Sie bieten auf eine Postkarte aus Karlsbad von 1933.



Geschrieben von Bernhard Fuchs, dem jüdischen Inhaber eines Sanitätshauses in Berlin, das von 1920-1932 (?) in der Wormser Straße 7 bestand (Quelle: Website des Jüdischen Museums Berlin). Lt. dem "Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit" – sein Sohn Erich Fuchs (*1899) war ein Opernsänger und -regisseur – handelt es sich bei der Wormer Str. 7 um die Privatadresse; die Geschäftsräume seines "Fabrikations- und Handelsgeschäfts für sanitäre Artikel" befanden sich "in der Stralauerstraße 42-43 und ab 1933 in der Kleiststraße 6".


Datiert Karlsbad, 12. September 1933.


Sein Sohn Erich Fuchs war zu dieser Zeit bereits vor den Nazis nach Frankreich geflohen.


Gerichtet an das Postamt W 62 in Berlin.


Bernhard Fuchs bittet, seine Post nicht mehr nach Karlsbad, sondern hauptpostlagernd nach Wiesbaden zu senden. Mit Angabe seiner Heimatadresse "Bernhard Fuchs, Berlin, Wormserstr. 7."


Bildkarte (Motiv: Praha = Prag).


Format: 10,5 x 14,7 cm.


Bildkarte (Motiv: Krkonoše = Riesengebirge).


Auf recht dünnem Papier.


Zustand: Karte leicht gebräunt, Ecken bestoßen. Bitte beachten Sie auch die Bilder!

Interner Vermerk: 20-11 Order grün in KRST 200429


Über den Sohn Erich Fuchs; mit Erwähnung von Bernhard Fuchs (Quelle: Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit):

Erich Fuchs, geb. am 7. Apr. 1899 in Posen/Poznań, Deutschland/heute: Polen, Sänger, Opernregisseur.

Biographie: Erich Fuchs wurde am 7. Apr. 1899 als erstes von vier Kindern des Heilpraktikers und Industriellen Bernhard Fuchs und seiner Frau Sophie Fuchs, geb. Sorauer, in Posen geboren. Er besuchte in seiner Heimatstadt sowie in Ostrau die Schule und erhielt zudem Musikunterricht bei Glaß am Konservatorium von Raphael Seligmann-Ferara in Posen. Gesangsstudien führten ihn außerdem zu Wagenmann (vermutlich Clara Wagenmann-Göhre) nach Breslau und München. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs war Fuchs bei der Luftschiffer-Ersatz-Abteilung 2 in Darmstadt und anschließend bis Ende 1918 im Grenadierregiment Nr. 6 in Posen tätig. Vermutlich weil die Stadt nach dem Ende des Kriegs polnisch wurde, zog Fuchs – wie wahrscheinlich zu diesem Zeitpunkt auch seine Eltern und Geschwister – nach Berlin. Dort studierte er nach eigener Aussage bis 1921 am Sternschen Konservatorium Gesang, was sich aber nicht verifizieren lässt. Als Lehrer gab er Nicolaus Rothmühl, Paul Knüpfer und Juan Luria an; die beiden letzteren arbeiteten in Berlin als Privatlehrer, Rothmühl bis 1936 auch am Sternschen Konservatorium.

In der Saison 1921/1922 begann Fuchs dann eine Laufbahn als Sänger, teilweise auch als Spielleiter der Oper an verschiedenen deutschen Theatern. Anfangs nutzte er dafür den Künstlernamen Erich Donner, gab diesen aber wohl nach ein paar Jahren wieder auf (DBJ 1915 ff.). Nach einem ersten Engagement am Stadttheater Trier (1921/1922) folgten Stationen am Stadttheater Kaiserslautern (1922/1923), am Stadttheater Lübeck (1923/1924), am Städtischen Theater Chemnitz (1924/1925), am Stadttheater Bremerhaven (1925/1926), an den Vereinigten Städtischen Bühnen Beuten – Gleiwitz – Hindenburg (1926/1927), am Staatlichen Theater Kassel (1927/1928 bis 1928/1929), am Stadttheater Bremen (1929/1930), am Stadttheater Bielefeld (1930/1931) und am Metropol-Theater Berlin (1931/1932). Darüber hinaus hatte er Auftritte bei den Festspielen in Meiningen, am Hamburger Stadttheater (1924) sowie an der Städtischen Oper Berlin (1931 und 1932) und wirkte im Rundfunk und Film mit. Fuchs war Bassist und sang unter anderem Partien aus Wolfgang Amadeus Mozarts „Entführung aus dem Serail“ (Osmin) und „Zauberflöte“ (Sarastro), Giacomo Meyerbeers „Afrikanerin“ (Don Pedro), Peter Tschaikowskys „Eugen Onegin“ (Fürst Gremin), Richard Wagners „Fliegendem Holländer“ (Daland), „Meistersingern“ (Veit Pogner) und „Rheingold“ (Fafner) und Ermanno Wolf-Ferraris „Neugierigen Frauen“ (Arlecchino).

