Anarcho-sozialistische Vorstellungen von Bodenreform und vegetarischer Pazifismus beherrschten die Geisteswelt des jungen Fidus. 1889 ging Fidus an die Münchner Akademie zurück, öffnete sich theosophisch-spirituellen Gedankengängen. Er vertrat fortan eine mystische Naturreligion und setzte sich für Ideen einer Sexualreform ein. Der spezifische Jugendstil seiner Bilder wurde fortan mit esoterischen Symbolen - Lotosblüten, Eiformen, Kreuzen und Sonnenzeichen - angereichert. Die zyklische Kreisstruktur des Lebens, die Rückkehr des Mannes in den göttlichen Mutterschoß, die Verschmelzung der Geschlechter und die Erlösung durch das Licht waren immer wiederkehrende Bildmotive. Zudem entwarf er Pläne zu gigantischen Tempelanlagen für eine neue Natur- und Lichtreligion, in denen sich das Volk zur Andacht versammeln sollte. Sein berühmtestes Bild wurde das in mehrfacher Ausfertigung entstandene „Lichtgebet“. Es zeigt einen jungen, schlanken, fast androgynen Mann auf einem Berggipfel, die Arme in Form einer Lebensrune spreizend und die Sonne anbetend. Um 1900 war Fidus einer der bekanntesten Maler Deutschlands. Beachtliche Kontakte bestanden zum intellektuellen Umfeld dieser Zeit, beispielsweise zu Willy Pastor oder Arthur Moeller van den Bruck, ebenso zum Friedrichshagener Dichterkreis, zu dem Heinrich und Julius Hart sowie Gustav Landauer gehörten. Er wahrte zudem engen Kontakt zur Gartenstadt-Bewegung, zur Bodenreform-Bewegung und zum Wandervogel. 1912 gründete er den Sankt-Georgs-Bund, der sich gegen den „Drachen des Materialismus“ wenden sollte. Fidus arbeitete als Illustrator für die Münchner „Jugend“, die „Pan“ sowie zahlreiche Bücher. 1905 erschien die Maifestsondernummer der sozialdemokratischen Zeitschrift „Vorwärts“ mit einem von Fidus entworfenen Titelblatt. 1908 bezog er ein selbst entworfenes Haus in Woltersdorf bei Berlin. Als 1914 der erste Weltkrieg ausbrach, hatte sich Fidus durch den Einfluss von Wilhelm Schwaner völkischen und rechtskonservativen Gedanken zugewandt. Allerdings sprach er sich gegen den allgemeinen Hurra-Patriotismus aus, forderte stattdessen, dass Deutschland sich von kulturellen Fremdeinflüssen freimachen sollte, um eine moralische Mission für die Welt zu erfüllen. Nach 1918 verlor Fidus an künstlerischem Einfluss, auch materiell ging es ihm schlechter. Er machte für diese Misere den künstlerischen Internationalismus (Expressionismus, Dadaismus und „Neue Sachlichkeit“) und die kapitalistischen Vermarktungstendenzen verantwortlich. 1932–1945 1932 trat Fidus in die N. ein. Doch bereits 1925 hatte er sich in der Schrift „Den Rasse-Raßlern“ gegen die Utopie einer „Reinrassigkeit“ gewandt. Die Deutschen seien demnach historisch ein Mischvolk, und es komme nur auf die seelische Durchsonntheit des Menschen an, nicht auf Rassemerkmale. Trotz Hoffnungen in die neue Staatsführung, trotz Bittbriefen an H. und G., seine Tempelkunst finanziell zu unterstützen, wurde er von den neuen Machthabern weitgehend abgelehnt. Die XX-Zeitung „Das S. K.“ erwähnte ihn 1936 als Verkitscher nordischer Kunst. Sein Antrag auf Einführung der von ihm entwickelten „Neugermanischen Schrift“ wurde 1936 brüsk abgelehnt. Eine geplante Nürnberger Kunstausstellung zum RPT 1936 platzte, weil sich H. beim Anblick bereits angetroffener Monumentalportraits so „angewidert“ gezeigt hatte, daß er befahl, sämtliche Werke zurückzuschicken. 1937 wurden Fidus-Mappen beschlagnahmt und der Verkauf von Fidusdrucken verboten. H. ließ zudem die Verbreitung seines von Fidus gemalten Porträts auf Postkarten verbieten. Zermürbt kritisierte Fidus die n. Kulturfunktionäre als „Kulturbonzen“ und „Barbaren“. Stilistisch blieb er seinem unkonventionellen, in der Zeit sehr untypischen „weichen Jugendstil“ treu. Nach 1945 Auch nach dem Z. W. vertrat er seine „lichtdeutschen“ Gedanken weiterhin, bekam nun Aufträge von der sowjetischen Militärkommandantur in Karlshorst zur Anfertigung von Stalin- und Leninbildern. Für die SED malte er zudem Rudolf Breitscheid. 