Otto John (* 19. März 1909 in Marburg, Deutschland; † 26. März 1997 in Innsbruck, Österreich) war ein deutscher Jurist, Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 und von 1950 bis 1954 der erste Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz in der Bundesrepublik Deutschland.
Vom 20. Juli 1954 bis 12. Dezember 1955 hielt sich John in der DDR auf – ob freiwillig oder unfreiwillig, ist bis heute ungeklärt. Sein Auftauchen dort löste angesichts seiner herausragenden Stellung im westdeutschen Nachrichtendienst einen der größten politischen Skandale in der frühen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland aus. Ende 1955 kehrte John nach West-Berlin zurück. Der Bundesgerichtshof verurteilte ihn am 22. Dezember 1956 wegen Landesverrats zu einer vierjährigen Zuchthausstrafe.
Leben
Bis 1954
John wuchs in Wiesbaden auf und war dort, wie sein jüngerer Bruder Hans, Schüler des Staatlichen Realgymnasiums, an dem er 1929 das Abitur ablegte.[1] Er studierte in Frankfurt am Main Jura. 1934 erfolgte am OLG Frankfurt Johns erste juristische Staatsprüfung; er trat das Referendariat an und wurde im gleichen Jahr bei seinem nach Marburg gewechselten Lehrer Hans-Otto de Boor von der dortigen Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät mit der Dissertation Der Rechtsbehelf zur Wahrung der Rechte Dritter im Vollstreckungsverfahren (Gelnhausen: Kalbfleisch, 1935, 54 S.) promoviert. Von 1937 bis 1944 war er als Mitarbeiter des Syndikus bei der Lufthansa tätig, sein Vorgesetzter als Syndikus der Rechtsabteilung war Klaus Bonhoeffer, der Bruder des Theologen Dietrich Bonhoeffer. Durch Klaus Bonhoeffer bekam John noch vor dem Krieg Kontakt zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus und beteiligte sich an den Vorbereitungen zum Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944. Nach dessen Scheitern wurde sein mitbeteiligter Bruder Hans John verhaftet, von Roland Freisler am 2. Februar 1945 zum Tode verurteilt und am 23. April 1945 von einem SS-Kommando mit Genickschuss getötet, während ihm selbst am 24. Juli 1944 über Madrid und Lissabon die Flucht nach Großbritannien gelang. Dort arbeitete er nach anfänglicher Internierung ab November 1944 unter Sefton Delmer beim Propagandasender „Soldatensender Calais“ des Foreign Office.[2] In England heiratete John die aus Deutschland emigrierte Sängerin und Gesangspädagogin Lucie Mainzer, die Tochter des jüdischen Arztes und Schriftstellers Ferdinand Mainzer, eines Freundes von Theodor Heuss aus Berliner Jahren. Heuss war mit John durch seinen Bruder Ludwig bekannt. Dieser war ein Kriegskamerad Mainzers gewesen und mit Klaus Bonhoeffer befreundet.[3] Nach Kriegsende fungierte John als Screener in britischen Kriegsgefangenenlagern und u. a. als Zeuge der Anklage bei den Nürnberger Prozessen sowie beim Prozess gegen den Generalfeldmarschall Erich von Manstein in Hamburg.
Im Jahr 1950 wurde John nach mehreren vergeblichen Bewerbungen, darunter beim Auswärtigen Amt, auf Vermittlung Jakob Kaisers von Bundespräsident Heuss zum Präsidenten des neu gegründeten Bundesamts für Verfassungsschutz in Köln ernannt; nach Zustimmung der drei Mächte und mit der zögerlichen Zustimmung von Bundeskanzler Adenauer. So wurde Otto John eine der wenigen Personen aus den Reihen der Widerständler und ehemaligen Emigranten, die eine hohe Position in der Verwaltung der jungen Bundesrepublik erlangen konnten.
Der Fall Otto John
Otto John (Mitte vorne) in Ost-Berlin mit Hermann Henselmann, dem Chefarchitekten der Stadt, und Erich Correns von der Nationalen Front (5. August 1954, Stalinallee, Bauausstellung Deutsche Sporthalle Berlin)
Otto John (2. von links) bei einer anschließenden Unterredung mit Henselmann, Correns und Wilhelm Girnus (nicht im Bild), Sekretär des Ausschusses für deutsche Einheit, im Ost-Berliner Café Warschau (1954)
John verschwand unter jahrzehntelang ungeklärten Umständen am 20. Juli 1954 in West-Berlin. An diesem Tag fand im Bendlerblock erstmals eine öffentliche Gedenkfeier der Bundesregierung für die Mitglieder des Widerstandskreises des 20. Juli 1944 statt, an der auch Otto John teilnahm. Am Abend des gleichen Tages fuhr John mit Wolfgang Wohlgemuth nach Ost-Berlin. Wohlgemuth war ein Arzt, den John in der NS-Zeit kennengelernt hatte. Gemäß späteren Angaben von vier Geheimdienstmitarbeitern arbeitete er damals – vermutlich ohne Johns Wissen – für den sowjetischen Geheimdienst KGB.[A 1] Laut eigener Aussage wurde John von Wohlgemuth betäubt und von diesem und dem KGB-Agenten[4] Max Wonsig im Auto in den Osten verschleppt.[5] Wohlgemuth wurde jedoch 1958 aus Mangel an Beweisen von der Anschuldigung des Landesverrats freigesprochen. [BGH v.18.12.58 Az. 9 St E 3/58].[6][7] In einer 2009 erschienenen Arbeit von Klaus Schaefer versucht dieser nachzuweisen, dass John das Opfer einer Entführung war – wie schon nach Johns Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland von ihm selbst behauptet und zunächst auch von Bundesinnenminister Gerhard Schröder verbreitet. Andere Forscher vertreten die Ansicht, dass Johns Übertritt in die DDR freiwillig stattgefunden habe, gemäß seiner Erklärung am 23. und 28. Juli in Radio DDR und auf einer Pressekonferenz am 11. August.
In diesem Zusammenhang schreibt der Historiker Erik Gieseking 2005:
„Was am Abend des 20. Juli 1954 geschehen ist, wird wohl nur eindeutig zu klären sein, wenn neue Quellen zur Verfügung stehen. Die Aussagen zu den Ereignissen sind äußerst widersprüchlich; die Spannbreite reicht von Flucht über Entführung, Kurzschlußhandlung oder Falle bis hin zu Johns eigener Erklärung, daß er entführt und im Osten unter Zwang festgehalten wurde. In diesem Falle stellt sich immer noch die Frage, ob das Festhalten Johns auf einer spontanen Entscheidung der östlichen Geheimdienste beruhte oder ob es sich tatsächlich um eine von langer Hand geplante Falle handelte.“[8]
Seinen Übertritt in die DDR begründete John selbst z. B. bei der Pressekonferenz in Ost-Berlin mit der Kritik an Bundeskanzler Adenauer, dessen Politik der Remilitarisierung und Westbindung das Ziel der deutschen Einheit gefährde, folgendermaßen:
„Ich habe mich nach reiflicher Überlegung entschlossen, in die DDR zu gehen und hier zu bleiben, weil ich hier die besten Möglichkeiten sehe, für eine Wiedervereinigung und gegen die Bedrohung durch einen neuen Krieg tätig zu sein.“
Außerdem klagte er den wieder wachsenden Einfluss früherer Nationalsozialisten in der Bundesrepublik an; namentlich nannte er Bundesvertriebenenminister Theodor Oberländer und Reinhard Gehlen, den Präsidenten des Bundesnachrichtendiensts und früheren Chef der „Abteilung Fremde Heere Ost“ der Wehrmacht. Gehlen seinerseits, der eine „Abneigung gegen Anti-Hitler-Emigranten“ (Der Spiegel) hegte, kommentierte „Einmal Verräter, immer Verräter!“, stellte also einen Zusammenhang mit Johns Beteiligung am Widerstand gegen den Nationalsozialismus her.[9]
Durch Johns Auftauchen in der DDR wurde in der Bundesrepublik die bereits vorbereitete Übergabe der CIA-finanzierten Organisation Gehlen an die Bundesregierung verzögert. Der amerikanische Außenminister John Foster Dulles fürchtete öffentlichen Widerspruch, wenn mit Reinhard Gehlen erneut ein Geheimdienstchef berufen würde, der wie John zuvor für die Alliierten gearbeitet hatte.[10]
John wurde vom 24. August bis 12. Dezember 1954 von KGB-Offizieren in Moskau mehrfach verhört, was allerdings für die Sowjetunion nicht sehr ergiebig war. Kopien der Protokolle dieser Verhöre wurden damals dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR überlassen. Nach diesen Verhören in Moskau stellte ihm die DDR zwei komfortable Wohnungen und ein Büro zur Verfügung, und John nahm – ständig unter Bewachung – eine politische Tätigkeit auf, während der er in vielen Vorträgen und Veröffentlichungen die erwähnten Vorwürfe gegen die Bundesrepublik Deutschland wiederholte.
Am 12. Dezember 1955 setzte sich John mit Hilfe des dänischen Journalisten Henrik Bonde-Henriksen wieder von Ost- nach West-Berlin ab,[11] wo er am 22. Dezember verhaftet wurde. In der Bundesrepublik wurde er wegen Landesverrats angeklagt – was ihn anscheinend überraschte – und vom 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe am 22. Dezember 1956 zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt.[12][13] Wie John später immer wieder hervorhob, habe das Urteil bereits vor der Verhandlung festgestanden und sei eine Vergeltung für den 20. Juli 1944 gewesen, da der zuständige Ermittlungsrichter am BGH, Kurt Weber, ein überzeugter Nazi gewesen sei.[14] Karl Richard Albert Wittig, einer der Hauptbelastungszeugen im Verfahren, flüchtete Ende Februar 1962 in die DDR, nachdem gegen ihn selbst ein Ermittlungsverfahren wegen Meineides eingeleitet worden war.[15] Der Spiegel setzte sich 1958 unter dem Titel Politische Justiz – Billig verkauft mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs auseinander und kritisierte im Detail die „schwer begreifliche Beweiswürdigung“ und die „dürren Argumente“ des Indizienurteils.[16]
Am 15. Juli 1958 wurde John von Bundespräsident Theodor Heuss begnadigt[17]: Nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe unter Anrechnung der Untersuchungshaft wurde der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt (zwei Jahre Bewährungszeit).[18] Am 28. Juli 1958 wurde John entlassen. Danach lebte er mit seiner Ehefrau zurückgezogen in Igls in Österreich.
Nach seiner Freilassung bemühte sich John bis an sein Lebensende[19] vergeblich um seine Rehabilitierung, indem er darstellte, er sei nach Verabreichung eines Betäubungsmittels, unter Beteiligung des Arztes Wolfgang Wohlgemuth, in den Ostsektor verschleppt worden. Seine Auftritte vor der Weltpresse seien zur Täuschung der Umgebung erfolgt, welche ihm schließlich später die Flucht ermöglichte.[2] Prominente Politiker wie Herbert Wehner, Willy Brandt und Franz Josef Strauß setzten sich für eine Wiederaufnahme des Prozesses ein. Sein früherer Chef beim Soldatensender Calais, Sefton Delmer, widmete John im 1962 erschienenen zweiten Teil seiner Memoiren Die Deutschen und ich[20] die Kapitel 60 und 62, in denen er John als Märtyrer präsentiert, der als Überlebender des Widerstandes gegen Hitler bei den tonangebenden Politikern und Beamten jener Zeit zum „Prügelknaben“ und „ersten Opfer des Vierten Reichs“ geworden sei.
Der „Fall John“ löste in der Bundesrepublik eine schwere innenpolitische Krise aus, in deren Mittelpunkt der Bundeskanzler Konrad Adenauer und sein Innenminister Gerhard Schröder standen. Erstmals in der Nachkriegszeit wurde in der Öffentlichkeit u. a. die Frage diskutiert, inwiefern zwischen der ehemaligen Gestapo und dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) eine personelle Kontinuität bestehe.
Mit Wirkung vom 1. Mai 1986 gewährte Bundespräsident Richard von Weizsäcker John im Gnadenwege[21] einen Unterhaltsbeitrag, für den das Bundesministerium des Innern einen anfänglichen monatlichen Zahlbetrag von 4.236,43 DM festsetzte.[22] Dies entsprach 41 Prozent der damaligen Dienstbezüge des Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz (Besoldungsgruppe B 8 der Bundesbesoldungsordnung) nach einer ruhegehaltfähigen Dienstzeit von 13 Jahren (§ 14 Absatz 1 a. F. des Beamtenversorgungsgesetzes). Damit erhielt John für die Zukunft offenbar die Versorgung, die ihm dauerhaft zugestanden hätte, wenn er als politischer Beamter in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden wäre, statt mit der Rechtskraft des Strafurteils seine Beamtenrechte zu verlieren.
Aufgrund von Akten des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR, die Bernd Stöver 1999 vorgestellt und kommentiert hat, weiß man heute, dass John dazu beigetragen hat, Dienstgeheimnisse und Amtsinterna verfügbar zu machen:
„Manche dieser Einzelinformationen, die John gab, waren der Staatssicherheit oder dem KGB wahrscheinlich nicht neu. Aber selbst wenn einzelne Details für sich betrachtet nur geringe Aussagekraft besaßen, zusammen mit den Ergebnissen anderer Verhöre oder ansonsten erworbener Erkenntnisse gewannen sie wohl doch Relevanz. Nicht umsonst bewahrte das MfS, wie andere Geheimdienste auch, fast alle Vorgänge über Jahrzehnte auf. Aber John tat eben mehr. Viele seiner Aussagen mit Namensnennungen ließen Kontaktaufnahmen zu, boten Anhaltspunkte, auf welche Weise Fühlungnahmen mit Personen möglich waren, sie verdeutlichten persönliche Schwächen und politische Einstellungen von Agenten. Ob John sich dieser Tatsache bewußt war, ist schwer zu sagen. In seinen Memoiren und sonstigen Äußerungen nach seiner Rückkehr ging er jedenfalls nicht darauf ein.“[23]
Der Politikwissenschaftler Hartmut Jäckel kommt aufgrund der inzwischen vorliegenden Stasi-Unterlagen zu folgendem Schluss:
„Gewichtige Indizien besagen: Der Geheimnisträger Otto John hat sich am 20. Juli 1954 freiwillig zu Gesprächen nach Ost-Berlin begeben. Innerlich bewegt von einem naiv-patriotischen Impetus, der deutschen Einheit auf eigene Faust voranzuhelfen, hat er nicht damit gerechnet, dass ihm die Rückkehr in den Westteil Berlins verlegt werden könnte. Als ihm dies bewusst wurde, mag er geglaubt haben, einen groben Fehler durch einen noch gröberen korrigieren zu können.“[24]
Allerdings kommt Gieseking in seiner über 600 Seiten umfassenden Untersuchung von 2005 unter anderem zu folgendem Ergebnis:
„Aufgrund des bestehenden rechtsgültigen Urteils des Bundesgerichtshofes von 1956 kann es keinen Zweifel geben, daß Johns Schuld juristisch erwiesen ist. Doch über die Bewertung der Fakten kann man zu verschiedener Auffassung gelangen. Bislang gibt es keinen zugänglichen schlüssigen Beweis dafür, daß John freiwillig nach Ost-Berlin gegangen ist und daß er dort zum Verräter geworden ist. Alle dahingehenden Aussagen beruhen auf Indizien oder Zeugenaussagen. Das Gericht berücksichtigte Aussagen von Personen, die selbst wieder von John oder Dritten von der Freiwilligkeit des Übertritts erfahren haben wollten und dies während des Aufenthalts Johns in der DDR.“[25]
Die in der obigen Darstellung von Gieseking vermissten neuen Quellen wurden von dem Juristen Klaus Schaefer erschlossen. Er konnte sich auf den Nachlass von Otto John im Imperial War Museum in London und Duxford, auf die Akten des Testamentsvollstreckers in Innsbruck, auf von der Besitzerin der Hohenburg auf dem Dachboden 2007 gefundene Akten, auf Verschlusssachen im Bundesarchiv Koblenz und auf noch bis 2016 gesperrte Akten im BfV und Interviews mit Zeitzeugen stützen. Schaefer kam 2009 zu folgendem Ergebnis:
„Die heutige Rechtslage wird dahingehend beurteilt, dass auf Grund der neuen Erkenntnisse in Verbindung mit Neubeurteilung früherer Beweise davon auszugehen ist, dass Otto John bei einer Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag der Staatsanwaltschaft vom BGH freigesprochen werden müsste. Der Wiederaufnahmeantrag durch die Staatsanwaltschaft ist möglich und erscheint geboten, um die Unschuld eines 1956 zu Unrecht Verurteilten postum rechtskräftig festzustellen.“[26]
Lebensabend
Nach seiner Entlassung aus der Haft 1958 zog John mit seiner Ehefrau Lucie nach Innsbruck-Igls, wo er Teile der ehemaligen Feste Hohenburg bewohnte, die er unter anderem mit Unterstützung seines Freundes Louis Ferdinand von Preußen (1907–1994) sanierte.[15] John kämpfte bis zu seinem Tod 1997 vergeblich in fünf Wiederaufnahmeverfahren um seine Rehabilitierung
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Modesendungen mit Klaus Ehrlich hat es im DDR-Fernsehen seit 1971 gegeben, zunächst unter dem Titel „Mode ’71“. Darauf folgte bis zum Ende des DDR-Fernsehens jeweils eine Sendung pro Jahr. Moderiert wurde sie von verschiedenen Personen wie der Sprecherin der „Aktuellen Kamera“ Angelika Unterlauf oder dem Mannequin Barbara Herrmann (Mutter der MDR-Moderatorin Victoria Herrmann) sowie Klaus Ehrlich. Sie präsentierten die Musterkollektionen der Volkseigenen Textilindustrie der DDR. In fast 20 Jahren „Mode“ im DDR-Fernsehen dienten dem Produzenten Klaus Ehrlich zahlreiche Sehenswürdigkeiten der DDR als Laufsteg für seine Models. Unter den Mannequins des Modeinstitutes der DDR waren auch viele Gesichter, die später in Film und Fernsehen bekannt wurden, darunter die Sat.1-Moderatorin Bettina Cramer[2] sowie die Schauspielerinnen Maren Schumacher und Karin Boyd. Präsent 20 war der Name eines Textilstoffes, der in der DDR 1969 "zu Ehren des 20. Jahrestages der DDR" entwickelt wurde und das Grundmaterial für eine umfangreiche gleichnamige Bekleidungsserie bildete. Entwicklung und Produktion Zum 20. Geburtstag der Republik im Jahre 1969 wollte die DDR ihre Bürger mit einem „Stoff, aus dem die Träume sind“ beglücken. Zur Produktion wurde das VEB Textilkombinat Cottbus errichtet, die Einweihung erfolgte durch Erich Honecker am 29. September 1969. Das Kunstfaser-Material war aus 100 % Polyester und sollte dem westdeutschen Trevira Konkurrenz machen. Die aus dem Stoff produzierte Kleidung war knitterfrei, pflegeleicht und strapazierfähig. Wegen dieser positiven Eigenschaften wurde das Material dann u. a. auch für Vorhänge, Stuhlbezüge und Tischdecken verwendet. Bereits Anfang der 1970er Jahre geriet der Bekleidungsstoff in die Kritik der Verbraucher: Die Kleidungsstücke luden sich elektrostatisch auf, standen immer etwas steif ab und man schwitzte schnell darin. 1974 wurde die Produktion der Faser eingestellt. Trotzdem wurde in der Betriebschronik des Herstellerkombinats das Material wegen der neuen Herstellungstechnik, der Geschwindigkeit der Produktion und der Qualität des Erzeugnisses als "Weltspitzenerzeugnis" gefeiert. Dabei wurde verschwiegen, dass die eingesetzten Großrundstrickmaschinen aus der Bundesrepublik importiert worden waren.[1][2][3][4] Gammler war eine
Bekannte
Moderatoren und Sprecher Lutz Bertram,
Radiomoderator Marion Brasch, Hörfunkjournalistin und
Schriftstellerin Susanne Daubner, später Fernsehmoderatorin und
Nachrichtensprecherin (Tagesschau) Knut Elstermann, Filmkritiker und Moderator Tatjana Jury, später Fernsehmoderatorin Luise
Mirsch, Moderatorin, Musikredakteurin, Musikproduzentin Jens
Riewa, Moderator und später Nachrichtensprecher (Tagesschau) Lutz
Schramm, Rundfunkkünstler und Journalist
Andreas Ulrich, Journalist und
Moderator. Stefan Lasch, Redakteur, Moderator und
stellvertretender Chefredakteur Musik Siehe auch Elf 99 Literatur Autorenkollektiv [Axel Blumentritt u. a.]:
10 Jahre jung: DT 64. In: Staatliches Komitee für Rundfunk beim Ministerrat der
DDR (Hrsg.): Beiträge zur Geschichte des Rundfunks. Schriftenreihe des
DDR-Rundfunks. Nr. 1/1974. Verlag des Lektorats Rundfunkgeschichte, Berlin 10.