Als die Nazis 1933 an die Macht kamen, lebte Fuchs in Berlin. Er wohnte, wie auch seine Schwester Dorothea, in der Fünfzimmerwohnung seiner Eltern in der Wormserstraße 7. Sein Vater hatte inzwischen in Berlin ein gut gehendes Fabrikations- und Handelsgeschäft für sanitäre Artikel mit Geschäftsräumen in der Stralauerstraße 42-43 und ab 1933 in der Kleiststraße 6 aufgebaut. Im Januar 1933 trat Fuchs noch im Schiller-Theater in Richard Wagners „Meistersingern von Nürnberg“ und im Februar 1933 im Theater am Nollendorfplatz in Giuseppe Verdis „La Traviata“ auf, anschließend wurden ihm wegen seiner jüdischen Herkunft jedoch weitere Auftritte verwehrt. Als er am 31. März 1933 bei einem Besuch im Café Eichberg am Kurfürstendamm in einen Nazi-Überfall geriet und im Gesicht blutig geschlagen wurde, fasste er umgehend den Entschluss, Deutschland zu verlassen. Möglicherweise spielte dabei auch sein Bruder Arthur eine Rolle, der wegen seiner journalistischen Tätigkeit Deutschland ebenfalls sehr schnell verließ. Fuchs stieg am 1. Apr. 1933 in einen Nachtzug, der ihn in die Niederlande brachte. Einziges Gepäck waren zwei Handkoffer; sein Bargeld beschränkte sich auf 20 RM. Seinen Ibach-Stutzflügel, ca. 150 gebundene Opernklavierauszüge, Schallplatten, Bühnenausstattungsgegenstände wie Perücken und Bärte sowie seine gesamte sonstige Habe ließ er in der Wohnung seiner Eltern zurück, ohne jemals davon etwas nachholen zu können. In Amsterdam wurde er zunächst von Freunden, dem Ehepaar W. A. E. und Betty van den Bosch, aufgenommen.

Zwar war er 1931 während eines Gastspiels des Bremer Opernensembles erfolgreich in den Niederlanden aufgetreten, als Ausländer konnte er nach seiner Flucht sein Auskommen dort jedoch nicht sichern. Er entschloss sich daher im Sommer 1933, nach Frankreich zu gehen. Auch in Paris war es für ihn allerdings nicht möglich, seine Existenz eigenständig zu sichern, da er zwar eine Aufenthaltsgenehmigung, aber keine Arbeitsgenehmigung bekam. Vor allem war er nicht in der Lage, sein Opernrepertoire auswendig und akzentfrei vollständig auf die französische Sprache umzustellen. Er blieb daher von der Unterstützung jüdischer Organisationen sowie (vermutlich von Freunden oder Verwandten) aus den USA abhängig und hatte nur manchmal Einnahmen durch Gelegenheitsarbeiten. Aus diesem Grund dürfte er nach 1934 auch die Auszahlung einer Abfindung für Ansprüche an eine Altersversorgung, die er durch seine Berufstätigkeit in Deutschland erworben hatte, in die Wege geleitet haben (EBB FuchsEr, Reg.-Nr. 51.666, Bl. F5). Vermutlich weil sich die Lage für ihn in Frankreich so schwierig gestaltete, kehrte Fuchs auch noch einmal nach Deutschland zurück. So wurde er als Mitglied des Berliner Opernensembles des Jüdischen Kulturbundes geführt und wurde Ende 1933, Anfang 1934 in der Besetzung von Wolfgang Amadeus Mozarts „Die Hochzeit des Figaro“, Ermanno Wolf-Ferraris „Die neugierigen Frauen“ und Jacques Offenbachs „Hoffmanns Erzählungen“ geführt. Über die folgenden Jahre ist nur wenig bekannt. An der Königlich Flämischen Oper in Antwerpen übernahm er in der Saison 1934/1935 die Partie des Ochs (LesnigG 2008-2010, Bd. 2, S. 370).

Fuchs wurde nach der Gründung der Reichsmusikkammer als Mitglied der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger automatisch in diese Zwangsberufsorganisation aufgenommen. Im Zuge der Massenausschlüsse von Musikern jüdischer Herkunft wurde er am 22. Aug. 1935 aufgrund von Paragraph 10 der „Ersten Durchführungsverordnung des Reichskulturkammergesetzes“ aus dieser Organisation wieder ausgeschlossen und mit einem Berufsverbot belegt. Ob er selbst oder seine Eltern für ihn Beschwerde dagegen einlegten, bleibt unklar, jedenfalls wurde der Einspruch vom Präsidenten der Reichskulturkammer am 8. Febr. 1937 endgültig zurückgewiesen und er für die weitere Berufstätigkeit an den Jüdischen Kulturbund verwiesen. Dass er längst nicht mehr in Deutschland lebte, war bis dahin offenbar nicht aufgefallen. Handschriftlich wurde in seiner Akte nur notiert, dass er seine Ausweiskarte nicht zurückgegeben hatte.

