Trixum Template TF01

Korrespondenz 1936: Prof. Heinz DÄHNHARDT mit Döbler (Erfurt)


Beschreibung

– Weitere Bilder siehe unten! –


Sie bieten auf eine Korrespondenz von 1936 zwischen dem Journalisten und Bildungsfunktionär Prof. Heinz Dähnhardt (1897-1968), Referent im Reichsministerium für Erziehung und Unterricht, und Kurt Döbler, Leiter der Volkshochschule in Erfurt.


Darunter zwei eigenhändig signierte maschinenschriftliche Briefe von Heinz Dähnhardt.


Kurt Döbler, geb. 1900 zu Erfurt, sozialpolitische Studien, Dozent und Leiter der Erfurter Volkshochschule 1933–1937, dann von den Faschisten entlassen, 1945–1949 Stadtrat in Gotha, Verfasser zahlreicher religiös-kultureller Aufsätze.


Betrifft die Bemühungen Döblers, für die Töchter des Journalisten, Novellisten und Kulturhistorikers Wilhelm Heinrich Riehl (1823-1897), den in Erfurt wohnenden und verarmten Schwestern Hedwig Riehl (1867-1947), Musiklehrerin (neu eingezogen in das Lehrerinnen-Feierabendhaus), und Elisabeth Riehl (1861-1937 ), die im Krankenhaus liegt, finanzielle Hilfe vom Ministerium zu bekommen.


Außerdem geht es um eine Biographie über Wilhelm Heinrich Riehl, die einer der Lehrer der Volkshochschule Erfurt, Hans Herring, verfasst hat und für die nun ein Verlag gesucht wird (wohl erfolglos, denn sie ist für mich gedruckt nicht nachweisbar). Außerdem wird der Nachlass von W.H. Riehl erwähnt, den eine der Töchter ordnet.


Die Briefe von Döbler liegen im Durchschlag vor, die Schreiben von Dähnhardt und vom Ministerium im Original.


Vorhanden sind:

-5 maschinenschriftliche Briefe von Döbler an Dähnhardt (als Durchschlag, doch original mit Kürzel signiert), mit einem montierten Post-Einlieferungsschein

-zwei signierte Briefe von Dähnhardt an Döbler (mit Briefkopf "Reichs- und Preußisches Ministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung")

-ein Bescheid (A5-Format) des Ministers über eine Unterstützung der Hedwig Riehl (200 RM).


Zur Information habe ich am Ende noch Fotos einer ähnlichen Anfrage Döblers abgebildet (kein Bestandteil dieses Angebots).


Zustand: Briefe seitlich gelocht und meist gefaltet. Papier leicht fleckig und etwas knittrig. Bitte beachten Sie auch die Bilder!


Parallel biete ich weitere Briefe in Bezug auf Hilfe für die Riehl-Töchter an!


Bilder

TRIXUM: Mobil-optimierte Auktionsvorlagen und Bilder-Hosting

Über Heinz Dähnhardt und und Wilhelm Heinrich Riehl (Quelle: wikipedia):

John Heinrich Otto Viktor „Heinz“ Dähnhardt (* 14. Juli 1897 in Berlin-Wilmersdorf; † 30. Oktober 1968 in Flensburg) war ein deutscher Journalist, politischer Multifunktionär der bündischen Jugendbewegung, Dozent der Erwachsenenbildung, führendes Mitglied der Konservativen Volkspartei und Beamter im nationalsozialistischen Erziehungsministerium.

Leben

Weltkriegsteilnahme, Freikorps und Studium: Der Sohn des Vizeadmirals Harald Heinrich Dähnhardt, eines Mitbegründers der Deutschen Vaterlandspartei, besuchte das Städtische Werner-Siemens-Realgymnasium in Berlin-Schöneberg. Er legte am 8. August 1914 das Notabitur ab und wurde als Kriegsfreiwilliger ab September 1914 beim 5. Garde-Regiment zu Fuß in Ostpreußen, Polen und Russland eingesetzt. Im Juni 1915 zog er sich durch eine Nervenlähmung ein Gelenkleiden zu, das zu einer dauerhaften Gehbehinderung und damit zu seiner Entlassung aus dem Heer führte.

