Kieler Woche 1911.
Achtseitiger großformatiger Originaldruck von 1911.
Text von Georg Hoffmann.
Mit zehn Illustrationen von Professor Willy Stöwer.
In der Platte signiert.
Der Kaiser an Bord seiner Jacht „Meteor“ während des Starts für eine Regatta.
Jachten vor Eckernförde.
Die Begleitdampfer im Kielwasser der „Kronprinzessin Cecilie“.
Matrosen in der Holstenstraße in Kiel.
Meteor segelklar.
Amerikanisches Kriegsschiff im Hafen Kohlen nehmend.
Bierabend im Garten des Kaiserlichen Jachtklubs in Kiel am 26. Juni.
Während einer der amerikanisch-deutschen Sonderklassen-Wettfahrten.
Bierabend in Borby (Eckernförde) in Anwesenheit des Kaisers am 27. Juni.
Die Seewettfahrt auf der Kieler Förde am 23. Juni.
Journalausschnitt in der Größe 280 x 390 mm.
Mit minimalen Alterungs- und Gebrauchsspuren, sonst sehr guter Zustand.
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Geboren am 22. Mai 1864 in Wolgast; gestorben am 31. Mai 1931 in Berlin. Nach erster Tätigkeit unter anderem als Techniker an verschiedenen deutschen Werften, erhielt Stöwer bald erste Aufträge als Maler, Zeichner und Illustrator. Seine Maltechnik hatte er sich als Autodidakt angeeignet. Stöwer war Vorstandsmitglied des Deutschen Flottenvereins. Kaiser Wilhelm II. war ein begeisterter Anhänger und Förderer des Künstlers und besaß mehrere seiner Werke. Willy Stöwer begleitete den Monarchen zwischen 1905-1912 auf mehreren seiner Schiffsreisen. 1907 wurde ihm der Professoren-Titel verliehen. Besondere Bekanntheit erlangte Stöwers Darstellung des Untergangs der Titanic in der Zeitschrift Die Gartenlaube, ein Illustrationsauftrag, den er ohne wirkliche Informationen im Detail kurze Zeit nach der Katastrophe anfertigte. Dieses Bild wurde mit seinen Detailfehlern bis in unsere heutige Zeit vielfach im europäischen Raum zitiert und unzählige Male abgedruckt. Vergleichbar mit den Lebensläufen anderer Marinemalern aus der Kaiserzeit, wie z.B. von Hans Bohrdt, war mit der Abdankung von Kaiser Wilhelm II. und dem Niedergang der deutschen Seemacht und Handelsflotte seine große Schaffensperiode vorbei. Er erhielt nur noch wenige Illustrationsaufträge von deutschen Reedereien und hatte bis zu seinem Tod große Probleme, ohne die kaiserliche Gunst seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Von Beruf Schiffbauingenieur und am 22. Mai 1864 in Wolgast geboren, als Marinemaler der Kaiserzeit Autodidakt und von der Kunstkritik damals wie heute als Trivialist bewertet - nur unter diesem Blickwinkel würde Willy Stöwer und sein künstlerische Werk einer Ausstellung für ein breites Publikumsinteresse nur teilweise genügen. Wäre da nicht sein Wirken als Vorstandsmitglied und Propagandist des Deutschen Flottenvereins, sein publikumswirksames und besonders erfolgreiches Arbeiten, als Illustrator, Autor und Herausgeber von über 57 Büchern sowie seine Rolle als maßgeblicher Förderer des Deutschen Segelsports. Als Protegé Kaiser Wilhelm II. der ihm seine maritim-künstlerische Artverwandtschaft durch allerhöchste Gunst zeigte, wurde Stöwer als Künstler gesellschaftsfähig in einer Welt des Adels, des Militärs und des gehobenen Bürgertums. Die Facetten seines gesellschaftlichen Lebens und künstlerischen Wirkens, einzeln dargestellt und in den kulturhistorischen Kontext gebracht ergeben ein Zeitgeistpanorama, das viele Menschen faszinieren wird. Stöwer lebte und wirkte in der Hochzeit des Deutschen Kaiserreichs vor dem Ersten Weltkrieg und stürzte nach 1918, gleich dem Reich, in die deutsche Identitätskrise. 1884 veröffentlichte eine Zeitschrift den ersten "Stöwer", noch ohne den signifikanten Willy-Stöwer-Schriftzug, an dem seine späteren Bilder leicht identifizierbar sind. In den rund dreißig Jahren von 1890 bis zum Ende des ersten Weltkrieges 1918 schuf er sein Lebenswerk. Neben einer, bis heute noch nicht dokumentierten Zahl von Gemälden illustrierte er nicht nur Bücher, sondern lieferte Illustrationen für in- und ausländische Zeitschriften die in die Hunderte wenn nicht Tausende gehen. Der 1. März 1904 sollte für Willy Stöwer ein Schicksalstag werden. Vom Ober-Hofmarschall-Amt erhielt er die Einladung zur Teilnahme an der Mittelmeerreise des Kaisers auf S.M.Y.HOHENZOLLERN. Mit Illustrationsaufträgen der Illustrierten Zeitung in Leipzig und des Scherl-Verlages im Gepäck, begann er seine erste Reise im Gefolge Kaiser Wilhelms II, der noch mehrere Mittelmeer- und Nordlandfahrten folgen sollten. Geschickt nutzte er die neuen Kontakte. Mit Aufträgen reichlich versorgt malte und zeichnete er wie am Fließband und fand bald seine Anhängerschaft in Adelskreisen und im potenten Bürgertum. Die Missbilligung der Kunstkritik ärgerte ihn zwar aber sie konnte der Wertschätzung in seinen Kreisen nichts anhaben. Er war der bekannteste und erfolgreichste Marinemaler seiner Zeit. Der Erste Weltkrieg begann und Stöwer verstand seine Welt nicht mehr. Die Bitte, als Kriegsmaler auf einem Großkampfschiff mitfahren zu dürfen wurde aus prinzipiellen Gründen abgelehnt. Mit ganz wenigen Ausnahmen des eigenen Erlebens, Stöwer skizzierte und arbeitete einige Wochen an der Front in Flandern, fand sein Weltkrieg im Atelier in Berlin-Tegel statt. Die in Bezug der Informationen "ferngesteuerte" Darstellungsform, seine auf ökonomische Effizienz angelegte Arbeitsweise sowie seine mangelnde Fertigkeit bei der figürlichen Umsetzung von Szenen mit Menschen, bereiteten ihm im Laufe des Krieges Probleme bei seinen Verlagsauftraggebern. Akademisch ausgebildete Maler und Illustratoren wie Claus Bergen oder Felix Schwormstädt und einige andere, waren künstlerisch attraktiver und Stöwer wurde in die zweite Reihe zurückgedrängt. Er hatte seinen Zenit als Illustrator überschritten und widmete sich zunehmend der Auftragsmalerei. Nach dem Ende des ersten Weltkrieges existierte die Welt des Willy Stöwer nicht mehr. Seine Kunst, die das Genre der deutschen Marinemalerei stilbildend mitgestaltet hatte, war nicht mehr gefragt. Obwohl er in seinen letzten zehn Lebensjahren noch einige Gemälde der Nachwelt vermachte und ein Buch illustrierte, dass den Seekrieg von 1914 bis 1918 Revue passieren ließ konnte er an den Ruhm, den Einfluss und das Geldverdienen der Vorkriegszeit nicht wieder anknüpfen. Still und wenig beachtet starb er am 31. Mai 1931 in Berlin-Tegel, wo er über 45 Jahre lebte. Die Kieler Woche ist eine jährlich stattfindende Segelregatta, die seit Ende des 19. Jahrhunderts in Kiel ausgetragen wird. Sie gilt als eines der größten Segelsportereignisse der Welt. Neben den Segelsportwettbewerben bietet die Kieler Woche ein umfangreiches Programm wie etwa Auftritte internationaler Gruppen und Künstler, die in rund 300 Konzerten auf 16 Bühnen Live-Musik bieten. Daneben gibt es auf kleineren Bühnen Darbietungen zahlreicher lokaler Gruppen. Als maritimer Höhepunkt gilt die Windjammerparade (seit 1998 jährlich) am letzten Samstag der Kieler Woche, an der mehr als 100 Groß- und Traditionssegler, historische Dampfschiffe sowie Hunderte von Segelyachten teilnehmen. Zu Gast sind in jedem Jahr auch zahlreiche Marineschiffe aus anderen Ländern. Ein weiterer Höhepunkt ist seit 2005 die jährliche Verleihung des Weltwirtschaflichen Preises, der vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW), der Industrie- und Handelskammer Schleswig-Holstein und der Stadt Kiel gemeinsam vergeben wird. Mit dem Preis werden Vordenker einer weltoffenen, marktwirtschaftlichen Gesellschaft gewürdigt. Die Kieler Woche findet immer in der letzten vollständigen Juni-Woche statt und wird am Abend des vorletzten Juni-Samstages mit dem sogenannten Glasen und dem Holstenbummel offiziell eröffnet. Inoffizieller Beginn des Volksfestes ist jedoch bereits am Freitagabend mit dem Soundcheck auf den Bühnen in der Kieler Innenstadt. Damit sind es insgesamt zehn Festtage, die am letzten Sonntag im Juni mit einem 20-minütigen Feuerwerk über der Kieler Innenförde festlich enden. Segelregatten Die meisten Segelwettfahrten beginnen in Schilksee (im Olympiazentrum Schilksee), dort liegt zum großen Teil das sportliche Zentrum der Kieler Woche. Aber auch an der Kiellinie entlang der Kieler Förde kann man vor allem vom Westufer aus weitere, kleinere Sportaktivitäten verfolgen wie Marinekutterregatten, Optimistensegeln, Kanupolo oder klassisches Kutterpullen. Die traditionelle Eröffnungsregatta der Kieler Woche, die „Aalregatta“ Kiel–Eckernförde–Kiel (seit 1893, seit 1906 als Teil der Kieler Woche) wurde 2006 durch das „Welcome Race“ nach Laboe (ab 2010 wieder nach Eckernförde) ersetzt, wird nun aber mit Ziel Schilksee als eigenständige Veranstaltung weitergeführt. Außer rund 5.000 Seglern aus mehr als 50 Nationen, die mit etwa 2.000 Booten die Wettbewerbe bestreiten, kommen jedes Jahr über drei Millionen Besucher in die Stadt. Die Regatten finden in 16 nationalen und internationalen Bootsklassen sowie in den zehn Olympischen Klassen statt. Zudem messen die Yachten in den Klassen ORC International I-IV und in verschiedenen One Design-Klassen ihre Kräfte. Volksfest Um das Seglerereignis herum hat sich seit langem ein umfangreiches Volksfest etabliert. Entlang der Kiellinie und neuerdings auch auf dem Willy-Brandt-Ufer an der umgebauten Hörn sind Bühnen und Stände aufgebaut, auf dem Rathausplatz und in der Fußgängerzone werden auf dem sogenannten Internationalen Markt Spezialitäten verschiedener Länder angeboten. Es finden verschiedene Kulturveranstaltungen statt. Für Kinder gibt es ein spezielles Programm auf der Spiellinie. Viele Sponsoren – vor allem aus der schleswig-holsteinischen Medienlandschaft – sorgen auf mehreren Bühnen für kostenlose Konzerte von Bands, Komödianten und Folkloregruppen. Aber auch am Rand der Kiellinie und in der Stadt finden sich kleinere Amateurbands und -schausteller. Das Kieler-Woche-Plakat Seit 1948 wirbt alljährlich ein Kieler-Woche-Plakat für die Festwoche. Deren Design ist ein weiteres Beispiel für die kulturelle Positionierung und visuell-gestalterische Tradition der Kieler Woche. In diesem Kontext stellt eine Jury eine Auswahl von Grafikern zusammen und lädt diese dann zum Wettbewerb um das Corporate Design der Festwoche ein. Eine Einladung gilt bereits als Auszeichnung, da der Gestaltungswettstreit ein hohes Ansehen genießt und viele Motive mit nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet wurden. Unter anderem entwarfen folgende Grafiker für die Kieler Woche: Ernst Irmler (1953), Anton Stankowski (1962), Hans Hillmann (1964), Michael Engelmann (1965), Bruno K. Wiese (1971 & 1982), Rolf Müller (1972), Otto Treumann (1975), Ruedi Baur (1986), Rosemarie Tissi (1990), Hans Günther Schmitz (1992), Christof Gassner (1993), Siegfried Odermatt (1994), Willem Hendrik Crouwel (1998), Fons M. Hickmann (2002), Klaus Hesse (2006), Markus Dreßen (2007), Peter Zizka (2008), Henning Wagenbreth (2009) sowie Andrew und Jeffrey Goldstein (2010). Die Reihe der Kieler-Woche-Plakate gilt als Spiegelbild der jüngeren Grafikgeschichte. Die Motive werden auf vielerlei Objekten aufgebracht und nahezu alle dieser – meist vom Wettbewerbsgewinner selbst entwickelten – Anwendungen erreichen nach kurzer Zeit Sammlerstatus. Geschichte Am 23. Juli 1882 starteten 20 Yachten zu einer Regatta vor Düsternbrook. Des großen Erfolgs wegen wurde die Regatta in den folgenden Jahren wiederholt. So fanden zwei Jahre später die Segelwettfahrten bereits über eine ganze Woche verteilt statt. Der Name „Kieler Woche“ entstand durch einen Journalisten, der diese Veranstaltung 1894 in der Presse erstmals so benannte. 