1946 trat er der freireligiösen Gemeinde in Berlin bei und bekannte sich als Wähler der CDU. 1948 starb Fidus in Woltersdorf an einem Schlaganfall. Die Lebensreform war eine hauptsächlich bürgerlich dominierte Bewegung, an der auch viele Frauen teilnahmen. In der Körperkultur ging es darum, unter dem Eindruck von Industrialisierung und Verstädterung den Menschen zum Ausgleich viel frische Luft und Sonne zu verschaffen. Einige Bereiche der Lebensreformbewegung, wie z. B. die Naturheilkunde oder der Vegetarismus, waren in Vereinen organisiert und erfuhren regen Zulauf, was sich in den Mitgliederzahlen widerspiegelt. Zur Verbreitung ihrer Inhalte und Prinzipien gaben sie Zeitschriften wie Der Naturarzt oder Die vegetarische Warte heraus. Teil der Lebensreform waren darüber hinaus die Freikörperkultur (FKK, auch Naturismus) und die Turnbewegung. Es bestehen auch enge Kontakte zur Bodenreformbewegung (Adolf Damaschke u. a.), zur Freiwirtschaftsbewegung Silvio Gesells, zur frühen Jugendbewegung sowie zu anderen sozialreformerischen Bewegungen. Einzelne Reformbewegungen Naturheilkunde Die Grundgedanken der Naturheilkundebewegung des 19. Jahrhunderts stammen von Jean-Jacques Rousseau, der seinen Erziehungsroman Émile oder über die Erziehung 1762 mit dem Satz einleitete: „Alles, was aus den Händen des Schöpfers kommt, ist gut; alles entartet unter den Händen des Menschen“. Er forderte eine Rückkehr zu naturgemäßer Lebensweise, postulierte eine körpereigene „Naturkraft“, die durch Abhärtung zu fördern sei, und lehnte Medikamente ab. Als erste Vertreter der Naturheilbewegung gelten Vinzenz Prießnitz und Johann Schroth, beide Landwirte und medizinische Laien. Sie setzten bei den nach ihnen benannten Kuren nur auf natürliche Heilmittel wie Wasser, Wärme und Luft und wurden bald als „Wunderdoktoren“ bezeichnet, wobei sie dieselben Krankheiten teilweise völlig gegensätzlich behandelten. Wesentliches Merkmal der entstehenden Naturheilkunde war die Überzeugung, dass der Körper über Selbstheilungskräfte verfüge, die lediglich angeregt und unterstützt werden müssten. Diese Ansicht ging auf Paracelsus zurück. Der bekannteste Naturheiler des 19. Jahrhunderts war Sebastian Kneipp. Im deutschen Sprachraum wurden so genannte Naturheilanstalten gegründet. 1891 waren 131 davon im Dachverband der Naturheilvereine organisiert. Zentrale Ansichten der Naturheilkunde nannte Meyers Konversationslexikon Ende des 19. Jahrhunderts: „Die Krankheitsvorgänge betrachtet sie als Heilsvorgänge, durch welche die den Lebensakt störenden Stoffe unter den Zeichen des Fiebers, der Entzündung, der Gärung und Fäulnis, d. h. durch Zersetzungsprozesse, unschädlich gemacht werden. Auf diesem Weg ist die Naturheilkunde so weit gekommen, beispielsweise Masern, Pocken, Scharlach für von der Natur für ein bestimmtes Lebensalter eingesetzte Reinigungsprozesse zu erklären, deren Lebensgefährlichkeit erst durch das hinfällige Menschengeschlecht sowie durch die Arzneiheilkunde selbst geschaffen worden sei.“ 1883 wurde der Deutsche Verein für Naturheilkunde und für volksverständliche Gesundheitspflege gegründet. Im Jahr 1900 benannte er sich um in Deutscher Bund der Vereine für naturgemäße Lebens- und Heilweise. 