Mit Beginn des Sommersemesters 1915 studierte Dähnhardt Germanistik und Geschichte an der Universität Berlin. Daneben unterrichtete er bis September 1917 als Schulhelfer an seiner alten Schule. Er engagierte sich außerdem in der studentischen Selbstverwaltung. Er war Mitglied des Deutschvölkischen Studentenverbandes und 1. Vorsitzender des Allgemeinen Studierendenausschusses der Universität Berlin. Im September 1917 ließ er sich versuchsweise wieder einberufen und meldete sich im Januar 1918 freiwillig an die Front. Er wurde im Januar 1919 als Vizefeldwebel der Reserve zum Wohnsitz seiner Eltern in Altona entlassen.

Im März 1919 schloss sich Dähnhardt als Zeitfreiwilliger der Freiwilligen Wachabteilung Bahrenfeld an und wurde im April und Juni 1919 bei der Niederschlagung revolutionärer Unruhen in Hamburg eingesetzt. Seit August 1919 nannte sich das dieses Freikorps Zeitfreiwilligenkorps Groß-Hamburg („Die Bahrenfelder“). Am 15. März 1920 schloss er sich der Reichswehr-Brigade 9 in Schwerin unter General Paul von Lettow-Vorbeck an, die den Kapp-Putsch unterstützte. Zugleich setzte er seit April 1919 sein Studium an der Universität Hamburg fort, das er im Februar 1926 abschloss. 1927 promovierte er mit einer Studie über Joseph Görres’ politische Frühentwicklung (1776–1805) bei Max Lenz.

Funktionär der bündischen Jugendbewegung und der Volkskonservativen: Als Schüler hatte Dähnhardt dem Deutschen Pfadfinderbund angehört. 1919 trat er dem Deutschnationalen Jugendbund (DNJ) und dem Jungdeutschen Bund bei. Er gehörte im August 1921 zu den Mitbegründern des Jungnationalen Bundes (Junabu), dessen Abspaltung vom DNJ er entscheidend vorangetrieben hatte, und wurde dessen erster Bundesführer. Er übergab 1922 die Führung des Junabu an den nationalrevolutionären Hans Ebeling, übernahm 1924 aber wieder die interimistische Führung, als nach Konflikten um die politische Ausrichtung des Bundes Ebeling einen Teil des Junabu als eigenständigen Bund abspaltete.

Dähnhardt stand dem Deutschnationalen Handlungsgehilfenverband (DHV) nahe. Von Mai 1919 bis Mai 1921 arbeitete er als Mitglied des Arbeitsamtes der vom DHV finanzierten Fichte-Gesellschaft von 1914 in Hamburg in deren Volksbildungs- und Jugendarbeit. Er publizierte außerdem regelmäßig in der DHV-Zeitschrift Deutsches Volkstum. Die Fichte-Gesellschaft von 1914 hatte 1916 außerdem eine eigene „Fichte-Hochschule“ gegründet, die vom DHV in Hamburg finanziert wurde und das nationalistische, antiliberales, antimarxistische und antikapitalistische Gedankengut dieser Gesellschaft verbreitete. Dähnhardt war von 1926 bis 1934 Leiter der Reichsgeschäftsstelle der Fichte-Gesellschaft von 1914 und Volkshochschulreferent der Fichte-Schule. Er überführte den Sitz der Vereinigung und die Fichte-Schule 1926 ins Spandauer Evangelisches Johannesstift Berlin.

Dähnhardt kandidierte 1928 für die DNVP bei den Reichstags- und Landtagswahlen. Als Geschäftsführender Vorsitzender der Christlich-Sozialen Reichsvereinigung (seit August 1929) gehörte er innerhalb der Partei dem evangelischen Arbeitnehmerflügel an. Er war maßgeblich an der Abspaltung dieses Flügels der DNVP beteiligt und wurde Hauptgeschäftsführer der am 23. Juni 1930 gegründeten Konservativen Volkspartei. Seit Februar 1931 war er außerdem Mitglied und seit 5. Juni 1932 Sprecher der Führerringes der Volkskonservativen Vereinigung. Von Juni 1932 bis März 1933 schließlich war er Vorsitzender der Partei, die sich nun Volkskonservative Partei nannte.