1889 besuchte zum ersten Mal Kaiser Wilhelm II. die Kieler Wettfahrten. Er war Kommodore im Kaiserlichen Yacht Club Kiel und förderte den Segelsport ebenso wie sein Bruder Heinrich von Preußen. 1892 lagen erstmals 100 Anmeldungen zur Regattateilnahme vor. Kaiser Wilhelm II. wurde mit seiner kaiserlichen Yacht Meteor regelmäßiger Gast. Im Rahmen der Kieler Woche 1895 wurde der Kaiser-Wilhelm-Kanal (heute Nord-Ostsee-Kanal) feierlich eröffnet. 1905 fanden im Rahmen der Kieler Woche auch Rennen für Motorboote statt. Im ersten Vierteljahrhundert gingen fast 6.000 Boote an den Start. Mit der Eröffnung der neuen Kanalschleusen des Kaiser-Wilhelm-Kanals wurde 1914 ein neuer Höhepunkt gesetzt. Während der Kieler Woche, am 28. Juni, wurde der österreichische Thronfolger in Sarajevo ermordet, woraufhin die Wettfahrt abgebrochen wurde. Während des folgenden Ersten Weltkriegs wurde keine Kieler Woche veranstaltet (1915–1919). Mit der M. der N. erfolgte auch ein inhaltlicher Wandel der Kieler Woche. Zwar fanden bis zum Kriegsausbruch 1939 weiterhin Segelveranstaltungen statt, jedoch nun deutlich vor dem Hintergrund der n. P. So wurde Kiel 1936 zum ersten Mal Austragungsort der Olympischen Segelwettbewerbe, doch auch diese Veranstaltung muss in Zusammenhang mit dem stetig wachsenden P.apparat der N. betrachtet werden. 1937–1939 wurde die Kieler Woche vom Yacht-Club von Deutschland veranstaltet. In den Kriegsjahren zwischen 1940 und 1944 fand die Kieler Woche abermals nicht statt. 1945 wurde die erste Segelwoche nach dem Z. W. von der britischen Besatzungsmacht unter dem Namen „Kiel-Week“ veranstaltet, allerdings ohne jegliche deutsche Beteiligung. Eine neue Festwoche, die von der Kieler Stadtvertretung organisiert und im September 1947 unter dem Namen Kiel im Aufbau gefeiert wurde, sollte in erster Linie der Kieler Bevölkerung nach den schweren Kriegsjahren neuen Lebensmut geben. Zahlreiche Ausstellungen, Vorträge und Kundgebungen berichteten von den Aufbauarbeiten und Fortschritten und gaben Hoffnung für die Zukunft der Stadt. Im September 1948 wurde Kiel im Aufbau zum zweiten Mal veranstaltet, 1949 fand dann erstmals nach dem Krieg wieder eine gemeinsame Kieler Woche statt, die ein Miteinander von Segelveranstaltung - wie bei der „Kiel Week“ - Kulturprogramm, Jugend- und Volksfest sein sollte. 1950 eröffnete mit Theodor Heuss zum ersten Mal ein Bundespräsident die Kieler Woche; viele Bundespräsidenten und -kanzler läuteten seither ebenfalls die Kieler Wochen ein. Bedeutende Bühnen und Orchester aus allen skandinavischen Staaten setzten 1962 neue Akzente im kulturellen Teil. 1972 wurden die Olympischen Segelwettbewerbe zum zweiten Mal in Kiel ausgetragen. Aus deren Anlass fand 1972 auch die erste, große Windjammerparade (Operation Sail 1972) statt - sie ist heute eine feste Größe im Kieler-Woche-Programm und findet immer am vorletzten Tag der Kieler Woche statt. Nach dem Vorbild der Olympischen Spielstraße wurde auf der Kiellinie (eine Promenade am Fördeufer) 1974 die Spiellinie eingerichtet. 1994 wurde die 100. Kieler Woche veranstaltet (da in den jeweiligen Kriegsjahren keine Kieler Wochen stattfanden). Im Mittelpunkt der Kieler Woche 1995 stand das 100-jährige Bestehen des Nord-Ostsee-Kanals. 2007 feierte die Kieler Woche ihr 125-jähriges Bestehen. Die SMY Hohenzollern war eine Staatsyacht des Deutschen Reiches und diente von 1893 bis 1918 Kaiser Wilhelm II. für repräsentative Zwecke. Das Schiff gehörte zur Kaiserlichen Marine und war als Aviso in der Liste der Kriegsschiffe geführt. Entwicklung und Bau Nach der Thronbesteigung Wilhelms II. im Juni 1888 nutzte dieser häufiger das Schiff für Staatsbesuche und Reisen. Da jedoch die noch als Raddampfer ausgeführte SMY Hohenzollern inzwischen technisch veraltet war und den Anforderungen des Kaisers nicht genügte, wurde für den Etat 1889/90 Finanzmittel für einen Neubau angefordert. Da dieser im Kriegsfall auch für militärische Zwecke eingesetzt werden sollte, beantragte der Staatssekretär des neugeschaffenen Reichsmarineamtes, Konteradmiral Karl Eduard Heusner, einen Aviso für größere Kommandoverbände. Im Reichstag kam es in der Folge zu Diskussionen über diese Benennung, die Mittel wurden aber letztlich gewährt. Die Konstruktionsabteilung des Reichsmarineamtes erstellte in der Folge die Baupläne für den Aviso. Unter Zeitgenossen waren diese nicht unumstritten, beispielsweise bezeichnete Eduard von Knorr das Schiff als „einen in das Wasser gefallenen Omnibus.“ Der Bauauftrag für den Aviso erhielt die Stettiner Werft AG Vulcan, die im Juli 1891 den Kiel für das Schiff streckte. Der Neubau stand am 27. Juni 1892 zum Stapellauf bereit. Nach einer Taufrede des Kaisers und der Taufe auf den Namen Hohenzollern durch Kaiserin Auguste Viktoria wurde der Neubau zu Wasser gelassen. Die gleichnamige alte Kaiseryacht erhielt am selben Tag den neuen Namen Kaiseradler. Der Ausbau des Schiffes wurde bis Anfang des Jahres 1893 beendet. Technik Die Hohenzollern war als Quer- und Längsspant-Stahlbau ausgeführt und verfügte über hölzerne Decks. Der Rumpf war in 13 wasserdichte Abteilungen unterteilt und besaß über 40 % seiner Länge einen Doppelboden. Die Konstruktionsverdrängung lag bei 4.180 t, die maximale Verdrängung des einsatzbereiten Schiffs betrug 4.460 t. Der Aviso war insgesamt 122,0 m lang, wobei die Konstruktionswasserlinie 116,0 m maß. Die größte Breite des Schiffs betrug 14,0 m, der Tiefgang bei maximaler Verdrängung 5,22 m vorn und 6,21 m achtern. Die elektrische Ausrüstung der Hohenzollern wurde mit einer Spannung von 67 V betrieben. Die Stromversorgung wurde durch drei Generatoren gesichert, die zusammen eine Leistung von 72 kW erbrachten. 1907 wurde die Leistung auf 120 kW erhöht. Die Besatzung der Yacht bestand aus zwölf Offizieren und anfangs 301, nach dem Umbau 342 Mannschaften. Die Hohenzollern war kein sonderlich gutes Seeschiff. Die Bewegungen im Seegang waren wenig angenehm, das Schiff begann bereits früh und stark zu schlingern. Der Fahrtverlust gegensee war nur gering, auch konnte die Yacht gut beiliegen. Die Manövriereigenschaften waren jedoch nur mittelmäßig. Antriebsanlage Die Maschinenanlage des Avisos bestand aus zwei stehenden Dreizylinder-Verbunddampfmaschinen, die in einem gemeinsamen Maschinenraum untergebracht waren und gemeinsam eine Leistung von 9.588 PSi erbrachten. Den nötigen Dampf lieferten vier einfache Zylinderkessel mit 16 Feuerungen und 856 m² Heizfläche sowie vier Zylinder-Doppelkessel mit 32 Feuerungen und 1.823m² Heizfläche. Die Kessel waren in zwei hintereinanderliegenden Kesselräumen angeordnet und erzeugten einen Dampfdruck von 12 atü. Während des Umbaus wurden die Doppelkessel durch neun Marinekessel mit 18 Feuerungen ersetzt. Die Gesamtheizfläche der Kesselanlage wuchs auf 3.360 m² an. Die Kesselräume wurden weiter unterteilt, sodass die Kessel ab 1907 in vier hintereinanderliegenden Räumen untergebracht waren. Durch den Umbau konnte die Leistung der Maschinenanlage auf 10.042 PSi gesteigert werden. Die Dampfmaschinen wirkten jeweils auf eine vierflügliche Schraube mit 4,5 m Durchmesser. Die Antriebsanlage verlieh der Hohenzollern eine Höchstgeschwindigkeit von ursprünglich 21,5 kn, nach dem Umbau konnten 21,8 kn erreicht werden. Der mitgeführte Brennstoffvorrat von 540 t Kohle ermöglichte dem Schiff eine Reichweite von 2.520 sm bei einer Marschgeschwindigkeit von 14 kn oder 1.260 sm bei 20 kn. Obwohl dampfbetrieben, erhielt die Yacht zu Stützzwecken eine Takelage. Es war als Schoner geriggt und verfügte über eine Segelfläche von 436 m² an drei Masten. Bewaffnung In Friedenszeiten war die Hohenzollern mit acht 5-cm-L/40-Schnelladekanonen ausgerüstet, die eine Reichweite von 6,2 km besaßen. Für die Geschütze wurden insgesamt 1.270 Schuss Munition mitgeführt. Während des Umbaus wurde auch die Bewaffnung geändert und auf zwei 5,2-cm-L/55-Sk reduziert. Der Munitionsvorrat betrug 150 Schuss pro Geschütz. Der Aviso war ursprünglich auch für einen möglichen Einsatz als Kriegsschiff im Mobilmachungsfall vorgesehen. Die Baupläne sahen daher die Ausrüstung mit drei 10,5-cm-L/35-Sk vor, die über eine Reichweite von 10,2 km sowie jeweils 100 Schuss Munition verfügten. Außerdem sollte die Zahl der 5-cm-L/40-Sk auf zwölf, ihr Munitionsvorrat auf 3.000 Schuss erhöht werden. Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurden diese Planungen jedoch nicht umgesetzt. Einsatz Nach der Fertigstellung wurde die Hohenzollern nach Swinemünde überführt. Dort fand am 8. April 1893 die erste Indienststellung statt. Noch während der Probefahrten, die bis zum 24. April abgeschlossen wurden, befand sich Kaiser Wilhelm II. vom 14. April zu einer zweitägigen Reise von Swinemünde nach Kiel auf dem Schiff. Die Sommerreise führte nach Glücksburg, Gotland und zum Besuch des schwedischen Königs Oskar II. nach Tullgarn. Von dort folgte im August die Reise nach Cowes. Ende September traf Wilhelm II. in Göteborg abermals mit dem König von Schweden zusammen und fuhr von Karlskrona nach Neufahrwasser. Als Begleitschiff auf diesen Reisen diente der Aviso SMS Blitz unter Korvettenkapitän Ludwig Borkenhagen. Auch in den folgenden Jahren wurde die Hohenzollern immer von einem Kriegsschiff sowie einem Depeschenboot begleitet. Diese Schiffe erhielten oft auch den für die Hohenzollern sowie die Auslandskreuzer verwendeten Anstrich mit weißem Rumpf und grauen, ab 1898 gelben Aufbauten. Wie auch in den fünf nachfolgenden Jahren wurde die Besatzung während des Winters reduziert. Lediglich ein kleiner Teil der Mannschaften und zwei bis drei Offiziere verblieben auf der Yacht, um bei Bedarf deren Einsatzbereitschaft zügig herstellen zu können. Ein Großteil der Offiziere wurde zu Lehrgängen an der Marineakademie abkommandiert, während die restliche Besatzung auf der Hulk Niobe untergebracht wurde. Die Nordlandreise im Anschluss an die Kieler Woche führte im Jahre 1894 nach Norwegen bis Trondheim, wobei zahlreiche Fjorde angelaufen wurden. Auf dieser Reise, ebenso wie in den nachfolgenden Jahren, begleiteten mehrere Diplomaten, Vertreter von Wirtschaft und Wissenschaft sowie Angehörige des Hofes den Kaiser. Anfang August ging die Hohenzollern wieder nach Cowes und im September besichtigte Wilhelm II. mit Erzherzog Karl Stephan von Österreich die Herbstübungsflotte vor Swinemünde und auf dem Marsch in die Danziger Bucht. An den Feierlichkeiten zur Eröffnung des Kaiser-Wilhelm-Kanals am 21. Juni 1895 sowie der anschließenden Durchfahrt nahm der Kaiser an Bord der Yacht teil. In diesem Jahr erfolgten ebenso Reisen nach Schweden sowie nach England. 