Nach dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in Frankreich und dem Waffenstillstand im Juni 1940 war Fuchs auch in Frankreich nicht mehr sicher und floh vermutlich bald in die unbesetzte Zone des Vichy-Regimes. Dort wurde er verhaftet und in das Arbeitslager Aïn Sefra in der südalgerischen Wüste verbracht. Vom 1. Okt. 1940 bis zum 10. Febr. 1941 musste er in dem Lager unter schwierigsten Verhältnissen Zwangsarbeit verrichten, das hieß vor allem Steine schleppen und klopfen. Dabei zog er sich einen schweren Nabelbruch zu, der jede weitere sängerische Tätigkeit unmöglich machte. Nachdem er im Februar 1941 entlassen worden war, gelangte er zurück nach Frankreich und ließ sich in Aix-en-Provence nieder. Als deutsche Truppen im November 1942 den bis dahin unbesetzten Teil Frankreichs okkupierten, ging Fuchs in die Illegalität. Mit einem falschen, auf den Namen Jean Renard ausgestellten Identitätsausweis, ohne Verdienstmöglichkeiten und Lebensmittelkarten, teilweise über Wochen in seinem Zimmer versteckt und nur mit der Unterstützung von Freunden überdauerte er die Zeit bis zur Befreiung im August 1944. Nachdem 1933 bereits sein Bruder Arthur und seine Frau nach Belgien geflohen waren, waren ihnen seine Eltern und seine Schwester Dorothea nach den Novemberpogromen 1938 dorthin gefolgt. Während die Mutter 1940 in Brüssel verstarb und sein Vater die Besatzungszeit überlebte, waren seine Geschwister sowie seine Schwägerin 1942 verhaftet und nach einer Zwischenstation im Camp Malines in das KZ Auschwitz deportiert und ermordet worden.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs lebte Fuchs wieder in Paris und ließ sich in Les Pavillons-sous-Bois im Osten der Stadt nieder. 1948 hatte er noch einmal ein Engagement als Ochs am Gran Teatro del Liceo in Barcelona (LesnigG 2008-2010, Bd. 2, S. 375). Krank und erwerbsunfähig stellte er Ende 1951 in Berlin einen Antrag auf Entschädigung für sich und seine Familie. Zwar erhielt Fuchs, der 1951, um seine Anträge zu befördern, eigens nach Berlin reiste, Entschädigungen für sich und seine Familie, insbesondere der Nachweis verlorenen Eigentums war ihm aber in vielen Fällen nicht möglich. Schwierigkeiten bereitete ihm auch die Anerkennung seiner Haftzeit im Arbeitslager Aïn Sefra, da Inhaftierungen unter dem Vichy-Regime in manchen Bundesländern bis in die 1950er Jahre nicht anerkannt wurden. Während das Finanzministerium in den Inhaftierungen eine selbstständige Handlung des Vichy-Regimes sah, nahmen das Auswärtige Amt und das Institut für Zeitgeschichte von Anfang einen gegenteiligen Standpunkt ein, indem sie die Auffassung vertraten, dass das Vichy-Regime auch unter dem Druck Deutschlands gehandelt hatte (MoiselC 2006, S. 264). Das Arbeitslager Aïn Sefra wird heute im „Haftstättenverzeichnis“ der „Stiftung Erinnerung Verantwortung Zukunft“ ausdrücklich genannt. Das Verfahren, das Fuchs 1951 in die Wege geleitet hatte, führte bereits 1952 zu verschiedenen Entschädigungszahlungen. Nachdem 1956 das „Bundesentschädigungsgesetz“ in Kraft gesetzt worden war, wurde das Verfahren jedoch teilweise neu aufgerollt und zog sich dann noch bis 1961 hin.

1953 scheint Fuchs den Versuch unternommen zu haben, nach Deutschland zurückzukehren. Er ließ sich eine Weile in Hamburg nieder, erhielt Rückkehrerhilfe und gab an, beim Rundfunk, an der Musikhochschule bzw. als privater Musikpädagoge tätig werden zu wollen. Im Jahr darauf war er allerdings wieder im Großraum Paris wohnhaft. Die diplomatische Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bestätigte dem Entschädigungsamt Ende 1954 seinen französischen Wohnsitz und den Umstand, dass er nicht in der Lage war, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten (EBB FuchsEr, Reg.-Nr. 51.666, Bl. M42). 1958 heiratete Fuchs in Tübingen Maria Sofia Elisabeth Fuchs, geb. Schmitz. Die Ehe muss kurz darauf wieder geschieden worden sein, denn 1960 heiratete er ein zweites Mal, diesmal in Darmstadt Helene Luise Fuchs, geb. Bartossek. Über Fuchs’ weiteren Lebensweg ist nichts bekannt. Auch ein Todesdatum liegt nicht vor.