April 1974, S. 6–37. Andreas Ulrich, Jörg Wagner (Hrsg.): DT 64.
Das Buch zum Jugendradio 1964–1993. Thom, Leipzig 1993, ISBN 3-9803346-0-0. Marke
ist Bündnis: Das Beispiel DT64. In: Oliver Errichiello, Arnd Zschiesche:
Erfolgsgeheimnis Ost. Survival-Strategien der besten Marken – Und was Manager
daraus lernen können. Gabler Verlag, 2009. ISBN 978-3-8349-1615-0, S. 58–60. Thomas
Gaevert: DT64 – Das Jugendradio aus dem Osten 1964-1991. Landeszentrale für
politische Bildung Thüringen und Bundesstiftung zur Aufarbeitung der
SED-Diktatur, Erfurt 2018, ISBN 978-3-946939-29-0. Filmdokumentationen Von
Rainer Hällfritzsch und Ulrike Hemberger erschien auf Videokassette die
50-minütige Dokumentation Jugendradio DT64. Chronik einer angekündigten
Abwicklung; Inhalt: Der Film schildert den phantasiereichen Kampf um den
beliebten Sender von September 1991 bis zum Frühjahr 1992. Pressestimmen: Der
Film „ist auch ein Film über die Jugendlichen, ihre Kultur und Identität …, der
zeigt, daß es um mehr geht, als den Erhalt von DT64.“ (Der Tagesspiegel, 6. Mai
1992) „Im heißen Abwicklungsherbst ’91 wurde der
Radiosender zum Motor einer Bewegung, bei deren Aktivisten das Video
‚Jugendradio DT64‘ Kultstatus erreichen dürfte.“ (Berliner Zeitung. 6. Mai
1992) „In dem 50 Minutenstreifen wird deutlich, daß
es beim Jugendradio um ostdeutsches Herzblut geht. Eine Lektion, daß ‚man in
der neuen Gesellschaft doch etwas auf der Straße durchsetzen‘ [Filmzitat] kann,
war der Zwischenerfolg der Freunde von DT64.“ (die tageszeitung, 6. Mai 1992) Hörfunkdokumentationen Thomas Gaevert: Eure Sendung, junge Leute! –
Die Geschichte von Radio DT64. Produktion: Südwestrundfunk 2003; Erstsendung:
6. Mai 2003 im SWR2 RIAS 2 war ein Hörfunkprogramm aus West-Berlin. Es wurde am
1. November 1953 vom Rundfunk im amerikanischen Sektor (RIAS) neben RIAS 1 als
zweites Hörfunkprogramm eingerichtet und sendete auf Mittelwelle und UKW über
Sender in Berlin-Britz und Hof. Die Mittelwellensendungen wurden bis 1978 von
in der DDR stationierten Störsendern überlagert.[1] Am 30. September 1985 wurde
RIAS 2 zu einem 24-Stunden-Jugend-Programm (Jingle: RIAS 2 - typisch Berlin).
Die Berliner Zeitung spricht rückblickend von einem fulminanten Start. „Allein
in West-Berlin erreichte man mit RIAS 2 auf Anhieb 300.000 Hörer pro
Durchschnittsstunde.“ Auch in Ost-Berlin und in der DDR war RIAS 2 populär.
„Für viele Ostler gehörte der West-Sender zum Leben wie Broiler und
Club-Cola.“[2] Legendär war der RIAS Treffpunkt (Jingle: Schalt dein Radio an,
denn der Treffpunkt ist dran) mit seiner Mischung aus kritischer Information
und Musik. Besonders beliebt waren die Mitschneidewunschsendungen am Sonnabend,
bei denen die Moderatoren alle Titel ausspielten und nicht hineinsprachen. Zu
den bekannten RIAS-2-Moderatoren zählen Christoph Lanz, Andreas Dorfmann,
Christine Westermann, Elmar Hörig, Gregor Rottschalk, Irina von Bentheim und
Rik De Lisle. Geschichte schrieb der Sender auch mit der losen Reihe Rock over
RIAS, einem Mehrnächte-Musikmarathon, der zwischen 1975 und 1984 meist zwischen
Weihnachten und Neujahr ausgestrahlt und teilweise von anderen Sendern (z. B.
NDR) übernommen wurde. Mehrere Moderatoren (Urgesteine waren Barry Graves, Olaf
Leitner und Walter Bachauer; es folgten u. a. Burghard Rausch, Christian Graf
und Uwe Wohlmacher) teilten sich die 4-bis 6-stündigen Sendungen nach
Musikstilen auf und spielten Musik „zum Mitschneiden“. Zu Rock-over-RIAS-Zeiten
waren Angaben zufolge stets die Leerkassetten in der DDR ausverkauft. Zum 1.
Juni 1992 wurde RIAS 2 privatisiert. Der Nachfolgesender rs2 hat die
seinerzeitige Berliner Frequenz 94,3 MHz übernommen, konnte aber nicht mehr die
gleiche Popularität wie RIAS 2 erreichen. Weblinks rias2-history.de Erinnerungen an RIAS 2abwertende
Bezeichnung für jugendliche Abweichler von der sozialen Norm, die sowohl in der
alten Bundesrepublik als auch in der DDR und Österreich verwendet wurde. Die so
Etikettierten trugen meist lange Haare und waren mit Jeans und Parka bekleidet.
Sie übernahmen den Begriff Gammler als Selbstbezeichnung. Die anfangs
„hippieske Subkultur“ verlor ihren eigenständigen Bewegungscharakter ab 1968,
als Stilelemente des „Gammelns“ wie Müßiggang, lange Haare, Drogenkonsum sowie
die Vorliebe für Rock- und Folkmusik Eingang in die Massenkultur fanden.[1] Inhaltsverzeichnis
1 Begriffsherkunft 2 Charakterisierung 3 Reaktion von Gesellschaft und Medien 3.1
BRD 3.2 DDR 4 Literatur 5 Weblinks 6 Einzelnachweise Begriffsherkunft Gammeln
bezeichnet laut Duden „alt werden“, abgeleitet aus dem niederdeutschen
gammelen.[2] Seit Mitte der 1950er Jahre wurde „gammeln“ auch für „reduziertes
Bewegungstempo“ und „sinnlose Beschäftigung“ verwendet. So heißt es in Küppers
Wörterbuch der deutschen Umgangssprache, dass „gammeln“ seit 1955 in der
Bedeutung von „langsam tätig sein“ in Gebrauch ist.[3] 1959 hieß es in der
Zeitschrift Twen: „Gammeln ist das Lieblingswort dieser Generation.“[1] Wer den
Begriff zuerst und wann für die jugendkulturelle Erscheinung verwandt hat, ist
unklar. In der Presse tauchte er erstmals 1963 und ab 1965 verstärkt als
Bezeichnung für entsprechende Jugendliche auf. Charakterisierung „Gammler“
zeichneten sich durch eine betonte Ablehnung bürgerlicher Normen und Lebensformen
aus, etwa durch Konsumverweigerung und die Ablehnung geregelter
Erwerbstätigkeit oder eines als gepflegt geltenden Erscheinungsbildes.
Wichtigstes äußeres Erkennungsmerkmal waren lange Haare. Vor allem männliche
Gammler boten so einen starken Kontrast zur damals üblichen kurzen Haartracht.
Bis in die 1960er Jahre war ein starker sozialer Konformitätsdruck wirksam.
Noch stellten Abweichler für die tonangebende Mehrheit der Bevölkerung gerade
in postfaschistischen und spürbar von militärischen Wertvorstellungen geprägten
Gesellschaften wie der deutschen eine Provokation dar und hatten besonders im
provinziellen Umfeld einen schweren Stand. Dementsprechend hielten sich Gammler
vorwiegend in den Zentren von Großstädten auf, in denen sich bestimmte Örtlichkeiten
zu Treffpunkten dieser Subkultur entwickelten. Zwei Drittel der Gammler waren
als Schüler oder Studenten registriert, das typische Alter lag zwischen 16 und
21, nur 5 % waren 25 Jahre oder älter. Männer waren deutlich in der Überzahl
und 82 % stammten aus der Mittelschicht und bürgerlichen Elternhäusern.[4] Die
Zusammensetzung der Subkultur ergibt große Unterschiede in der Motivation. Es
gab „Stadt-“ oder „Freizeit- und Wochenendgammler“, die nur am Feierabend und
Wochenende die Szenetreffpunkte aufsuchten und sich rein äußerlich der Gruppe
anpassten. Morgens gingen sie wieder zur Uni, Ausbildung oder Arbeit. Andere
stiegen während der Ferien oder für einige Sommermonate aus und schlossen sich
zeitweilig der Szene an, mit einem konkreten Ausstiegsdatum im Hintergrund. Nur
den kleineren Teil der Gammler bildeten „Dauergammler“, die alle zentralen
Brücken zur bürgerlichen Gesellschaft abgebrochen hatten. Polizeiberichte
ordnen die letzte Gruppe, die durch häufige kleine Straftaten auffiel und sich
nicht als Protestkultur sah, häufig der Stadtstreicher- und Asozialenszene
zu.[4] Der Lebensunterhalt wurde nach gängiger Meinung oft nur durch
Gelegenheitsarbeiten und öffentliches Musizieren bestritten. Generell standen
sie den gesellschaftlichen Normen kritisch gegenüber, zeichneten sich aber
meist durch Ablehnung von politischen Interventionen aus. Dagegen bildete sich
zunächst in den Niederlanden ab 1965 die Bewegung der Provos heraus, die
politische Aktionen – beispielsweise Hausbesetzungen – mit anarchistischem
Hintergrund durchführten.[5] Nach Walter Hollstein handelte es sich bei
Gammlern um Jugendliche, „die sich der Konformität des Lebens bewusst
entziehen“. Die West-Berliner Innenbehörde stellte fest, dass die so benannten
Jugendlichen in der Regel einen Wohnsitz hätten und einer geregelten Arbeit
nachgingen. Ihr Verhalten sei nicht darauf zurückzuführen, dass sie
„arbeitsscheu“ seien, vielmehr sei ihr Freizeitverhalten Ausdruck des Protests
gegen bestehende Gesellschaftsnormen. West-Berlin galt zudem gewissermaßen als
eine Hochburg der Gammler, da dort ansässige junge Männer nicht zum Wehrdienst
eingezogen wurden, sodass dem Militär gegenüber kritisch eingestellte Männer
der Bundeswehr durch einen rechtzeitigen Umzug dorthin entgehen konnten.[6] In
einer Expertise stellte ihnen das niedersächsische Innenministerium aufgrund
von Bildung und Herkunft eine günstige Sozialprognose und bezeichnete Gammler
„als vielfach geistlich aufgeschlossen, bisweilen intellektuell“ sowie „oft
berufstätig“ und „nur in der Freizeit gammelnd“. Detlef Siegfried nennt
„Gammler“ als Beispiel einer „privatistischen Subkultur“, ein Begriff, der
durch eine frühe Analyse über Subkulturen von Helmut Kentler geprägt wurde.[1] Reaktion
von Gesellschaft und Medien BRD In der Bundesrepublik wurden „Gammler“ Mitte
der 1960er Jahre, ähnlich wie die „Halbstarken“ ein Jahrzehnt zuvor, zu einem
Objekt der Medienberichterstattung, obwohl man ihre Anhänger lediglich auf
einige Tausend in Europa und einige Hundert in der Bundesrepublik schätzte. So
veröffentlichte 1966 der Spiegel eine Titelstory „Gammler in Deutschland“.[7]
Die ablehnenden Reaktionen in der Öffentlichkeit gipfelten in politischen
Forderungen, öffentliche Plätze zu räumen, den Gammlern die Haare zu scheren
und sie zu Zwangsarbeit[8] in sogenannten Arbeitshäusern zu verpflichten.
Ebenso führte an vielen Schulen die lange Haartracht männlicher Jugendlicher zu
Konflikten – gern drohten ihnen Direktoren und Lehrer mit Disziplinarmaßnahmen.
In der Bundeswehr kam es seit 1967 zu ersten Verweigerungen, sich die Haare
scheren zu lassen. Erst der sogenannte Haarnetz-Erlass Anfang der 1970er Jahre
führte zu einer Entspannung.[9] In den Boulevardzeitungen des
Axel-Springer-Verlags wie Bild oder B.Z. wurden auch Protagonisten der 68er-Bewegung
wie Rudi Dutschke mit Bezeichnungen wie z. B. „Polit-Gammler“ belegt.[10] Das
Motiv des Gammlers bzw. studentischen Polit-Gammlers wurde satirisch aufgriffen
z. B. in den Filmen Zur Sache, Schätzchen (1967) oder Nicht fummeln, Liebling
(1970). Als ein Faktor für die unverhältnismäßige Medienaufmerksamkeit wird der
Protest gegen die Geschlechterordnung diskutiert. Die Unisex-Kleidung und
Frisuren werden als provokanter angesehen als die Konsumkritik.[4] Einen
Hinweis auf diese These liefern Medienberichte, in denen in Bildunterschriften
das jeweilige Geschlecht der Abgebildeten bezeichnet wurde. In ihrem eigenen
Sozialleben replizierten sie aber wieder Geschlechterstereotypen.