1896 befand sich die Hohenzollern erstmals für eine Italienreise im Mittelmeer. Für derartige Reisen begab sich Wilhelm II. erst in Genua oder Venedig an Bord und verließ das Schiff ebenso in einem der beiden Häfen wieder. Die Sommerreise führte erneut nach Trondheim. Darüber hinaus kam es zu einem Besuch Nikolaus II. an Bord der Yacht. Die Nordlandreise im Jahr 1897 führte bis Molde. An diese schloss sich ein Besuch beim Zaren in Kronstadt an, während dessen Wilhelm II. vergeblich versuchte, ein bevorstehendes Bündnis zwischen Russland und Frankreich zu unterbinden. Im Herbst diente die Hohenzollern der deutschen Fürstenabordnung für die Reise zum Thronjubiläum Oskars II. Die Sommerreise des Jahres 1898, die sich bis zu den Lofoten erstrecken sollte, wurde nach dem Bekanntwerden des Todes Otto von Bismarcks abgebrochen. Später im Jahr führte eine weitere Reise nach Italien, der Türkei und verschiedenen Häfen des Heiligen Landes. Dabei besuchte Wilhelm II. auch Jerusalem, wo er in einer Rede den Mohammedanern seine Sympathie aussprach. Die Reise endete in Pola. Trondheim wurde wiederum das Ziel der Sommerreise im Jahr 1899. In Bergen besichtigte der Kaiser das französische Schulschiff Iphigénie, um seinen Bemühungen für ein besseres Verhältnis zu Frankreich Ausdruck zu verleihen. Im November reiste Wilhelm II. mit der Hohenzollern zu einem Besuch seiner Großmutter, Königin Viktoria, nach England. Erstmals blieb die Yacht während des folgenden Winters mit voller Besatzungsstärke in Dienst. Im Jahr 1900 war das Schiff während einer kurzen Nordlandreise bis Bergen unterwegs. Außerdem wurde ihr das Torpedoboot S 97, in Sleipner umgetauft, als ständiges Depeschenboot zugeteilt. Im Januar 1901 brachte die Hohenzollern den Kaiser und Kronprinz Wilhelm nach England, wo sie an den Trauerfeierlichkeiten für Königin Viktoria teilnahmen. Während der im Frühjahr stattfindenden Überholung erhielt die Yacht eine Funkanlage. Nach der bis Molde führenden Norwegenreise kam es vom 11. bis zum 13. September zu einem Treffen mit Zar Nikolaus II. in der Danziger Bucht. Anfang des Jahres 1902 unternahm Prinz Heinrich eine Reise in die Vereinigten Staaten aus Anlaß des Stapellaufs der Rennyacht Meteor. Die Hohenzollern lief am 18. Januar zur Überfahrt nach New York aus. Um die für die Überfahrt nötige Brennstoffmenge bunkern zu können, wurden auch die Hängemattsräume, Weinlasten und Gepäckräume als Kohlenlager genutzt. Die Yacht erreichte am 12. Februar New York. Prinz Heinrich nutzte zur Überfahrt den Schnelldampfer Kronprinz Wilhelm, mit dem er am 15. Februar auslief. Erst in Tompkinsville stieg er auf die Hohenzollern über. Nach seiner sturmbedingt um einen Tag verspäteten Ankunft am 23. Februar nahm der Prinz an verschiedenen Empfängen teil, die Staatsyacht wurde zur Besichtigung freigegeben und verzeichnete täglich bis zu 6.000 Besucher. Am 25. Februar fand der Stapellauf der Meteor statt, die auf Bitten Kaiser Wilhelms hin von Alice Roosevelt, der Tochter des ebenfalls anwesenden Präsidenten Theodore Roosevelt, getauft wurde. Zwei Tage später begann Prinz Heinrich seine neuntägige Reise durch 13 Bundesstaaten. Am 11. März verließ der Prinz von Hoboken aus auf der Deutschland die Vereinigten Staaten, am selben Tag trat auch die Hohenzollern die Heimreise an. Das Schiff erreichte am 27. März Kiel, bereits am 18. März war Prinz Heinrich in Cuxhaven angekommen. Nach der USA-Reise wurde die Hohenzollern einer nötigen Überholung unterzogen. Für die Sommerreise nach Trondheim stand die Yacht wieder zur Verfügung. Es folgten Reisen nach Russland und England. Im Jahr 1903 befand sich der Kaiser zu einem Besuch bei König Christian IX. in Kopenhagen sowie zur Nordlandreise, die erneut bis Trondheim führte, an Bord des Schiffes. Valletta und italienische Häfen waren das Ziel einer Mittelmeerreise im Folgejahr. Während der Kieler Woche des Jahres 1904 fand ein Besuch König Eduards VII. statt, dem die Norwegenreise, wiederum bis Trondheim, folgte. Im März 1905 begann eine weitere Mittelmeerreise. Die Hohenzollern fuhr dem Kaiser, der auf dem HAPAG-Dampfer Hamburg folgte, bis Neapel voraus. Auf dem Weg in das Mittelmeer stattete Wilhelm II. auf Drängen des Reichskanzlers Bernhard von Bülow dem marokkanischen Tanger am 31. März einen Besuch ab. Die aufgrund des französischen Vormachtstrebens in Marokko angespannte diplomatische Situation wurde dadurch verschärft. Am 5. April stieg der Kaiser von der Hamburg auf die Hohenzollern um. Während der weiteren Reise wurde auch Korfu angelaufen, wo Wilhelm das für Kaiserin Elisabeth errichtete Achilleion besichtigte. 1907 erwarb der Kaiser das Schloss und ließ es zum diplomatischen Zentrum umbauen. Da am 7. Juni das norwegische Parlament die Auflösung der bestehenden Personalunion mit Schweden beschlossen hatte, unterblieb das Anlaufen norwegischer Häfen während der Sommerreise. Statt dessen wurden dänische, schwedische und russische Städte besucht. Dabei kam es zu einem Zusammentreffen zwischen Wilhelm II. und Nikolaus II. mit dem Ziel, ein deutsch-russisches Bündnis auszuarbeiten. Da der deutschen Seite die Gültigkeitsbeschränkung auf Europa nicht behagte und der russischen Delegation das Bündnis mit Frankreich wichtiger war, kam es jedoch auch bei diesem Treffen lediglich zu einer unverbindlichen Vereinbarung. Am 6. Mai 1906 wurde die Hohenzollern außer Dienst gestellt, um das Schiff einer Modernisierung zu unterziehen. Dabei wurde hauptsächlich die Kesselanlage erneuert und die Bewaffnung geändert. Außerdem fielen die Randkappen der Schornsteine weg. Während des knapp einjährigen Umbaus diente die Hamburg dem Kaiser für seine Reisen. Die Hohenzollern stand am 15. April 1907 wieder zur Indienststellung bereit. Dabei übernahm der spätere Chef der Hochseeflotte, Kapitän zur See Friedrich Ingenohl, das Kommando über die Yacht, das er bereits wenige Monate vor ihrer Außerdienststellung innehatte. Die Sommerreise führte wieder in norwegische Gewässer, diesmal bis zum Nordkap. Außerdem fanden neben einem Treffen des Kaisers mit Nikolaus II. vor Swinemünde Besuchsfahrten zu König Friedrich VIII., Königin Wilhelmina sowie Eduard VII. statt. Während des Aufenthaltes in England führte Wilhelm II. längere Gespräche mit Edward James Stuart Wortley, welche dieser in Form eines Interviews am 28. Oktober im Daily Telegraph veröffentlichte. Obwohl der Artikel den deutschen Behörden zur Genehmigung vorgelegt wurde, enthielt er mehrere undiplomatische Äußerungen und löste mit der Daily-Telegraph-Affäre eine der schwersten innenpolitischen Krisen des Deutschen Reiches bis zum Ersten Weltkrieg aus. Während der Kieler Woche im Jahr 1908 verlieh der Kaiser als Auszeichnung den Marineingenieuren die Schärpe und überreichte dem Leitenden Ingenieur der Hohenzollern seine eigene. Damit war eine deutliche Hebung des Ingenieursstandes verbunden, auch wenn das Seeoffizierskorps weiterhin den überwiegenden Einfluss auf die Entwicklung der Marine besaß. Der Nordlandreise bis Molde folgte eine Fahrt in das Mittelmeer, wo neben italienischen Häfen auch Korfu und Pola angelaufen wurden. Im weiteren Verlauf des Jahres stattete Wilhelm II. dem seit Ende 1907 regierenden schwedischen König Gustav V. einen Besuch ab. Neben der inzwischen üblichen Mittelmeerfahrt fand im Jahr 1909 ein Treffen mit Zar Nikolaus II. vor Reval sowie während der Nordlandreise mit Gustav V. und dem seit 1905 regierenden König Håkon VII. von Norwegen statt. Im Mai 1910 brachte die Hohenzollern Kaiser Wilhelm II. zur Beisetzung seines Onkels Eduard VII. nach England. Die Sommerreise dieses Jahres führte wieder nach Norwegen. Während der Mittelmeerfahrt im Jahr 1911 wurden italienische Häfen und Korfu angelaufen. Außerdem kam es zu einem Treffen mit Verbänden der k.u.k. Marine. Dem Besuch bei König Georg V. folgte die Nordlandreise bis Balholmen sowie eine Flottenparade vor Erzherzog Franz Ferdinand in Kiel. Im Jahr 1912 erfolgte neben der Mittelmeerreise ein Treffen mit Zar Nikolaus II. bei Baltischport statt. Die Nordlandreise führte erneut nach Balholmen. Anläßlich des silbernen Thronjubiläums stiftete das Offizierkorps der Kaiserlichen Marine 1913 für den Flaggenstock der Hohenzollern einen silbernen Adler. Die inzwischen 25. Nordlandreise des Kaisers führte wie in den Jahren zuvor nach Balholmen. In der ebenfalls am Sognefjord gelegenen Ortschaft Vangsnes übergab Wilhelm II. am 31. Juli eine zuvor durch die SMS Wittelsbach nach Norwegen gebrachte und von deren Besatzung aufgestellte Statue der Sagenfigur Frithjof an König Haakon VII. Die „König Frithjov der Tapfere“ genannte Statue wurde von Max Unger geschaffen und sollte die Dankbarkeit des Kaisers für die in Norwegen erfahrene Erholung zum Ausdruck bringen. Die Mittelmeerreise im Frühjahr 1914 führte nach Italien und Griechenland. Außerdem wurde das österreichische Triest angelaufen. Vor dem Beginn der Kieler Woche erfolgte die Einweihung des erweiterten Kaiser-Wilhelm-Kanals statt. Zur Kieler Woche selbst hielt sich ein britischer Flottenverband unter Sir George Warrender in Kiel auf. Die Nachricht von der Ermordnung Erbherzog Franz Ferdinands am 28. Juni beendete jedoch die deutsch-britische Begegnung. Der Kaiser verließ Kiel am 29. Juni, tags darauf lief auch das britische Geschwader aus der Förde aus. Obwohl zahlreiche Bedenken bestanden, riet Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg zur Durchführung der länger geplanten Sommerreise, um die angespannte Situation nicht zusätzlich zu verschärfen. Entsprechend lief die Hohenzollern am 13. Juli, begleitet von nahezu der gesamten Hochseeflotte, zur Fahrt in norwegische Gewässer bis nach Balholmen aus. Die Reise wurde, nachdem sich die Krise durch das österreich-ungarische Ultimatum an Serbien zugespitzt hatte, vorzeitig abgebrochen. Am 27. Juli erreichte die Hohenzollern Kiel. Tags darauf erklärte Österreich-Ungarn Serbien den Krieg, womit der Erste Weltkrieg seinen Anfang nahm. Obwohl die Hohenzollern auch für den Kriegsdienst vorgesehen war, unterblieb eine kriegsmäßige Herrichtung des inzwischen veralteten und ohnehin nur schwach bewaffneten Schiffs, für das bereits ein Ersatzbau kurz vor dem Stapellauf stand. Die Yacht wurde statt dessen am 31. Juli außer Dienst gestellt. In den 20 Jahren Dienstzeit des Schiffes hatte der Kaiser insgesamt 4 ½ Jahre an Bord verbracht. Verbleib Die Hohenzollern fand während des Ersten Weltkrieges keine Verwendung. Die Yacht wurde am 27. Dezember 1920 aus der Liste der Kriegsschiffe gestrichen. Im Jahr 1923 wurde das Schiff verkauft und in der Folge von den Deutschen Werken in Kiel abgewrackt. Kommandanten 8. April bis September 1893 Kapitän zur See Volkmar von Arnim Oktober 1893 bis April 1894 Kapitänleutnant Reinhold Brussatis (reduzierte Besatzung) April bis September 1894 Kapitän zur See Volkmar von Arnim Oktober 1894 bis März 1895 Kapitänleutnant/Korvettenkapitän Reinhold Brussatis (reduzierte Besatzung) März bis September 1895 Kapitän zur See/Konteradmiral Volkmar von Arnim September 1895 bis März 1896 Korvettenkapitän Reinhold Brussatis (reduzierte Besatzung) März bis September 1896 Kapitän zur See Conrad Freiherr von Bodenhausen September 1896 bis März 1897 Korvettenkapitän Hugo Emsmann März bis Oktober 1897 Kapitän zur See Conrad Freiherr von Bodenhausen Oktober 1897 bis März 1898 Korvettenkapitän Wilhelm Peters (reduzierte Besatzung) März bis Dezember 1898 Kapitän zur See Conrad Freiherr von Bodenhausen Dezember 1898 bis April 1899 Korvettenkapitän Wilhelm Peters (reduzierte Besatzung) April 1899 bis 16. August 1902 Kapitän zur See/Konteradmiral Friedrich Graf von Baudissin 17. August 1902 bis 4. Oktober 1904 Kapitän zur See Guido von Usedom 4. Oktober 1904 bis 5. Mai 1906 Kapitän zu See Friedrich Ingenohl 15. April 1907 bis 30. September 1908 Kapitän zu See/Konteradmiral Friedrich Ingenohl 1. Oktober 1908 bis 10. Oktober 1911 Kapitän zur See Oskar von Platen-Hallermund 11. Oktober 1911 bis 31. Juli 1914 Kapitän zur See Johannes von Karpf Meteor war der Name von fünf kaiserlichen Segelyachten, die im Gegensatz zur Dampferyacht SMY Hohenzollern für Regatten erworben oder speziell konstruiert und gebaut wurden. Kaiser Wilhelm II. wollte mit ihnen auf nationalen (z. B. Kieler Woche) und internationalen Regatten (z. B. Cowes Week) den damals führenden Nationen im Segelsport (Großbritannien, USA) Paroli bieten und den vermeintlichen Vormachtanspruch auf See durch sportliche Leistungen untermauern. Erst mit der Yacht Meteor IV konnte Wilhelm II. seinen Anspruch „Deutsch vom Kiel bis zum Flaggenknopf“ einlösen. Meteor I Die Meteor I lief 1887 unter dem