Sie bieten auf zwei Postkarten und zwei Briefe von 1913 aus Peterborough (England).


Sprache: deutsch.


Geschrieben von Herta von Graevenitz (* 10. März 1896 in Stuttgart; gest. 1975) bzw. ihrer Mutter Hermine von Graevenitz, geb. Baroness von Ow (* 15. Juni 1867; gest. 1939 in Stuttgart), die zusammen in Peterborough eine Familie Thompson besuchen, wobei Herta für längere Zeit bei der Familie Thompson als Gesellschafterin leben wird (beim letzten Brief ist die Mutter schon wieder in Stuttgart).


Bei der Gastgeber-Familie handelt es sich um Thomas John Thompson (* 1861 in Peterborough, gest. 18. August 1915 ebd.), dessen Frau Blanche Emily Thompson (geb. Oktober 1858 in Downham, Norfolk, gest. 14. April 1938) und deren Kinder Blanche Iris Thompson (* 17. Dezember 1894 in Peterborough, gest. 1979), Joan Mary Thompson (1896-1951) und John Archibald Julius Thompson (* 12. März 1900 in Peterborough, gest. 14 März 1974 in Staplehurst).


Thomas John Thomson war ein "Partner in a firm of Ecclesiastical builders and restorers, whose work included restoration of Peterbrough, and Winchester Cathedrals, and St Georges Chapel Windsor", also Kirchen-Restaurator (und zwar in der Firma John Thompson & Sons Ltd); sein Sohn Julius Thompson wurde Ingenieur.


Gerichtet an Hertas Vater und Hermines Ehemann, den General der Infanterie Theodor von Graevenitz (1842-1930) in Stuttgart.


Erwähnt ist Hertas Bruder, der spätere Diplomat Kurt-Fritz von Graevenitz (* 31. August 1898 in Kreuth; † 20. November 1987 in München), Vater des Diplomaten Hanno von Graevenitz (1937-2007), hier nur "K.F." genannt.


1.) Postkarte / 1-Penny-Ganzsache (8,8 x 14 cm) mit Poststempel vom 5. Mai 1913, handschriftlich datiert Peterborough, Montag [also der 5. Mai], ½ 3 Nm.

Geschrieben von der Mutter Hermine.

Auszüge: "M.l.M. [=Mann lieber Mann.] Nach kurzer Fahrt (1 Std. u. 25 M.) von London, gut angekommen u. von der Hausfrau u. d. Herrn an d. Bahn empfangen, alles sehr nett u. freundlich. Eben[...] kommen wir von der Stadt zurück, wo wir den wirklich prachtvollen Dom gesehen haben. [...] Hier ist ein netter Garten, ein sehr gemüthl. nettes Haus. Ich denke, H. wird sich hier wohlfühlen können. [...] H. hat ein freundliches Zimmer."

Dann mit einem Nachtrag von Herta: "Ich denke ich werde mit den sehr netten Mädchen gut auskommen. Euch allen herzl. Grüße v. Mutter u. mir, Eure Schwester etc. Herta."


Die anderen Schreiben sind alle von Herta verfasst worden.


2.) 3 ½-seitiger Brief (21,3 x 12,8 cm), datiert 6. Mai 1913 (Poststempel aus Peterborough).

Auszüge: "Mein lieber Vater! Eben erhalte ich Deinen u. K.F.s lieben Brief, vielen Dank dafür. Mutter liegt noch im Bett, den sie hat Kopfschmerzen u. will ruhig liegen. Gestern früh 10.10 verließen wir London und fuhren 1 Stde 25 Min. hierher. Wir fuhren mit einer Dame zus., die uns aber sehr wenig störte. In P. angekommen standen wir hier und sahen uns um, da kam auch gleich lächelnd eine Dame auf uns zu; wie Du wohl denken kannst, war es Mrs. Thompson. [...] Sie sind alle sehr nett, die beiden Mädchen, bes. Joan sind sehr lustig, ebenso Julius, der 13 jähr. Junge, der ein rechter Lausbub zu sein scheint. [...] Mein Zimmer ist sehr hübsch, groß u. freundlich. Das Bett ist für einen allein sehr groß, für 2 sehr ungeschickt. Mutter u. ich schliefen diese Nacht darin. Es ist ziemlich ungeschickt mit einer Decke. Sonst habe ich sehr viel Platz um mich auszubreiten. Einen enormen Schrank, eine Komode u. verschiedene kl. Schubfächer. Mutter wird es Dir beschreiben, wenn sie zuückkommt."