Gleichberechtigung existierte nicht, sexuelle Übergriffe waren verbreitet.[4] DDR
In der DDR wurden pauschal diejenigen Männer, die durch längere Haare und
„westliche Kleidung“ (Jeans) auffielen, als „Gammler“ bezeichnet. Viele waren
Sympathisanten der vom Staat skeptisch betrachteten Beatmusik, was zu Protesten
wie etwa der Leipziger Beatdemo führte. Als Reaktion darauf fand – nach
zaghafter Öffnung zur neuen internationalen Beatmusik wie z. B. beim
Deutschlandtreffen der Jugend im Mai 1964 – auf dem 11. Plenum des ZK der SED
im Dezember 1965 eine radikale Wende in der Kultur- und Jugendpolitik in der
DDR statt,[11] in deren unmittelbaren Folge 1968 auch der Strafbestand des
Rowdytums (§ 215) im Strafgesetzbuch der DDR verankert wurde. In der Presse
begann daraufhin eine Kampagne gegen Langhaarige, Beatfans, Gammler, junge
Christen und politisch Andersdenkende. Walter Ulbricht griff eine Zeile der
Beatles auf und fragte: „Ist es denn wirklich so, dass wir jeden Dreck, der vom
Westen kommt, nu kopieren müssen? Ich denke, Genossen, mit der Monotonie des
Je-Je-Je und wie das alles heißt, ja, sollte man doch Schluss machen.“[12] 1966
führte das Leipziger Zentralinstitut für Jugendforschung im Auftrag der SED
eine Studie durch, um die Haltung langhaariger Jugendlicher zu untersuchen. Die
Studie ergab nicht – wie zuvor behauptet – einen minderen Intelligenzgrad,
allerdings eine bestimmte Affinität Langhaariger zu westlicher Musik.[13]
Gleichwohl wurden an verschiedenen Orten der DDR von FDJ und Volkspolizei
zwangsweise Haarschneideaktionen durchgeführt oder Jugendliche von der Polizei
unter Zwang zum Friseur gebracht.[14] Mit dem verstärkten Übergreifen der
westlichen Pop- und Musikkultur auch auf den Ostblock trat ab den 1970er Jahren
eine gewisse Entspannung ein. Partei und Staat mussten von allzu militanten
Erziehungs- und Unterdrückungsmaßnahmen wie erzwungenem Haareschneiden Abstand
nehmen. In dieser Zeit machte in der DDR die sogenannte Blueserszene von sich
reden. Literatur Detlef Siegfried: Time is on my side – Konsum und Politik in
der westdeutschen Jugendkultur der 60er Jahre. Wallstein, Göttingen 2006, ISBN
3-8353-0073-3. Tina Gotthardt: Abkehr von der Wohlstandsgesellschaft – Gammler
in den 60er Jahren der BRD. VDM, Saarbrücken 2007, ISBN 978-3-8364-1245-2. Brummbaer:
Der Gammler (Erfahrungsbericht aus dem Jahr 1964); Der Grüne Zweig 278,
Löhrbach 2011, ISBN 978-3-930442-78-2. Zeitungsbeiträge Jens Rosenkranz:
Ausstellung erinnert an Rock-Randale zur 1000-Jahr-Feier in Altenburg. In:
Leipziger Volkszeitung Online, 27. Mai 2016. Jens Rosenkranz: 1976: Tausende
Langhaarige fordern die DDR-Staatsmacht heraus. In: Leipziger Volkszeitung,
Ausgabe Muldental, 27. Juni 2016, S. 27 (ganzseitiger Beitrag). Literatur Thomas
Kupfermann: Das große DDR-Mode-Buch Eulenspiegel-Verlag, Berlin 2010, ISBN 3-359022-61-0
Stefan Sommer: Das große Lexikon des DDR-Alltags Schwarzkopf & Schwarzkopf
Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-89602-532-5 DDR Die DDR sah im Aufkommen der
Langhaarmode ein Problem, dem sie sich eingehend in Studien und Observationen
widmete und letztendlich erfolglos entgegenzustemmen suchte. So führte 1966 das
Leipziger Zentralinstitut für Jugendforschung im Auftrag der SED eine so genannte
Pilzkopfstudie[19] durch, um die Haltung langhaariger Jugendlicher zu
untersuchen. Die Studie ergab keineswegs – wie zuvor behauptet – einen minderen
Intelligenzgrad, allerdings eine bestimmte Affinität Langhaariger zu westlicher
Musik.[20] An verschiedenen Orten der DDR führten FDJ wie auch die Volkspolizei
gewaltsame Haarschneideaktionen durch. So wurden 1969 langhaarige Thüringer
Jugendliche von der Polizei zwangsweise zum Frisör gebracht.[21] 1972 erregte
das Erscheinen von Ulrich Plenzdorfs Stück Die neuen Leiden des jungen W.
großes Aufsehen über die Grenzen der DDR hinaus. Der tragische Rebell Edgar W.
sah in langen Haaren und Blue Jeans sein Lebensideal. Noch 1980 erhielt die
Band Magdeburg Fernseh-Auftrittsverbot, da sich der Sänger für die
Jugendsendung rund die Haare nicht schneiden lassen wollte.[22] Die
Blueserszene [blu:sɐˈße:nə] bzw. Kundenszene, selten auch Post-Hippies war eine
DDR-spezifische Jugendkultur bzw. eine Gegenströmung zur „offiziellen“
Jugendkultur in der DDR. Ihre Anhänger bezeichneten sich selbst als Blueser,
Kunden oder Tramper. Zum Ende der 1970er Jahre erreichte die subkulturelle
Jugendkultur ihren Höhepunkt und bildete als signifikante Bewegung[1] eine
Gegenkultur zum vorgezeichneten DDR-Alltag. Innerhalb der Szene wurde nicht
ausschließlich Blues gehört und gespielt. Ihr Leitsatz waren die Ideale aus der
westlichen Hippie-Bewegung wie Freiheit, Authentizität und Nonkonformismus. Sie
zeichnete sich durch gemeinsame Verhaltensmuster und musikalische Vorlieben sowie
„ihr“ spezielles Outfit aus, das ein Wir-Gefühl erzeugte. Die überwiegende
Mehrzahl der Blueser nahm eine betont antimilitaristische Geisteshaltung ein,
viele engagierten sich in der Friedensbewegung in der DDR. Die Blueser- oder
Kundenszene war die langlebigste und zugleich lebendigste Jugendkultur in der
DDR. Inhaltsverzeichnis 1 Begriffe 2 Geschichte 3 Erscheinungsbild 3.1
Studentenkutte 3.2 Jeans 3.3 Tramper (Schuhe) 3.4 Accessoires 4 Musikrezeption,
Begegnungsräume und Freizeitkultur 4.1 Orte 4.2 Geschlechterverhältnis 4.3
Rauschmittel 4.4 Wohnformen 5 Politische Aktivitäten 6 Personen 7 Siehe auch 8
Literatur 9 Weblinks 10 Einzelnachweise Begriffe Der Begriff Blueser ist ein
unscharfer Sammelbegriff und beschreibt phänotypische Gemeinsamkeiten wie
Kleidungsstil und bestimme Formen von Verhalten (Trampen, Blueskonzerte
besuchen). Dabei pflegten die mit diesem Begriff beschriebenen Personen
unterschiedliche Haltungen und Lebensweisen. Eine Quelle für die
Begriffsbildung von Blueserszene sind neben der Präferenz des Musikgenres
Blues(rock) die Blues-Messen, stark frequentierte Blueskonzerte in kirchlichen
Räumen zwischen 1979 und 1988.[2] Der Begriff Kunde bezeichnet hier nicht den
heute bekannten Geschäftskunden, sondern bezieht sich auf die seit dem frühen
19. Jahrhundert belegte rotwelsche Bezeichnung Kunde für wandernde
Handwerksburschen, Bettler, Landstreicher[3] als positives Synonym für
«unterwegs sein», inspiriert nicht zuletzt durch den 1978 auch in der DDR
erschienenen Roman „Unterwegs“ von Jack Kerouac.[4] Identitätsbildend wurde
zugleich untereinander der Soziolekt Typ (ebenfalls aus der Gaunersprache)
gebraucht. Der Begriff Käthe war eine szeneinterne Bezeichnung für
Blueserinnen.[5] Der Begriff Post-Hippie(s) war ebenfalls eine Eigenbezeichnung
von Personen in der Szene.[6] Die Bezeichnung Gammler hingegen wurde
ausschließlich außerhalb der Szene benutzt, insbesondere durch die Staatsmacht.
Geschichte In den 1960er Jahren erlangte der Blues in der DDR zunehmend
offiziell Anerkennung. Neben traditionellen Jazzliebhabern begannen sich auch
rockbegeisterte Jugendliche für den Blues zu interessieren. Ihre Idole waren u.
a. die Rolling Stones oder die Animals, Jimi Hendrix, Cream, Janis Joplin und
The Doors. Über deren live gespielte Coverversionen gelangte die erste
„Bluesergeneration“ zu den Wurzeln des Blues. Ihren Höhepunkt erreichte die
Blueser- oder Kundenszene zum Ende der 1970er Jahre. Insbesondere die am Rock
orientierten Vertreter wie John Mayall, Rory Gallagher, Canned Heat, Lynyrd
Skynyrd oder ZZ Top fanden Anklang in der Szene. In der Identifikation mit dem
Blues verkörperte sich die Aneignung von Werten wie Echtheit und
Ursprünglichkeit. Analogien zum DDR-Alltag leitete man aus dem Freiheitskampf
der Afroamerikaner ab und äußerte sich in der Suche nach Überlebensstrategien
und Nischen innerhalb der DDR-Gesellschaft. Mitte der 1980er Jahre ging die
Bewegung der aufmüpfigen Blueser zurück, weil weitere mehr oder weniger
oppositionelle Subkulturen wie Punks, Gruftis, Heavy-Metal-Fans zusätzlich
entstanden, existierte aber parallel dazu weiter bis über das Ende der DDR
hinaus. Angehörige der Szene wurden, vor allem in den ersten Jahren nach ihrer
Herausbildung, von den Behörden, der Polizei oder dem Ministerium für
Staatssicherheit häufig unverhältnismäßig oft kontrolliert, teilweise
kriminalisiert und gelegentlich sogar zu Haftstrafen verurteilt.[7] Erscheinungsbild
Parka, Hirschbeutel, Levi’s, Klettis Römersandalen/Jesuslatschen 1979 zeichnete
die Berliner Band Monokel in ihrem Song Bye, Bye Lübben City ein treffendes
Selbstporträt der Szene. „Blueser“ waren eine Mischung aus Bluesfan, Beatkunde,
Rockfan und Blumenkind. Die Stasi charakterisierte in ihrem
Identifikationsschlüssel in teilweise schwer diskriminierender Weise Tramper
als Menschen, die schmutzige, ungepflegte Kleidung und Schuhe trügen,
ungenügend Körperpflege betreiben würden, Schlafdecken und Landkarten dabei
hätten und draußen im öffentlichen Raum wie z. B. auf Bahnhöfen und in
Kulturparks übernachten. Sie wurden als provozierend gegenüber
Sicherheitskräften und staatstreuen Jugendlichen dargestellt, mit politischem
Desinteresse und gewisser Oppositionshaltung gegenüber dem Staat. Damit wurde
ihnen die „Verherrlichung asozialer Lebensgewohnheiten“ vorgeworfen.
Gleichzeitig beobachtete die Stasi, dass die Kontaktaufnahme von Trampenden zu
Gleichgesinnten und Sympathisanten schnell klappte.[8] Der Szene gehörten
mehrheitlich junge Facharbeiter, aber auch Oberschüler und Studenten an. Der
gemeinsame Nenner bestand in der Ablehnung staatlich verordneter Kulturmuster
und in dem Drang zur Flucht aus der Enge und Beschränktheit des
DDR-Alltages.[9] Äußerliche Merkmale waren lange Haare, häufig mit
Mittelscheitel, die Männer trugen gern Vollbart. Die „Bekleidungsstandards“
wirken nachträglich uniform, beinhalten aber auch eine gewisse Bandbreite
kreativer Modifikationen und Dekontextualisierungen tradierter Kleidung, die
Ausdruck der Individualität der Träger war und sich auch daran orientieren
musste, was der Träger erhalten konnte: Jeanshose und -jacke, Parka, langer
wallender Rock oder Kleid, gebatikte T-Shirts, gefärbte historische
Unterkleider, Nachthemden und Latzhosen, Fleischerhemd, Jesuslatschen oder
Tramperschuhe machten das spezielle Outfit aus. Charakteristische Accessoires
sind der oft selbst genähte Hirschbeutel, häufig mit dem Motiv des röhrenden
Hirsches, und bei Bedarf die Nickelbrille.[10] Diese selbstgewählten
Äußerlichkeiten waren stark identitätsstiftend und damit Erkennungszeichen. Sie
symbolisierten Freiheit, Unangepasstheit, Individualität (trotz relativer
Uniformierung) und symbolisierten den Gegenentwurf zum sozialistischen
Menschenbild, das geprägt war von kleinbürgerlichen Werten wie Sauberkeit,
Fleiß, Patriotismus und Unterordnung unter das sozialistische Kollektiv.[9][11]
Von diesem Erscheinungsbild, besonders von langen Haaren bei Männern und
westlichen Jeans fühlten sich häufig angepasstere Personen und die Polizei provoziert.[9]
Studentenkutte Das wohl wichtigste Markenzeichen war der grüne Shell-Parka
(auch Studentenkutte oder Shelli), der im Original aus den USA stammte und
gleichzeitig als Bekleidung und Schlafsack diente. Als Ersatz mussten oftmals
Drillichjacken der FDJ aus den fünfziger Jahren oder nicht mehr aktuelle
Uniformjacken von NVA und der GST dienen, die ähnlich aussahen. Etabliert
hatten sich auch alte, dunkle Ledermäntel und später Lodenmäntel, die nur noch
gebraucht zu kaufen waren.[9] Jeans Als nonplusultra galten Bluejeans, vor
allem echte aus den USA. Dazu häufig die passende Jeansjacke. Ein Schlüssel zur
beliebtesten Bluejeans-marke Levi’s ist u. a. in dem 1972 erschienenen Roman
von Ulrich Plenzdorf Die neuen Leiden des jungen W. zu sehen, in dem neben dem
Fehlen von Entfaltungsmöglichkeiten parallel zur Erziehung einer
sozialistischen Persönlichkeit in der DDR und der Flucht aus der
kleinbürgerlichen Enge, ausführlich und genau zu „dieser Jeans“ gesprochen
wurde. Dieser Roman war sofort – zunächst durch Mundpropaganda – unter den
Jugendlichen Kult, mit der Folge, dass er selbst im Kinderferienlager gelesen
wurde und die kommende Blueser-Generation nachhaltig beeinflusste. Neben diesem
Buch wurde auch der 1975 erschienene Jugendroman von Joachim Walther Ich bin
nun mal kein Yogi (später 1980 als „Light-Version“ verfilmt unter Und nächstes
Jahr am Balaton) zu einem Dokument der unangepassten Jugendlichen und deren
spezieller Sprachkultur.[9] Bluejeans waren in der DDR kostbar, weil sie nur
über Umwege aus Westeuropa zu bekommen waren. Wer z. B. eine Levi’s besaß, trug
sie über ihr Haltbarkeitsdatum hinaus. Daraus entstand eine – neue –
identifikationsstiftende Komponente: Die Flickenjeans wurde Kult.[12] Die
Jugendlichen nähten und arrangierten sich die passenden, häufig kleinteiligen
Flicken möglichst ästhetisch, in verschiedenen Blautönen abgestimmt, auf „ihre“
Bluejeans. Um den schweren Baumwollstoff zu bewältigen, wurden die alten
Singernähmaschinen plötzlich sehr gefragt. Manche Bluejeans bestanden fast nur
noch aus Flicken. Wichtig war die persönliche Individualität, die die Blueser
mit ihrem Beinkleid nach außen dokumentierten.[9] Tramper (Schuhe) An den Füßen
trugen Blueser braune knöchelhohe aber leichte Bergkletterschuhe aus Wildleder,
die Tramper oder Klettis genannt wurden. Im Sommer waren die sogenannten
Jesuslatschen oder „Römersandalen“ obligatorisch. Getragen wurden auch die
DDR-Standard-Arbeitsschuhe oder Wanderschuhe. Accessoires Als ständiger
Begleiter galt ein möglichst historischer Brotbeutel oder auch Tornister. Der
Hirschbeutel, eine aus einem alten Wandteppich mit Hirschmotiv oder ähnlichem
selbstgenähte Umhängetasche, setzte sich erst in den 1980er-Jahren als
unverwechselbares Attribut durch.[9] Michael Linke von Monokel, 2008 Musikrezeption,
Begegnungsräume und Freizeitkultur Musikalisch orientierten sich Blueser am
Folk, Blues, Southern Rock und Bluesrock. Als Motor der Szene fungierten
einheimische Bands wie Engerling, Freygang, Die Firma, Monokel, Hof-Blues-Band,
Passat, Jonathan Blues Band, Hansi Biebl, Mama Basuto, Kerth, Blues vital,
Pasch, ergo, Keimzeit und Stefan Diestelmann. Der Amorsaal Orte An den
Wochenenden waren Blueser häufig unterwegs, reisten per Bahn oder trampten den
Bands hinterher und lebten ihre Auffassung von Freiheit und Moral. Vornehmlich
in Dorfkneipen in den südlichen DDR-Bezirken oder am Rande der großen Städte
vermittelten Bands Blues-Seligkeit. Beliebte Konzertorte waren teils privat
bewirtschaftete alte Dorfsäle wie z. B. das Waldschlösschen Röderau bei
Riesa,[13] der Gasthof zum Löwen in Ebersbrunn (bei Zwickau), Kuhstall in Tanna
(OT von Starkenberg),[14] der Amorsaal in Mülsen/St. Niclas, der Grüne Baum in
Glauchau, Schlettwein bei Pößneck, Lüttewitz, Medewitz, Leipzig-Gaschwitz,
Ruhland, Schöneiche bei Berlin und Doberlug-Kirchhain[15] oder Open Airs wie
das Open Air Altdöbern (bei Cottbus),[16][17] Steinbrücken Open Air[18] u. a. Im
Schatten der offiziellen Kulturpolitik und des Mainstreams „besetzten“ Blueser
auch „sozialistische Volksfeste“, wie den Republikgeburtstag, Pressefeste,
Stadtfeste, den Weimarer Zwiebelmarkt, das Schleizer Dreieckrennen oder den
Wasunger Karneval und gerieten somit ins Visier der Staatsmacht.[19][14] Blueser
und Blueserinnen trampten auch ins sozialistische Ausland in die
Tschechoslowakei, nach Ungarn, Rumänien und Bulgarien. Ein wichtiger Treffpunkt
in der Tschechoslowakei war Gustav Ginzels Misthaus im Isergebirge und das U
Fleků in Prag. Noch heute wird diese Kultur bei diversen Festivals in Refugien
gepflegt, wie z. B. in der Kunden-Blues-Nacht in der Berliner WABE[20] und im
Wotufa Saal in Neustadt/Orla[21] oder dem Bluesfasching im thüringischen Apolda
mit Ausstellungen und Lesungen,[22] dem Kuhstall in Tanna[23] u. a. wie z. B.