Namen Thistle in Partick on the Clyde, Schottland vom Stapel. Nach ein paar Jahren erfolgreichen Regattasegelns im Royal Clyde Yacht Club wurde die Thistle 1891 für 90.000 Goldmark an den deutschen Kaiser verkauft, der das Boot in Meteor umtaufte. Die Yacht wurde nach Kiel zum Kaiserlichen Yacht Club, der nach Kaiser Wilhelm II. benannt worden war und in dem er den Titel „Kommodore“ trug, feierlich überführt und stand ihm dort für Regatten zur Verfügung. Mit der Meteor I nahm der Kaiser auch zum ersten Mal mit einem eigenen Boot an der internationalen Regatta von Cowes, der Cowes Week, teil. Als 1896 die Meteor II ihren Dienst aufnahm, wurde die Meteor I der Kaiserlichen Marine in Wilhelmshaven als Ausbildungsschiff übergeben und in Comet umbenannt. Meteor II 1896 gab Wilhelm II. dem renommierten schottischen Yachtkonstrukteur George Lennox Watson den Auftrag, eine neue, schnellere kaiserliche Rennyacht zu entwerfen, die dann von der D. & W. Henderson-Werft am Fluss Clyde in Schottland gebaut und ausgerüstet wurde. Bis 1902 diente sie dem ehrgeizigen Kaiser für Segelregatten. Meteor III 1902 wurde die Schoneryacht, entworfen von Cary Smith, auf Shooters-Island bei New York City fertiggestellt. Dies war ein Bruch mit der britischen Segeltradition des Kaisers. Zur Schiffstaufe am 25. Februar 1902 war der Bruder des Kaisers, Prinz Heinrich, nach New York angereist. Taufpatin war Alice Roosevelt, die Tochter des amtierenden US-Präsidenten Theodore Roosevelt. Das stellte den Beginn der deutsch-amerikanischen Seglerfreundschaft dar. So entstand die Idee, neben dem America’s Cup, der bislang eine Angelegenheit zwischen England und Amerika war, deutsch-amerikanische Sonderklassen-Wettfahrten, abwechselnd in Kiel und in Marblehead im Revier des Eastern Yacht Clubs, Boston, zu veranstalten. So wurde 1906 um den Roosevelt-Pokal und 1907 um den Kaiser Wilhelm-Pokal gesegelt. Neben den großen deutsch-amerikanischen Regatten traf der Kaiser mit der Meteor III 1908 auf die neue Yacht des Industriellen Gustav Krupp von Bohlen und Halbach, die Germania, die in den meisten Wettfahrten den Kaiser bei weitem besiegte. Die Ausstattung der dritten Kaiser-Yacht war erheblich luxuriöser als die der beiden Vorgängermodelle. So verfügte die Meteor III über einen Salon, ein Arbeitszimmer, eine kleine Bibliothek und elegante Schlafräume. 1910 wurde die Yacht an Carl Dietrich Harries und seine Frau Hertha, Tochter von Werner von Siemens verkauft, in Nordstern umbenannt und nahm unter den neuen Eignern auch an der Kieler Woche teil. Meteor IV So sehr der Kaiser die Meteor III auch mochte, die Niederlagen gegen die Germania von Krupp veranlassten ihn zum Kauf der vierten Meteor. Diese wurde von Max Oertz entworfen und auf der Germania-Werft in Kiel gebaut, wo auch die Yacht Krupps entstand. Die Meteor IV. war die erste, die komplett von deutschen Konstrukteuren entworfen und gebaut und mit deutscher Besatzung ausgestattet wurde. Die Meteor IV. war mit einer Länge über Alles von 47,14 m größer als die Meteor III. Meteor V 1914 lief die letzte, ebenfalls von Max Oertz konstruierte, kaiserliche Yacht Meteor V in Kiel vom Stapel. Als mit 47,6 m Länge und 1410 m² Segelfläche die größte Kaiser-Yacht, gewann sie kurz nach der Schiffstaufe bereits die Elbregatta 1914. Prinz Heinrich persönlich fuhr mit einem Zerstörer der Marine 1914 nach Cowes und holte die Meteor, die keinen eigenen Hilfsmotor hatte, kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges nach Deutschland zurück. Nur so entging die Meteor dem Schicksal der Germania, die ebenfalls zur Vorbereitung auf die Cowes Week 1914 am Solent war und vom englischen Zoll als Prise beschlagnahmt und versteigert wurde. Wilhelm II., mit vollem Namen Friedrich Wilhelm Albert Victor von Preußen, (* 27. Januar 1859 in Berlin, Preußen; † 4. Juni 1941 in Doorn, Niederlande) entstammte der Dynastie der Hohenzollern und war von 1888 bis 1918 Deutscher Kaiser und König von Preußen. Einleitung Die dreißigjährige Regentschaft Wilhelms II. im Deutschen Reich (von 1888 bis 1918) wird als die wilhelminische Epoche bezeichnet. Herausragende Merkmale waren das Streben des Kaisers nach nationalem Prestige und die Versuche, das Reich in den Rang einer Weltmacht zu erheben. Eng verbunden mit diesem Anspruch war die militärische Aufrüstung des Kaiserreichs und die Forcierung der Kolonialpolitik in Afrika und der Südsee. Dies und die Verwicklung des Deutschen Reichs in verschiedene internationale Krisen (zum Beispiel Krügerdepesche 1896, Marokko-Krisen 1905/06 und 1911, Daily-Telegraph-Affäre 1908) führte zu einer Destabilisierung der Außenpolitik. Die Vorliebe Wilhelms für militärischen Prunk, die sich beispielsweise in zahlreichen Paraden zu den unterschiedlichsten Anlässen ausdrückte, führte auch gesellschaftlich zu einer Überbetonung des Militärs und militärischer Hierarchien bis hinein ins zivile Leben der deutschen Gesellschaft, in der für eine berufliche Laufbahn – nicht nur im Verwaltungsapparat – die Ableistung des Militärdienstes und der militärische Rang eines Menschen von entscheidender Bedeutung war (Militarismus). Der wirtschaftliche Aufschwung Deutschlands während Wilhelms Regentschaft, verbunden mit technologischem, naturwissenschaftlichem und industriellem Fortschritt, begünstigte eine auch vom Kaiser mit getragene allgemein verbreitete Technik- und Fortschrittsgläubigkeit. Innenpolitisch setzte er die für ihre Zeit als modern und fortschrittlich geltende Sozialpolitik Bismarcks fort und erweiterte sie. Er setzte sich für die Abschaffung des Sozialistengesetzes ein und suchte, teilweise erfolglos, den Ausgleich zwischen ethnischen und politischen Minderheiten. Wilhelm II. wollte sowohl die Innen- als auch Außenpolitik des Reiches wesentlich stärker als sein Großvater Wilhelm I. beeinflussen. Das „persönliche Regiment“ des Kaisers war aber in Wirklichkeit eine von häufig wechselnden Beratern gesteuerte Politik, die die Entscheidungen Wilhelms im Urteil der meisten Historiker oft widersprüchlich und letztlich unberechenbar erscheinen ließen. Wilhelm II. nutzte durch seinen sprunghaften Charakter die Macht, die ihm die Reichsverfassung zugestand, nie konsequent, musste aber immer wieder erleben, dass diejenigen, die ihn zu schwerwiegenden Entscheidungen drängten, sich hinter seinem Rücken versteckten, als sich deren Misserfolg abzeichnete. Die Marokkokrisen oder die Erklärung des unbeschränkten U-Boot-Krieges sind nur zwei Beispiele für Entscheidungen anderer Personen, die den Ruf des Kaisers heute nachhaltig belasten. Auch war seine Amtszeit von politischen Machtkämpfen zwischen den einzelnen Parteien geprägt, die es den amtierenden Kanzlern nur schwer möglich machten, längerfristig im Amt zu bleiben. So wurden im Kampf zwischen dem sog. Nationalliberal-Konservativen Kartell, Bülow-Block und Sozialdemokraten fünf von sieben Kanzlern unter kritischem Mitwirken des Parlaments entlassen. Während des Ersten Weltkriegs von 1914 bis 1918 wurde Wilhelms strategische und taktische Unfähigkeit offenbar. Ab 1916 enthielt er sich zunehmend relevanter politischer Entscheidungen und gab die Führung des Reiches faktisch in die Hände der Obersten Heeresleitung, namentlich in die der Generäle von Hindenburg und Ludendorff, die die Monarchie während der letzten Kriegsjahre mit starken Zügen einer Militärdiktatur versahen. Als Wilhelm II. sich nach Ende des „großen Kriegs” in Folge der Novemberrevolution, die zum Ende der Monarchie und zur Ausrufung der Republik führte, zur Abdankung und zur Flucht ins Exil nach Holland entschloss, hatte das deutsche Kaiserreich den Krieg verloren. Etwa 10 Millionen Menschen waren auf den Schlachtfeldern gefallen. Kindheit und Jugend Wilhelm II. wurde am 27. Januar 1859 in Berlin als ältester Sohn des Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen (1831–1888) (vom 9. März bis 15. Juni 1888 Deutscher Kaiser Friedrich III.) und dessen Frau Victoria (1840–1901) geboren und war somit Enkel Kaiser Wilhelms I. (1797–1888) und der englischen Königin Victoria (1819–1901). Die Geburt Wilhelm des Zweiten war ausgesprochen schwierig, der Prinz kam als Steißgeburt zur Welt und überlebte nur durch das couragierte Eingreifen einer Hebamme, die das leblose Baby ganz gegen das Protokoll mit einem nassen Handtuch schlug. Der linke Arm des Kindes war so verletzt, dass er zeitlebens gelähmt und deutlich kürzer blieb. 101 Salutschüsse verkündeten das freudige Ereignis, eine jubelnde Menschenmenge versammelte sich vor dem Kronprinzenpalais, die Thronfolge im Hause Hohenzollern war gesichert. Keinen gesunden Thronfolger geboren zu haben, empfand Prinzessin Victoria als persönliches Versagen und war nur schwer bereit, die Behinderung des Sohnes zu akzeptieren. Kronprinz Wilhelm erlebte eine Kindheit voll Torturen, nichts blieb unversucht, seine Behinderung zu beheben. Legendär sind Kuren wie das Einnähen des kranken Armes in ein frisch geschlachtetes Kaninchen oder Metallgerüste, die Wilhelm umgeschnallt wurden, um seine Haltung zu verbessern. Wilhelm, von Geburt an durch diesen verkümmerten Arm behindert, verbrachte laut eigenen Aussagen „eine recht unglückliche Kindheit“. Wie im Hochadel üblich, traten seine Eltern als unmittelbare Erzieher ganz hinter seinem calvinistischen Lehrer Georg Ernst Hinzpeter zurück. Als Siebenjähriger erlebte er den Sieg über Österreich-Ungarn 1866 mit der daraus resultierenden Vorherrschaft Preußens in Deutschland. Mit zehn Jahren, im damals üblichen Kadettenalter, trat er beim 1. Garde-Regiment zu Fuß formell als Leutnant in die preußische Armee ein. Als Zwölfjähriger wurde er mit der Gründung des Deutschen Kaiserreiches nach dem Sieg über Frankreich 1871 auch übernächster Anwärter auf den deutschen Kaiserthron. Nach dem Abitur am Friedrichsgymnasium in Kassel trat er am 9. Februar 1877 seinen realen Militärdienst bei seinem Regiment (6.Kompagnie, Hauptmann v. Petersdorff) an. 1880 wurde er am 22. März, dem Geburtstag seines Großvaters Kaiser Wilhelm I., zum Hauptmann befördert. Bereits in diesen Jahren bildete sich bei ihm ein Verständnis seiner monarchischen Rolle, das den liberal-konstitutionellen Vorstellungen seiner Eltern zuwiderlief. Seine folgenden Lebensstationen sind unter dem Aspekt einer Erziehung zum Monarchen zu sehen: Er sollte möglichst vielerlei Erfahrungen sammeln, erhielt aber in keinem Feld, nicht einmal im militärischen, die Chance, sich beruflich solide einzuarbeiten. Zum Studium begab er sich an die von seinem Urgroßvater gegründete Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, wo er nichtschlagendes Mitglied des Corps Borussia wurde. 