Fachbuch: Bauhaus
Herausgeber: Jeannine Fiedler und Peter Feierabend

Große Originalausgabe - keine verkleinerte Sonderausgabe!!


Das Bauhaus strahlt noch heute - fast 90 Jahre nach seiner Gründung und einem kurzen Bestehen von 14 Jahren - eine faszinierende Lebendigkeit aus. Die kunst- und kulturhistorische Forschung widmet sich der Institution Bauhaus nach wie vor mit unvermindertem Interesse und in immer wieder neuen Fragestellungen.

Mit Wurzeln im Arts and Crafts Movement, im Werkbundgedanken und in anderen reformerischen Strömungen wurde das Bauhaus nach seiner Gründung und nicht zuletzt durch die große Ausstellung im Jahre 1923 unter dem programmatischen Motto "Kunst und Technik - eine neue Einheit" rasch über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt. Zu den spezifischen Errungenschaften der Schule zählen der berühmte Vorkurs und das pädagogische Konzept der innigen Durchdringung von Werkarbeit und theoretischer Lehre. Darüber hinaus wurde das Bauhaus als Brennpunkt eines radikal modernisierten Alltags zum Katalysator eines völlig neuen Lebensgefühls in der Weimarer Republik. Seine Leistung bestand darin, antiakademische Geisteshaltungen zu bündeln und auf unkonventionelle Art schulisch zu verankern. Neue Modestile und Formen des Zusammenlebens, die Erprobung der freien Liebe, die Erfindung eigener Körperkonzepte und phantasievolle Feste wurden zu Seismographen für Zeitgeist und Experimentierfreudigkeit des Bauhauses. Unter Berücksichtigung aktueller wissenschaftlicher Fragestellungen, mit umfangreichem, zum Teil unveröffentlichtem Bildmaterial sowie durch die Vielfalt der beleuchteten Aspekte gelingt hier eine Darstellung, die dem Anspruch von kunstinteressierten Lesern, Bauhauskennern und -liebhabern gleichermaßen genügen wird. Sie ermöglicht einen vielseitigen Einstieg in den Komplex "Bauhaus" mit all seinen Facetten. Die ersten Kapitel gewähren einen Einblick in das historische, kulturphilosophische, politische und pädagogische Umfeld seiner Entstehungszeit. Viele der innovativen Unterrichtsmethoden wurden nach der endgültigen Schließung des Bauhauses Berlin im Jahre 1933 von den Nachfolgeeinrichtungen übernommen: am Black Mountain College, dem New Bauhaus oder in der Hochschule für Gestaltung in Ulm.

Im reich illustrierten Kapitel "Leben und Alltag" wird der menschlichen Annäherung an das Phänomen Bauhaus erstmalig eine eigene Wertigkeit verliehen. Die Mazdaznan-Lehre erhält hier ebenso ein eigenes Kapitel wie die Musik am Bauhaus oder seine beliebten Feste.

Der Werkteil gibt einen Überblick über jene Schwerpunkte, die für das Bauhaus in seinen Entwicklungsperioden von handwerklich bestimmter Produktion unter dem geistigen Vater und Direktor Walter Gropius in Weimar, über die Entwurfstätigkeit für eine moderne Industriegesellschaft unter Hannes Meyer in Dessau bis zur strengen Ausrichtung auf die Architektur unter dem Direktorat von Ludwig Mies van der Rohe bestimmend waren. Verschiedene Bauhauspersönlichkeiten, von den drei Direktoren über die Meister bis hin zu den Jungmeistern, werden in einer Auswahl porträtiert. Die unterschiedlichen pädagogischen Methoden im Vorkurs unter den Lehrern Itten, Moholoy-Nagy, Albers, Kandinsky und Klee leiten in das Kapitel der Werkstätten ein. Hier werden für den Leser Türen zu den einzelnen Werkstätten geöffnet, hinter denen er den großen Formen- und Ideenreichtum von Bauhausprodukten entdecken kann. Mit Beiträgen zur aktuellen Diskussion über das Bauhaus als "Fixstern unter den Avantgarden" findet das spektakuläre Kompendium seinen theoretischen Abschluß, der zugleich einen Ausblick auf die Gestaltungsmöglichkeiten der Zukunft bietet. Die Fülle der Abbildungen, die die Beiträge und eine umfassende Dokumentation begleiten, illustriert nicht nur das Gelesene, sondern fordert den Leser auf, das Bauhaus hier und jetzt zu betreten und an seinem Leben und Unterricht teilzunehmen.