Blues in Reitwein im Oderbruch. Geschlechterverhältnis Die Blueser- oder
Kundenszene war von strukturellem Machismo geprägt und männlich dominiert,
obwohl zahlenmäßig viele Frauen dabei waren.[24] Nur sehr wenige von ihnen
standen im Fokus der Szene, weil sie z. B. als Musikerinnen in Bands aktiv
waren. Beispiele sind Viola Woigk, Keyboarderin der Thüringer Band Pasch, die
Sängerin Angelika Weiz, die Sängerin Uschi Brüning oder Tatjana Besson, die
Bassistin und Sängerin der Band Die Firma. Antje Pfeffer beschreibt die
Szenegängerinnen als selbstbewusste und schlagfertige Frauen: „Die haben sich
da durchaus zu behaupten gewusst, und die Typen haben das eigentlich auch
geachtet und akzeptiert. Also es gab da keine – jedenfalls habe ich das nicht
erlebt – so „Weibchen“, sage ich jetzt mal, die so ein bisschen teenymäßig und
mädchenhaft waren. Es waren eigentlich eher so robustere Typen, die in dieser
Szene waren als Frauen und die da durchaus mitgesoffen haben und mitgetanzt und
mitgezogen sind und sich da auch nicht die Butter vom Brot nehmen ließen. Die
haben da echt ihr Ding auch genauso gemacht wie die Kerle.“ – Antje Pfeffer:
Michael Rauhut: Honeckers Schmuddelkinder. Hippies in der DDR. Feature,
Deutschlandfunk 2005 „Frauen wurden sorgsam behandelt.“ – Andreas Ibscher:
Michael Rauhut: Honeckers Schmuddelkinder. Hippies in der DDR. Feature,
Deutschlandfunk 2005 Rauschmittel Starker Alkoholkonsum kam an den Wochenenden
häufig vor. Insoweit wichen Blueser kaum von der allgemeinen, zeit- und
landestypischen Feierkultur ab. Andere Drogen waren aus Vogelfuttersamen selbst
gezüchteter Hanf,[25] psychoaktive Mischungen von Psychopharmaka wie Faustan
mit Schnaps und/oder Cola, deren psychedelische Wirkungen geschätzt wurden,
oder LSD, das über Polen in die DDR kam.[26][27][28] Beliebt in der Szene waren
auch filterlose Zigaretten der Marke Karo. Wohnformen Analog zu den Hippies im
Westen experimentierten einige Blueserinnen und Blueser mit alternativen Wohn-
und Lebensformen. In Berlin (Prenzlauer Berg), Dresden (Neustadt), Halle
(Kellnerstraße), Leipzig, Erfurt, Jena und anderen Orten entstanden Kommunen. Leerstehende
Wohnungen in zum Abriss vorgesehenen Gebäuden wurden still besetzt. Die
Illegalität dieser Wohnform wurde legalisiert, indem in Eigenregie pünktlich
eine selbstgewählte Miete an die Kommunale Wohnungsverwaltung gezahlt wurde.
Manchmal gelangten Kommunardinnen durch Verwandte an offizielle
Mietverhältnisse. So konnte Franziska Groszer, eine Tochter Robert Havemanns,
zusammen mit Gert Großer, mit ihren Brüdern Frank und Florian Havemann, Thomas
Brasch u. a. über einen Wohnungstausch mit ihrer Mutter im Jahr 1969 die
„Kommune 1 Ost“ gründen, die bis 1973 bestand.[29][30] In Gera existierte eine
Kommune, in der jegliches Eigentum Gemeinschaftseigentum war.[31] In Hartroda
in Thüringen gründeten 1978 Behinderte und Nichtbehinderte eine Kommune in einem
verlassenen Pfarrhof. Finanziert wurde die gemeinschaftliche Lebensform von den
Renten und Pflegegeldern der Behinderten. Die Nichtbehinderten versorgten im
Gegenzug die Behinderten. Einige Personen stellten Postkarten und
Linoleumdrucke her, andere gingen Berufen wie z. B. Totengräber nach.
Nahrungsmittel wurden teilweise in Subsistenzwirtschaft angebaut. Die Kommune
war gleichzeitig der Versuch einer Alternative zur „Verwahrung“ behinderter
Menschen in Alterspflegeheimen. Nichtbehinderte Menschen konnten sich durch die
Kommune regulären DDR-Arbeitsverhältnissen entziehen, ohne der Gefahr
ausgesetzt zu sein, wegen des sogenannten „Asozialenparagrafen“ (§ 249 StGB)
verfolgt zu werden. Einmal im Jahr veranstaltete die Kommune ein Festival.
Ursprünglich christlich intendiert entwickelte sich allerdings mit der Zeit bei
den Beteiligten wie z. B. bei Matthias Vernaldi eine anarchistische Haltung.
Vernaldi durfte als Schwerstbehinderter in die BRD reisen und konnte so
Cannabis, Bücher und Antifaflyer in die DDR schmuggeln.[32] Politische
Aktivitäten Die Szene organisierte sich informell, sodass Blueser ein schwer
abgrenzbarer Begriff ist und kein durchgehend homogener Wertekanon der
beteiligten Personen auszumachen ist. Das bedeutete auch, dass verschiedene Personen
ein unterschiedliches Verständnis von politischem Engagement und damit ein
unterschiedliches Maß an Politizität aufwiesen. Die damals stark devianten und
szeneintern identitätsstiftenden Äußerlichkeiten erregten Aufmerksamkeit bei
der von kleinbürgerlichen Werten geprägten Mehrheitsgesellschaft bis hin zu
Abscheu und Aggressionen. Unter den darauf folgenden Diskriminierungen, starker
sozialer Kontrolle, Überwachung durch die Stasi und teilweise Verfolgung den
eigenen Lebensstil zu behaupten und beizubehalten, war unter den gegebenen
Umständen politisch.[31] Aber nur ein Teil der Szene war politisch aktiv im
Sinn sozialer Bewegungen. Auch wenn die überwiegende Mehrzahl der Blueser eine
betont antimilitaristische Geisteshaltung einnahm, verweigerten nicht
zwangsläufig alle männlichen Blueser den Kriegsdienst in der NVA, indem sie den
Dienst als Bausoldaten ableisteten und damit weitere Benachteiligungen und
Repressionen in Kauf nahmen. Ein Beispiel ist der Bluesmusiker Günter Holwas,
der auch Initiator der Blues-Messen war. Ein damals unveröffentlichter Songtext
der Band Renft beschreibt die Haltung der Blueser zum Wehrdienst. Ein Teil der
Szene war in der Friedensbewegung, der Frauen-, Menschenrechts- und der
Umweltbewegung engagiert, z. T. mit rätedemokratischen oder anarchistischen
Tendenzen. Symbolhaftes Erkennungszeichen für die Zugehörigkeit zur
Friedensbewegung war das öffentliche Tragens des Aufnähers Schwerter zu
Pflugscharen. Politische Aktivitäten fanden häufig unter dem Dach und dem
Schutz der Kirche statt, wobei die beteiligten Personen allerdings nicht
zwangsläufig Christen waren. Eine solche Gruppe ist die seit 1982 aktive
Dresdner Gruppe Anarchistischer Arbeitskreis Wolfspelz, die bald in der
gesamten DDR aktiv war, Flugblätter mit Auflagen von z. T. über 20.000
Exemplaren druckte und zu Aktionen mobilisierte. Ein Beispiel dafür ist der
Aufruf der Gruppe Wolfspelz zu einer folgenreichen landesweiten
Friedens-Protestaktion an der Frauenkirche in Dresden.[33] Seit 1986 existiert
die Gruppe Kirche von Unten (KVU), die – tendenziell atheistisch, anarchistisch
orientiert und in Überschneidung mit der Punkszene – die herrschenden
Verhältnisse in Staat und Kirche kritisierte und Konzerte veranstaltete. Die
Umwelt-Bibliothek Ost-Berlin war explizit anarchistisch verfasst.[34] Seit
Mitte der 1980er Jahre wurden u. a. dort libertäre Untergrund-Zeitschriften
gedruckt wie z. B. der Kopfsprung, mOAning-STAR, der Grenzfall, telegraph, die
Umweltblätter. Es wurden unterdrückte Informationen über den DDR-Alltag
publiziert (wie z. B. das Überschreiten der Smoggrenzwerte in Berlin um das
Neunfache) und damit eine Gegenöffentlichkeit geschaffen. Artikel aus den
Umweltblättern wurden in Zeitschriften der BRD nachgedruckt wie z. B. in der
Graswurzelrevolution, in der direkten aktion, in der Interim und in der Taz. So
wurden Informationsflüsse verstärkt, die kritische Positionen zu herrschenden
Auffassungen transportierten, und wodurch die DDR-Opposition anwuchs bis hin
zur gewaltfreien Revolution. In diese Opposition waren auch eine ganze Reihe
Personen aus der Blueserszene involviert.[35][36][37] Der Fotograf Harald
Hauswald Personen Roland Barwinsky, Blueskunde seit 1980, Bibliothekar,
Journalist[38] Tatjana Besson, Bassistin und Sängerin der Bands Die Firma und
Freygang Steffi Breiting, Musikerin[39] Citrone (Uta Müller), Szenegängerin[31]
Peggy D., Szenegängerin[40] Matthias Domaschk, 1981 in einer Stasizelle nach
einem Verhör zu Tode gekommener junger friedensbewegter Tramper[41] Renate
Ellmenreich, Pfarrerin und friedensbewegte Aktivistin der Jungen Gemeinde
Jena-Stadtmitte in den 70er und 80er Jahren[41] Constanze Freund (auch
Constanze Friend), Weimarer Musikerin, Sängerin der Blues-R&B-Soul-Funkband
Mr. Adapoe (1986–1992) zusammen mit Hans Raths, Thomas Adapoe, Andreas Martin,
Matthias Bätzel, Alexander Urschanow, Peter Klinke, und bei Friend’n’Fellow[42]
Nelli Gudat, Clubbetreiberin, DJ[38] Peter Gläser, Sänger und Gitarrist bei
Renft, Karussell, Cäsars Rockband[38] André Greiner-Pol, Musiker und Sänger bei
Freygang sowie Autor Harald Hauswald, Fotograf[31][43] Elke Hemme, Sängerin bei
der Band Modern Blues, 1970er Jahre[39] Günter Holwas, Blues-Musiker, Initiator
der Blues-Messen, Wehrdienstverweigerer Jayne-Ann Igel, Schriftstellerin Rex
Joswig, Künstler, Musiker, Produzent und DJ, Sänger der Band Herbst in Peking,
freier Journalist, Radiomacher[38] Johanna Kalex, Anarchistin,
Kneipenbetreiberin, Mitglied der Gruppe Wolfspelz[44] Lutz Kowalewski,
Blues-Gitarrist der ostdeutschen Bluesszene Hannelore Kurth mit der Band Rhythm
& Blues Collegium aus Eberswalde, Schriftstellerin, Biologin,
Naturschützerin[45][46][47] Gosse (Andreas Ibscher), Kommunenmitglied in Gera,
Tramper seit den frühen siebziger Jahren, Sozialarbeiter[38] Doris Liebermann,
Featureautorin, friedensbewegte Aktivistin der Jungen Gemeinde Jena-Stadtmitte
in den 70er und 80er Jahren[41] Bärbel Müller, bei der Band Blues vital, 70er
Jahre, zusammen mit Wolfgang Klawonn, Thomas Abendroth, Wilfried Woigk, Ulrich
Faßhauer, Michael Schwandt[39] Antje Pfeffer, Szenegängerin seit den achtziger
Jahren, Bibliothekarin, Archivarin, Autorin[38] Michael Rauhut,
Musikwissenschaftler, Autor Angelika Weiz, Blues- und Soulmusikerin, seit 1975
Mitglied in der Bluesband ergo, Jazzsängerin im Günther-Fischer-Sextett Viola
Woigk, Keyboarderin der Thüringer Band Pasch Die Jugendkultur in der DDR war –
wie andere Jugendkulturen auch – von den gesellschaftlichen und politischen
Verhältnissen im Umfeld geprägt. In den Jahren nach Gründung der Deutschen
Demokratischen Republik am 7. Oktober 1949 war die sozialistische Ideologie
maßgebend. Die noch an der bündischen Jugendbewegung und den politischen
Jugendorganisationen der 1920er bis Anfang der 1930er Jahre orientierte Freie
Deutsche Jugend (FDJ) knüpfte an die prägenden Jugenderfahrungen der
DDR-Führungsschicht an. Das Bildungssystem der DDR und die intensive
Begabtenauswahl im Sport in der DDR waren Ausdruck einer intensiv formierten
Gesellschaft mit hoher Erwartungshaltung an Jugendliche und ihr systemkonformes
Verhalten. Neben der der SED-Ideologie gemäßen Organisation der Jugendkultur
mit einer starken Reglementierung und Einbindung von Jugendlichen in den Aufbau
des Sozialismus existierte aber stets eine weitverbreitete subkulturelle
Jugendkultur in der DDR in Anlehnung und Hinwendung an internationale und
westliche Vorbilder. Im Zuge der Entstalinisierung in der DDR wurde auch die
neue und westliche Beatmusik populär und meist als Eigenproduktionen im
Rundfunk und Fernsehen bis ca. Mitte 1965 gesendet. Die folgende Eiszeit
dauerte bis zur Machtübernahme Honeckers 1971. Danach öffnete sich die Politik
erneut, wenn auch vorsichtig, westlichen Einflüssen. Einige prominente
Vertreter der DDR-Jugend- und Musikkultur wie die Band Karat etablierten sich
auch international, genauso wie einzelne institutionelle Aushängeschilder der
DDR-Jugendkultur, so etwa das Jugendradio DT64, das das Ende der DDR bis 1991
auf UKW überdauerte. DT64 wurde trotz enormer Beliebtheit abgeschaltet und wird
– in sehr veränderter Form – als MDR Sputnik weitergeführt. Der Slogan lautet
ähnlich wie bei anderen Sendern Einfach die beste Musik. Und null Werbung. Inhaltsverzeichnis
1 Politische Einflussnahme auf die Jugendkultur im Kontext des
Ost-West-Konflikts 1.1 Erforschung von Jugendkultur 2 Umgang mit Musik und
Tanzkultur zu Zeiten Walter Ulbrichts 3 Wandel nach 1971 4 Spezifische
jugendkulturelle Sub- bzw. Gegenkulturen 4.1 Die Blueser- oder Kundenszene 4.2
Punks und Gruftis 4.3 Skinheads und Rechtsradikalismus 4.4 Studenten 5 Siehe
auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 Einzelnachweise Politische Einflussnahme auf die
Jugendkultur im Kontext des Ost-West-Konflikts Jugendweihe in
Berlin-Lichtenberg 1989 Die Jugendpolitik der DDR war zunächst geprägt durch
historische Erfahrungen der Führungsschicht und die im Rahmen der FDJ
angestrebte Erweiterung der parteieigenen Jugendarbeit und deren Ritualen auf
die gesamte Gesellschaft.[1] Eine DDR-spezifische Erscheinung waren dabei
Jugendobjekte und Jugendbrigaden, die Jugendlichen ermöglichten, sich im
heimischen Betrieb wie auch bei internationalen Einsätzen (unter anderem bei
der Erdgaspipeline Druschba-Trasse) zu profilieren und von denen man sich im
Rahmen der Planerfüllung zusätzliches Engagement und Arbeitsleistungen
erhoffte. Erwartungen an Jugendliche und deren Erziehung und Ausbildung wurden
1974 im Jugendgesetz der DDR niedergelegt. Die strikte Einbeziehung in die
Vorbereitungen zum „Schutz des Sozialismus“ wurde an der Einführung des Fachs
Wehrerziehung in den DDR-Schulen Ende der 1970er Jahre deutlich. Die
unmittelbare Präsenz der westdeutschen Öffentlichkeit über Medien und direkte
Kontakte stellte dabei eine wesentliche Herausforderung dar. „Es ist zu
berücksichtigen, dass die sozialistische Erziehung der Jugend unter den
Bedingungen der Existenz des westdeutschen staatsmonopolistischen
Herrschaftssystems und der feindlichen Kräfte in Westberlin und Westdeutschland
sowie einzelner negativ und feindlich eingestellter Personen im Gebiet der DDR
erfolgt.“[2] Entsprechende „geeignete Erziehungsmaßnahmen“ zur Heranführung an
sozialistische Ideale waren jedoch nur bedingt erfolgreich. „Die Entwicklung
der jungen Menschen vollzieht sich […] nicht ohne Konflikte und
Schwierigkeiten.“ Wer diese Schwierigkeiten verursachte, war für die
SED-Führung eindeutig: der Bonner Staatsapparat, die westlichen Geheimdienste,
Agentenzentralen und Zentren der politischen und ideologischen Diversion, Film-
und Starclubs, kirchliche Institutionen, Rundfunk, Presse und Fernsehen.[2] Umbrüche
in der Jugendpolitik der DDR sind nach dem Mauerbau 1961 bis zu den
Jugendkrawallen 1965 im Umfeld eines Rolling-Stones-Konzertes an der Grenze zu
West-Berlin sowie der Ablösung Walter Ulbrichts 1971 durch den ehemaligen
FDJ-Vorsitzenden Erich Honecker festzustellen. Dabei führte die Schließung der
Grenze nach außen anfänglich zu einer Öffnung nach innen. Erforschung von
Jugendkultur Forschungspolitisch gab es anfangs keine Parallele zur bundesrepublikanischen
Shell-Jugendstudie, die im Westen seit 1953 regelmäßig erstellt wurde. Erst
nach der Gründung des Deutschen Jugendinstituts 1963 in München wurde in der
DDR die langjährige Tradition der Jugendforschung an der Universität Leipzig
1965 mit der Gründung des Zentralinstituts für Jugendforschung
wiederaufgenommen. Die Ergebnisse wurden teilweise unter Verschluss gehalten. Umgang
mit Musik und Tanzkultur zu Zeiten Walter Ulbrichts Vor dem Aufkommen von
„Beatmusik“ in der DDR wurde versucht, eine moderne, aber nicht zu westlich
klingende Tanzmusik zu etablieren. In den frühen 1960er Jahren entstanden in
der DDR eine Reihe von Instrumentalmusik-Schallplatten mit tanzbarer, aber im
Vergleich zur westlichen weniger „wilder“ Musik. Musik in englischer Sprache
war von der DDR-Kulturbürokratie abgelehnt worden, die deutsche Sprache
erschien den meisten Musikern als unpassend. Eine große Rolle spielten hierbei
die Rundfunk-Tanzorchester und „Amateurtanzkapellen“. Im Jahre 1959 wurde mit
dem Lipsi ein eigener Tanz kreiert, der den westlichen Tänzen (z. B. Rock ’n’
Roll und Twist) Paroli bieten sollte, aber nur mäßig erfolgreich war, ähnlich
beim Orion-Modetanz Anfang der 60er Jahre. Im Zusammenhang mit den
Deutschlandtreffen der Jugend profilierte sich der damalige FDJ-Vorsitzende
Erich Honecker. Am 21. September 1963 verabschiedete das SED-Politbüro ein
sogenanntes Jugendkommuniqué. Danach sollte das Verhältnis zur Jugend frei sein
von „Gängelei, Zeigefingerheben und Administrieren“.[3] 1964 wurde das DDR-Jugendradio
DT64 gegründet, das auch im Westen Anhänger fand. Außerdem fand ein so
genanntes „Deutschlandtreffen der Musik“ statt, wo DDR-eigene Beatgruppen
auftraten, so die Sputniks, die Butlers und das Diana Show Quartett. 1965 kamen
erste Produktionen mit dem Michael Fritzen Quartett und der Theo Schumann Combo
hinzu. Für die DDR-Jugendkultur prägend waren unter anderem Filme und
zugehörige Filmmusik wie Die Legende von Paul und Paula und Heißer Sommer.