1881 heiratete er Prinzessin Auguste Viktoria von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg (22. Oktober 1858–11. April 1921). Bis 1888 war er dann wechselnden Regimentern zugeordnet, dem 1. Garde-Regiment zu Fuß, dann dem Garde-Husaren-Regiment und dem 1. Garde-Feldartillerie-Regiment, wurde schnell bis zum untersten Generalsrang (Generalmajor) befördert und zuletzt Kommandeur der 2. Garde-Infanterie-Brigade. Der Militärdienst wurde immer wieder durch Beurlaubungen unterbrochen, damit er sich auch soweit möglich mit der zivilen Verwaltung vertraut machen konnte. Sehr gründlich konnte dies nicht geschehen, denn immer mehr Eile war geboten: Sein Großvater stand im höchsten Alter, und sein Vater war mittlerweile todkrank. Für die Regierungsgeschäfte war dies weniger problematisch, als man vermuten konnte, da bereits seit 1862 Otto von Bismarck, zunächst als preußischer Ministerpräsident, ab 1871 als Reichskanzler die politische Macht fest in seiner Hand konzentriert hatte. Bismarck war nach drei siegreichen Kriegen (1864, 1866, 1870/71) und als Einiger Deutschlands zur stärksten kontinentaleuropäischen Macht ein weltweit respektierter Staatsmann. Wilhelm I. und Friedrich III. hatten ihm gelegentlich opponiert und am Ende stets vertraut. Von diesem Vertrauen hing allerdings nach der Reichsverfassung der Reichskanzler ab, nicht vom Vertrauen des Reichstags. Bismarck baute selbstbewusst darauf, auch den dritten Kaiser lenken zu können. Das Jahr 1888 ging als Dreikaiserjahr in die Geschichte ein. Nach dem Tode Wilhelms I. am 9. März 1888 regierte Friedrich III. aufgrund seiner bereits fortgeschrittenen Krankheit (Kehlkopfkrebs) nur für 99 Tage (der „99-Tage-Kaiser“). Friedrich III. starb am 15. Juni in Potsdam. An diese Konstellation hatte der 29-jährige Wilhelm II. bei seinem Amtsantritt anzuknüpfen. Er wünschte, ein Kaiser aller Deutschen zu sein. Regentschaft und Politik Soziale Reformen „[...], weil die Arbeiter meine Untertanen sind, für die ich zu sorgen habe! Und wenn die Millionäre nicht nachgeben, werde ich meine Truppen zurückziehen und wenn ihre Villen erst in Flammen stehen, werden sie schon klein beigeben!“ (Wilhelm II. zu Otto von Bismarck, als er sich weigerte, Soldaten zur Niederschlagung eines Streiks im Ruhrgebiet zu schicken.) Dieses Zitat und andere Äußerungen Wilhelms in den ersten Jahren seiner Regentschaft weckten in der Arbeiterschaft zunächst Hoffnungen auf einen sozialen Wandel im Reich. Die Sozialpolitik lag Wilhelm II. durchaus am Herzen. Allerdings folgten seinen sozialen Reformen keine strukturellen Veränderungen im Reich. Im Gegenteil, er baute seinen politischen Einfluss noch aus und lehnte eine Demokratisierung der Verfassung ab. Preußen behielt das seit Anfang der 1850-er Jahre bestehende undemokratische Dreiklassenwahlrecht, das eine repräsentative Landtagsvertretung verhinderte. Nach wie vor wurde die Regierung nicht vom Reichstag gewählt, sondern vom Kaiser ohne Berücksichtigung der parlamentarischen Verhältnisse bestimmt oder entlassen. Es war dem Kanzler aber auch nicht möglich ohne Mehrheit im Parlament Gesetze zu erlassen oder den Haushalt zu beschließen. Das Parlament war in seiner Macht, als echte Legislative, nicht zu unterschätzen. Bei alledem forderte Kaiser Wilhelm II. noch während Bismarcks Kanzlerschaft am 178. Geburtstag Friedrichs des Großen in einer Proklamation an sein Volk, mit der Devise: „Je veux être un roi des gueux“ (frz.; zu dt.: „Ich will ein König der armen Leute sein“) das Verbot der Sonntagsarbeit, der Nachtarbeit für Frauen und Kinder, der Frauenarbeit während der letzten Schwangerschaftsmonate sowie die Einschränkung der Arbeit von Kindern unter vierzehn Jahren. Außerdem forderte er bei dem zur Erneuerung anstehenden „Gesetz wider die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ („Sozialistengesetz“) die Streichung des Ausweisungsparagraphen, der die Polizei zur Ausweisung „gefährlicher Sozialisten“ aus ihrem Heimatort berechtigte. Reichskanzler Bismarck kommentierte dies als „Humanitätsduselei“ und verweigerte sich dem in seinen Forderungen durch den Reichstag unterstützten Kaiser. Seine Forderungen konnte der junge Kaiser erst mit dem Nachfolger Bismarcks durchführen, Leo von Caprivi. Allerdings war Wilhelm II. bei allen sozialen Ambitionen so wenig ein Freund der Sozialdemokratie, wie Bismarck es gewesen war. Im Gegenteil hoffte er, durch seine Reformen die Sympathien für die trotz der Sozialistengesetze erstarkte Sozialdemokratie zu schwächen und durch die Aufhebung des repressiven Sozialistengesetzes der 1890 von SAP in SPD umbenannten Partei ihren Märtyrerbonus zu nehmen. Die Sozialdemokraten ihrerseits ließen sich nicht von dem Reformen Wilhelms II. beeindrucken und setzten unter August Bebel aus ihrem antimonarchistischen Selbstverständnis heraus weiter auf Fundamentalopposition. Obwohl sie den Fortschritt der im Arbeitsschutzgesetz zusammengefassten Reformen sahen, stimmten sie im Reichstag dagegen. Sie forderten grundlegende strukturelle Veränderungen wie zum Beispiel eine Verfassungsänderung, Demokratisierung, ein ausgeweitetes Wahlrecht, Vorrang des Parlaments bei politischen Entscheidungen, eine Umstrukturierung des Haushalts, deutliche Senkung der Rüstungsausgaben, Freiheit für die Kolonien und anderes mehr, für den Kaiser unerfüllbare Anliegen, die seinen Hass auf die Sozialdemokratie noch steigerten. Der Wohlstand der deutschen Arbeiterschaft stieg von Jahr zu Jahr, doch gelang es Wilhelm II. nicht, den Arbeitern in den Städten das Gefühl zu geben, anerkannte Mitglieder der Gesellschaft zu sein, was zu starken Stimmenzuwächsen der Sozialdemokraten im Reichstag und den Landtagen der Länder führte. Diese Vorgänge ließen in Wilhelm II., der immer noch „ein König der Armen“ sein wollte, das Urteil reifen, dass eine Versöhnung mit den Sozialdemokraten nicht möglich sei. Er rief schließlich in Königsberg „zum Kampf für Religion, Sitte und Ordnung, gegen die Parteien des Umsturzes!“ auf. Überblick der unter der Herrschaft Wilhelms II. erlassenen sozialen Reformen 1889: Gesetz betreffend die Invaliditäts- und Altersversicherung vom 22. Juni (für Arbeiter) 1890: Aufhebung des Sozialistengesetzes 1890: Gründung von 31 Versicherungsanstalten – Vorläufer der Landesversicherungsanstalten (LVA) 1891: Auszahlung der ersten Renten an dauernd Erwerbsunfähige und an Arbeiter über 70 Jahre 1891: Arbeiterschutzgesetz vom 1. Juni (23. Novelle zur Reichsgewerbeordnung) mit Frauenschutz, eingeschränkter Nachtarbeit, Sonntagsruhe und Kinderschutz 1891: Einführung der staatlichen Gewerbeaufsicht 1891: Zulassung freiwilliger Arbeiterausschüsse in Betrieben 1891: Verbot der Sonntagsarbeit in Industrie und Handwerk 1892: Novellierung des Krankenversicherungsgesetzes mit Erweiterungen der Versicherungspflicht (Ausweitung auf Familienangehörige) 1895: Verbot der Sonntagsarbeit für das Handelsgewerbe. 1899: Invalidenversicherungsgesetz 1901: Förderung des Arbeiterwohnungsbaus 1905: Arbeiterausschüsse werden in Bergbaubetrieben zur Pflicht 1908: Höchstarbeitszeit, keine Nachtarbeit für Frauen und Jugendliche 1911: Reichsversicherungsordnung (RVO) 1911: Einführung der Hinterbliebenenrente 1911: Versicherungsgesetz für Angestellte 1911: Hausarbeitsgesetz (Regelung der Heimarbeit) 1916: Herabsetzung des Rentenalters für Arbeiter von 70 auf 65 Jahre 1916: Herabsetzung des Rentenalters für Frauen auf 60 Jahre Entlassung Bismarcks und Antritt Caprivis [Bearbeiten] In der letzten Periode der Regierungszeit Bismarcks hatte das Deutsche Reich einer „Kanzlerdiktatur“ geglichen, dessen politische Ziele nicht die des jungen Kaisers waren. Bismarck wollte Russland als einen starken Verbündeten, Wilhelm II. vertraute auf Österreich-Ungarn. Bismarck wollte den „Kulturkampf“ gegen den politischen Katholizismus fortsetzen, der Kaiser war strikt dagegen. Bismarck wollte das Sozialistengesetz verschärfen, Wilhelm II. wollte es abschaffen: „Ich will meine ersten Regierungsjahre nicht mit dem Blut meiner Untertanen färben!“ Als der Reichskanzler hartnäckig blieb, schickte der Kaiser am Morgen des 17. März 1890 den Chef seines Militärkabinetts, General v. Hahnke, in die Reichskanzlei: Der Kanzler solle am Nachmittag ins Schloss kommen und sein Abschiedsgesuch mitbringen. Dieses wurde ihm am nächsten Morgen aber nur durch einen Boten gebracht. Am 20. März 1890 entließ Wilhelm II. den Reichskanzler Otto von Bismarck. Bismarck überwand dies nie und sorgte indirekt durch vielfach lancierte Kritik an den „Hintermännern“ der wilhelminischen Politik und durch sein Memoirenwerk Gedanken und Erinnerungen für nachhaltige Kritik an Wilhelm II . (Der dritte Teil der Memoiren, in welchem Bismarck seine Entlassung darstellte, wurde in der Tat wegen extremer politischer Brisanz erst 1919 veröffentlicht, als Deutschland Republik geworden war.) Aus der Bismarckschen Darstellung geht explizit hervor, wie isoliert er zum Zeitpunkt der Entlassung schon war, dass er nicht einmal bei den Angehörigen seines eigenen Kabinetts Unterstützung fand und dass sein Stellverteter, Karl Heinrich von Boetticher, in seiner Abwesenheit und ohne seine Billigung mit dem Kaiser in dessen Sinne verhandelt hatte. Bismarck wollte das unterbinden und berief sich auf eine (38 Jahre alte) Kabinettsorder, die es den preußischen Ministern untersagte, ohne Billigung des Kanzlers mit dem Souverän zu sprechen. Damit war für den Kaiser das Maß voll und Bismarck musste „aus Gesundheitsgründen“ sofort zurücktreten. Der Rücktritt Bismarcks war somit zwar primär innenpolitisch begründet, aber langfristig gesehen vor allem außenpolitisch fatal. Bezeichnenderweise erinnerte man nur in Wien, nicht dagegen in St. Petersburg, sofort und explizit an Bismarcks Verdienste (Brief vom Kaiser Franz Joseph I.). Als Bismarcks Nachfolger ernannte Wilhelm II. den General Leo von Caprivi (1831–1899). Caprivi wurde vom Kaiser als „Mann der rettenden Tat“ gefeiert und ob seiner Leistungen in den Grafenstand erhoben. Mit Caprivi glaubte Wilhelm II. eine anerkannte Persönlichkeit gefunden zu haben, mit der er seine geplante Politik der inneren Versöhnung sowie das Arbeitsschutzgesetz durchzusetzen hoffte. Ein wichtiges außenpolitisches Ereignis fiel (quasi „genau passend“) in dieses Jahr des Kanzlerwechsels: Der Rückversicherungsvertrag mit Russland widersprach teilweise den Bedingungen des Dreibundpaktes mit Italien und Österreich-Ungarn. Der Kaiser war gegen ein Verletzen des letztgenannten Paktes, während Bismarck den Rückversicherungsvertrag seinerzeit für unbedingt notwendig gehalten hatte. Jetzt, 1890, ging es um seine Verlängerung. Von der Öffentlichkeit unbemerkt (es handelte sich ohnehin um einen Geheimvertrag), und von Caprivi hingenommen, wurde der auslaufende Rückversicherungsvertrag vom Deutschen Reich bewusst nicht erneuert. In Russland nahm man realistischerweise einen deutschen Kurswechsel an und begann, sich Frankreich anzunähern. Caprivis Kanzlerzeit war durch entschiedene Englandfreundlichkeit geprägt. Er war in der Innenpolitik einer der Hauptverantwortlichen für den Wandel des Deutschen Reiches von der Agrarwirtschaft zur industriellen Exportwirtschaft. Die in diesem Zeitraum gemachten Reformen erleichterten es, dass Deutschland wenig später Großbritannien überholte und zur Weltwirtschaftsmacht Nr. 1 aufstieg. Das „Made in Germany“ errang zu dieser Zeit den Status einer Garantie für höchste Qualität. Integrationspolitik Die turbulente Vereinigung des alten „Deutschen Bundes“ zu einem „Deutschen Reich“ ohne die deutschen Österreicher - die Kleindeutsche Lösung - brachte einige Probleme mit sich. Die rheinländische, süddeutsche und polnische Opposition gegen die preußische Vorherrschaft stützte sich auf ein sich politisierendes katholisches Bürger-, Arbeiter- und Bauerntum. Als Partei des politischen Katholizismus formierte sich das „Zentrum“. Die Versuche Bismarcks, die katholischen Parteien in ihrer Arbeit zu behindern, führte zu Eingriffen in das Leben der Katholiken. Auch die Judenintegration, die es vorher außer in Preußen nur in wenigen anderen Staaten gab, war jung, und der merkliche soziale Aufstieg der jüdischen Bevölkerung nährte Neid und Antisemitismus in der Bevölkerung. In den östlichen Gebieten Preußens, vor allem in der Provinz Posen, gab es eine starke Unterdrückung der polnischen Minderheit, die zu Unruhen und Gefühlen der Ungerechtigkeit führte. Der Kaiser erkannte die Ernsthaftigkeit dieser Probleme und bezeichnete sie als eine seiner Hauptaufgaben. Am