Signiert "Deine tr. Tochter Herta."


3.) kleine Postkarte (8,8 x 11,3 cm) mit Poststempel Peterborough, 7. Mai 1913. Halfpenny-Ganzsache mit zusätzlicher Halfpenny-Briefmarke.

Auszüge: "L. Vater! Während Mutter noch {???} abschreibt, will ich Dir einige Zeilen schreiben. Ihr Kopfweh ist jetzt ganz vergangen, sie hat sich gestern sehr geschont. Um 12.14 will sie nach London fahren, vorher gehen wir zu einem Schneider, der für K.F. einen Anzug machen soll."


4.) 8-seitiger Brief (21,3 x 12,8 cm), datiert Peterborough, den 4. Juni 1913.

Auszüge: "Geliebte Eltern! [...] Ich schicke 2 russische Marken mit, wenn K.F. sie schon hat, kann er sie vielleicht für Julius schicken, der hat von Rußland überhaupt nur 6 od. 7. [...] Was mein Heimkommen betrifft, wo haben wir ein junges (in den 20ern) Mädchen in Aussicht. [...] Auch Mrs. Th. will sich nach einer netten Begleitung umsehen. Sie sagt, wir werden schon jemand finden, Ihr sollt Euch nicht darum sorgen, Ihr habt ja genug zu tun. [...] Meine Karte aus Ely (es wird Ili ausgesprochen) habt Ihr nach meiner Berechnung heute Mittwoch bekommen. Die Kathedrale ist nicht mit Worten zu beschreiben, doch ich will genau beschreiben: In der Frühe vor den Stunden beschloß Mrs. Th. ganz schnell, Miss Snowd. u. ich sollten nach Ely fahren. [...] Thee tranken wir in einem sehr alten, alterthümlichen Hause; die Wände des Zimmers, wo wir saßen, waren mit Schränken bedeckt, in denen sich die herrlichsten Alterthümer befanden; römische Ausgrabungen, Sachen aus der Steinzeit [...]; ich konnte mich fast nicht trennen. [...] Was meine Lecture betrifft, so lese ich sehr viel, natürlich nur Gutes, es tut mir sehr gut. [...] Jetzt werde ich David Copperfield lesen. [...] Mrs. Th. hat mich sehr ins Herz geschlossen; jeden Abend kommt sie wenn ich fertig bin mir gute Nacht sagen, dann sagt sie immer, sie wissen nicht, was sie machen wolle, wenn ich nicht mehr da bin."


Über Hertas Vater: Theodor von Graevenitz wurde am 6. Februar 1842 in Ulm als Sohn des württembergischen Oberstleutnants Gustav von Graevenitz (1794-1873) und der Karoline, geb. von Martin (1808-1875) geboren und starb am 17. August 1930.

Am 27. September 1877 heiratete er in Wachendorf Marie Baroness von Ow (* 14. Januar 1856 in Wachendorf; † 14. November 1887 in Locarno), Tochter von Hans Karl Freiherr von Ow (1814-1882) und der Bertha Freiin Gleichauf von Gleichenstein (1818-1861). Oskar von Graevenitz (* 10. Dezember 1878 in Tübingen; gest. 1965) war ein Sohn aus dieser Ehe.

In zweiter Ehe heiratete er am 28. Januar 1895 in München die Halbschwester seiner verstorbenen Ehefrau, und zwar Hermine Baroness von Ow (* 15. Juni 1867; gest. 1939 in Stuttgart), Tochter von Anna von Ow, geb. von Collas (* 20. August 1837 in Birnbaum, Posen, gest. 26. Oktober 1906 in Kreuth, Oberbayern). Aus dieser Ehe entsprangen Hertha von Graevenitz (* 10. März 1896 in Stuttgart; gest. 1975), der Diplomat Kurt-Fritz von Graevenitz (* 31. August 1898 in Kreuth; † 20. November 1987 in München), Vater des Diplomaten Hanno von Graevenitz (1937-2007), sowie Dietrich Hans Karl Walter von Graevenitz (* 23. Juli 1907 in Kreuth bei Tegernsee; gefallen am 4. September 1943 in Kertsch / Kuban-Brückenkopf, Krim, als Leutnant im Grenadier-Regiment 282), Regierungsrat und stellvertretender Landrat.


Zustand: Papier etwas fleckíg, Umschläge mit Einrissen. Bitte beachten Sie auch die Bilder!

Interner Vermerk: Graevenitz, Ordner lila Adel Autograph Adel