Bedeutend wurde die Singebewegung in Anlehnung an die Liedermacher der
Alternativbewegung im Westen. Nach Krawallen im Anschluss an ein Konzert der
Rolling Stones in der West-Berliner Waldbühne im September 1965 und der am 31.
Oktober 1965 folgenden Leipziger Beatdemo – der umfangreichsten nichtangemeldeten
Demonstration zwischen 1953 und der friedlichen Revolution 1989 – sah die
DDR-Führung die Beatbewegung zunehmend als problematisch an. Bekannt wurde
Walter Ulbrichts Aussage auf dem XI. Plenum des ZK der SED: Ist es denn
wirklich so, dass wir jeden Dreck, der vom Westen kommt, nur kopieren müssen?
Ich denke, Genossen, mit der Monotonie des Je-Je-Je, und wie das alles heißt,
ja, sollte man doch Schluss machen. In der Folge wurde für einige Jahre die
westliche Beatmusik quasi verboten. Im Rundfunk liefen – wenn überhaupt – nur
orchestral eingespielte Titel. Wandel nach 1971 Nachdem Erich Honecker 1971
Ulbricht abgelöst hatte, entspannte sich die geistige, kulturelle und
politische Lage in der DDR zeitweise wieder. Die neue politische Ausrichtung
versprach eine gewisse Liberalisierung. Ein Beispiel dafür ist der Arbeitskreis
Literatur und Lyrik Jena. Es gab zunehmende Freiräume in der Musikszene und
-Ausbildung für an westlicher Popmusik orientierte Gruppen wie die Puhdys,
Karat und Pankow. Die Aufführungsmöglichkeiten und das Musikprogramm etwa in
Studentenclubs waren nach wie vor stark reglementiert. Umgekehrt vermochte der
westdeutsche Sänger Udo Lindenberg sich eine breite Fanbasis in der DDR zu
verschaffen. Im Rahmen von Veranstaltungen linker Jugendorganisationen in der
Bundesrepublik Deutschland wie dem „Festival der Jugend“ in Dortmund entstand
eine intensive Wechselwirkung mit dem Westen. Der 1972 erschienene
gesellschaftskritische Roman von Ulrich Plenzdorf Die neuen Leiden des jungen
W. wurde in Folge zu einem Dokument der DDR-Jugendsprache wie einer
DDR-spezifischen Außenseiter- bzw. Gegenkultur, die heute als „Blueser- oder
Kundenszene“ bezeichnet wird. Anfangs ein Sensationserfolg in der DDR und BRD,
konnte die auch als Theaterstück inszenierte Prosa ähnlich wie der Film Spur
der Steine später nur noch im Westen aufgeführt werden. Am 5. November 1976
lief die Verfilmung des Stückes Die neuen Leiden des jungen W. als Erstsendung
in der ARD.[4] Ein wesentlicher Bruch war die Ausbürgerung Wolf Biermanns am
16. November 1976. Auch der 1975 erschienene Jugendroman von Joachim Walther
„Ich bin nun mal kein Yogi“ trug zum Lebensgefühl der Anderen Jugendlichen bei,
der – gesellschaftspolitisch spät – 1980 als „Light-Version“ unter „Und
nächstes Jahr am Balaton“ verfilmt wurde. Spezifische jugendkulturelle Sub-
bzw. Gegenkulturen Ein in Mode, Musik und Habitus an westlicher Jugendkultur
ausgerichtetes Verhalten von Jugendlichen war dauernden Repressionen
unterworfen.[5] Nonkonformistische Jugendliche engagierten sich zunehmend innerhalb
der kirchlichen Jugendarbeit, weil man sich hier im Sinne der
„Nischengesellschaft“ (so ein Terminus von Günter Gaus) etwas freier äußern und
interessiertes Publikum finden konnte. Die Blueser- oder Kundenszene →
Hauptartikel: Blueserszene In den 1970er bis Mitte der 1980er Jahre war die
Blueser- oder Kundenszene eine signifikante Bewegung in der DDR. Ihre
politisch-unerwünschten Vorstellungen eines „Anderssein“ wurden über das
gemeinsame Musikverständnis und ihr spezifisches Äußeres öffentlich gemacht,
das den Willen zur Freiheit demonstrierte. Ein „Blueser“ war eine Synthese aus
Blues– bzw. Rockfan und Blumenkind. Die unangepassten Jugendlichen waren der
Staatsmacht ein Dorn im Auge. Aufgrund ihrer Haltung mussten gerade in dieser
Zeit viele Repressionen erleiden, wie die Erteilung eines vorläufigen
Personalausweises (PM-12) – der einem Reiseverbot gleichkam, ständige
„Befragungen“ mit langem Festsetzen seitens der Polizeiorgane oder bei
politischen Protestaktionen, wie das Tragen des Aufnähers „Schwerter zu
Pflugscharen“ Anfang der 1980er Jahre, z. B. mit Exmatrikulationen,
Nichtzulassung zum Abitur, Strafversetzung aus Betrieben etc., was sich häufig
später in den Stasi-Akten wiederfand. Neben „Resistenz“ und passivem Widerstand
kam es häufig auch zu spontanen Protestaktionen mit gewaltsamen
Auseinandersetzungen mit der Volkspolizei. Am 7. Oktober 1977 zum
Republikgeburtstag entzündete sich spontan auf dem Berliner Alexanderplatz und
vor allem vor dem Fernsehturm[6] der größte Jugendprotest der DDR. Aus der
allgemeinen politischen Unzufriedenheit heraus, die sich gegen die restriktive
Politik der SED-Regierung richtete (wie die Biermann-Ausbürgerung und der
folgende Exodus vieler prominenter Sympathisanten oder der verhängte Hausarrest
von Robert Havemann) kam es nach einem Unfall bei einem Rockkonzert zu einem
seit dem 17. Juni 1953 in dieser Größenordnung nicht gekannten äußerst brutalen
Polizeieinsatz unter Hinzuziehung der Bereitschaftspolizei des MdI aus Basdorf.
Die von dem Unfall mehrheitlich nicht informierten Jugendlichen sahen sich
unvermittelt massiver polizeilicher Gewalt gegenüber und begannen sich zunächst
nur mit Sprechchören wie u. a. „Nieder mit der DDR!“, „Honecker raus – Biermann
rein“ oder auch „Give Peace a Chance“ zu wehren. Erst im Nachhinein kam es dann
zur Gegengewalt seitens der sehr jungen „Blueser“. Von den geschätzten 20000
Anwesenden[7] wurden viele Hundert verprügelt und „zugeführt“ und 468 (Quelle:
Hauptabteilung IX, Untersuchungsorgan des MfS) von ihnen endgültig festgenommen
und verurteilt. Es gab unzählige schwerverletzte Jugendliche.[8] Dagegen wurde
das Gerücht von drei getöteten Polizisten bisher nicht bestätigt. Die
verhafteten Jugendlichen mussten für ihr Aufbegehren aus heutiger Sicht
unverhältnismäßig harte Urteile hinnehmen (zwischen sechs Wochen Haft bei
nachgewiesener Beteiligung an den Sprechchören und bis drei Jahre bei
Steinewürfe etc.) und wurden meist nach dem Gummiparagraphen § 215 StGB
(Rowdytum), kriminalisiert. Die Mehrzahl der Verurteilten waren zwischen 16 und
18 Jahre alt.[9] Der Blues in der DDR wurde zu einem Synonym und späterer
Namensgeber dieser Bewegung. Anteil daran hatten nicht zuletzt die Blues-Messen
in verschiedenen Kirchen Ost-Berlins, mit bis zu 7000 Teilnehmern (24. Juni
1983). Die Blueser- oder Kundenszene war die langlebigste und zugleich
lebendigste Jugendkultur der DDR und stellte als Bewegung eine Gegenkultur zum
vorgezeichneten DDR-Alltag dar. Punks und Gruftis → Hauptartikel: Punk in der
DDR Siehe auch: Gothic (Kultur) Für Punkbands in der DDR und deren Publikum
boten Kirchen z. B. bei den späten Blues-Messen oft die einzigen
Auftrittsmöglichkeiten – neben privat organisierten Konzerten.
Plattenveröffentlichungen waren wie bei der LP „DDR von unten“ (1983) nur über
den Westen möglich. In den öffentlichen Medien waren sie erst zum Ende der DDR
gelegentlich präsent, etwa in der Sendung Parocktikum auf DT64, die von Lutz
Schramm moderiert wurde.[10] 1988 erschien als Novum der Dokumentarfilm
„flüstern & SCHREIEN“, vom Regisseur Dieter Schumann für die DEFA. Hier
wurden Bands wie Feeling B und Sandow porträtiert, die ursprünglich aus dem
Umfeld des Punk kamen. Um etwa 1985 drang die Grufti-Bewegung über Berlin und
Westdeutschland auch in Teile der Deutschen Demokratischen Republik vor.[11]
Das Alter der Szenemitglieder bewegte sich zwischen 14 und 23 Jahren.[12][11]
Dieter Baacke räumte in seinem Buch Jugend und Jugendkulturen – Darstellung und
Deutung (1999) der Szene in der DDR eine Blütezeit ein, die sich auf die Jahre
1988/1989 datieren lässt.[11] Ab Mitte der 1980er Jahre machten sich parallel
Die anderen Bands auf den Weg, um eine Musik- und Jugendkultur zwischen Punk-,
New-Wave-, Indierock- oder Metal unabhängig von staatlicher Lenkung zu
etablieren. Skinheads und Rechtsradikalismus Siehe auch: Skinheads in
Deutschland Bis zum Mauerbau 1961 konnten sich Rechtsextremisten der
Strafverfolgung in der DDR durch Übersiedlung in die Bundesrepublik
weitestgehend entziehen. Bereits in den 1960ern waren in der DDR rechtsextreme
Jugendgruppen aufgefallen, die Hakenkreuz-Schmierereien verübt,
Propagandamaterial und sogar Waffen gesammelt hatten.[13] Anfang der 80er
entstanden auch Skinheadgruppen, die ähnlich wie im Westen in rechtsextreme,
unpolitische und SHARP-Skinheads differenziert waren, so zunächst in
Ost-Berlin, Rostock und Leipzig, oft im Umfeld von Fußballfangruppen.[14] Mitte
der 1980er Jahre gab es in allen ostdeutschen Großstädten Skinhead-Gruppen. Der
Kriminalpolizei der DDR waren zu dieser Zeit 1.500 rechtsextreme Jugendliche
bekannt.[15] Am 17. Oktober 1987 führte ein Überfall von Skinheads auf Besucher
eines Punk-Konzerts in der Ost-Berliner Zionskirche zu internationalem
Aufsehen. Die bereitstehende Polizei „beobachtete“ dabei das Geschehen. Studenten
Eine späte Erscheinung waren die Neugründungen von Studentenverbindungen in der
DDR. Siehe auch Jugendarbeit, Archiv der Jugendkulturen Musik der DDR Die
Kinder von Golzow (filmische Langzeitdokumentation) Literatur Wolfgang Büscher:
Für manche leuchtet der Westen matter. Einstellungen kritischer DDR-Jugendlicher
zum Westen am Beispiel der Zeitschrift „Temperamente“. In: Edition
Deutschlandarchiv (Hrsg.): Lebensbedingungen in der DDR. Siebzehnte Tagung zum
Stand der DDR-Forschung in der Bundesrepublik Deutschland 12. bis 15. Juni
1984, Köln 1984. Helmut Fehr: Sozialistische Lebensweise und gegenkulturelle
Orientierungen. In: Edition Deutschlandarchiv (Hrsg.): Lebensbedingungen in der
DDR. Siebzehnte Tagung zum Stand der DDR-Forschung in der Bundesrepublik
Deutschland 12. bis 15. Juni 1984, Köln 1984, S. 77. „Eine eigenständige
Jugendkultur wird für die DDR als Randphänomen aufgefasst; die Rolle
nichtorganisierter Bezugsgruppen Jugendlicher wird auf den Freizeitbereich
beschränkt oder als Ausdruck eines unpolitischen Generationskonfliktes
klassifiziert.“ Thomas P. Funk: Unterm Asphalt, Die Kunden vom Lichtenberger
Tunnel. In: Michael Rauhut, Thomas Kochan (Hrsg.): Bye Bye, Lübben City,
Bluesfreaks, Tramps und Hippies in der DDR. Berlin 2004. Peter Helmberger:
Blauhemd und Kugelkreuz. Konflikte zwischen der SED und den christlichen
Kirchen um die Jugendlichen in der SBZ/DDR. München 2008. Gunhild Korfes: Zur
Entwicklung des Rechtsextremismus in der DDR. In: Kriminolog. Jn. Jg. 24, H. 1,
1992. Sebastian Kranich: Erst auf Christus hören, dann auf die Genossen.
Bausoldatenbriefe: Merseburg, Wolfen, Welzow 1988/89, Halle 2006. Bernd
Lindner: Das eigentliche Gestaltungsfeld. Kulturelle Prägungen der
Jugendgenerationen in der DDR. In: Deutschlandarchiv. Zeitschrift für das
vereinte Deutschland. Heft 1/2005. Minister der Deutschen Demokratischen
Republik, Ministerium für Staatssicherheit, Der Minister: Dienstanweisung Nr.
4/66 zur politisch-operativen Bekämpfung der politisch-ideologischen Diversion
und Untergrundtätigkeit unter jugendlichen Personenkreisen in der DDR. In: Das
Ministerium für Staatssicherheit und die Jugend in der DDR, Arbeitsmaterial zu
der Tagung „Jugend und Jugendkultur in der DDR“. Magdeburg 2004. Marc-Dietrich
Ohse: Jugend nach dem Mauerbau, Anpassung, Protest und Eigensinn (DDR
1961–1974). Berlin 2003. Manfred Stock, Philipp Mühlberg: Die Szene von Innen.
Skinheads, Grufties, Heavy Metals, Punks. 1. Auflage. Ch. Links, Berlin 1990,
ISBN 3-86153-007-4. Wolf Oschlies: Jung sein in der DDR. In: Edition Deutschlandarchiv
(Hrsg.): Lebensbedingungen in der DDR. Siebzehnte Tagung zum Stand der
DDR-Forschung in der Bundesrepublik Deutschland 12. bis 15. Juni 1984, Köln
1984. Henning Pietzsch: Jugend zwischen Kirche und Staat, Geschichte der
kirchlichen Jugendarbeit in Jena 1970–1989. Köln/Weimar/Wien 2005. Sandra
Pingel-Schliemann: Observieren, zersetzen, liquidieren, Zersetzungsstrategien
des Ministeriums für Staatssicherheit gegen „feindlich-negative“ Kräfte in der
DDR. Dissertation, Hamburg 2000. Michael Rauhut: Kleine Fluchten, Vom Blues
einer unruhevollen Jugend. In: Michael Rauhut, Thomas Kochan (Hrsg.): Bye Bye,
Lübben City, Bluesfreaks, Tramps und Hippies in der DDR. Berlin 2004. Siegfried
Reiprich: Der verhinderte Dialog. Meine politische Exmatrikulation. Berlin
1996. Neuauflage 2001. Axel Reitel: Jugendstrafvollzug in der DDR am Beispiel
des Jugendhauses Halle. Sachbuch, Berlin 2006. Axel Reitel: Schöne Jugend.
Jugendliche im Widerspruch zur DDR. Fünf Feature, 2. Auflage Berlin 2008. Gabriele
Rohmann: Are the kids allright? Jugendkulturen zwischen Politik, Kommerz und
neuem Nationalbewusstsein. In: Deutschland Archiv: Zeitschrift für das
vereinigte Deutschland. Heft 1/2005. Udo Scheer: Vision und Wirklichkeit, Die
Opposition in Jena in den siebziger und achtziger Jahren. Berlin 1999. Detlef
Siegfried: Turn On, Tune In, Drop Out. Gegenkultur und Massenkultur in der
westdeutschen Konsumgesellschaft der 60er Jahre. In: Deutschlandarchiv:
Zeitschrift für das vereinte Deutschland. Heft 1/2005. Peter Skyba: Vom
Hoffnungsträger zum Sicherheitsrisiko. Jugend in der DDR und Jugendpolitik der
SED 1949–1961 (= Schriften des Hannah-Arendt-Instituts für
Totalitarismusforschung. Band 10). Böhlau, Köln u. a. 2000, ISBN 3-412-15798-8.