besten gelang die Integrationspolitik mit den Katholiken. Sie waren durch den bismarckschen Kulturkampf benachteiligt und an der Teilnahme am politischen Leben, sowie bei der freien Ausübung ihrer Religion gehindert worden. Schon zu seiner Prinzenzeit war Wilhelm gegen diese Praktiken und befürwortete die Beendigung des Kulturkampfes. Um die Einigkeit zwischen Protestanten und Katholiken im Reich zu verbessern, zahlte das Reich die den Opfern vorenthaltenen Gelder zurück, hob allerdings nicht alle gefassten Beschlüsse und Gesetze dieser Zeit wieder auf. Die östlichen Provinzen Preußens (Ostpreußen, Westpreußen, Pommern und Schlesien) waren bis zur Vertreibung nach 1945 mehrheitlich von Deutschen bewohnt, minderheitlich von Polen, dazu regional von Kaschuben und Masuren. In der Provinz Posen (Poznan) stellten die Polen die Mehrheit. Seit der Bismarckzeit versuchte der Staat, die hier lebenden Polen zu germanisieren, was allerdings scheiterte und in offenen Protest mündete. Kaiser Wilhelm II. hob viele dieser Repressionen, die vor allem die Sprache des Unterrichts und später auch des Gottesdienstes regelten, auf und erkannte die Polen als eigenes Volk und Minderheit im Deutschen Reich an. Eine der umstrittensten Bereiche in der Einordnung der politischen Meinung des Kaisers ist seine Beziehung zum Judentum bzw. zum Antisemitismus. Die Historiker gehen hier in den Meinungen weit auseinander, je nachdem welche Quellen sie benutzen. Bei den Reichstagswahlen 1880 zogen zum ersten Mal mehrere antisemitische Parteien in den Reichstag ein. Mit fünf Abgeordneten bildeten sie die „Fraktion der Antisemiten“. Grund für den gestärkten Antisemitismus waren wohl die „Gründerkrise“ und die als relativ stark empfundenen wirtschaftlichen Erfolge jüdischer Unternehmer. Die Juden waren im 1871 gegründeten Deutschen Reich zum ersten Mal freie und gleiche Bürger: Die Einschränkungen, die sie, von Land zu Land unterschiedlich, teilweise zu Schutzbefohlenen eines Herrschers machten und ihnen wirtschaftliche Beschränkungen auferlegten oder ihnen bestimmte Berufsverbote erteilten, waren aufgehoben. Auch der Dienst beim Militär, in Schulen oder der Justiz stand ihnen jetzt offen. Als Reaktion auf den Antisemitismus entstanden gesellschaftliche Gruppen, die letzterem entgegenzuwirken versuchten. So bildeten besorgte Christen den Verein zur Abwehr des Antisemitismus, dem neben Heinrich Mann auch der Historiker Theodor Mommsen beitrat. Im Judentum entwickelten sich neben dem orthodoxen Glauben mehrere Strömungen, teilweise auch mit politischem Hintergrund. So gab es erstens die assimilierten Juden, die sich taufen ließen und das Christentum als Erfüllung des jüdischen Messias-Glaubens akzeptierten. Der jüdische so genannte Reform-Glaube (Reformjudentum) lehnte diese Art ab, passte sich aber in seiner Wesensart fast völlig den deutsch-christlichen Traditionen an. Er hielt Gottesdienst am Sonntag, nicht am Sabbat (Samstag), mit deutscher, nicht hebräischer Liturgie, hielt kürzere Gebete mit Orgeluntermalung und verzichtete auf traditionelle Gebetsbekleidung. Kaiser Wilhelm unterstützte diese Art der Religionsausübung sehr und finanzierte den Bau der Reform-Synagoge in der Berliner Fasanenstraße mit, an deren Einweihung er demonstrativ teilnahm. Eine dritte aufstrebende Richtung war der Zionismus, der die Gründung eines eigenen Judenstaates vorsah. Aus Angst, den Antisemitismus zu bestärken, lehnten die Reformgläubigen auch diese, sehr radikale, ursprüngliche Form des Glaubens ab und strich jegliche Passagen über das gelobte Land aus dem Gottesdienst. Der Kaiser unternahm eine Palästinareise mit Theodor Herzl, dem Begründer des modernen Zionismus in Europa. Auf dieser Reise stiftete er in Jerusalem die Erlöserkirche auf dem Muristangelände. Als Erinnerung an diese Expedition wurde dem Kaiser in Haifa 1982 ein Denkmal gesetzt. Bei seiner Integrationspolitik kam Kaiser Wilhelm II. der Parlamentarismus im Reich entgegen. Anders als heute gab es keine Fünf-Prozent-Hürde, welche das Entsenden von Abgeordneten aus kleineren Parteien verhinderte. So hatten Dänen (1-2 Abgeordnete), Elsass-Lothringer (8-15 Abgeordnete) und Polen (13-20 Abgeordnete) von 1871 bis zur letzten Wahl 1912 stets ihre Fraktion im Reichstag. Juden organisierten sich nicht in einer eigenen Partei. Dies widersprach ihrem Selbstverständnis, deutsche Staatsbürger zu sein, welches durch lange Tradition besonders in Preußen sehr stark ausgeprägt war. Das Wahlsystem grenzte aber auch politische Minderheiten nicht aus. Dies sorgte dafür, dass sich auch die reichsfeindlichen Welfen, aber vor allem die Antisemiten aus der Christlichsozialen Partei und der Deutschen Reformpartei organisieren konnten. Die Zahl ihrer Abgeordneten überschritt aber nie die Zahl der Abgeordneten aus den Parteien der ethnischen Minderheiten. Trotz dieser Unterstützung gibt es von Wilhelm II. mehrere Zitate, die einen antisemitischen Klang haben, so: „Ich denke gar nicht daran wegen der paar hundert Juden und der tausend Arbeiter den Thron zu verlassen!“ Ob er allerdings auf die Juden als Kollektiv schimpfte oder einzelne meinte, z.B. die ihn oft kritisch betrachtenden jüdisch geleiteten Zeitungskonzerne, ist unklar. Die Verurteilung der Juden als Volk ist aber unwahrscheinlich, da er in seinem Freundeskreis nie Unterschiede zwischen Deutschen jüdischer oder christlicher Abstammung machte. Der von Antisemiten geprägte und heute noch verwendete Begriff „Kaiserjuden“ verriet allerdings große Missbilligung von Teilen der Bevölkerung an diesen Kontakten. Wirtschaftspolitik und rüstungspolitische Prioritäten Caprivi setzte einen weiteren von Bismarck verwehrten Wunsch Wilhelms II. durch, die progressive Einkommenssteuer, die höhere Einkommen stärker belastete: die Miquelsche Einkommensteuerreform von 1891. Durch die industriefreundliche und exportorientierte Eindämmung des Protektionismus zog sich Caprivi die Feindschaft der im Bund der Landwirte organisierten Grundbesitzer („Ostelbier“, „Junker“) zu, der sehr eng mit der Konservativen Partei verwoben war. Die nach Abschaffung der Schutzzölle wachsenden Agrarexporte der USA bewirkten für sie einen Preisverfall. Durch die Förderung des Einsatzes von Agrarmaschinen konnte man die Verluste zwar teilweise auffangen, erhöhte aber die agrarprotektionistischen Ansprüche der ohnehin unterkapitalisierten und zu Investitionen genötigten Großgrundbesitzer. 1893 löste Wilhelm II. den 1890er Reichstag auf, jetzt, weil der die auch von ihm gewollte Aufrüstung des Heeres abgelehnt hatte. Im darauf folgenden Wahlkampf siegten die Befürworter der wilhelminischen Politik aus der Konservativen und Nationalliberalen Partei. Auch die von Alfred von Tirpitz propagierte Aufrüstung der Kaiserlichen Marine, im Volk populär (vgl. Matrosenanzug), wurde in der Folgezeit von Wilhelm gefördert (1895 Vollendung des heutigen Nord-Ostseekanals, Ausbau der Marinehäfen Kiel und Wilhelmshaven). In diesem Zusammenhang besetzte und pachtete das Deutsche Reich die chinesische Hafenstadt Tsingtao auf 99 Jahre. Wilhelm erkannte trotz seiner Englandfreundlichkeit nicht, dass damit die weltweite Hegemonialmacht Großbritannien aufs Äußerste beunruhigt wurde. Der anhaltende deutsche Kolonialismus – gegen den Bismarck sich noch gewehrt hatte – wurde von ihm nicht als riskant gegenüber den Großmächten England, Frankreich und Japan erkannt und eher gebilligt: 1899 erwarb das Reich die Karolinen, Marianen, Palau und Westsamoa. Wende in den Reichskanzlerberufungen und außenpolitische Dauerprobleme 1894 wurde Caprivi entlassen. Wilhelm berief erstmals einen Nichtpreußen, den Bayern Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, der weder Führungsehrgeiz entwickeln sollte noch entwickelte: 1896 versäumte er, Wilhelm von der Krüger-Depesche abzuhalten, einem Glückwunschtelegramm an die Buren zur Abwehr des britisch inspirierten Jameson Raid, die in Großbritannien mit Empörung aufgenommen und nachhaltig als Abkehr von der englandfreundlichen Politik Caprivis gedeutet wurde. 1900 ersetzte er Hohenlohe durch Graf Bernhard von Bülow, der als Reichskanzler weder die anstehenden innenpolitischen Reformen betrieb noch die sich umgruppierenden außenpolitischen Konstellationen (in Deutschland als Einkreisungspolitik verstanden) zu meistern vermochte. Das Verhältnis zu Frankreich wurde nicht verbessert, England nun auch durch die Flottenpolitik herausgefordert und Russland auf dem Balkan nicht gegen Österreich-Ungarn unterstützt (vgl. dagegen den Rückversicherungsvertrag der Bismarck-Epoche). Wilhelm hatte allerdings bis zur Daily-Telegraph-Affäre und den Eulenburg-Prozessen Vertrauen in Bülow, der sich ihm zudem durch Schmeichelei unentbehrlich machte. Friedenspolitisch ergriff Wilhelm II. erst 1905 eine Initiative: Zwecks Wiederannäherung an Russland, das gerade seinen Krieg gegen Japan zu verlieren drohte, schloss er mit Nikolaus II. den Freundschaftsvertrag von Björkö. Frankreich sollte einbezogen werden. Leider wurde aber der deutsch-russische Freundschaftsvertrag schon 1907 von Russland für gegenstandslos erklärt, weil er mit der französisch-russischen Annäherung, die inzwischen stattgefunden hatte, nicht verträglich sei. Diese Annäherung hatte sich ergeben, nachdem Wilhelm II. 1906 in der Ersten Marokkokrise durch seinen Besuch in Tanger Frankreich stark provoziert hatte. Resultat war überdies eine Verschlechterung der Beziehungen zu Japan, das bisher Preußen/Deutschland als wissenschaftlichen und militärischen Lehrmeister angesehen hatte. 1908 wurde Wilhelms Hilflosigkeit durch die Daily-Telegraph-Affäre deutlich: Er beschwerte sich in einem Interview der Zeitung über seine eigene Regierung: sie sei nicht englandfreundlich genug. Bismarck war ein Meister darin gewesen, seine Politik medial zu flankieren (vgl. die Emser Depesche 1870). Bei Wilhelm II. dagegen sollte das Interview und markige Reden die Politik ersetzen. Ein besonders eklatantes Beispiel gab der Kaiser mit der bereits am 27. Juli 1900 in Bremerhaven gehaltenen Hunnenrede. Mit dem Daily Telegraph-Interview fiel er nunmehr der Reichspolitik in den Rücken, knickte angesichts des deutschen Pressesturms ein und versprach, sich künftig zurückzuhalten. Inzwischen begann die Öffentliche Meinung überhaupt, den Kaiser kritisch zu sehen, und eine Kampagne schadete ihm konkret: Schon 1906 hatte der Journalist Maximilian Harden in seiner Zeitschrift Die Zukunft die Kamarilla um den Kaiser und damit das persönliche Regiment des Kaisers angegriffen. Zu besonders harten Auseinandersetzungen führte seine Enthüllung, dass Philipp von Eulenburg und Hertefeld, ein enger Freund und Berater des Kaisers, homosexuell sei und einen Meineid geleistet habe. Es folgten drei Sensationsprozesse gegen Eulenburg, die trotz „freisprechenden“ Urteils das Ansehen des Kaisers beschädigten. 