Sie bieten auf zwei eigenhändige, signierte Briefkarten des Theologen, Dirigenten, Musikwissenschaftlers und Kirchenmusikers Fritz Stein (1879-1961).


Datiert Berlin-Charlottenburg 1938 und 1940. Zu dieser Zeit war Fritz Stein Leiter des Amtes für Chorwesen und Volksmusik der Reichsmusikkammer.


Gerichtet an den Pianisten, Komponisten, Schriftsteller und Musikkritiker Erwin Kroll (1886-1976) in Berlin. Da Kroll mit einer Jüdin (Lisbeth Kroll, geb. Radok) verheiratet war, hatte er Schwierigkeiten, an neue Aufträge zu gelangen.


1.) Briefkarte (11,3 x 17,7 cm), datiert Charlottenburg, den 20. Dezember 1938.

Transkription: "Lieber Herr Dr. Kroll, Ich habe endlich Zeit gefunden, meine Abrechnugen durchzusehen, und da hat sich ergeben - nach Ihren Quittungen und nach den Banküberweisungen daß Sie erst 1300 M von mir erhalten haben. Die 200 M habe ich gestern an Sie überweisen lassen. Und nun sage ich Ihnen nochmals einen herzlichen Generaldank für alle Ihre Hülfe, für alle unverdrossene Mühe, die Sie mir unglückseligen Schwerarbeiter gewidmet haben. Die gemeinsame Arbeit wird uns so hoffe ich freundschaftlich verbinden, solange uns noch in diesem Jammertal zu wirken vergönnt ist. Heute kam endlich der dicke Packen von Büchern an, und morgen soll das erste Exemplar an Sie abgehen. Mit allen guten Wünschen für Sie zum Feste, u. für Ihre ganze Familie zum neuen Jahre, grüße ich Sie in herzlicher Verbundenheit als Ihr Fritz Stein."


2.) Gedruckte Dankkarte (10,5 x 15,8 cm) für Glückwünsche zum (60.) Geburtstag, datiert Charlottenburg, den 25. Dezember 1939.

Beidseitig eigenhändig von Fritz Stein beschrieben, datiert 19. Januar 1940.

Transkription: "[Alle guten Wünsche für ein glückliches, friedengesegnetes neues Jahr!] und einen aufrichtigen Sonderdank, lieber Herr Dr. Kroll, für Ihren freundlichen Geburtstagsartikel in der 'Allgemeinen Musikzeitung', in dem Sie meine bescheidene Lebensarbeit so liebevoll mit dem Vergrößerungsglas des Freundes betrachtet haben! In alter Verbundenheit und mit wärmsten Grüßen von Haus zu Haus Ihr ins 'Greisenalter' wankender 'Sechzigender' Fritz Stein."


Jeweils ohne Umschlag.


Zustand: Karten seitlich gelocht (bei der ersten Karte mit geringem Buchstabenverlust); Papier gebräunt. Bitte beachten Sie auch die Bilder!

Interner Vermerk: Kroll 2021-12-3 Autogramm Autograph


Über Fritz Stein und Erwin Kroll (Quelle: wikipedia):

Fritz Stein (* 17. Dezember 1879 in Gerlachsheim; † 14. November 1961 in Berlin) war ein Theologe, Dirigent, Musikwissenschaftler und Kirchenmusiker.

Leben: Friedrich Wilhelm Stein war der Sohn eines Lehrers an der Taubstummenanstalt im Kloster Gerlachsheim und zog 1891 mit der verwitweten Mutter nach Heidelberg. Er studierte zunächst in Heidelberg und Berlin Theologie und legte 1902 in Karlsruhe das theologische Staatsexamen ab. Anschließend begann er ein musikwissenschaftliches Studium bei Arthur Nikisch und Hans Sitt. Als Universitäts- und Stadtorganist seit 1906 in Jena entdeckte er 1909 oder 1910 in einem Jenaer Archiv die Partitur der Jenaer Sinfonie von Friedrich Witt, die er dem jungen Beethoven zuschrieb und bei Breitkopf & Härtel herausgab. 1910 wurde er mit seiner Dissertationsschrift Geschichte des Musikwesens in Heidelberg bis zum Ende des 18. Jahrhunderts in Heidelberg zum Dr. phil. promoviert. 1914 wurde er als Nachfolger Max Regers zum Meininger Hofkapellmeister ernannt. Als Teilnehmer am Ersten Weltkrieg leitete er in Laon einen Soldatenchor.