Von 1927 bis 1932 saß Dähnhardt im Vorstand des Reichsausschusses der deutschen Jugendverbände. Seit 1929 war er dessen erster Vorsitzender. Er gab die Zeitschriften des Junabu, den Bannerträger und die Jungnationalen Stimmen, heraus und seit 1930 bis zum 31. März 1933 auch die Volkskonservative Stimme.

Dähnhardt arbeitete an einem politischen Netzwerk mit, das Reichskanzler Kurt von Schleicher 1932 zu knüpfen versuchte. Mit dem Ziel einer politischen „Querfront“ hatte das Reichswehrministerium enge Beziehungen zur Jugendbewegung gesucht und dabei vor allem durch Dähnhardt eine ständige Verbindung zum Reichsausschuss der deutschen Jugendverbände gepflegt. Über den Reichsausschuss nahmen die „jungen Leute“ Schleichers Anfang Oktober 1932 Kontakte zur Linken auf, die über den Geschäftsführer des Reichsausschusses, den Sozialdemokraten Hermann Maaß, liefen.

Ministerialbeamter während des Nationalsozialismus: Am 1. Mai 1933 trat Dähnhardt in die NSDAP und die SA ein. Er wurde zum 1. April 1934 zum kommissarischen Dozenten für geschichtliche Bildung an der Hochschule für Lehrerbildung in Cottbus berufen. Vom 1. Oktober 1934 an war er an das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung abgeordnet, wo er am 20. August 1937 zum planmäßigen Oberregierungsrat berufen wurde. Im Ministerium arbeitete Dähnhardt als Fachreferent für Erwachsenenbildung und Volksbüchereiwesen; 1938 wurde er außerdem Vorsitzender des Reichsprüfungsamtes für das Büchereiwesen. In dieser Funktion prägte er maßgeblich die Richtlinien des nationalsozialistischen Büchereiwesens, die eine „Säuberung“ der Büchereibestände, gefolgt von einem reichseinheitlichen Aufbau im Sinne der NS-Kulturpolitik vorsahen.[2]

Journalist und Mitarbeiter der Erwachsenenbildung: Im April 1945 floh Dähnhardt aus Berlin nach Hamburg-Bergedorf. Er wurde als „Mitläufer“ (Kat. IV) entnazifiziert und arbeitete von 1948 bis 1953 als Journalist und Redaktionsmitglied beim von Hanns Lilje herausgegebenen Sonntagsblatt in Hamburg. Als Hans Zehrer als Chefredakteur vom Sonntagsblatt zur Tageszeitung Die Welt wechselte, übernahm Dähnhardt kurzzeitig die Schriftleitung. Zehrer holte ihn bald darauf als Leiter der Kulturredaktion zur Welt nach. Vom 28. Oktober 1954 bis zu seiner Pensionierung am 2. Februar 1968 war Dähnhardt Direktor der Grenzakademie Sankelmark bei Flensburg und leitete die Pädagogische Arbeitsstelle des Deutschen Grenzvereins.

Dähnhardt wirkte 1947 maßgeblich am Aufbau des Freideutschen Kreises mit, einer Art Auffangorganisation für ehemalige Angehörige der Jugendbewegung der Weimarer Republik. Zwischen 1962 und 1968 gehörte er dem Fernsehrat des ZDF an. 1965 bis 1968 war er außerdem Mitglied der Propsteisynode in Schleswig-Holstein. Er wurde 1968 mit dem Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der BRD ausgezeichnet.

Veröffentlichungen

Jungnationaler Wille und Glaube. Heinz-Dietrich Wendland. Selbstverlag des (Jungnationalen) Bundes (Druck in der Hanseatischen Verlagsanstalt), (Hamburg) (1921).

Die Bahrenfelder. Geschichte des Zeitfreiwilligenkorps Gross-Hamburg in den Jahren 1919/20. Alster, Hamburg 1925.

Die jungnationale Bewegung. In: Die neue Jugend. Band 1, 1927, S. 46–56.

mit Werner Pleister: Der deutsche Sprechrohr. 2. Auflage. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1934.

Die Welt des Buches. Eine Kunde vom Buch. W. Langewiesche-Brandt, Ebenhausen bei München 1942.