Michael Suckow: Grün und blau schmückt die Sau, Der Stil der Szene. In: Michael
Rauhut, Thomas Kochan (Hrsg.): Bye Bye, Lübben City, Bluesfreaks, Tramps und
Hippies in der DDR. Berlin 2004. Thüringer Archiv für Zeitgeschichte „Matthias
Domaschk“ (Hrsg.): Zwischen Utopie und Resignation, vom Bleiben und Gehen,
Jugendkultur in der DDR in den 80er Jahren am Beispiel der Großveranstaltung
„Jugend 86“ in Rudolstadt. Jena 2003. Weblinks Infoseite über das
DDR-Jugendprojekt Erdgastrasse Infoseite über Jugendopposition in der DDR Präsentation
zum Freizeitverhalten von DDR-Bürgern Punks und Skinheads in der DDR Einzelnachweise
Helga Gotschlich (Hrsg.): „Links und links und Schritt gehalten …“. Die FDJ:
Konzepte – Abläufe – Grenzen. Berlin: 1994. Dienstanweisung 4/66 zur
politisch-operativen Bekämpfung der politisch-ideologischen Diversion und
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In: MfS-Handbuch, Teil V/5: Grundsatzdokumente des MfS. Bearbeitet von Roger
Engelmann und Frank Joestel. Berlin 2004, S. 158. Staatliche Dokumente zur
sozialistischen Jugendpolitik in der Deutschen Demokratischen Republik
Herausgegeben vom Amt für Jugendfragen beim Ministerrat der Deutschen
Demokratischen Republik. Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik DDR
Verfilmung (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) i Info: Der Link
wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und
entferne dann diesen Hinweis. boheme und diktatur in der ddr – gruppen,
konflikte, quartiere, 1970 bis 1989. Eine Ausstellung des Deutschen
Historischen Museums in Berlin, 4. September 1997 bis 16. Dezember 1997
(online). Blutige Erdbeeren unterm Fernsehturm, Berliner Zeitung vom 7. Oktober
2000, gesichtet am 7. Juli 2013. „Wir wollen euren Friedhofsfrieden nicht“ von
Karl Winkler, Report eines Beteiligten bei den Bluesmessen und zum
Jugendprotest am 7. Oktober 1977 auf dem Alexanderplatz auf www.spiegel.de, vom
14. März 1983, gesichtet am 15. November 2013. Karl Winkler: „Zur Klärung eines
Sachverhaltes“. Aufbau-Verlag, 1990, ISBN 978-3-351-01796-5. Stasi-Untersuchungsbericht
(original Abschlussbericht des MfS) zu den Protesten auf dem Alexanderplatz auf
http://www.bstu.bund.de,/ gesichtet am 15. November 2013. Michael Rauhut: Rock
in der DDR. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2002, ISBN
3-89331-459-8, S. 121. Roman Rutkowski: Das Charisma des Grabes – Die Szene in
der ehemaligen DDR. 2004, ISBN 3-8334-1351-4, S. 59. Manfred Stock, Philipp
Mühlberg: Die Szene von innen – Die Grufties. 1990, ISBN 3-86153-007-4, S. 96. Harry
Waibel: Rechtsextremismus in der DDR bis 1989, Köln 1996. FAZIT: Rechtsradikale
im antifaschistischen Staat. Deutschlandradio Kultur, 26. September 2006. Film
über Neonazis in der DDR, von Philip Banse (online). Norbert Madloch:
Rechtsextremismus in Deutschland nach dem Ende des Hitlerfaschismus (Memento
des Originals vom 7. Oktober 2005 im Internet Archive) i Info: Der Archivlink
wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und
Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 1,0 MB). In:
Klaus Kinner und Rolf Richter: Rechtsextremismus und Antifaschismus.
Historische und aktuelle Dimension. Berlin: Karl Dietz Verlag. 2000, S. 57–215,
S. 73.
In der
Frauen- und Familienpolitik der DDR bildete eine auf Frauen ausgerichtete
Vereinbarkeit von Familie und Beruf einen Schwerpunkt, und für die Frauen in
der DDR war die eigene Berufstätigkeit der Normalfall. Gründe für die
Frauenarbeit waren zum einen wirtschaftlich und zum anderen sozial begründet.
Für den Wiederaufbau der Städte und der Wirtschaft waren die Frauen für die DDR
der Anfangsjahre unentbehrlich, da viele Männer im Krieg gestorben waren. Die
Emanzipation und Gleichstellung der Frau wurde ideologisch stark gefördert.
Darin unterschied sich die DDR deutlich von der alten Bundesrepublik. Die Frau
wurde nicht nur als Arbeitskraft verstanden, sondern erhielt auch erheblich
mehr Rechte gegenüber Männern als in Westdeutschland. So wurde dem Mann in der
Bundesrepublik Deutschland bis in die 1970er Jahre in Erziehungsfragen das
alleinige Entscheidungsrecht in der Familie gesetzlich zugesprochen, und die
Frau hatte das Recht auf Berufstätigkeit nur, wenn sie ihre häuslichen
Pflichten nicht vernachlässigte.[1] Erst 1976 wurde dort ein neues Ehe- und
Familiengesetz verabschiedet; es trat zum 1. Juli 1977 in Kraft und änderte
dies. In der DDR wurde mit dem Gesetz über die Rechte der Frau bereits 1950 ein
emanzipatorischer Weg beschritten.[2] 1947 wurde der Demokratische Frauenbund
Deutschlands gegründet, der sich in der DDR zu einer bedeutenden Organisation
entwickelte und auch Delegierte in die Volkskammer entsandte. Der Demokratische
Frauenbund Westdeutschlands (DFW) organisierte 1950 einen Friedenskongress in
München, auf dem 1000 Frauen die Ächtung der Atomwaffen wie die Begrenzung
sämtlicher Waffen forderten. Der DFW war friedenspolitisch sehr aktiv; er wurde
in Westdeutschland bald als „Marionette der DDR“ rezipiert. Seine Arbeit wurde
vom Verfassungsschutz beobachtet, mit Versammlungsverboten und anderen
juristischen Maßnahmen behindert und 1957 komplett verboten.[3] Um Beruf und
Kindererziehung leichter/besser vereinbar zu machen, wurde das Kinderkrippen-
und Kindergartennetz massiv ausgebaut. Während des Schwangerschaftsurlaubs
wurde das volle Gehalt weitergezahlt und der berufliche Wiedereinstieg der Frau
abgesichert. So gelang es der SED, bis 1989 rund 92 % der Frauen in den
Arbeitsprozess einzugliedern. Die Frauen in der DDR standen vor der Notwendigkeit,
die beiden Lebensbereiche Beruf und Familie miteinander in Einklang zu bringen.
Die sogenannte „Gleichstellungspolitik“ der DDR hatte Einfluss auf diese
einzelnen Lebensbereiche der ostdeutschen Frauen. Sie waren einerseits stolz
auf ihre nicht nur häuslich erreichten Leistungen. Andererseits waren sie durch
die Doppelbelastung auch stark gefordert und teilweise überfordert bzw.
überlastet. Die „zweite Schicht“, die Betreuung der Kinder und die Arbeiten im
Haushalt, nahm durchschnittlich 50 Stunden pro Woche in Anspruch und dauerte
damit länger als die „erste Schicht“, die Berufsarbeit. Dies ergab eine
Befragung des Leipziger Institutes für Bedarfsforschung im Jahre 1965.[4] Ende
der 1970er Jahre dauerte die „zweite Schicht“ noch 47 Stunden.[4] Die
Gleichstellung der Frau wurde nicht in allen Berufsfeldern erreicht. So blieben
Führungspositionen in Wirtschaft und Politik in der Regel Männern
vorbehalten.[5] Im Politbüro der SED war in den gesamten 40 Jahren keine
einzige Frau vertreten. Unter den entscheidungsbefugten Funktionären in den
Bezirksleitungen der SED waren 1984 4 % Frauen.[6] Werte wie Recht auf ein
umfassendes Netz an Kindergärten und -Krippen, vollbezahlten
Schwangerschaftsurlaub, Recht auf Gleichstellung in Beruf und Bezahlung usw.
waren bereits in der Verfassung der Sowjetunion fest verankert.[7]
Interessanterweise widersprach diese Frauenpolitik den Ansichten Marx'
(1818–1883), der die Werktätigkeit von Frauen als kapitalistischen
Ausbeutungsprozess gesehen hatte.[8] Inhaltsverzeichnis 1 Die
Emanzipationstheorie der SED 2 Gleichstellung von Mann und Frau 3
Berufstätigkeit von Frauen 4 Auf Frauen ausgerichtete Vereinbarkeit von Beruf
und Familie 5 Zeitliche Entwicklung der DDR-Frauen- und Familienpolitik und
ihrer Gesetzgebung 5.1 Nachkriegszeit 5.2 1950er-Jahre 5.3 1960er-Jahre 5.4
1970er-Jahre 5.5 1980er-Jahre 6 Nach 1990 7 Siehe auch 8 Literatur 9
Einzelnachweise Die Emanzipationstheorie der SED Die Verwirklichung der
Gleichberechtigung von Mann und Frau wurde bereits in der ersten Verfassung der
DDR verankert. Somit sichert die Verfassung der DDR von 1949 die rechtliche und
politische Gleichberechtigung der Frau auf allen Gebieten des öffentlichen und
privaten Lebens. Dies zeigt deutlich, dass die Emanzipation der Frau für die
SED eine große Rolle spielte. Das Ziel der Sozialistischen Einheitspartei
Deutschlands war die „Förderung der Entwicklung der Persönlichkeiten im
sozialistischen Sinne“, sodass die Persönlichkeiten sozialistisch geprägt
wurden. Außerdem sollte laut SED die Gleichwertigkeit zwischen Mann und Frau
angestrebt werden, denn es sollte jedem Partner gelingen, Familie und Beruf
vereinbaren zu können und sich zusätzlich noch gesellschaftlich, wie für den
Sozialismus, zu engagieren. Um diese Vereinbarkeit von Familie und Beruf beiden
Partnern zu ermöglichen, wurde eine bestmögliche Arbeitsteilung zwischen Mann
und Frau angestrebt. Die klare Distanzierung von der Frauenrolle als Hausfrau
und Mutter diente vor allem in den Anfangsjahren auch als Abgrenzung vom
Hitlerfaschismus und der Bundesrepublik, die das traditionelle Frauenbild zu
einem Großteil übernahm. Gleichstellung von Mann und Frau Die Gleichstellung
der Frau und deren Eingliederung in den Erwerbssektor gehörte seit der Gründung
der DDR im Jahr 1949 zu den offiziellen Zielen der Gesellschaftspolitik. Diese
Emanzipation war weltanschaulich, volkswirtschaftlich und bevölkerungspolitisch
begründet. Weltanschaulich resultierte die Gleichstellungspolitik der DDR aus
den Idealen der Arbeiterbewegung, für die seit Ende des 19. Jahrhunderts die
Lösung der „Frauenfrage“ zum politischen Programm der „Befreiung der
Arbeiterklasse von der kapitalistischen Herrschaft“ gehörte. Auch die
wirtschaftliche Lage der DDR machte die Berufstätigkeit der Frauen notwendig,
um den gesellschaftlichen "Aderlass" durch den Krieg und die Flucht-
und Abwanderungsbewegung von 1945 bis zum Bau der Berliner Mauer 1961
auszugleichen und eine Produktionssteigerung zu gewährleisten. In den ersten
Jahren der DDR wurde vor allem die rechtliche Gleichstellung von Mann und Frau
und die Integration von Frauen in den Erwerbssektor betrieben. In Anknüpfung an
die marxistische Tradition und die Praxis der Sowjetunion wurde Arbeit als
zentrales gesellschaftliches Element, als menschliches Grundbedürfnis,
individuelles Recht und als ein „Herzstück sozialistischer Lebensweise“ (Lenin)
betrachtet. Entsprechend sei auch die Gleichstellung der Geschlechter,
ausschließlich durch deren Berufstätigkeit zu erreichen, da Frauen auf diesem
Wege soziale und wirtschaftliche Unabhängigkeit erlangen, gesellschaftlich
integriert und somit dem Mann ebenbürtig wären. Vorhandene
Geschlechterunterschiede wurden als Erbe des Kapitalismus betrachtet, die sich
gleichsam mit der Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln und
deren Übernahme durch die „herrschende Arbeiterklasse“ im Sozialismus von
selbst auflösen würden. Insbesondere die Schriften der proletarischen Frauen-
und Arbeiterbewegung von Clara Zetkin (1857–1933) und August Bebel (1840–1913)
wurden im Zusammenhang mit der Frauenbefreiung und -emanzipation häufig von
Politikern der DDR herangezogen. Was die Arbeitsteilung der beiden Geschlechter
innerhalb der Familie betrifft, ging Zetkin davon aus, dass die
Erwerbsbeteiligung der Frau automatisch auch zu einer Veränderung der
geschlechtlichen Arbeitsteilung führen würde, so dass die Frau durch ihre
Erwerbstätigkeit von der Herrschaft und Ausbeutung des Mannes in Familie und
Haushalt befreit werden würde. Die Hauptthesen zur Frauenbefreiung, welche die
theoretische Grundlage der DDR-Frauenpolitik bestimmt haben, waren insofern: Die
Frauenfrage ist der Klassenfrage untergeordnet und löst sich mit ihr
selbsttätig auf. Denn: Die Erwerbstätigkeit der Frau führt gleichzeitig und
zwangsläufig auch zu einer Veränderung des Geschlechterverhältnisses im
Privatbereich und in der Familie. Und mit der Einbindung der Frauen in den
Erwerbssektor stellt sich Gleichheit zwischen Männern und Frauen auch im
öffentlichen Bereich her. In der Praxis waren die führenden Positionen in Staat
und Partei männlich dominiert. Der Demokratische Frauenbund Deutschlands (DFD)
war die regierungstreue Massenorganisation für Frauen in der DDR. Der DFD, am
8. März 1947 gegründet, warb und mobilisierte die Frauen zur Berufstätigkeit,
allerdings hatte diese Organisation keinen Einfluss auf die arbeitstechnische
Problemstellung der Frau. Zivilgesellschaftliche und damit staatsferne
Frauenorganisationen wurden nicht geduldet. Berufstätigkeit von Frauen Um
Frauen zur Berufstätigkeit zu motivieren, gab es Anreize sowie moralischen und
ökonomischen Druck. Zu den Anreizen zählte die Öffnung fast aller Berufszweige
für Frauen, die gesetzliche Festschreibung der gleichen Bezahlung der
Geschlechter für gleiche Arbeit, Frauenqualifizierungsmaßnahmen, die Schaffung
von Kinderkrippen-, Kindergarten- und Hortplätzen, die Einrichtung von
Dienstleistungszentren sowie eine Reihe von anderen sozialen Vergünstigungen
für Mütter. Der ökonomische Druck beruhte auf der Tatsache, dass auf Grund der
Gehaltsstruktur der DDR eine Familie in der Regel darauf angewiesen war, dass
beide Partner berufstätig waren, um einen ausreichenden wirtschaftlichen
Lebensstandard erreichen zu können, während der moralische Druck in der
staatlichen Propagierung durch Leitbilder und der gesetzlichen Festschreibung
der „Pflicht zur Arbeit“ begründet lag. Frauen, die sich vor allem ihren
Kindern und ihrer Familie widmen wollten, wurden als „Schmarotzerinnen“
bezeichnet.[9] Das Leitbild, das den moralischen Druck ausmachte, war die
berufstätige Frau, die sowohl die Arbeit als auch die Familie perfekt in
Einklang bringen konnte. Zu den Leitbildern der DDR zählten außerdem die
Männer. Für die Frauen galt es demnach das zu erreichen, was der Mann bereits
geschafft hatte, wodurch die Frau sich nicht selbst verwirklichen konnte. Frauen
hatten, ebenso wie Männer, nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht
arbeiten zu gehen, so heißt es im Artikel 24, Absatz 2 der Verfassung der DDR
vom 9. April 1968: „Gesellschaftlich nützliche Tätigkeit ist eine ehrenvolle
Pflicht für jeden arbeitsfähigen Bürger. Das Recht auf Arbeit und die Pflicht
zur Arbeit bilden eine Einheit.“ Das Ideal im DDR-Sozialismus war eine
lebenslange Berufstätigkeit – bei Männern bis zum 65sten und Frauen bis zum
60sten Lebensjahr –, die von Frauen lediglich durch Inanspruchnahme des
einjährigen Erziehungsurlaubs („Babyjahr“) unterbrochen werden konnte. Eine
längere Unterbrechung der Berufstätigkeit durch Mutterschaft und
Kindererziehung, bzw. die lebenslange ausschließliche Hausfrauentätigkeit wurde
abgelehnt, da Gleichberechtigung allein über die Berufstätigkeit der Frau zu
erlangen sei, längere Berufspausen die Chancengleichheit beeinträchtigen und
Frauen zwingen würden minderqualifizierte Tätigkeiten auszuüben. So galt
Hausarbeit als „Nicht-Arbeit“ und wurde von der SED nicht akzeptiert. Lediglich
bei sogenanntem Kinderreichtum wurde ein längeres berufliches Pausieren
ausdrücklich toleriert, da die Betreuung von mindestens 3 minderjährigen
Kindern zu Hause einer beruflichen Tätigkeit gleichgestellt und als
gesellschaftlich nützliche Tätigkeit gefördert wurde. Doch war auch in anderen
Fällen Hausfrauenschaft weder verboten noch besonders selten, allerdings nicht
so angesehen wie die Berufstätigkeit. Das diesem Urteil zugrundeliegende
gesellschaftliche Bewusstsein wurde durch die entsprechende staatliche
Propaganda verstärkt, u. a. durch das DDR-Standardwerk in Frauenfragen: „Die
Frau in der Deutschen Demokratischen Republik“ (Autorenkollektiv Panorama DDR
1978), in dem vermittelt wurde, dass die Berufstätigkeit der Frauen nicht
allein deren Emanzipation bewirke, sondern auch ihren persönlichen und
gesellschaftlichen Wert steigere: „Es zeigt sich …, daß der aus der beruflichen
Tätigkeit herrührende reichere Schatz an Wissen und Erfahrung, aber auch die
mit ihr einhergehende ökonomische Unabhängigkeit, die Stellung der Frau in der
Familie festigen. In der Regel sind berufstätige Frauen geistig anspruchsvollere
Ehepartnerinnen und fähigere Erzieherinnen ihrer Kinder. So bestätigt das Leben
vieltausendfach die Erkenntnis, daß die Persönlichkeit der Frau, die in ihr
schlummernden Fähigkeiten und schöpferischen Talente nur dann zur vollen Blüte
gelangen können, wenn sie nicht nur auf Haushalt und Familie orientiert und
allein den Belangen des Mannes und der Kinder untergeordnet bleiben. Erst die
schöpferische, gesellschaftlich nützliche Arbeit in einer von Ausbeutung freien
Gesellschaft, die damit einhergehende soziale und ökonomische Unabhängigkeit,
die Verbindung einer sinnvollen beruflichen Tätigkeit mit der Mutterschaft
geben der Frau die Möglichkeit, ‚dem Mann als wahrhaft Freie und Gleiche’
gegenüberzutreten, zur ‚Herrin ihrer Geschicke’ zu werden, wie August Bebel es
vorausgesehen hat.“ (Autorenkollektiv Panorama DDR 1978, S. 61) Bei dieser
stark idealisierten Darstellung der „Gleichstellung der Geschlechter“ durch die
beiderseitige Berufstätigkeit wird jedoch unterschlagen, dass der Frau wegen
der Doppelbelastung als Arbeitnehmerin und Mutter höhere Anstrengungen
abverlangt wurden, als den ihr vermeintlich gleichgestellten Männern. So
leisteten dem Leipziger Institutes für Bedarfsforschung zufolge im Jahre 1965
die Frauen 90 % der Haushaltsarbeit.[4] Konflikte in diesem Zusammenhang wurden
gesellschaftlich nicht thematisiert und an einem bürgerlichen Familienideal mit
der entsprechenden geschlechtsspezifischen Rollenverteilung wurde festgehalten.