"Entschlossene Bejahung der lebendigen Umwelt der Maschinen und Fahrzeuge.

Organische Gestaltung der Dinge aus ihrem eigenen gegenwartsgebundenen Gesetz heraus, ohne romantische Beschönigungen und Verspieltheiten.

Beschränkung auf typische, jedem verständliche Grundformen und -farben.

Einfachheit im Vielfachen, knappe Ausnutzung von Raum, Stoff, Zeit und Geld."
Walter Gropius, 1926

Vorwort:

Eine Vision stand am Anfang der wohl erfolgreichsten wie folgenreichsten Schule für Gestaltung: die Idee, aus der Katastrophe des Ersten Weltkrieges einen neuen Menschen erstehen zu lassen. Ein Geschöpf, das mit allen Sinnen begabt, geschult durch die besten Künstler und Architekten der Zeit befähigt sei, Gegenwart und Zukunft eines modernen Jahrhunderts zu erfinden. Walter Gropius verlieh seiner Vision 1919 den programmatischen Titel "Bauhaus" und hätte in der Namensgebung kaum geschickter sein können. Denn ist nicht das "Haus" Synonym für Ideenreichtum, die Sorgfalt in der Ausführung und die Anpassungsfähigkeit an neue Methoden seiner Erbauer? Das Haus spendet die sinnstiftende Hülle für gemeinsam entwickelte Gedanken über die Gestaltung von Leben und Umwelt und ist eo ipso Momentum steter Reflexion über seinen eigenen Um- und Weiterbau. Der Vorgang, ein Haus zu bauen und es zu "behausen", wird gleichsam getragen von den seinsdefinierenden Elementen Raum und Zeit und markiert den Prozeß des Lebens schlechthin. (Auch am "Europäischen Haus" und seiner Struktur wird weiterhin gebaut werden, und seine Bewohner müssen untereinander Zivilisationsarbeit leisten.) Gropius und die Bauhäusler wollten ihrer Gesellschaft ein anderes Gesicht geben, ein aufregendes modernes Gebäude errichten, das - befreit vom Ausstattungsplunder der Kaiserzeit - vor allem auch dem Kopf die neue Richtung wies. Für eine kurze Spanne von 14 Jahren teilte das Bauhaus diesen Willen zur Erneuerung mit der jungen deutschen Republik. Während jenes in den Ideenkammern von Ateliers und Werkstätten den Menschen und seine Lebensbereiche zivilisierte, versuchten die Politiker, das Staats- und Gesellschaftsgebäude zu demokratisieren. Es ist bekannt, daß die Demokratisierung für den Anbruch eines 1000jährigen Reiches ausgesetzt wurde; gleichfalls beendeten die Nationalsozialisten ab 1933 rigoros die ästhetischgeistige Zivilisierung Deutschlands. Anderswo, in der Emigration, vor allem in den Vereinigten Staaten und in Palästina wurde wenig später die soziale Utopie des Bauhauses mit derselben Energie wie an seinen Wirkungsorten in Weimar, Dessau und Berlin weitergedacht. Rückblickend fand der letzte Bauhausdirektor, Ludwig Mies van der Rohe, dafür in der ihm eigenen Präzision die Formel: "Nur eine Idee hat die Kraft, sich so weit zu verbreiten." Die Philosophie des Gestaltens, die durch diese Idee verkörpert wird, vereinte jene, die sie vertraten, über alle Grenzen hinaus. Etwas nimmt Gestalt an. Das Prozeßhafte des Wortes Gestaltung - wie ein Gegenstand entsteht und beschaffen sei - ist so alt wie der mittelalterliche Begriff von der Bauhütte, dem Zentrum der Zünfte und Kathedralenbauer, den Gropius im Namen "Bauhaus" primär ansprach. Und die Worte Gestalt und Gestaltung sind so bedeutungsschwer, daß sie unübersetzbar Eingang in den englischen Sprachschatz gefunden haben. Weshalb T. Lux Feininger, der junggenialische Foto-Chronist des sprühenden Lebens am Bauhaus in seinen Betrachtungen über die Schule ahnte, daß "das Gefühl für das enge Nebeneinandersein des reinen Gedankens und der konkreten Substanz typisch deutsch" sei.