1909 zerbrach der so genannte Bülowblock, in dem sich die regierungsunterstützenden linksliberalen Parteien, sowie die Nationalliberale und die Konservative Partei zusammengeschlossen hatten. Auslöser war der Versuch Bülows, das preußische Wahlrecht zu reformieren, worauf ihm die im Preußischen Landtag dominierenden Konservativen die Gefolgschaft verweigerten. Sozialdemokraten und Zentrum, die diesen Versuch in seinen Grundsätzen unterstützen, verweigerten trotzdem die Zusammenarbeit mit Bülow. Sie warfen ihm Prinzipienlosigkeit vor, da er erst kurz zuvor in Zusammenarbeit mit den Konservativen neue Repressalien gegen die Polen durchgesetzt hatte. Die Germanisierungspolitik wurde auf Betreiben Kaiser Wilhelms II. beendet. Dass Bülow nun aber, um sich die Loyalität der Konservativen Partei zusichern, die Enteignung von polnischen Gütern erleichterte, ignorierte der Kaiser zunächst, um die stabile Parlamentsmehrheit nicht zu gefährden. Daraufhin entließ er ihn jedoch und ernannte Theobald von Bethmann Hollweg zum Reichskanzler. Er überließ ihm die Außenpolitik, die aber ihre Ziele - Wiederannäherung an England und Distanzierung von der antirussischen Balkanpolitik Österreich-Ungarns - nicht erreichte. Die antifranzösische Politik wurde 1911 in der zweiten Marokkokrise durch deutschen Interventionismus verschärft (der „Panthersprung nach Agadir“), Heer und Flotte wurden weiter verstärkt. Markante Eingriffe Wilhelms unterblieben. Der Kaiser war zwar Militarist, aber kein Bellizist, er wollte trotz seiner kriegerischen Reden im Grunde keinen Krieg. Er tat aber auch zu wenig, um dies deutlich zu machen. Insgesamt ist Wilhelms II. Anteil an der deutschen Außenpolitik umstritten. Während John C. G. Röhl in ihm eine wirkungsmächtige Instanz hervorhebt, die in die Politik des Reiches eigenständig eingriff, sieht die Mehrzahl der Historiker wie Wolfgang Mommsen die zivile Reichsleitung im Zentrum der Verantwortung. Unbestreitbar ist, dass der Kaiser nicht als Koordinator zwischen Außen-, Heeres- und Flottenpolitik wirkte. So kam es, dass Reichskanzler, Heeres- und Marineleitung je unterschiedliche Ziele verfolgten, die miteinander nicht verträglich waren: Vor allem der Aufbau der Flotte schuf ein außenpolitisches Problem. Erster Weltkrieg 1914 in der Julikrise spielte Wilhelm II. eine ambivalente Rolle. Er wollte den Frieden retten und auf der Monarchenebene versuchte er sein Bestes, einen fieberhaften Briefwechsel mit dem russischen Kaiser (Lieber Nicky! – Lieber Willy!), der bei der nunmehr objektiven Kriegsentschlossenheit sämtlicher Kontinental-Großmächte gar nichts bewirkte. Objektiv jedoch steigerte der Kaiser die Kriegsgefahr: Denn er ermächtigte Bethmann Hollweg nach dem Attentat von Sarajewo am 28. Juni 1914, Österreich-Ungarn eine Blankovollmacht für dessen aggressive Politik gegen Serbien zu erteilen. Faktisch wurde nach der österreichisch-ungarischen Kriegserklärung an Serbien die Außenpolitik von Kaiser und Kanzler dem deutschen Generalstab überlassen: Die Mobilmachung im Russischen Reich erlaubte es nach dessen Urteil dem Deutschen Reich nicht, mit der Kriegserklärung an Russland und Frankreich länger zu warten, da sonst der deutsche Schlieffenplan, bei einem Zweifrontenkrieg erst schnell Frankreich, dann Russland zu schlagen, undurchführbar zu werden drohte. Wilhelm mischte sich in der Folge nicht in militärische Zielsetzungen ein, überließ diese aber nicht verfassungsgemäß dem Reichskabinett, sondern der Obersten Heeresleitung. Im Verlauf des Ersten Weltkrieges 1914–1918 wurde die Bedeutung des Kaisers immer geringer. Besonders mit der 3. Obersten Heeresleitung unter Hindenburg und dem dominierenden Ludendorff wurde er 1916–1918 zunehmend von den politisch-militärischen Entscheidungen ausgeschlossen. Jedoch schob die Heeresleitung ihm 1917 die auch im Reich umstrittene Entscheidung über den „uneingeschränkten“ U-Boot-Krieg zu. Er schloss sich – gegen den Rat seines Reichskanzlers – der Meinung der Militärs an und willigte ein, was dann zur Kriegserklärung der USA führte. Diese machten später die Abdankung des Kaisers zur Bedingung für die Eröffnung von Friedensverhandlungen. Ab 1917 hatte Ludendorff eine faktisch diktatorische Position. Auf weitere Reichskanzlerwechsel nahm Wilhelm II. keinen Einfluss, die 1918er Reform der Reichverfassung in Richtung auf eine parlamentarische Monarchie wurde ohne ihn versucht. Durch den Hungerwinter 1917/18 und das völlige Desaster der Kriegsführung, spätestens nach der gescheiterten Frühjahrsoffensive im Westen 1918, war Wilhelm II. im Reich unhaltbar geworden. Dazu kam die Tatsache, dass der Bevölkerung längst bewusst war, dass ein Friedensschluss unter leidlichen Bedingungen („Selbstbestimmungsrecht der Völker") nur noch von der Abdankung ihres Kaisers abhing, da die USA sich weigerten, Friedensverhandlungen vorher zu beginnen. Am 9. November 1918 gab Reichskanzler Prinz Max von Baden (1867–1929) eigenmächtig und ohne Wilhelms II. Einwilligung dessen (!) Abdankung bekannt. Damit war in Deutschland die Monarchie überall am Ende. Der noch im selben Monat vom Kaiser selbst ausgesprochene Rücktritt (s.u.) war angesichts der Situation zwangsläufig (s. Novemberrevolution). Die Folgen konnte man zu diesem Zeitpunkt noch nicht erahnen: Der Sturz der Monarchie ebnete nach Ansicht des späteren britischen Premierministers Sir Winston Churchill den Weg in die Diktatur H., A.. Am 10. November 1918 fuhr der Kaiser aus seinem Hauptquartier in Spa in die Niederlande und erbat (und erhielt) dort Asyl. Besonders enttäuscht war er von Hindenburg, der ihn fallen ließ, des Weiteren wetterte er gegen „das Judengesindel“ (O-Ton Wilhelm). Er dankte offiziell am 28. November 1918 ab, 19 Tage nach Ausrufung der Republik, gab aber nie den Wunsch auf, wieder auf den Thron zurückzukehren. Text der Abdankungsurkunde: Ich verzichte hierdurch für alle Zukunft auf die Rechte an der Krone Preussen und die damit verbundenen Rechte an der deutschen Kaiserkrone. Zugleich entbinde ich alle Beamten des Deutschen Reiches und Preussens sowie alle Offiziere, Unteroffiziere und Mann- schaften der Marine, des Preussischen Heeres und der Truppen der Bundeskontingente des Treueides, den sie Mir als ihrem Kaiser, König und Obersten Befehlshaber geleistet haben. Ich erwarte von ihnen, dass sie bis zur Neuordnung des Deutschen Reichs den Inhabern der tatsächlichen Gewalt in Deutschland helfen, das Deutsche Volk gegen die drohenden Gefahren der Anarchie, der Hungersnot und der Fremdherrschaft zu schützen. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unter- schrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel. Gegeben Amerongen, den 28. November 1918 Wilhelm Zeit nach der Abdankung Exil Bis 1920 lebte Wilhelm II. in Amerongen, danach bis zu seinem Tod in dem von ihm erworbenen Haus Doorn in den Niederlanden im Exil. 1921 starb seine Frau. 1922 heiratete er die verwitwete Prinzessin Hermine von Schönaich-Carolath, geborene Prinzessin Reuß ä.L. (1887-1947) („Kaiserin“ in seiner Titulatur, amtlich „Prinzessin von Preußen“). Er versammelte Gelehrte zu kulturhistorischen Studien um sich (Doorner Arbeitskreis), verfasste seine Memoiren und weitere Bücher und hielt sich für die Wiederherstellung der Monarchie bereit. Unter anderem durch den H.putsch 1923 sah er sich darin bestätigt, dass nur ein Monarch Ruhe und Ordnung garantieren könne. Immer wieder äußerte er sich antisemitisch, „Presse, Juden und Mücken“ solle man den Garaus machen, „am besten mit Gas“. 1933 näherte er sich – auch bestärkt durch seine Frau, die im Reich umherreiste – den N. an, von denen er sich die Restauration des Kaiserreichs versprach, was sich trotz zweimaligen Besuchs G.s in Doorn bald als unrealistisch erwies. H. hielt ihn hin. Als er im November 1938 von dem antijüdischen Pogrom, der „K.nacht“, erfuhr, äußerte er sich entsetzt und hielt es für eine Schande. Bei Besetzung der Niederlande 1940 ließ H. das Anwesen durch die Geheime Feldpolizei abriegeln. Zum deutschen Sieg über Frankreich im Mai erhielt H., A. ein angeblich von Wilhelm II. abgesandtes Glückwunschtelegramm. Darin wurde zwar nicht dem „F.“ H., aber dem Reichskanzler, und vor allem zum „Sieg der deutschen Waffen“ gratuliert. Ob es von Wilhelm II. stammte, wird stark bestritten, sein damaliger Hausminister Wilhelm von Dommes dürfte der Urheber dieses Telegramms gewesen sein. Tod Wilhelm II. starb am Morgen des 4. Juni 1941 im Haus Doorn. Seine letzten Worte sind zweifelhaft überliefert: „Ich versinke, ich versinke...“. Trauerfeiern im Reich wurden verboten. Die NS-Machthaber erlaubten nur einer kleinen Zahl von Personen (dem engeren Familienkreis, einigen ehemaligen Offizieren) die Fahrt in die besetzten Niederlande zur Teilnahme an der Beisetzung. Der Kaiser wurde zunächst in einer Kapelle nahe dem Doorner Torhaus beigesetzt. Sodann wurde sein Sarg in das nach seinen Zeichnungen posthum erbaute Mausoleum im Park von Haus Doorn überführt. Sein selbst gewählter Grabspruch lautet: „Lobet mich nicht, denn ich bedarf keines Lobes; rühmet mich nicht, denn ich bedarf keines Ruhmes; richtet mich nicht, denn ich werde gerichtet.“ Beide Gattinnen ruhen im Antikentempel am Neuen Palais in Potsdam. Wilhelm II. als Persönlichkeit Auf Grund von Komplikationen bei seiner Geburt war Wilhelms II. linker Arm um 15 cm kürzer als der rechte und teilweise gelähmt, mit daraus resultierenden Gleichgewichtsstörungen und Haltungsschäden sowie häufigen Schmerzen im linken Ohr. Eine besondere elterliche Zuwendung erfuhr er nicht und dankte es mit einem bleibenden Ressentiment besonders gegen seine Mutter, die ihn selbst wiederum, wie in ihren Briefen deutlich zu lesen, hasste. Schmerzvoll waren die Versuche der Familie, seiner Behinderung entgegen zu wirken. Denn der zukünftige König von Preußen sollte ein „ganzer Mann“ und kein Krüppel sein. So musste er sich als Kleinkind z.B. schmerzhaften Elektroschocktherapien unterziehen. Auch wurde erfolglos versucht, seinen verkümmerten Arm zu strecken. Das beruflich oft erforderliche Reiten fiel ihm daher schwer. Diese unbehebbare Behinderung prägte ihn sehr. Er war gehalten, sie stets als einen Makel zu verbergen. Das Tragen von Uniformen und das Abstützen der linken Hand auf der Waffe war ein Ausweg. Die Behinderung machte ihn vermutlich zu einem Menschen mit Selbstzweifeln und geringem Selbstbewusstsein und einer darauf beruhenden Ichverfangenheit, leichten Kränkbarkeit und ihr zufolge Sprunghaftigkeit. Später dürfte diese auch seine sprichwörtliche Reiselust begünstigt haben. Ob mögliche Neurosen eine ernsthafte seelische Erkrankung unterstellen lassen müssten, ist durchaus strittig. Ob auch eine Anlage zu einer Geisteskrankheit vorlag, noch mehr. Ein schwermütiger Zug wird ihm mitunter attestiert. Der noch heute berühmte Psychiater Emil Kraepelin bezeichnete sogar – auf Grund ferndiagnostisch zugänglicher öffentlicher Quellen – Wilhelms Gemüt als einen „typischen Fall periodischen Gestörtseins“, ein freilich bestrittenes Urteil in Richtung auf eine manisch-depressive Disposition. Anhaltende Schwierigkeiten waren Wilhelm II. verhasst, deswegen ließ er auch bewährte Freunde und Parteigänger schnell im Stich, so dass eher diplomatisierende Charaktere, wie Bülow und viele Höflinge, seinen Umgang ausmachten und seine Personalauswahl bestimmten. Offiziere, unter denen er sich wohlfühlte, erweiterten sein Urteil wenig, denn sie hatten im Zweifel die politischen Vorurteile ihrer kastenartig abgeschlossenen Berufsgruppe, und auch ihr Stil des Schwadronierens färbte auf ihn ab. Von seiner Persönlichkeit her gesehen behinderten narzisstische Züge seine Einfühlungsgabe und sein Urteil über Andere, wie z.B. über Nikolaus II. von Russland. Seine Taktlosigkeiten waren bekannt. Sie fielen seiner Mitwelt besonders bei seinem Regierungsantritt und bei Bismarcks Entlassung ins Auge, die dieser in seinen Gedanken und Erinnerungen rachsüchtig ausbreitete. Eine diese Handikaps ausbalancierende Welt- und Menschenkenntnis zu erwerben, hatte sein Werdegang ihm nicht erlaubt. Trotz der Wesensunterschiede zu seinem altpreußisch-schlichten und im Persönlichen bemerkenswert loyalen Großvater Wilhelm I. versuchte Wilhelm II. immer, dessen Regierungsmuster zu folgen. Man kann sein anfängliches Verhältnis zu Caprivi dergestalt deuten, dass er hier ‚seinen eigenen Bismarck‘ gefunden zu haben hoffte. Zum militärischen Oberbefehlshaber ernannte er den Neffen des berühmten Generalfeldmarschalls Helmuth von Moltke („Ich will auch einen Moltke.