Auf Grund der staatlichen Bemühungen und der ökonomischen Zwänge stieg der
Anteil der erwerbstätigen Frauen kontinuierlich und erreichte 1986 ca. 80 %
(Frauen im arbeitsfähigen Alter zwischen 15 und 60 Jahren; ohne Lehrlinge).[10]
Zu diesem Zeitpunkt waren knapp die Hälfte aller Beschäftigten in der DDR
Frauen. Frauenerwerbstätigkeit in der DDR Jahr Beschäftigte insgesamt davon
Frauen Frauenanteil in % 1950 7 196 000 2 880 000 40,0 1960 7 686 000 3 456 000
45,0 1970 7 769 000 3 750 000 48,3 1980 8 225 000 4 106 000 49,9 1986 8 548 000
4 200 000 49,1 Quelle: Statistisches Jahrbuch der DDR 1987, S. 17 Trotz der
staatlichen Proklamationen bezüglich der erreichten „Gleichstellung der
Geschlechter“ und der Förderungs- und Qualifizierungsmaßnahmen für Frauen und
Mütter blieb der Arbeitsmarkt der DDR geschlechtsspezifisch segmentiert. So
waren Frauen insbesondere im Sozialwesen, Gesundheits- und Bildungsbereich,
Dienstleistungsbereich, im Handel und im Post-, Bank- und Fernmeldewesen
vertreten, während sie in der Industrie, im Handwerk, im Bau- und Verkehrswesen
deutlich unterrepräsentiert waren. In der Industrie waren Frauen insbesondere
in der Textil- und Elektroindustrie anzutreffen, wobei sie gemessen an ihrem
hohen Anteil, nur wenige Leitungsfunktionen innehatten und häufiger in
minderqualifizierten Positionen, mit ungünstigeren Arbeitsbedingungen und
schlechterer Entlohnung tätig waren, als ihre männlichen Kollegen. So
arbeiteten Frauen in der Produktion oft am Fließband mit erschwerten
Kommunikationsmöglichkeiten und hohem Arbeitsdruck. Es ist zusätzlich
anzumerken, dass bei gleicher Arbeit auch kein gleicher Lohn gezahlt wurde. Auf
Frauen ausgerichtete Vereinbarkeit von Beruf und Familie Die DDR ermöglichte
durch staatliche Kinderbetreuung, familienbezogene Arbeitsfreistellungen und
weitere Maßnahmen eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die aber fast
ausschließlich auf Frauen ausgerichtet war.[11] Die Vereinbarkeit galt für
Frauen in der DDR, entsprechend dem propagierten Frauen- und Familienleitbild,
als Selbstverständlichkeit. Die Alternativen als „Nur-Hausfrau“ oder
kinderloser Single zu leben, existierten praktisch nicht und widersprachen der
gesellschaftlichen Norm. Die staatliche Arbeitsplatzgarantie führte
üblicherweise schon in der Zulassung zu einer Lehre oder einem Studium zu einer
Anstellung auf Lebenszeit. So gab es in der DDR seltener ausgedehnte Phasen des
jugendlichen Experimentierens wie etwa in der Bundesrepublik. Die Sozialisation
der Kinder und Jugendlichen folgte oft einem engen vorgegebenen Muster, das
durch gesetzliche Vorgaben bestimmt war: Schulpflicht, Ausbildungspflicht,
Arbeitspflicht. Soziale und finanzielle Vergünstigungen erhielten bevorzugt
Personen mit Kindern. So war in den Zeiten des Wohnungsmangels die einzige
Möglichkeit das Elternhaus zu verlassen und eine eigene Wohnung zu erhalten,
häufig die eigene Elternschaft. Entsprechend bekamen 1986 70 % der Frauen in
der DDR bereits vor dem 25. Lebensjahr ihr erstes Kind. Wenn die Ehe bzw.
Partnerschaft zerbrach, mussten die einstigen Paare infolge des Wohnungsmangels
häufig gezwungenermaßen weiterhin zusammenleben.[12] Zu den staatlichen Vereinbarkeitsmaßnahmen
in der DDR zählte zunächst einmal der Ausbau von Dienstleistungseinrichtungen,
um Frauen neben deren Erwerbstätigkeit von hauswirtschaftlichen Aufgaben zu
entlasten. So sollte beispielsweise die Kindererziehung kollektiviert und in
die Gesellschaft verlagert werden, um die Berufstätigkeit der Frau zu
gewährleisten. Es war erklärtes sozialistisches Ziel, Frauen vom „Joch der
Hausarbeit“ zu befreien und möglichst viele der reproduktiven Aufgaben
institutionell erledigen zu lassen, um somit Frauen für den Arbeitsmarkt
freizustellen und dennoch die gesellschaftliche Reproduktion zu sichern. Auf
Grund der Mangelwirtschaft der DDR, fehlenden Kapazitäten und einem nicht
zuletzt durch die geringe Produktivität veranlassten Arbeitskräftedefizit, war
man in der Realität jedoch weit von diesem Ideal entfernt und Institutionen wie
Wäschereibetriebe oder die sogenannten „Häuser der Dienste“ spielten nur eine
untergeordnete Rolle. Haushaltsgeräte, die die Arbeit hätten erleichtern können
und in Westdeutschland in den 1970er Jahren erschwinglich wurden, wurden als
„Spielerei“ bezeichnet, die nicht in einen „sozialistischen Haushalt“
gehören.[13] Krippenkinder beim Essen Des Weiteren wurden von staatlicher Seite
vermehrt Kinderbetreuungseinrichtungen ausgebaut. Der Ausbau von Kinderkrippen,
Kindergärten und Schulhorten wurde in der DDR wohl auch deshalb stark forciert,
um damit den Einfluss des Staates bzw. der SED auf die Sozialisation der Kinder
zu verstärken. Kritiker halten die frühe Trennung des Kleinkindes von der
Mutter durch die Kinderkrippen für problematisch. Da Frauen in der DDR nach der
Geburt und der beruflichen Pause des „Babyjahres“ möglichst schnell wieder
vollberufstätig sein sollten, musste der Staat ausreichend
Kinderbetreuungseinrichtungen schaffen und Mütter motivieren, bereits die
frühkindliche Betreuung und Erziehung an diese Institutionen abzugeben. Im
Rahmen des sozialistischen Familienleitbilds bildete die Familie keinen
separaten Rückzugsort aus der Gesellschaft, sondern vielmehr ein öffentliches
Grundkollektiv neben anderen kollektiven Gemeinschaftsformen, deren erklärtes
gemeinsames Ziel die Erziehung des Kindes zu einer „sozialistischen
Persönlichkeit“ war. Vorbehalte gegenüber Krippen, Kindergärten und Schulhorten
wurden daher in den DDR-Medien – trotz vorliegender empirischer Daten etwa über
Sprach- und Verhaltensstörungen von Kindern in Wochenkrippen – entweder
verschleiert oder geschönt dargestellt, um nicht den Eindruck zu erwecken, die
Entwicklung der Kinder sei dem Arbeitsmarkt untergeordnet. Laut Befragungen
nach der Wende seien keineswegs alle Frauen mit den Betreuungseinrichtungen
zufrieden gewesen und hätten auch von Vernachlässigung der Kinder erzählt. In
den Interviews berichten Frauen über ihre Zerrissenheit und die Schwierigkeiten
auf Grund der Arbeitszeiten, Wegzeiten, schlechten Versorgung und mangelnden
Dienstleistungen, auch noch den Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden.
Andererseits leisten nach heutigen deutschen und amerikanischen Forschungen
Betreuungseinrichtungen für Kinder einen unbestreitbaren Betrag an deren
Sozialisation, insbesondere für Kinder aus Kleinfamilien. Da Familien
wirtschaftlich in der Regel auf das zweite Einkommen der Frauen angewiesen
waren und staatliche Kinderbetreuungseinrichtungen zur Norm deklariert wurden,
verlagerten sich wie in kaum einem anderen Land der Welt die familiären
Sozialisationsaufgaben in gesellschaftliche Institutionen. Zuletzt betrug die
Versorgungsquote öffentlicher Kleinkindbetreuung im Landesdurchschnitt 80 %, in
den Großstädten bestand eine fast 100-prozentige Versorgung mit Krippen.
Kindergartenplätze gab es für 94 % und Hortplätze für 82 % der Kinder. Im
Vergleich boten die alten Bundesländer im Jahr 1990 Krippenplätze für 2 %,
Kindergartenversorgung zu 78 %, Hortplätze für 4 % der Schulkinder. Die
Betreuungseinrichtungen wurden im Wesentlichen von Seiten des Staates finanziert,
lediglich ein geringes, am Gehalt der Eltern bemessenes Verpflegungsgeld,
musste gezahlt werden (1,40 M für Krippenkinder, 0,35 M für ein
Kindergarten-Mittagessen). Die festgeschriebenen Öffnungszeiten der
Kinderbetreuungseinrichtungen lagen bei 6:00 Uhr bis 19:00 Uhr, daneben
existierten sogenannte Wochenkrippen, in denen die Kinder von Montagmorgen bis
Freitagabend betreut wurden. Viele Kinder befanden sich 10 und mehr Stunden in
Krippen, Kindergärten oder Schule und Hort. Zeiten von 6:00 Uhr morgens bis
16:30 Uhr waren keine Seltenheit. Zeitliche Entwicklung der DDR-Frauen- und
Familienpolitik und ihrer Gesetzgebung Um die ökonomische Leistungsfähigkeit
der DDR zu sichern, richtete sich im Rahmen der formal-juristischen
Gleichstellung von Frauen, das Hauptaugenmerk der Gesetzgebung zunächst einmal
auf frauenspezifische Schutzrechte und berufliche Qualifizierungsmaßnahmen, um
die Berufstätigkeit von Frauen zu fördern. Im Weiteren sollten Regelungen und
familienpolitische Bestimmungen folgen, die angesichts des Geburtenrückganges
in der DDR, die Verbindung von Mutterschaft und Berufstätigkeit für Frauen
ermöglichen sollten, um den gesellschaftlichen Fortbestand der DDR zu sichern.
Die Mischung ökonomischer und bevölkerungspolitischer Ziele fand dabei ihre
ideelle Entsprechung im Leitbild der „werktätigen Frau und Mutter“. Nachkriegszeit
Auf Grund der Kriegstoten und Gefangennahmen infolge des Zweiten Weltkrieges
bestand in der damaligen SBZ im Jahr 1945 ein demografischer Frauenüberschuss
von 57,5 %. In der Zeitspanne von 1945 bis 1949 war es daher insbesondere
erforderlich, Frauen zum Wiederaufbau und zur Produktion zu bewegen und
rechtliche Voraussetzungen für die Gleichberechtigung der Geschlechter im
Erwerbssektor zu schaffen. Der Gleichheitsgrundsatz der DDR-Verfassung schuf
schließlich die Grundlage für die nahezu uneingeschränkte Einbeziehung der
Frauen in den Erwerbssektor und deren berufliche Qualifikation. So heißt es in
der DDR-Verfassung vom 7. Oktober 1949: Artikel 7:„Mann und Frau sind gleichberechtigt.
Alle Gesetze und Bestimmungen, die der Gleichberechtigung der Frau
entgegenstehen sind aufgehoben.“ Artikel 18 „… Mann und Frau … haben bei
gleicher Arbeit das Recht auf gleichen Lohn. Die Frau genießt besonderen Schutz
im Arbeitsverhältnis. Durch Gesetz der Republik werden Einrichtungen
geschaffen, die es gewährleisten, daß die Frau ihre Aufgabe als Bürgerin und
Schaffende mit ihren Pflichten als Frau und Mutter vereinbaren kann ….“ Durch
den Mangel an männlichen Arbeitskräften fehlten in der Nachkriegszeit
insbesondere Facharbeiter und Arbeitskräfte für schwere körperliche Arbeiten.
Zudem waren „weiblich“ dominierte Arbeitsplätze etwa in der Verwaltung oder der
Textilindustrie nach 1945 stark dezimiert worden, so dass Frauen zunehmend in typisch
„männlichen“ Berufszweigen eingesetzt wurden. Hierzu war es notwendig, den
traditionellen Vorstellungen und Vorurteilen bezüglich der Berufstätigkeit von
Frauen entgegenzuwirken und Frauen entsprechend zu qualifizieren. 1950er-Jahre Briefmarke
DDR 1953, Fünfjahrplan, Frau am Schaltrad Von 1949 bis 1957 stieg der
Frauenanteil im Erwerbsleben wiederum an, wenngleich der Frauenanteil an der
Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter auf Grund der ersten großen Fluchtwelle
seit der Gründung der DDR und der Rückkehr von Männern aus der
Kriegsgefangenschaft gesunken war. In dieser Phase des Beginns der
Planwirtschaft (erster Fünfjahresplan 1951–1955) ging es in erster Linie um den
Wiederaufbau der Industrie und somit um den gelenkten Einsatz von Frauen in
wirtschaftlich relevante Zweige wie Bauwesen, Elektroindustrie, Feinmechanik
und Maschinenbau. Frau am Fernschreiber Mähdrescher Neben der Verbesserung der
Arbeitsbedingungen wurde auch auf „moralischer“ Ebene an das
Verantwortungsbewusstsein der Frauen appelliert. Die Berufstätigkeit wurde
dabei als inneres Bedürfnis aller Menschen und als immanenter Bestandteil der
Persönlichkeitsentfaltung dargestellt. Zudem wurde in dieser Zeit insbesondere
am ideologischen Unterbau für die Berufstätigkeit der Frauen gearbeitet, und
die Erwerbsbeteiligung zum alleinigen Maßstab der Gleichberechtigung der
Geschlechter erklärt. Praktisch gesehen erschwerten den Frauen insbesondere die
fehlenden bzw. mangelhaften Kinderbetreuungseinrichtungen, die Verbindung von
Familie und Berufstätigkeit. Die wichtigste Neuerung im Bereich der
Gesetzgebung zur Frauen- und Familienpolitik in dieser Zeit war 1950 die
Verabschiedung des Gesetzes über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte
der Frau. 1960er-Jahre Die bis zum Mauerbau 1961 anhaltende Fluchtbewegung in
Richtung Westdeutschland, insbesondere junger und qualifizierter Menschen,
führte zu einer Überalterung der Bevölkerung und einem Arbeitskräftemangel in
der DDR. In der Zeit von 1949 bis 1961 verließen 2,7 Millionen Menschen die
DDR, dies entsprach 14 % der ursprünglichen Bevölkerungszahl. Auf Grund dieser
Entwicklungen wurde die Erwerbstätigkeit der Frauen für den Fortbestand der DDR
unverzichtbar. Waren es in der Zeit vor 1958 insbesondere alleinstehende
Frauen, die aus ökonomischen Zwängen heraus berufstätig sein mussten, richtete
sich das Hauptaugenmerk der Regierung nun auf verheiratete Frauen und Mütter,
die durch ihre Ehepartner bis dato materiell abgesichert waren. Das Gesetz über
die Abschaffung der Lebensmittelkarten vom 28. Mai 1958 führte zu einem starken
Anstieg der Lebensmittelpreise. Zudem wurde eine nicht berufstätige Ehefrau im
Lohnsteuersystem der DDR nicht berücksichtigt, so dass jetzt auch verheiratete
Frauen finanziell darauf angewiesen waren, zu arbeiten. Aufgrund der
zunehmenden Technisierung und Automatisierung wurde die Qualifizierung der
weiblichen Arbeitskräfte immer wichtiger. In diesem Zusammenhang rückte ab Ende
der 1950er-Jahre auch die enge Verbindung zwischen Frauenerwerbstätigkeit und
Familie in den Fokus der Frauenpolitik. So wurde seit Beginn der 1960er-Jahre
die Überlegenheit der kollektiven Krippenerziehung gegenüber der familialen
Erziehung von Regierungsseite in den staatlich kontrollierten Medien betont, um
die Bedenken berufstätiger Mütter gegenüber institutionalisierten
Erziehungseinrichtungen auszuräumen. Die Bemühungen um verbesserte
Dienstleistungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen blieben zu dieser Zeit
jedoch noch auf einem relativ bescheidenen Niveau, so dass eine große Anzahl der
erwerbstätigen Mütter nur einer Teilzeitbeschäftigung nachging bzw. nachgehen
konnte. Um Frauen zu Qualifizierungsmaßnahmen zu motivieren, wurde das
Gleichberechtigungskonzept der Geschlechter ideologisch modifiziert. Wurde in
den Jahren zuvor die Berufstätigkeit der Frauen als allein ausreichendes Mittel
zur geschlechtlichen Gleichberechtigung propagiert, so bestimmte jetzt die von
den Frauen erworbene Qualifikation und ihre berufliche Stellung den Grad ihrer
Gleichberechtigung. Handelte es sich in den beiden vorangegangenen Jahrzehnten
auf Grund der wirtschaftlichen Lage in erster Linie um eine
Frauenarbeitspolitik, so begann 1965 mit der Verabschiedung des ersten
Familiengesetzbuches der DDR[14] eine eigenständige Familienpolitik. Ehe und
Familie wurden in diesem Zusammenhang als Einheit betrachtet zu einer
elementaren und alternativlosen Form der „sozialistischen Lebensweise“ erklärt.