1889 waren in diesem Dachverband 142 Ortsvereine mit etwa 19.000 Mitgliedern organisiert, 1913 waren es bereits 885 Vereine mit 148.000 Mitgliedern. Der Verband besaß einen Verlag, der die Zeitschrift Der Naturarzt herausgab. Auch die ältere alternativmedizinische Methode der Homöopathie erfuhr ab 1870 einen verstärkten Zulauf, der zur Gründung zahlreicher homöopathischer Laienvereine in Deutschland führte. In den 1920er Jahren verlor die Naturheilkunde insgesamt an Popularität, der Zenit dieser Bewegung war überschritten. Eine Ausnahme bildete nur der 1897 gegründete Kneipp-Bund, der in den 1960er Jahren etwa 65.000 Mitglieder hatte. Nach 1933 wurde die „Deutsche Lebensreform-Bewegung“ gleichgeschaltet und ging in der Reichsarbeitsgemeinschaft der Verbände für naturgemäße Lebens- und Heilweise der N. auf. „Die N. erhofften sich durch die Instrumentalisierung von Lebensreform und naturgemäßer Heilkunde die Leistungsfähigkeit des deutschen Volkes, seine ‚rassische‘ Gesundheit und physische Robustheit zu steigern.“ Die N. propagierte die Einbeziehung von Naturheilverfahren in die allgemeine Medizin unter dem Begriff Neue Deutsche Heilkunde (NDH). Die entsprechenden Pläne scheiterten aber letztlich am Widerstand der Ärzteschaft. Kleidungsreform Im Umfeld der Lebensreform-Bewegungen gab es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Deutschland mehrere Ansätze zu einer Reform der Kleidung, wobei sich die ersten Überlegungen auf die Männerkleidung bezogen. Heftige Kontroversen gab es zur Frage, welches Material der Gesundheit besonders zuträglich sei. Gustav Jäger hielt ausschließlich Wolle für geeignet, während Heinrich Lahmann Baumwolle befürwortete und Sebastian Kneipp vor allem Leinen. Jäger gründete ein eigenes Bekleidungsunternehmen für die von ihm entworfene sogenannte Normalkleidung für Männer, die einige Jahrzehnte lang recht erfolgreich auf dem Markt war, nicht nur im deutschen Sprachraum, sondern auch in England. Er gründete einen eigenen Verein und gab eine monatliche Zeitschrift heraus. Bei den Reformansätzen der Frauenkleidung ging es vor allem um die Abschaffung des Korsetts, die nicht nur von Frauenrechtlerinnen, sondern auch von einigen Medizinern nachdrücklich gefordert wurde. Der Arzt Samuel Thomas Sömmering hatte schon 1788 einen Aufsatz mit dem Titel „Über die Schädlichkeit der Schnürbrüste“ geschrieben. In der Folgezeit häuften sich öffentliche Vermutungen, die starke Einschnürung führe zur Deformierung innerer Organe und vor allem zur Schädigung der Gebärmutter, begünstige Verstopfung und könne zu einer Schnürleber führen. Tatsächlich nachweisbar waren Atemnot und eine Neigung zu Ohnmachten sowie eine stark eingeschränkte Beweglichkeit. In den USA forderte Amelia Bloomer als eine der ersten Frauen um 1850 ein Reformkleid und trug es auch einige Zeit. Die amerikanische Reformbewegung scheiterte jedoch. 1881 wurde in England die Rational Dress Society gegründet, 1896 folgte in Deutschland der Allgemeine Verein zur Verbesserung der Frauenkleidung mit zunächst 180 Mitgliedern. Im Jahr 1900 entwarfen bekannte Künstler sogenannte Künstlerkleider ohne Korsett, unter anderem Henry van de Velde. Diese Modelle waren aber nicht für die Massenproduktion gedacht. 1903 entstand die Freie Vereinigung für Verbesserung der Frauenkleidung, die 1912 in Deutscher Verbund für Frauenkleidung und Frauenkultur umbenannt wurde. Nach 1910 verzichtete die Haute Couture auf das Korsett, ohne dass die Damenmode dadurch bequem wurde. Erst der Stoffmangel und ein verändertes Frauenbild zur Zeit des Ersten Weltkrieges sorgten für eine starke Veränderung der Frauenkleidung im Sinne der Reformer. Freikörperkultur Auch die FKK-Bewegung entstand als Teil der Lebensreform-Bewegungen. Der Schweizer Arnold Rikli gründete bereits 1853 eine „Sonnenheilanstalt“ und verordnete seinen Patienten „Lichtbäder“ ohne jede Bekleidung. 