“), der dann aber aus dem Schatten Alfred von Schlieffens nicht heraus zu treten vermochte. Allerdings wurde die Zurückhaltung seines Großvaters bei direkten politischen Eingriffen keineswegs bleibendes Merkmal des Enkels; wiederholt griff Wilhelm II. durch Personalentscheidungen und Befehle für Gesetzesvorlagen direkt in die Politik ein. Gar nicht folgte er der öffentlichen Zurückhaltung des alten Kaisers: Selbstdarstellungseifer drängte Wilhelm II. oft repräsentativ in die Öffentlichkeit, wobei eine nicht unbeachtliche Rednergabe ihm Echo einbrachte, aber auch zu politisch bedenklichen Formulierungen verlockte. Auch begünstigte dieser Übereifer sein Verhältnis zu den Massenmedien. Man kann ihn als ersten Medienmonarchen des 20. Jahrhunderts ansehen. Seine Schaustellungen von Uniformen und Orden stimmten im Übrigen zum Protzstil des später nach ihm benannten Wilhelminismus. Die Künste standen ihm fern, die Literatur lag ihm nicht am Herzen. Eigene Interessen entwickelte er für die Archäologie, seine Korfu-Aufenthalte sind auch davon bestimmt. Außerdem oblag er, wie in Adelskreisen nicht unüblich, begeistert der Jagd, seine Trophäenzahl erfreute ihn (er erlegte rd. 46.000 Tiere); im Exil fällte er gerne Bäume. Bei der Jagd lernte Wilhelm auch seinen später engen Freund Philipp Graf zu Eulenburg kennen, der besonders in den Jahren 1890 bis 1898 zu seinen wichtigsten Beratern zählte. Desengagement, wenn die Dinge anders liefen, als er wollte, blieb sein Wesenszug. Noch 1918, angesichts der revolutionären Verhältnisse im Reich, emigrierte er sang- und klanglos ins neutrale Ausland. Seine in Holland verfasste Autobiografie mit ihren Rechtfertigungen oder Themenvermeidungen ist ein gutes Zeugnis seiner Urteilsschwächen. Das Bild Wilhelms II. in der Öffentlichkeit Wilhelm II. war zunächst sehr populär. Die weniger geschätzten Züge einer Reichseinigung „von oben“ mit Bewahrung alter Machtstrukturen fand in der Kaiserverehrung einen willkommenen Ausgleich. Die weithin monarchistisch gesonnene Presse nahm dies auf, man fand für ihn die Bezeichnungen „Arbeiterkaiser“ und „Friedenskaiser“ (dies geht u. a. auf den Vorschlag von Emanuel Nobel von 1912 zurück, Kaiser Wilhelm II. den von Alfred Nobel gestifteten Friedensnobelpreis zuzusprechen, damals hatte das Deutsche Reich unter seinem Kaisertum 24 Jahre Frieden gehalten). Doch wurde er auch als bedrohlich empfunden (vgl. Ludwig Quiddes als Kritik an Wilhelm II. aufgefasste und vielrezipierte 1894er Studie Caligula zum "Cäsarenwahnsinn“). Zunehmend mischte sich dann Spott hinein: „Der erste war der greise Kaiser, der zweite war der weise Kaiser, der dritte ist der Reisekaiser.“ Auch in der Bezeichnung „Redekaiser“ steckte Kritik. Seine vielerlei Uniformen wurden bewitzelt: „Majestät, im Badezimmer ist ein Rohr geplatzt.“ – „Bringen Sie die Admiralsunifom.“ („Simplicissimus“) Von den ihn kritisierenden Demokraten, Sozialisten, Katholiken, auch den kritischen Minderheiten (von 1864 her die Dänen, seit 1866 die Hannoveraner, seit 1871 die Elsass-Lothringer, dauerhaft die Polen) wurde ihm zunächst das die öffentliche Meinung beherrschende Bürgertum am gefährlichsten. Bei den Schriftstellern war er nicht angesehen, der ironische Thomas Mann war in seinem Roman Königliche Hoheit noch am mildesten mit einem behinderten und etwas einfältigen Dynasten umgegangen. Direkte Kritik verbot der Paragraph zur „Majestätsbeleidigung“ im Strafgesetzbuch, aber die Witze über ihn wurden immer beißender. Man vergleiche nur das viel positivere Kaiserbild von Franz Joseph in Österreich-Ungarn, der doch viel stärkere innen- und außenpolitische Probleme hatte. Nach 1918 und seiner Flucht ins Exil überwog die Verachtung, man warf ihm Feigheit vor: Warum ist er nicht an der Spitze seines Heeres kämpfend gefallen? Monarchisten erhofften 1933 mit H.s Machtantritt seine Rückkehr. Da H. nichts dergleichen im Sinne hatte, wurde Wilhelm II. in seinen letzten zehn Lebensjahren immer stärker vergessen, sein Tod blieb überwiegend unbetrauert. Sein öffentliches Ansehen hat sich seither kaum erholt. Außerhalb Deutschlands war sein Ansehen eher schlechter als in Deutschland. Während des Ersten Weltkrieges war Wilhelm II. oft die symbolische Zielfigur der feindlichen Propaganda. Familie Stammbaum Söhne und Töchter Friedrich Wilhelm Victor August Ernst (1882-1951) ∞ 1905 Herzogin Cecilie zu Mecklenburg-Schwerin (1886-1954) Wilhelm Eitel Friedrich Christian Karl (1883–1942) ∞ 1906-1926 Herzogin Sophie Charlotte von Oldenburg (1879-1964) Adalbert Ferdinand Berengar (1884–1948) ∞ 1914 Prinzessin Adelheid von Sachsen-Meiningen (1891-1971) August Wilhelm (1887–1949) ∞ 1908-1920 Prinzessin Alexandra von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg (1887-1957) Oskar Karl Gustav Adolf (1888–1958) ∞ 1914 Gräfin Ina Maria von Bassewitz (1888-1973) Joachim Franz Humbert (1890–1920, Selbstmord) ∞ 1916 Prinzessin Marie Auguste von Anhalt (1898-1983) Victoria Luise Adelheid Mathilde Charlotte (1892–1980) ∞ 1913 Herzog Ernst August von Braunschweig-Lüneburg (1887-1953) Titel und Ränge Titular Akademische Titel (alphabetisch nach Hochschulen) Dr. iur. utr. h.c. der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin Dr.-Ing. E.h. der Polytechnischen Hochschule in Berlin Ehrendoktor der Wissenschaften der Universität Klausenburg Dr. of Civil Law der Universität Oxford Ehrendoktor der Rechte der Universität von Pennsylvania Ehrendoktor der Medizin der Karls-Universität Prag Militärische Laufbahn 27. Januar 1869: Leutnant im 1. Garderegiment zu Fuß und à la suite des 1. Batl. (Berlin) des 2. Garde-Landwehr-Regiments. 22. März 1876: Oberleutnant 22. März 1880: Hauptmann 16. Oktober 1881: Major 16. September 1885: Oberst und Kommandeur des Garde-Husaren-Regiments 27. Januar 1888: Generalmajor und Kommandeur der 2. Garde-Infanterie-Brigade 15. Juni 1888: Oberster Kriegsherr des deutschen Heeres und Chef der Marine, Chef des 1. Garde-Regiments zu Fuß, des Regiments der Garde du Corps, des Leib-Garde-Husaren-Regiments 13. September 1889: Chef des Königs-Ulanen-Regiment (1. hannoversches) Nr. 13 Chefstellen und andere Ehrenränge Hier geht es um den Rang des Chefs (in Bayern: Inhaber) von Truppenteilen, dessen Namen diese dann auch oftmals trugen (das militärische Kommando liegt nicht beim „Chef“, sondern bei dem jeweiligen „Kommandeur“). Die Generals- und Admirals-Titel sind ebenfalls als Ehrenränge zu verstehen. Deutschland Chef des 1.Garde-Regiments zu Fuß Regiments der Gardes du Corps Leib-Garde-Husaren-Regiments Königs-Ulanen-Regiments (1. Hannoversches) Nr. 13 Königs-Infanterie-Regiments (6. Lothringisches) Nr. 145 Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm I. (2. Ostpreußisches) Nr. 3 Regiments Königs-Jäger zu Pferde Nr. 1 Leib-Kürassier-Regiments Großer Kurfürst (Schlesisches) Nr. 1 1. Leib-Husaren-Regiments Nr. 1 2. Leib-Husaren-Regiments Königin Viktoria von Preußen Nr. 2 Leib-Grenadier-Regiments Friedrich Wilhelm III. (1. Brandenburgisches) Nr. 8 2. Badischen Grenadier-Regiments Kaiser Wilhelm I. Nr. 110 Infanterie-Regiments Kaiser Wilhelm (2. Großherzoglich Hessisches) Nr. 116 Königlich Sächsischen 2. Grenadier-Regiments Kaiser Wilhelm Nr. 101 Königlich Württembergischen Infanterie-Regiments Nr. 120 Königlich Württembergischen Dragoner-Regiments Königin Olga (1. Württembergisches) Nr. 25 Inhaber des 1. Königlich Bayerisches Ulanen-Regiment „Kaiser Wilhelm II., König von Preußen“ Königlich Bayerischen 6. Infanterie-Regiments Kaiser Wilhelm, König von Preußen Ausland Inhaber des K.u.k. Infanterie-Regiments Nr. 34 (Österreich-Ungarn) K.u.k. Husaren-Regiments Nr. 7 (Österreich-Ungarn) Chef des Kaiserlich Russischen St. Petersburger Leib-Garde-Grenadier-Regiments 'König Friedrich Wilhelm III.' 85. Infanterie-Regiments „Wyborg“, (Russland) 13. Husaren-Regiments „Narva“ (Russland) Königlich Großbritannischen 1. Dragoner-Regiments Ehrenoberst des Königlich Portugiesischen 4. Reiter-Regiments Königlich Spanischen Dragoner-Regiments „Numancia“ Kaiserlich Osmanischer Feldmarschall Feldmarschall der Kaiserlich-Königlichen Armee Österreich-Ungarns Königlich Großbritannischer Feldmarschall Königlich Großbritannischer Ehrenadmiral der Flotte Königlich schwedischer Flaggenadmiral Königlich norwegischer Ehrenadmiral Königlich dänischer Ehrenadmiral Admiral der Kaiserlich russischen Flotte Ehrenadmiral der Kgl. griechischen Flotte Sonstige (nichtmilitärische) Ränge und Orden Auswahl Neuntes Oberhaupt und neunter Souverän und Meister des Hohen Ordens vom Schwarzen Adler Protektor des Johanniterordens Ritter des Hosenbandordens (Vereinigtes Königreich) Ritter des St.Andreasordens (Russland) Ritter des Annunciaten-Ordens (Italien) Ritter des Elefanten-Ordens (Dänemark) Ritter des St.-Hubertus-Ordens Ritter des Seraphinenordens (Schweden) Ritter des Löwen-Ordens (Norwegen) Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies (Spanien) Ehrenbailli und Großkreuz des Souveränen Malteserordens Johannes August Karl Franz Karpf, seit 1913 von Karpf (* 17. Oktober 1867 in Dömitz; † 16. Dezember 1941 in Hamburg) war ein deutscher Marineoffizier, zuletzt Konteradmiral. Leben Herkunft Karpf wurde als Sohn des Steuer- und Zollinspektors Johannes Karpf und seiner Frau Louise in Dömitz geboren. Seine väterliche Familie stammte aus Neumünster, wo sein Großvater Martin Karpf als österreichisch-ungarischer k.u.k. Soldat nach der Vermählung mit der einheimischen Sophie Kelch sich nach den Befreiungskriegen niederließ. Er besuchte das Fridericianum Schwerin. Militärkarriere Karpf trat am 15. April 1887 in die Kaiserliche Marine und avancierte bis zum Konteradmiral. 1915 kommandierte er den Gotland-Raid. Er war Flügeladjutant Kaiser Wilhelms II. und Kommandant auf dessen Yachten Iduna und Hohenzollern.[1] Am 16. Juni 1913 wurde Karpf anlässlich des 25-jährigen Regierungsjubiläums von Kaiser Wilhelm II. in den erblichen preußischen Adelsstand erhoben. Er stand auch nach dem Ende des Kaiserreichs weiter in engem Kontakt zur Familie Hohenzollern und begleitete zum Beispiel 1925 das Kronprinzenpaar auf eine Reise nach Teneriffa. Mandate Nach 1918 wohnte er in Hamburg-Rotherbaum und war Aufsichtsratsmitglied mehrerer Hamburger Reedereien, der Oertz-Werft, der Hamburg-Elbe-Schifffahrt, der Albingia-Versicherungsgesellschaft, sowie der Lübecker Hypotheken Bank (1933–1941). Öffentliche Ämter Am 13. Juni 1934 wurde Karpf zum Oberalten im Hamburger Kirchspiel Sankt Petri gewählt und blieb Mitglied des Kollegiums der Oberalten bis zu seinem Tod. Familie Karpf war verheiratet mit Vally Ida Mina Johanna von Karpf, geb. Nahmmacher (1878–1945) aus Neubrandenburg, und hatte zwei Töchter. Auszeichnungen Roter Adlerorden III. Klasse mit der Schleife und Krone Kronenorden II. Klasse mit Schwertern Ritterkreuz des Königlichen Hausordens von Hohenzollern mit Schwertern Eisernes Kreuz (1914) II. und I. Klasse Preußisches Dienstauszeichnungskreuz Ritterkreuz II. Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen Mecklenburgisches Militärverdienstkreuz I. Klasse Ehrenkreuz des Greifenordens Ehrenritterkreuz I. Klasse des Oldenburgischen Haus- und Verdienstordens des Herzogs Peter Friedrich Ludwig Friedrich-August-Kreuz II. Klasse Ritterkreuz II. Klasse des Hausordens vom Weißen Falken Komtur II. Klasse des Herzoglich Sachsen-Ernestinischen Hausordens.