Bezogen auf die Beziehungen zwischen den Ehepartnern wurde formuliert, dass die
Aufnahme einer Berufstätigkeit, die Teilnahme an einer Weiterbildung oder die
Übernahme von gesellschaftlicher Arbeit durch den Ehepartner zu unterstützen
sei (§ 10 (2)). Auf formal-juristischer Ebene wurde damit in der DDR Abschied
von der Hausfrauen-Ehe genommen. Die Funktion der Familie als Sozialisationsinstanz
rückte dabei wieder stärker in den Vordergrund. Zur Umsetzung des neu
formulierten Familienleitbilds wurde erstmals Kindergeld für kinderreiche
Familien ausbezahlt. Neben dem Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen wurden
zur Entlastung von Haushalten auch zusätzliche Wäschereien eingerichtet und
vermehrt technische Haushaltsgeräte produziert. Mit dem 1965 verabschiedeten
Gesetz über das einheitliche Bildungssystem und weiteren
Qualifizierungsmaßnahmen zur Aus- und Weiterbildung, sollten Frauen
Voraussetzungen für insbesondere technische Berufe und mittlere und leitende
Tätigkeiten erwerben können, wobei berufstätigen Müttern Sonderrechte
eingeräumt wurden. 1970er-Jahre In den 1970er Jahren richtete sich, auf Grund
des Geburtenrückgangs, der Verringerungen der Anzahl an Eheschließungen und dem
Anwachsen der Scheidungszahlen in der DDR, das Hauptaugenmerk der Staats- und
Parteiführung auf das bereits im Familiengesetzbuch von 1965 festgeschriebene
Ideal der Kleinfamilie mit zwei bis drei Kindern. Um Anreize für (möglichst
frühe) Eheschließungen und Geburten zu schaffen, beschloss die SED-Regierung
1972 die Einführung des zinslosen „Ehekredits“ in Höhe von 5000 Mark, der
gewährt wurde, wenn die Paare bei der Eheschließung jünger als 26 Jahre alt
waren und zum ersten Mal heirateten. Dieser Kredit konnte durch die Geburt von
Kindern „abgekindert“ werden, das heißt, die zurückzuzahlende Summe reduzierte
sich pro Kind in Stufen um 1000 / 1500 / 2500 Mark und war so mit der Geburt
des dritten Kindes vollständig erlassen. Zusätzlich wurden weitere Maßnahmen
ergriffen, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen zu
erleichtern. Seit 1972 wurde bei der Geburt jedes Kindes eine Beihilfe von 1000
Mark gezahlt, der Schwangerschafts- und Wochenurlaub wurde auf 18 Wochen
ausgedehnt und alleinstehenden Müttern und kinderreichen Familien wurden
Sonderrechte eingeräumt, insbesondere die finanzielle Unterstützung bei der
Betreuung kranker Kinder und die Bevorzugung bei der Vergabe von Wohnraum und
Krippenplätzen. 1972 erfolgte durch das Gesetz über die Unterbrechung der
Schwangerschaft jedoch auch die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs –
ungeachtet des staatlichen Ziels der Geburtensteigerung. Hinzu kam die
kostenlose Abgabe von Verhütungsmitteln an sozialversicherte Mädchen und Frauen
ab 16 Jahren. Bereits seit dem Jahr 1965 war die Antibabypille in der DDR
verfügbar. 1976 wurde auf dem IX. Parteitag der SED, wegen des weiterhin
bestehenden Konflikts zwischen Geburtenförderung einerseits und der
wirtschaftlich notwendigen Vollerwerbstätigkeit der Frauen und Mütter
andererseits, ein zweites Sozialpaket verabschiedet, das in den 1980er Jahren
ergänzt wurde. Selbst wenn aus bevölkerungspolitischen Interessen heraus nun
auch alleinerziehende Mütter zusehends gefördert wurden, blieb doch das
DDR-Ideal der Zwei-bis-Drei-Kind-Familie mit voll berufstätigen Ehepartnern im
Vordergrund und so wurde, als Reaktion auf das gestiegene Heiratsalter und die
wachsende Anzahl von Zweitehen, der „Ehekredit“ auf 7000 Mark erhöht und der
Kreis der Anspruchsberechtigten erweitert. Bei den weiteren Sozialmaßnahmen
handelte es sich im Wesentlichen um zeitliche Regelungen mit finanziellem
Ausgleich. So wurde Frauen mittels der „Vereinbarkeitsregelung“ der Erziehungsurlaub,
zunächst ab der Geburt des zweiten Kindes, bei voller Lohnfortzahlung für ein
Jahr gewährt. Das Kindergeld wurde erhöht, der Mutterschutz erweitert und die
bezahlte Freistellung zur Pflege kranker Kinder eingeführt. 1980er-Jahre Ab
1986 konnte das bezahlte „Babyjahr“ bereits beim ersten Kind in Anspruch
genommen werden und zudem bei der Geburt des dritten Kindes noch einmal um ein
halbes Jahr verlängert werden. Auch konnten nun Väter das bezahlte „Babyjahr“
in Anspruch nehmen. Des Weiteren wurde die 40-Stunden-Woche für
vollbeschäftigte Frauen mit zwei Kindern ohne Lohnminderung, der bezahlte
monatliche „Hausarbeitstag“ für vollbeschäftigte unverheiratete Frauen ohne
Kinder ab dem 40. Lebensjahr und die Erhöhung des Grundurlaubes gemessen an der
Kinderzahl eingeführt. All diese Maßnahmen sollten dazu dienen, berufstätigen
Müttern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erleichtern, um somit der
steigenden Tendenz zur Teilzeitarbeit bei Frauen entgegenzuwirken und diese
stattdessen zur Vollbeschäftigung zu motivieren. Hinzu kam eine verstärkte
staatliche Propaganda, welche Vollzeitarbeit als moralische Pflicht darstellte,
deren identitätsstiftendes Moment betonte und zudem gleich lange Arbeitszeiten
zum wesentlichen Kriterium der geschlechtlichen Gleichstellung erklärte. All
diese gesetzlichen Veränderungen führten zu einer gesellschaftlichen und
sozialpolitischen Privilegierung berufstätiger Mütter. Deren nun auch offiziell
anerkannte Doppelzuständigkeit kam in der häufig strapazierten Sprachformel von
der „werktätigen Frau und Mutter“ zum Ausdruck. Da sich die politischen
Förderungsmaßnahmen ausschließlich an berufstätige Frauen mit Kindern
richteten, setzte sich umgangssprachlich der Begriff „Muttipolitik“ durch. Die
Einführung des bezahlten „Babyjahres“ entschärfte zwar zum einen den
Zeitkonflikt der Frauen und sie genossen nun als Mütter, die den
gesellschaftlichen Fortbestand sicherten, ein vergleichsweise höheres Ansehen.
Zum anderen wurden Frauen jedoch auf Grund der vorhersehbaren einjährigen
Arbeitspause und der finanziellen Mehrkosten (die Betriebe mussten einen Teil
der „Vereinbarkeitsregelung“ selbst zahlen) zum „wirtschaftlichen Risikofaktor“
für die Betriebe und daher nicht selten mit weniger anspruchsvollen Aufgaben
betraut, als ihre männlichen Kollegen mit vergleichbarer Kompetenz. Nach 1990 Im
Kabinett Kohl III (März 1987 bis Januar 1991) gab es ein Ministerium für
'Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit'. Im Kabinett Kohl IV (bis November
1994), dem ersten gesamtdeutschen Kabinett, gab es deutlich mehr Ministerien:
eines für Gesundheit, eines für 'Frauen und Jugend' (Ministerin: Angela Merkel)
und eines für 'Familie und Senioren'. Ab 1994 waren die beiden letztgenannten
wieder ein Ministerium (Ministerin: Claudia Nolte (* 1966 in Rostock)). Nach
der Bundestagswahl am 27. September 1998 bildete Gerhard Schröder eine
rot-grüne Koalition; die erste Bundesregierung mit Beteiligung der Grünen. Das
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erhielt Christine
Bergmann (* 1939 in Dresden). Im Kabinett Schröder II erhielt Renate Schmidt
dieses Ministerium. Es gab also zwölf Jahre lang – 1991 bis 2002 –
Ministerinnen für Frauen(politik), die bis zur Wiedervereinigung in der DDR
gelebt hatten. Siehe auch Mütterunterstützung Literatur in der Reihenfolge des
Erscheinens Inge Hieblinger: Frauen in unserem Staat. Einige Probleme der
Förderung der Frau unter den Bedingungen der wissenschaftlich-technischen
Revolution in der DDR. Staatsverlag der DDR, Berlin 1967. Walter Ulbricht:
Frauen – Miterbauerinnen des Sozialismus. Aus Reden und Aufsätzen.
Herausgegeben vom Bundesvorstand des Demokratischen Frauenbundes Deutschlands
mit Unterstützung des Instituts für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED.
Verlag für die Frau, Leipzig 1968. Wissenschaftlicher Beirat „Die Frau in der
sozialistischen Gesellschaft“ bei der Akademie der Wissenschaften der DDR
(Hrsg.): Zur gesellschaftlichen Stellung der Frau in der DDR. Verlag für die
Frau, Leipzig 1978. Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.): Um die Gleichberechtigung
der Frauen in beiden deutschen Staaten. Verlag Neue Gesellschaft, Bonn 1979. Gisela
Helwig: Frau und Familie in beiden deutschen Staaten. Verlag Wissenschaft und
Politik, Köln 1982, ISBN 3-8046-8605-2. Irene Böhme: Die da drüben. 7 Kapitel
DDR. Rotbuch-Verlag, Berlin, 2., erweiterte Aufl. 1982, ISBN 3-88022-265-7,
darin Kapitel 6: Die Frau und der Sozialismus, S. 82–107. Gabriele Gast: Art.
Frauen. In: Hartmut Zimmermann (Hrsg.): DDR-Handbuch, Bd. 1: A – L. Verlag
Wissenschaft und Politik, Köln, 3., überarbeitete und erweiterte Aufl. 1985, S.
443–449. Barbara Hille: Familie und Sozialisation in der DDR. Leske und
Budrich, Opladen 1985, ISBN 3-8100-0270-4. Petra Koch, Hans Günther Knöbel:
Familienpolitik in der DDR im Spannungsfeld zwischen Familie und
Berufstätigkeit von Frauen. Centaurus-Verlagsgesellschaft, Pfaffenweiler 1986,
ISBN 3-89085-105-3. Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.): Frauen in der DDR. Auf
dem Weg zur Gleichberechtigung? Verlag Neue Gesellschaft, Bonn, 2. Aufl. 1987. Romina
Schmitter: Frauen auf dem Weg zur Gleichberechtigung in Deutschland. Klett,
Stuttgart 1996, ISBN 3-12-490450-8. Andrea Schmidt-Niemeyer: Frauen zwischen
Petticoat und Werkbank ... Geschlechterverhältnisse in der deutschen
Nachkriegsgesellschaft: Eine Analyse anhand exemplarischer Paardarstellungen
(Schwerpunkt 1945–1960). Diss., Universität Heidelberg 2001. Anna Kaminsky:
Frauen in der DDR. Links Verlag, Berlin 2016, ISBN 978-3-86153-913-1.
_________________________________________________________________________
ScModesendungen mit Klaus Ehrlich h – gruppen, konflikte, quartiere, 1970 bis 1989. Eine Ausstellung des Deutschen Historischen Museums in Berlin, 4. September 1997 bis 16. Dezember 1997 (online). Blutige Erdbeeren unterm Fernsehturm, Berliner Zeitung vom 7. Oktober 2000, gesichtet am 7. Juli 2013. „Wir wollen euren Friedhofsfrieden nicht“ von Karl Winkler, Report eines Beteiligten bei den Bluesmessen und zum Jugendprotest am 7. Oktober 1977 auf dem Alexanderplatz auf www.spiegel.de, vom 14. März 1983, gesichtet am 15. November 2013. Karl Winkler: „Zur Klärung eines Sachverhaltes“. Aufbau-Verlag, 1990, ISBN 978-3-351-01796-5. Stasi-Untersuchungsbericht (original Abschlussbericht des MfS) zu den Protesten auf dem Alexanderplatz auf http://www.bstu.bund.de,/ gesichtet am 15. November 2013. Michael Rauhut: Rock in der DDR. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2002, ISBN 3-89331-459-8, S. 121. Roman Rutkowski: Das Charisma des Grabes – Die Szene in der ehemaligen DDR. 2004, ISBN 3-8334-1351-4, S. 59. Manfred Stock, Philipp Mühlberg: Die Szene von innen – Die Grufties. 1990, ISBN 3-86153-007-4, S. 96. Harry Waibel: Rechtsextremismus in der DDR bis 1989, Köln 1996. FAZIT: Rechtsradikale im antifaschistischen Staat. Deutschlandradio Kultur, 26. September 2006. Film über Neonazis in der DDR, von Philip Banse (online). Norbert Madloch: Rechtsextremismus in Deutschland nach dem Ende des Hitlerfaschismus (Memento des Originals vom 7. Oktober 2005 im Internet Archive) i Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 1,0 MB). In: Klaus Kinner und Rolf Richter: Rechtsextremismus und Antifaschismus. Historische und aktuelle Dimension. Berlin: Karl Dietz Verlag. 2000, S. 57–215, S. 73.
SW: DDR Deutsche Demokratische Republik BRD Bundesrepublik Deutschland Ostdeutschland Westdeutschland SBZ Sowjetische Besatzungszone Walter Ulbricht Erich Honecker Erich Mielke Willy Stoph Heinz Keßler Markus Wolf Richard Stahlmann Ifo-Dienst Staatssicherheit Komitee für Staatssicherheit Staatssekretariat Staatssicherheistdienst Stasi Stasi Haft Gefängnis politischer Verfolgung Diktatur totalitär totalitarismus Opposition 17. Juni 1953 13. August 1961 Mauerbau staatsgrenze innerdeutsche grenze zonengrenze grüne grenze mauertote todesopfer parteiapparat Komunnisten Moskaukader Moskau-Kader Exil Emigration Politikwissenschaft Parteibeschluss Koexistenz Ostblock Warschauer Pakt Warschauer Vertrag NVA Kampfgruppen Grenzer Grenzdienst Grenzsoldaten DVP Deutsche Volkspolizei Kriminalpolizei Kripo Wirtschaft Planwirtschaft Zentralkomitee ZK Politbüro SED-Politbüro KGB KGU UfJ Tscheka NKVD NKWD Blockpartei Blockparteien Massenorganisationen FDJ Freie deutsche jugend Pionierorganisation FDGB freier deutscher Gewerkschaftsbund arbeiterbewegung KAPD rätekommunisten AAU AAU Anarchismus Kommunsismus Einheitspartei SPD Sozialdemokratie Sozialdemokratische Partei Deutschlands Generalstaatsanwaltschaft Justiz Terror Terrorjustiz Flucht Vertreibung Ausschuss für deutsche Einheit National front demokratischer Block der Parteien und Massenorganisationen SMAD sowjetische Militäradministration Rote Armee Sowjetarmee sowjetische besatzung Alliierte Volkskammer Parlament Kadrepolitik Nomeklatur nomenklatura politiwissenschaft geheimdienst geheimdienste spionage sabotage diversion subversion fake-news desinformation cia bnd verfassungsschutz ddr-forschung sowjetologie osteuropaforschung deutschlandforschung Plankommission Betriebsparteiorganisation ADN GST Gesellschaft für Sport und Technik Kulturbund KPdSU UdSSR Sowjetunion LDPD Liberelademokratische Partei Deutschlands Christlich demokratische Partei Deutschlands Demokratische Bauernpartei LPG Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft MdI Ministerium des Innern Innenministerium gesamtdeutsch innerdeutscher Handel Interzonenverkehr Ministerrat Nationaldemokratische Partei Deutschlands Volkseigene Betriebe VEB Volkseigener Betrieb VVV Zentrale Parteikontrollkomission ZPKKOpposition Dissidenten Widerstand Kirche evangelische EKD Bunde evangelischer Kirchen in der DDR katholische Kirche Katholiken Protestanten Kirchenpolitik Westarbeit Deutschlandpolitik wirtschaftspolitik jugendpolitik bildungspolitik jugendorganisation frontorganisation hilfsorganisation untergrund propaganda agitation verstaatlichung enteignung exekutive kalter krieg blockkonfrontation anerkennunsgpolitik uno helsinki menschenrechte bürgerrechte entspannung entspannungspolitik hochrüstung wettrüsten abrüstung friedensbewegung K-gruppen geschichtsaufarbeitung berlin wiedervereinigung deutsche einheit deutsche teilung eiserner vorhang