Nach der Sturm-und-Drang-Periode Weimars, den Gründerjahren des Aufbruchs zwischen Jugendstil und Expressionismus, zwischen Handwerk und Technik, hatte sich um 1925/ 1926 in Dessau die Schule endgültig als Laboratorium des Gestaltungswillens etabliert. Das neue Unterrichtsgebäude aus Glas und Stahl, nach Plänen von Gropius errichtet, beherbergte nunmehr Produktivwerkstätten, denn was am Bauhaus erprobt und entwickelt wurde, mußte sich rentieren: Die Zukunft des Handwerks lag in der schöpferischen Entwurfsarbeit für die industrielle Produktion begründet. Aus der anfänglichen Orientierungphase hatten sich Gesetzmäßigkeiten wie Norm, Typus und Synthese herausgebildet und markierten in der Vereinigung künstlerischer und handwerklicher Tendenzen den Weg zu neuen, industriellen Gestaltungsformen. "Junge Menschen - kommt ans Bauhaus" hieß es in einem Prospekt von Hannes Meyer. Sie kamen aus vielen Ländern und trugen die Vision der Schule hinaus in die Welt.

Nach zahlreichen Veröffentlichungen zum Thema Bauhaus stellen der interessierte Leser sowie das Fachpublikum an die Publikation eines aktuellen Kompendiums hohe Erwartungen. Dieses Buch möchte weder Monografien noch Spezialthemen ersetzen, wie sie die großen Sammlungen - das Bauhaus-Archiv in Berlin, die Stiftung Bauhaus Dessau, das Bauhaus-Museum Weimar, das Getty Research Center, Los Angeles, und die Misawa Homes' Bauhaus Collection, Tokyo - als Kataloge erarbeitet haben. Diesen Orten und seinen Mitarbeiterinnen sei hier für ihre Unterstützung bei den Bildrecherchen großer Dank ausgesprochen. Mithilfe all dieser Institutionen ist es gelungen, eine bislang einzigartig umfangreiche Bildauswahl zum Bauhaus zusammenzustellen. Die Auswahl illustriert nicht nur die vielfältigen Textbeiträge, sondern entwickelt, unterstützt von eigenen knappen Bildkommentaren, eine ikonografische Dramaturgie, die auch auf rein visueller Ebene den Zugang zum Phänomen Bauhaus erlaubt. Die Buchkonzeption sieht mit Themen, Werkteil und Dokumentation drei Einheiten vor. Die Themen bieten einen Einblick in das politischhistorische und pädagogische Umfeld des Bauhauses bis in die Gegenwart. Sie erleichtern das Verständnis für eine Keimzelle der Moderne, deren Wurzeln jedoch weit ins 19. Jahrhundert reichen. Zur Rezeptionsgeschichte des Bauhauses gehören ästhetisch-philosophische Ansätze ebenso wie seine Einbettung in die Geschichte der Weimarer Republik und die Erkenntnis seiner gesellschaftspolitischen Indienstnahme durch Nationalsozialismus und DDR-Diktatur. Spezifische Errungenschaften der Schule - zuallererst der berühmte Vorkurs, ihr didaktisches Konzept der innigen Durchdringung von Werkarbeit und theoretischer Lehre bis hin zu einem offensiv praxisbezogenen Curriculum - bestimmten nicht nur ihr pädagogisches Erbe in jenen Nachfolgeeinrichtungen, die das Lehrpersonal zum Teil aus Bauhausmeistern und -Schülern rekrutierten, sondern wirken bis heute auf moderne Hochschulen und Akademien. Es folgt ein Themenkreis, der in Leben und Alltag der Bauhäusler die intime Feinmechanik der Schule erschließt. Das Bauhaus als Brennpunkt eines radikal modernisierten Alltags wurde zum Katalysator für ein neues Lebensgefühl in den 20er Jahren. Seine Leistung bestand darin, antiakademische Geisteshaltungen zu bündeln und auf unkonventionelle Art schulisch zu verankern. Neue Modestile und Formen des Zusammenlebens - moderne Körperkonzepte, esoterische Techniken wie Mazdaznan, die Erprobung der freien Liebe, die Emanzipation der Frau und die Bauhausfeste als Seismographen für Zeitgeist und Experimentierfreudigkeit - waren die lebensertüchtigenden Formeln für den Schwung der Bauhäusler und für eine Lebendigkeit, die die Schule selbst nach 80 Jahren unvermindert ausstrahlt. Dieser reich illustrierte Themenkomplex verleiht der menschlichen Annäherung an die Ausbildungsstätte erstmalig eine eigene Wertigkeit.

