Prachtausgabe / Danzig / Silberbeschläge / ganzleder / Westpreussen / Preussen / Gesangbuch / gebetbuch / Handeinband / leder / Silber - angeboten wird ein aufwendig in Ganzleder mit schweren Silberverzierungen und Silberschließen gebundenes Danziger Gesangbuch (18,5 x 11 cm) aus dem Jahr 1820. Das Erscheinen der hier vorliegenden zweiten Auflage fällt in die Zeit der ab 1817 betriebenen Zusammenführung lutherischer und calvinistischer (reformierter) Gemeinden zur Kirchenprovinz Westpreußen. In der Zeit von 1801 bis 1827 wirkte Karl Friedrich Theodor Bertling (1754–1827) als sog. Senior des geistlichen Ministeriums zu Danzig. Beim vorliegenden Exemplar wurde auch der 116 Seiten umfassende Anhang mit eingebunden.

Geistliches MinisteriUm zu Danzig [Hrsg.]: Christliche Religions-Gesänge für die öffentliche und häusliche Gottesverehrung. Gesammelt von dem geistlichen Ministerio der Stadt Danzig. Zweite vermehrte Auflage. Danzig, Müller 1820. XXII, 756, 116 S. Ganzleder mit üppigen Silberbeschlägen und Silberrahmen auf beiden Deckeln sowie zwei silbernen Schließen.

GEISTLICHES ministerium zu Danzig - Mit der Herausbildung der lutherischen Kirche Danzigs bildeten die Prediger der Kirchen ein Kollegialorgan, das geistliches Ministerium (E.E. Geistliches Ministerium der Augsburgischen Confession zu Danzig) genannt wurde, und wählten aus ihrer Mitte einen Senior, der jedoch nur primus inter pares war. Bis 1793 beschränkte sich der Wirkungskreis der geistlichen Leiter auf die Stadt und das Landgebiet der Regia Civitas Gedanensis, der polnischen Königlichen Stadt Danzig. Bis 1807 gehörte Danzig dann zum Königreich Preußen, war bis 1813 als Republik Danzig wieder unabhängig, kam dann aber an die preußische Provinz Westpreußen. Mit der ab 1817 betriebenen Union lutherischer und calvinistischer (reformierter) Kirchengemeinden in einer Verwaltungseinheit, der ab 1821 Evangelische Kirche in Preußen genannten Landeskirche, entstand die Kirchenprovinz Westpreußen. Die geistliche und administrative Leitung lag nunmehr bei dem 1816 in Danzig eingerichteten Konsistorium, ein westpreußisches Amt des geistlichen Leiters bestand jedoch nicht. Den Vorsitz im Konsistorium führte der Regierungspräsident in Danzig, da es zugleich für die Schulaufsicht zuständig war. Der König berief aber den bisherigen Senior des geistlichen Ministeriums als Konsistorialrat in das neue Konsistorium. Erst 1829 wurde für die Kirchenprovinzen das Amt des Generalsuperintendenten eingerichtet, jedoch wurde 1831 die Kirchenprovinz Westpreußen, wie schon 1829 die politische Provinz, mit derjenigen Ostpreußens zur Kirchenprovinz Preußen zusammengeschlossen. Das Konsistorium in Danzig wurde 1832 aufgehoben und die Zuständigkeit demjenigen in Königsberg in Preußen übertragen. 1830 war die Danziger reformierte St.-Petri-Pauli-Kirche der Landeskirche beigetreten. 1883 wurde ein Generalsuperintendent separat für Westpreußen ernannt, doch bis zur Wiederherstellung der Kirchenprovinz Westpreußen und des Konsistoriums Danzig drei Jahre später, saß dieser in Königsberg in Preußen. Seit 1845 waren die Konsistorien nicht mehr für die Schulaufsicht zuständig (diese oblag dem Provinzialschulkollegium), so dass das Konsistorium Danzig nunmehr eine Einrichtung allein der Landeskirche war. 1920 löste sich die Kirchenprovinz Westpreußen auf. Das Konsistorium Danzig und das Amt des Generalsuperintendenten blieben bestehen, ihre Zuständigkeit beschränkte sich nun aber auf die im Landessynodalverband der Freien Stadt Danzig zusammengeschlossenen protestantischen Kirchengemeinden. Bei Deutschland verbliebene Kirchengemeinden im südwestlichen und östlichen Westpreußen kamen an die neue Kirchenprovinz Grenzmark Posen-Westpreußen bzw. die Kirchenprovinz Ostpreußen. Die Mitgliedsgemeinden im Gebiet der neugeschaffenen Woiwodschaft Pommerellen schlossen sich der Unierten Evangelischen Kirche in Polen an. 1933 stürzten Deutsche Christen in der Danziger Landessynode mit ihrer Mehrheit den Generalsuperintendenten und ernannten einen Nachfolger, nunmehr gemäß Führerprinzip als Bischof, mit Weisungsrecht, tituliert. Nach der deutschen Annexion Danzigs 1939 schuf die altpreußische Landeskirche einen neuen Verwaltungsbereich für die angeschlossenen Kirchengemeinden, das Kirchengebiet Danzig-Westpreußen. Konsistorium Danzig und der Bischof erhielten für den vergrößerten Amtsbereich die Zuständigkeit. Sie übernahmen die in Pommerellen gelegenen Kirchengemeinden der Unierten Evangelischen Kirche in Polen, die nunmehr als Unierte Evangelische Kirche im Wartheland allein für den Warthegau zuständig war. Im März 1945 verlegte das Konsistorium Danzig seinen Sitz nach Lübeck, der Bischof floh nach Göttingen. Oberkonsistorialrat Gerhard Gülzow richtete für überlebende Danziger Flüchtlinge und Vertriebene zu Lübeck die Hilfsstelle beim evangelischen Konsistorium Danzig ein. Durch die Flucht, Ermordung und Vertreibung der meisten Protestanten gingen die meisten evangelischen Kirchengemeinden im Kirchengebiet unter, ihr Immobiliarvermögen wurde meist enteignet. Eine geistliche Leitung für einen Amtsbereich protestantischer Kirchengemeinden besteht heute in Danzig nicht mehr, aber in Zoppot, wo die lutherische Diözese Pommern-Großpolen einen Bischofssitz unterhält.

ZUSTAND: Gutes bis sehr gutes, festes und recht sauberes Exemplar. Der ebenso dekorative wie stabile Einband hat Gebrauchsspuren, ist aber insgesamt sehr ansprechend erhalten. Die Schließen funktionieren bestens, allerdings fehlen vier der kleinen Verzierungen (Blättchen) am Rand des Rahmes (ohne Auswirkung auf die Stabilität). Am unteren Rand des Vordeckels ist die Silberumrandung gebrochen, was aber ebenfalls die Stabilität nicht beeinträchtigt. Das Innenleben ist frei von Stempeln und Einträgen und nur auf den ersten Blättern schwach stockfleckig. Herrliches Sammlerstück.