Die öffentlichen Büchereien im totalen Kriege der Nation. Radelli & Hille, Leipzig 1943.

Romantik. [Vortrag, gehalten in Loccum vor dem Freideutschen Konvent]., Loccum 1959.

Welches Bildungsziel enthält jugendverbandliche Arbeit in der modernen Gesellschaft? Vortrag. [Heinz Dähnhardt]. Landesjugendring Schleswig-Holstein, Kiel 1959.

mit Johannes Meyer und Gert Roßberg: Bundesrepublik Deutschland aktuell. Wolff, Flensburg 1968.

Wilhelm Heinrich Riehl, ab 1883 von Riehl (* 6. Mai 1823 in Biebrich; † 16. November 1897 in München) war ein deutscher Journalist, Novellist und Kulturhistoriker. In seinen Werken betonte er früh soziale Strukturen und gewann so Einfluss auf die Entwicklung der Volkskunde im 19. Jahrhundert, als deren wissenschaftlicher Begründer er gilt.

Leben: Wilhelm Heinrich Riehl wurde als Sohn des herzoglich-nassauischen Schlossverwalters Friedrich August Riehl (1789–1839) und seiner Gattin Elisabeth Riehl (1793–1856) in Biebrich geboren. Sein Vater wählte bereits 1839 den Freitod. Zunächst besuchte er die Lateinschule in Wiesbaden, anschließend das Gymnasium in Weilburg, wo er 1841 die Reifeprüfung ablegte.

Von 1841 bis 1843 studierte er Theologie in Marburg, Tübingen und Gießen. Motive zu diesem Studium waren der Suizid seines Vaters und die schlechte Finanzlage. Nach bestandenem Examen wandte er sich der Philosophie, Geschichte und Kunstgeschichte zu, die er u. a. in Bonn studierte. Dort gehörte Ernst Moritz Arndt zu seinen akademischen Lehrern. Unter dem Einfluss Arndts beschloss Riehl, der nach dem Bestehen des theologischen Kandidatenexamens eigentlich Dorfpfarrer werden wollte, sich als freier Schriftsteller mit der Kulturgeschichte und sozialer Politik zu befassen.

Seit 1841 bereits war er schriftstellerisch und journalistisch tätig. Auch Themen wie Volkswirtschaft, Kirchenpolitik und Forst- und Agrarwirtschaft sollten folgen. Riehl schrieb Zeitungsaufsätze in Frankfurt am Main, Karlsruhe und Wiesbaden und gab in den Jahren 1848 bis 1851 die Nassauische Allgemeine Zeitung heraus, während er zugleich mit der musikalischen Leitung des Hoftheaters in Wiesbaden betraut war. Bei der Allgemeinen Zeitung handelte es sich um eine zum 1. April 1848 von der nassauischen Regierung zur Vertretung ihrer Positionen ins Leben gerufene Tageszeitung. Riehl scheint schon Ende April 1850 aus der aktiven Mitarbeit ausgeschieden zu sein. Sein Nachfolger wurde Alois Boczek, der das Blatt auf einen Kurs des politischen Katholizismus brachte. Der daraus folgende Streit mit der nassauischen Regierung führte zum 22. August 1854 zur Einstellung der Nassauischen Allgemeinen Zeitung.

Von 1851 bis 1854 arbeitete Riehl in Augsburg als Redakteur der dort ansässigen Allgemeinen Zeitung.

1854 holte ihn Maximilian II. an den Münchener Hof, wo er „Oberredakteur für Preßangelegenheiten des kgl. Hauses und des Äußeren“ wurde und eine Honorarprofessur an der staatswirtschaftlichen Fakultät erhielt, die 1859 zu einer ordentlichen Professur für Kulturgeschichte und Statistik umgewandelt wurde. Seine Vorlesungen gehörten zu den bestbesuchten der Universität. 1861 wurde er Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.

1883 wurde Riehl in den Adelsstand erhoben. 1885 wurde er zum Direktor des Bayerischen Nationalmuseums und zum Generalkonservator der Kunstdenkmäler und Altertümer Bayerns ernannt.