1906 gab es in Deutschland 105 so genannte Luftbäder. Als eigentlicher Pionier der Freikörperkultur, nämlich außerhalb hygienisch-medizinischer Kuren, gilt jedoch der Maler und Kulturreformer Karl Wilhelm Diefenbach (1851–1913), der sie mit seinen Schülern in der Einsiedelei Höllriegelskreuth bei München und später auf dem Himmelhof bei Wien praktizierte. Durch ihn und gegen ihn kam es im Jahre 1888 zum ersten Nudistenprozess der Geschichte. Diefenbach wirkte auf Nachfolger wie Heinrich Pudor, Guntram Erich Pohl, Richard Ungewitter und Hugo Höppener-Fidus. 1891 veröffentlichte Heinrich Pudor eine Schrift mit dem Titel Nackende Menschen. Jauchzen der Zukunft, in der er Nacktheit als Gegenmittel gegen die angebliche Degeneration der Menschen als Folge der Zivilisation preist. „Pudors Kombination aus Gesundheitsratschlägen, Kleiderreform, Vegetarismus, Antimodernismus und Antisemitismus fand in den folgenden Jahren zahlreiche Nachahmer.“ Auch der FKK-Aktivist Richard Ungewitter vertrat völkisch-antisemitisches Gedankengut. Er gründete 1910 die Loge für aufsteigendes Leben und warb für „strenge Leibeszucht“ und „nackte Gattenwahl“ mit dem Ziel, gesunde und „rassereine“ Nachkommen zu zeugen. Zitat: „Würde jedes deutsche Weib öfter einen nackten germanischen Mann sehen, so würden nicht so viele exotischen fremden Rassen nachlaufen. Aus Gründen der gesunden Zuchtwahl fordere ich deshalb die Nacktkultur, damit Starke und Gesunde sich paaren, Schwächlinge aber nicht zur Vermehrung kommen.“ Von Pornografie und freier Sexualität distanzierten sich die führenden Vertreter der Freikörperkultur entschieden. „Bis in die 20er Jahre hinein gab es eine breite Bewegung in der FKK-Kultur, die sehr viel stärker auf Disziplinierung, Körperkontrolle, Selbstkontrolle abzielte, (...) Werte, die durchaus kompatibel waren mit der NS-Ideologie", so der Historiker Hans Bergemann. Die bürgerlichen FKK-Vertreter kritisierten zwar heftig die allgemeine Prüderie, vertraten jedoch selbst keine liberalen Ansichten, sondern definierten den Begriff der „Unmoral“ um. Für sie war der bekleidete Mensch unmoralisch. Hans Bergemann: „Sie haben einfach gesagt: es ist die Kleidung, die den Körper sexualisiert und erst das schwüle Begehren schafft, und dem gegenüber müsste man sich nackt ausziehen, das würde dann das sexuelle Begehren mindern bzw. man könnte es besser kontrollieren.“ So heißt es in einer FKK-Publikation: „Und endlich muss an dieser Stelle auch die moderne Badehose erwähnt werden, dieses unanständigste Kleidungsstück, das sich denken lässt, weil sie den Blick mit Gewalt auf diese gewisse Stelle lenkt und mit Fingern auf sie zeigt (...)“. Die Anhänger der FKK-Bewegung gehörten jedoch verschiedenen ideologischen Richtungen an, auch wenn die bekanntesten Publizisten völkisch-national waren. Gefördert wurde die Nacktkultur durch die Wandervogel-Bewegung, die damit sportliche Aktivitäten verband. Der Gymnastiklehrer Adolf Koch gehörte politisch dem Lager des Sozialismus an und verfolgte sozialreformerische Ziele innerhalb der Arbeiterschaft. Er bemühte sich auch um Sexualaufklärung, körperliche Kräftigung und medizinische Beratung. Koch gründete so genannte „Körperschulen“, die in den 1920er Jahren deutlich mehr Anhänger hatten als die bürgerlichen FKK-Gruppen. 