1913 wurde er außerordentlicher Professor in Jena. 1919 wurde er außerordentlicher Professor und 1928 Ordinarius für Musikwissenschaft in Kiel, wo er bis 1923 zusätzlich Organist an der Nikolaikirche war und von 1925 bis 1933 die Position des Generalmusikdirektors übernahm. Als Mitglied im Allgemeinen Deutschen Musik-Verein, der Deutschen Musikgesellschaft, der Neuen Bachgesellschaft und der Händelgesellschaft, sowie als Herausgeber und als Organisator mehrerer Musikfeste genoss er in Fachkreisen einen guten Ruf. So war er 1928 eine der führenden Persönlichkeiten in der „Arbeitsgemeinschaft für das Deutsche Chorwesen“, zu dem sich der Deutsche Sängerbund, der Deutsche Arbeiter-Sängerbund (DAS) und der Reichsverband der gemischten Chöre Deutschlands zusammengeschlossen hatten.

1932 trat er dem völkisch gesinnten, antisemitischen Kampfbund für deutsche Kultur bei. Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten wurde er Direktor der Staatlichen Musikhochschule Berlin. Als Bedingung für die Annahme des Postens hatte er die fristlose Entlassung von jüdischen Musikern wie Emanuel Feuermann gefordert. Weitere Forderung zum „künstlerischen Neuaufbau“ waren die fristlosen Entlassungen von Leonid Kreutzer und Ersatz durch Carl Adolf Martienssen.

Innerhalb des Kampfbunds für Deutsche Kultur wurde Stein im Juli 1933 Reichsleiter der Fachgruppe Musik, sowie Referent für Kirchenmusik und Chorwesen. Bereits 1933 war er Präsidialrat der Reichsmusikkammer. Im Mai 1933 war Stein als Leiter der „Interessengemeinschaft für das deutsche Chorgesangswesen“ mitverantwortlich für die Gleichschaltung aller Chöre, insbesondere der Arbeiterchöre unter einem Dachverband. Am 30. Juli 1933 bat Stein um eine beschleunigte Aufnahme in die NSDAP: „Ich kann ehrenwörtlich versichern, daß ich mit dem Herzen seit vielen Jahren der herrlichen Bewegung Adolf Hitlers zugetan war“. Wegen der Mitgliedersperre wurde er erst am 1. März 1940 aufgenommen (Mitgliedsnummer 7.547.647). Ab 1934 war er Leiter des Amtes für Chorwesen und Volksmusik der Reichsmusikkammer.

1936 war er der Bearbeiter eines Festoratoriums nach Georg Friedrich Händel, das er „durch Tilgung von Formulierungen wie ‚Jehova‘ oder „Auf Zions heiligem Berg“ für politische Feiern des NS-Staates dienstbar machte“.

1939 dirigierte er am Vorabend zum 50. Geburtstag von Adolf Hitler den Chor der Leibstandarte SS Adolf Hitler. Im Dezember desselben Jahres verlieh ihm Adolf Hitler anlässlich seines 60. Geburtstages die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft. Nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde die Abteilung Chorwesen der Reichsmusikkammer geschlossen. 1940 stellte Stein zusammen mit Ernst-Lothar von Knorr ein Chorliederbuch für die Wehrmacht zusammen, das in der Edition Peters herausgegeben und nach Kriegsende in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt wurde. Ebenfalls ab 1940 war er federführend beteiligt an der Vertreibung der Cembalistin Eta Harich-Schneider unter anderem aus ihrer Professur an der Berliner Musikhochschule. Auf Grund einer öffentlichen Lobrede auf die jüdische Cembalistin Wanda Landowska anlässlich der Eröffnung der neu eingerichteten Berliner Cembalo-Schule erhielt er einen belastenden Aktenvermerk, und seine Vergabe eines Stipendiums an einen jüdischen Musiker wurde ebenfalls negativ registriert. In der Endphase des Zweiten Weltkriegs wurde Stein im März 1945 Leiter des Staatlichen Instituts für deutsche Musikforschung.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs verlor er seine Ämter und wirkte „freischaffend“, unter anderem für Christian Science. Später wurde er Präsident des Verbands für evangelische Kirchenmusik.