Familie: Riehl heiratete im Jahr 1846 in Eppstein (Taunus) die Stuttgarterin Bertha von Knoll (1824–1894), vor ihrer Hochzeit war sie erfolgreiche Sängerin am Frankfurter Stadttheater. Das Paar hatte fünf Söhne, von denen einer früh starb, sowie vier Töchter, darunter:

Heinrich Karl (1852–1910), Landwirt in Oberföhring

Berthold (1858–1911), Professor für Kunstgeschichte an der Münchener Universität

Helene Christine (1848–1919), Landschaftsmalerin ∞ Christian August Vogler (1841–1925), Dr. phil., Professor an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin

Elisabeth Ida (1861–1937), Lehrerin für Sprache und Musik am Neumayerischen Mädcheninstitut in München

Hedwig Antonie (1867–1947), Geigerin, Musiklehrerin in Erfurt.

Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete er 1896 in Stuttgart Antonie Eckardt († 1916). Riehl starb im Alter von 74 Jahren in München.

Persönliche Anschauungen: Riehls wissenschaftliches Interesse galt der „Gesittung“ des deutschen Volkes. Methodisch war er bahnbrechend: Der Forscher solle sein Feld erwandern. Er war einer der ersten, die sich mit gesellschafts- und kulturgeschichtlichen Themen wissenschaftlich befassten. So unternahm er u. a. den Versuch, eine „Volkskunde als Wissenschaft“ bzw. eine „Wissenschaft vom Volke“ zu etablieren.

Sein berühmtestes Werk ist Die Naturgeschichte des Volkes als Grundlage einer deutschen Social-Politik (4 Bände, 1851–1869), in dem geographische Faktoren, soziale Verhältnisse und deutsche Kultur- und Lebensweise hervorgehoben werden. Im ersten Band Land und Leute (1854) setzte Riehl den Nationalcharakter der europäischen Völker in eine unmittelbare Beziehung zu der sie umgebenden Umwelt: Charakteristische Landschaften der Engländer und Franzosen seien der gezähmte Park und das gerodete Feld, deren Gegenbild er in der Wildnis des deutschen Waldes sah. Im dritten Band Die Familie (1855) analysierte er die Familie als Basis aller sozialen Entwicklungen und als Keimzelle der Gesellschaft. Grundlegender Ansatz war sein dichotomisches Geschlechterbild: Aus der Differenz „zwischen Weib und Mann“ ergebe sich, wie ein Gesetz, „naturnotwendig“ die „ungleichartige Gliederung der bürgerlichen und politischen Gesellschaft“.[1] Riehl sah die Verstädterung in einer Zeit der Industrialisierung nicht nur kritisch, sondern behauptete sogar, sie zerstöre die Familien. Des Weiteren dürfe der städtische Raum „Wald, Weide und Wasser“ nicht verdrängen, womit er die Einflüsse auf den Zustand der Landschaft, die mit der Herausbildung einer naturfernen Zivilisationsgesellschaft einhergingen, angriff. Riehl sah im städtischen Raum auch den „Nährboden für den socialistischen Geist der Gleichmacherei“ als Folge der Vereinzelung verzweifelter Individuen, die wiederum auf die Zerstörung der Familien zurückzuführen sei. Hier werden sein Hang zu subjektiven Generalisierungen und sein Konservativismus ersichtlich.

Riehl wandte sich jedoch nicht gegen jegliche Entwicklungen aus den Städten. Er konstatierte, dass „Trägheit“ im sozialen Konservatismus der bäuerlichen Bevölkerung und „Bewegung“ in der progressiven Haltung der Stadtbewohner in gleicher Weise grundlegend für die Gesellschaft seien.

Bedeutung: Riehl gilt auf Grund seines Untersuchungsgegenstandes als Vordenker oder Begründer u. a. der Volkskunde, der Kulturgeschichte und der Soziologie. Mancher subjektiven Verallgemeinerung zum Trotz, sind seine Theorien für die Entwicklung der kulturellen und sozialen Geschichte Deutschlands bedeutend gewesen. Nach wie vor von Wert sind seine Schilderungen zahlreicher, auch abgelegener Milieus (z. B. Wandertheater, Spitzbuben). Allerdings hat seine Ablehnung von analytischen Verfahren und „Buchgelehrsamkeit“ (des 19. Jahrhunderts!) zugunsten erwanderter Erfahrungen und literarischen Ausdrucks weniger Schule gemacht; doch wenden in der deutschsprachigen Kultursoziologie der Gegenwart u. a. Girtler und Honer diese Methode an.