1932 gab es im Deutschen Reich rund 100.000 organisierte FKK-Anhänger, davon etwa 70.000 in den Körperschulen. Die konservativen FKK-Gruppen gründeten 1923 die Arbeitsgemeinschaft der Bünde deutscher Lichtkämpfer, die sich ab 1926 Reichsverband für Freikörperkultur (RFH) nannte. Die sozialistischen Gruppen bildeten den Bund für sozialistische Lebensgestaltung und Freikörperkultur. Im März 1933 wurde ein Erlass zur Bekämpfung der „Nacktkulturbewegung“ herausgegeben. Nachdem sich der RFH zum NS-Staat bekannt hatte, folgte die Gleichschaltung und die Umbenennung in Kampfring für völkische Freikörperkultur. Ernährungsreform Ein weiterer Teilbereich der Lebensreform war die Ernährungsreform, die in engem Zusammenhang mit Ideen der Naturheilkunde entstand. Der moderne Vegetarismus in Deutschland kann als spezielle Variante dieser Bewegung angesehen werden. Die Reformer lehnten die Veränderungen der Ernährungsgewohnheiten im 19. Jahrhundert ab, die in Zusammenhang standen mit der Modernisierung der Lebensmittelindustrie, sinkenden Preise für einige Produkte wie Zucker und Weißmehl sowie der Einführung von Konserven und ersten Fertigprodukten wie Fleischextrakt und Brühwürfeln. Die führenden Vertreter von Ernährungsreformen waren Mediziner, die die moderne „Zivilisationskost“ als Hauptursache für viele Krankheiten ansahen. Nur möglichst naturbelassene Lebensmittel seien wirklich gesund, so ihre These. Es gab keine einheitliche Theorie zur Ernährung, gemeinsam war den Ernährungskonzepten der Reformer aber der weitgehende Verzicht auf Fleisch, die Bevorzugung von Rohkost und Vollkornprodukten und die Ablehnung von Genussmitteln wie Tabak, Kaffee, Alkohol, aber auch von Zucker und starken Gewürzen. Die Ansichten der Ernährungsreformer standen im Widerspruch zu den Theorien der Ernährungswissenschaft des späten 19. Jahrhunderts, die tierisches Protein als wichtigsten Energielieferanten der menschlichen Ernährung ansahen. Die Bedeutung der Vitamine war noch unbekannt. Theodor Hahn schrieb 1857/58 sein Buch Die naturgemäße Diät und etwas später das Praktische Handbuch der naturgemäßen Heilweise, in dem er Vollkornprodukte, Milch, rohes Gemüse und rohes Obst als optimale Lebensmittel bezeichnete. Gustav Schlickeysen bezeichnete den Menschen als Fruchtfresser und lehnte sowohl gekochte als auch tierische Kost völlig ab. Dieser Theorie folgen heute die Frutarier. Bekannter ist Maximilian Oskar Bircher-Benner, der nicht nur das Müsli erfand, sondern eine eigene Ernährungslehre entwickelte, die Sonnenlichtnahrung. Die Gedanken der Ernährungsreform wurden vor allem in Kurkliniken aufgegriffen und verbreitet. Eine Reihe heute bekannter Ernährungslehren, die als „Alternative Ernährung“ bezeichnet werden, hat ihren Ursprung in dieser Bewegung. Auf die Arbeiten der Ernährungsreformer griff auch Werner Kollath zurück, der 1942 sein Hauptwerk Die Ordnung unserer Nahrung veröffentlichte. Darin bezeichnete er die „Zivilisationskost“ als minderwertige „Halbnahrung“, während unverarbeitete Produkte „vollwertig“ seien. Sein Ernährungskonzept nannte er Vollwertkost. Der Vegetarismus entwickelte sich zu einer eigenständigen Bewegung, die sich auch vereinsmäßig organisierte. Ein wichtiger Vertreter war Gustav Struve, dessen Buch Pflanzenkost. Die Grundlage einer neuen Weltanschauung 1869 erschien. Der Pfarrer Eduard Baltzer hatte 1867 in Nordhausen den ersten Verein für naturgemäße Lebensweise gegründet, der sich in der Folgezeit vor allem der Ernährung widmete. 1892 entstand der Deutscher Vegetarierbund mit Sitz in Leipzig. 1912 gab es 25 deutsche Vegetariervereine mit rund 5000 Mitgliedern. Die in Deutschland und Österreich heute noch im Lebensmittelhandel aktiven Reformhäuser gehen auf die Lebensreformbewegung zurück. Landkommunen Als Folge von Industrialisierung und Urbanisierung kam es vor allem innerhalb des Bildungsbürgertums zu einer „agrarromantischen Großstadtfeindlichkeit“ und zu einer regelrechten Flucht aufs Land unter dem Motto „Zurück zur Natur“. Einige begnügten sich mit der Anlage von Schrebergärten oder zogen in neu entstehende Gartenstädte, andere gründeten mit Gleichgesinnten Kommunen auf dem Land mit dem Anspruch, benötigte Lebensmittel