Seine Ehefrau Margarete Stein-Czerny veröffentlichte 1936 ihre Reger-Erinnerungen Stunden mit Max Reger, die 1955 im Verlag Ed. Bote & G. Bock, Berlin, wiederaufgelegt worden sind.

Max Reger war der Taufpate von Gretel und Fritz Steins Sohn Max Martin Stein (1911–2001), der als Pianist in Düsseldorf Hochschullehrer wurde. Die Tochter Hedwig (1907–1983), ebenfalls ein Patenkind Regers, heiratete den englischen Pianisten Iso Elinson.

Sein Schwager Frank Bennedik und sein Schwippschwager Bernhard Bennedik waren Musikpädagogen.

Festschriften

Hans Hoffmann; Franz Rühlmann; Käte von Pein: Festschrift, Fritz Stein zum 60. Geburtstag, Braunschweig, H. Litolff, 1939.

Max Hinrichsen: Festgabe für Fritz Stein, zur Vollendung seines 80. Lebensjahres am 17. Dezember 1959, Bonn : Max-Reger-Institut, 1959.


Erwin Kroll (* 3. Februar 1886 in Deutsch Eylau, Ostpreußen; † 7. März 1976 in West-Berlin) war ein deutscher Pianist, Komponist, Schriftsteller und Musikkritiker. Wie sein Freund Otto Besch war Kroll ein Tondichter Ostpreußens.

Leben: Um 1900 kam Kroll nach Königsberg i. Pr. und besuchte mit Otto Besch das Königliche Hufengymnasium. An der Albertus-Universität studierte er Philologie und Musik. Mit einer Doktorarbeit über den in Königsberg von jeher verehrten E.T.A. Hoffmann zum Dr. phil. promoviert, ging er in den Schuldienst. Er wandte sich 1919 ganz der Musik zu und setzte seine bei Otto Fiebach und Paul Scheinpflug begonnenen Studien in München fort. Dort fand er vor allem in Hans Pfitzner einen wichtigen Lehrer. Ihm widmete er später ein vielbeachtetes Buch. Neben seinem Studium war Kroll Korrepetitor an der Münchner Staatsoper und Schriftführer des Hans-Pfitzner-Vereins für Deutsche Tonkunst, zu dessen Gründung Thomas Mann aufgerufen hatte. 1925 kehrte Kroll nach Ostpreußen zurück und wurde Musikkritiker der Hartungschen Zeitung, ab 1930 ihr Feuilletonchef. Seit 1934 wirkte er in Berlin als Kritiker und Musikschriftsteller. Nach dem Zweiten Weltkrieg leitete er bis 1953 die Musikabteilung des Nordwestdeutschen Rundfunks in Berlin. Der (vergessenen) Bedeutung Königsbergs als Musikstadt hat Kroll mit seinem Buch ein Denkmal gesetzt.

Werke

Ostpreußische Heimat – Orchesterwerk

Violinsonate in B-Dur

Sonatine in F-Dur

Ostpreußische Tänze

Der Adebar – Fantasie über ostpreußische Volksweisen für großes Orchester

Gesangswerke und Liedbearbeitungen

Lieder für Solostimmen und Chorlieder

Schriften

Musikstadt Koenigsberg

Ernst Theodor Amadeus Hoffmann. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1923.

Hans Pfitzner. Drei Masken Verlag, München 1924 .

Das Theater. Festschrift zum 25 jährigen Bestehen der Städtischen Bühnen zu Dortmund. Das Theater, Berlin 1930.

Carl Maria Weber. Athenaion, Potsdam 1934 .

Musikstadt Königsberg. Atlantis, Freiburg i. Br. 1966.

Ehrungen

Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland, Verdienstkreuz am Bande (27. Januar 1956)

Kulturpreis der Landsmannschaft Ostpreußen (1960)