Die Bauhauspersönlichkeiten markieren die Einleitung in den Werkteil: zuvorderst die Direktoren, die in den jeweiligen Schaffensperioden am Bauhaus mit ihren Erfolgen und dem Scheitern an den politischen Turbulenzen präsentiert werden. Hierauf folgt eine monografische Auswahl herausragender Meister und Jungmeister. Persönlichkeiten wie Georg Muche, Lothar Schreyer, Hinnerk Scheper, Joost Schmidt, Mart Stam, Lucia Moholy oder Lilly Reich werden objekt oder werkstattbezogen gewürdigt. Wie sie Charakter und Unterrichtsplan des Bauhauses gestaltet haben, schildern die Basisinformationen; die Exkurse verweisen auf Aspekte aus den Viten der Künstler, die über ihr Wirken am Bauhaus hinausgehen und unter anderem ihre Beteiligung an den avantgardistischen Strömungen des Jahrhunderts anschaulich machen. Darüber hinaus beschäftigt sich der Werkteil mit der propädeutischen Lehre am Bauhaus. Hier werden die spezifischen Unterschiede der pädagogischen Modelle von Itten über Moholy-Nagy und Albers bis hin zum Unterricht Kandinskys und Klees erläutert.

Anschließend erfolgt mit der Einführung in das Formenspektrum der Werkstätten die Darstellung verschiedener Entwicklungsperioden von handwerklich bestimmter Produktion in Weimar, über die Entwurfstätigkeit für eine moderne Industriegesellschaft in Dessau bis hin zu einer wissenschaftlichen Ausrichtung des Lehrplans in der Spätphase der Schule. Auch hier eröffnen Exkursthemen mit neuen spezifischen Denkansätzen einen komplexeren Zugang auf die Werkstätten. Die Theorie stellt sich als kleines Forum retrospektiver und in die Zukunft weisender Überlegungen dem Phänomen Bauhaus und der Moderne im 20. Jahrhundert. Der Anhang gliedert sich in die Materialblöcke Dokumentation und Merchandising-Appendix. Letzterer führt die am häufigsten aufgelegten Bauhau s objekte vor; zur Förderung von "Sammlung und Leidenschaft" enthält er jene Firmen, die Bauhausobjekte, -möbel und -textilien vertreiben.

Wenige Inkunabeln moderner Gestaltung prägten den populären Begriff des "Bauhausstils". Das in diesem Buch ausgebreitete Material hingegen präsentiert ein offenes, dynamisches Regelwerk der Formen und Funktionen, das den gewohnten Blick auf das sensationelle Einzelobjekt gleichsam vervielfältigen soll. Von den Rezipienten zum Klassiker unter den Avantgarden geadelt, bleibt das Bauhaus auch über das ausklingende Jahrhundert hinaus Prüfstein für eine zweite oder dritte Moderne in Design und Architektur.

Jeannine Fiedler



Über die Herausgeberin:

Die Kunsthistorikerin Jeannine Fiedler versammelt in diesem Band Beiträge eines wissenschaftlichen Expertenteams der Fachrichtungen Architektur und Kunstgeschichte, die ihr Fachwissen zum Thema „Bauhaus“ kompetent und anschaulich vermitteln.


Es handelt sich hier natürlich um ein verlagsfrisches, ungelesenes Exemplar.

Herausgeber: Jeannine Fiedler und Peter Feierabend
Verlag: h. f. ullmann in der Tandem Verlag GmbH, Potsdam
Erstauflage: 1999
Auflage: 8. Auflage
Jahr: 08/2011
Seitenanzahl: 639 Seiten
Buchart: Leinen mit Schutzumschlag
Abbildungen: über 800 farbige Abbildungen
Sprache: Deutsch
ISBN 10: 3-8331-4347-9
ISBN 13: 978-3-8331-4347-2
Größe: ca. 298 x 254 x 46 mm
Gewicht: ca. 3.400 Gramm
Zustand: neu, ungelesen
Besonderheiten: sehr umfassendes, umfangreiches Werk, beim Verlag bereits vergriffen