weitgehend selbst zu erzeugen. Der marxistische Autor Ulrich Linse schreibt: „Es war eine anti-urbanistische Revolte der städtischen, progressiv ausgerichteten Intelligenz, es war Landkult und Agrarutopismus der Großstadtliteraten“. Linse bezeichnet diese Strömung als Form des Eskapismus. Innerhalb der entstehenden Kommunen waren um 1900 die Ideen der Lebensreform zu gesunder Lebensweise und Ernährung dominierend, daneben spielten auch der Gedanke der Genossenschaften und Ideen zur Bodenreform eine Rolle. Er unterteilt die Landkommunen nach der jeweils vorherrschenden Weltanschauung in sozialreformerische, völkische, anarcho-religiöse und evangelikale. Als völkisch ist z. B. die Siedlung Heimland in Nordbrandenburg anzusehen, die aber bald wieder einging. Als sozialreformerisch und anarcho-religiös die Siedlung Monte Verità bei Ascona. Ein Beispiel für eine reine Frauensiedlung war das Projekt Schwarzerden bei Darmstadt, das eher der Frauenbewegung zuzurechnen ist als der Lebensreform. Die zeitweilige Popularität der Siedlungsidee führt Linse vor allem auf politische und wirtschaftliche Krisen des Deutschen Reiches um 1900 und dann erneut nach dem Ersten Weltkrieg zurück. Vorbild vieler Landkommunen wurde die Vegetarische Obstbausiedlung Eden, die 1893 von 18 Anhängern der Lebensreform in der Nähe von Oranienburg gegründet wurde. Das Siedlungsgelände wurde in so genannte Heimstätten aufgeteilt und in Erbpacht zunächst ausschließlich an Vegetarier vergeben. Aus finanziellen Gründen wurden ab 1901 jedoch auch Nicht-Vegetarier aufgenommen und der Name in Gemeinnützige Obstbausiedlung geändert. Die Tierschlachtung und der Verkauf von Fleisch blieb innerhalb von Eden jedoch verboten. Jede Heimstätte wirtschaftete für sich, darüber hinaus gab es den genossenschaftlichen Obstbau als Erwerbsquelle. 1894 hatte Eden 92 Mitglieder, 22 Heimstätten waren verpachtet, 1895 waren es 45. Nach einem starken Mitgliederschwund um 1900 stieg die Zahl wieder an. 1930 gab es 230 Siedlungshäuser und rund 850 Bewohner. Die Produkte wurden an Reformhäuser und Naturheilanstalten verkauft. 1933 wurde das schon länger völkisch orientierte Eden von den N. gleichgeschaltet, bestand aber weiterhin. Auch in der DDR wurde unter der Marke Eden weiterhin produziert. Die Genossenschaft besteht auch heute noch und ist in verschiedenen Geschäftsbereichen aktiv. Eine Sonderform der Landkommunen waren die Künstlerkolonien, zum Beispiel die Künstlerkolonie Worpswede um Paula Modersohn-Becker oder in Höllriegelskreuth und Wien um Karl Wilhelm Diefenbach. Besonders bekannt wurde der Monte Verità bei Ascona in der Schweiz, der im Jahr 1900 als lebensreformerisches Sanatorium gegründet wurde, weil sich hier zahlreiche Künstler für einige Zeit aufhielten. Reformpädagogik Gegen Ende des 19. Jahrhunderts und im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts entwickelte sich die Reformpädagogik, die sich gegen Lebensfremdheit und unterwerfenden Autoritarismus der vorherrschenden „Pauk- und Drillschule“ wandte. Reformpädagogen wollten über eine veränderte Bildungstheorie und Lerntheorie zu einer veränderten Didaktik gelangen, die in einem handlungsorientierten Unterricht vor allem die Selbsttätigkeit der Schüler in den Mittelpunkt stellt. Bekannte Lebensreformer Friedrich Eduard Bilz Maximilian Bircher-Benner Wilhelm Bölsche Otto Buchinger Karl Buschhüter Carl Buttenstedt Adolf Damaschke Karl Wilhelm Diefenbach Fidus (Hugo Höppener) Anna Fischer-Dückelmann, Autorin von Die Frau als Hausärztin Gustav Gräser Gustav Jäger Sebastian Kneipp Heinrich Lahmann Robert Laurer Gustav Lilienthal Arnold Rikli Paul Schirrmeister Karl Schmidt-Hellerau Moritz Schreber Johannes Ude Bruno Wille Hans Paasche