Riehl gilt auch als einer der Wegbereiter des Naturschutzes im Sinne eines Wildnis- und nicht (nur) Kulturlandschaftsschutzes. So fordert er 1857 neben dem „Recht des Ackers“ das „Recht der Wildnis“: „Jahrhunderte lang war es eine Sache des Fortschrittes, das Recht des Feldes einseitig zu vertreten; jetzt ist es dagegen auch eines Sache des Fortschrittes, das Recht der Wildniß zu vertreten neben dem Recht des Ackerlandes. Und wenn sich der Volkswirth noch so sehr sträubt und empört wider diese Tatsache, so muß der volksforschende Social-Politiker trotzdem beharren und kämpfen auch für das Recht der Wildniß.“[2] Die gelingende Entwicklung eines „Volksorganismus“ erfordere nicht nur die Ausbildung kultureller Eigenart (vgl. Herder), sondern auch die Erhaltung von Wildnis zum einen als Reservoir ursprünglicher, unentfremdeter Kraft, die vor den negativen Folgen der Industrialisierung, Verstädterung usw. schützt, zum anderen als Ort der Abwesenheit gesellschaftlicher Zwänge und damit persönlicher Freiheit, an dem sich der Mensch seiner naturgegebenen Individualität, natürlichen Sittlichkeit und individuellen Selbstverantwortung bewusst werden kann.

Riehl gilt allerdings auch als einer der wesentlichen Wegbereiter der Legende von der patriarchalisch-idyllischen Großfamilie als typische Lebensform der vorindustriellen Ära, die erst durch die beginnende Industrialisierung zerstört worden sei, die es aber nach heutiger Erkenntnis in dieser Form und Verbreitung nicht gegeben hat. In dem Werk Die Familie trat Riehl 1855 erstmals mit seinem familiensoziologischen Programm vor die Öffentlichkeit und begründete damit die Legende von der vorindustriellen Großfamilie im „ganzen Haus“, wobei er Wunschvorstellungen nach rückwärts in die Vergangenheit projizierte und diese anschließend zur Grundlage seiner 'Erkenntnisse' machte.

Ehrungen: Riehl erhielt den Maximiliansorden (1871), wurde zum Geheimen Rat (1889) ernannt und war Träger des bayerischen Verdienstordens (1897). Riehl zu Ehren wurde im Jahre 1958 eine von der Handwerkskammer Düsseldorf als Stiftung gegründete Einrichtung des zweiten Bildungsweges, das Wilhelm-Heinrich-Riehl-Kolleg, nach ihm benannt.

Schriften

Die Geschichte vom Eisele und Beisele. Roman, 1848

Die Naturgeschichte des Volkes als Grundlage einer deutschen Social-Politik, 1851–1869 [davon zahlreiche Neuausgaben]

1. Land und Leute, 1854

2. Die bürgerliche Gesellschaft, 1851

3. Die Familie, 1855

4. Wanderbuch, 1869

Musikalische Charakterköpfe, 1853

Hausmusik, Fünfzig Lieder deutscher Dichter in Musik gesetzt von W.H.Riehl, 1855. [2. Aufl. 1860]

Culturgeschichtliche Novellen, 1856

Die Pfälzer. Ein rheinisches Volksbild, 1857

Kulturstudien aus drei Jahrhunderten, 1859

Die deutsche Arbeit, 1861

Geschichten aus alter Zeit, 1863–1864

Über den Begriff der bürgerlichen Gesellschaft, Vortrag, 1864

Neues Novellenbuch, 1867

Gotthold Ephraim Lessing als Universitätsfreund, 1873

Freie Vorträge, 1871 u. 1885

Aus der Ecke. 7 neue Novellen, 1874

Burg Neideck, Novelle, 1875

Am Feierabend. 6 neue Novellen, 1880

Lebensräthsel. 5 Novellen, 1888

Kulturgeschichtliche Charakterköpfe, 1891

Religiöse Studien eines Weltkindes, 1894

Ein ganzer Mann, Roman, 1897

Jörg Muckenbuber. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 67–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016. (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv)