Hej, gestatten dass ich mich vorstelle.

 

Am 1. Juli 1956 rollte ich im großen Saurer Werk in Wien aus der Halle und war sehr stolz, als ich von der Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung der Republik Österreich ein Kennzeichen (PT 11.383) bekommen habe. Dann stand meinem Liniendienst als Überlandomnibus nichts mehr im Wege. Gerade an heißen Tagen waren alle Passagiere glücklich, wenn mein Fahrer das große Faltschiebedach bis zur letzten Bankreihe zurückgeschoben hat. Und erst meine Fanfare! Wenn ich diese erschallen ließ, hatte ich freie Bahn, die anderen Verkehrsteilnehmer machten respektvoll Platz.

 

So nach fast 20 Jahren Liniendienst wollten sich die Passagiere nicht mehr so recht auf meinen Holzbänken wohlfühlen. Mein Herz war aber noch so gesund und ich erbrachte meinen Dienst so zuverlässig, dass sich die Post entschloss, mir eine neue Aufgabe zu geben.

Ich wurde wieder nach Wien in die Postautohauptwerkstätte gebracht und bekam ein neues Kleid. Das Schiebedach wurde durch Blech ersetzt, die Fenster bis auf 4 weggenommen, meine Sitzbänke entfernt. Dafür bekam ich eine Doppeltüre im Heck und auf jeder Seite eine Schiebetüre. Sogar ein stabiles Wertgelass hat man  installiert. Damit zukünftig die Pakete meinem Fahrer nicht ins Genick rutschen können, wurde eine Trennwand zur Fahrerkabine eingebaut. Meine Fanfare durfte ich behalten und bekam sogar noch eine Alarmsirene, damit Langfinger keine Chance hatten, an meine zukünftige wertvolle Fracht zu kommen. Am 17. Juli 1972 wurde eine  - nicht neidisch werden – Einzelgenehmigung mit Lichtbild erstellt. Auch ein neues Kennzeichen habe ich bekommen: PT 24.411. Meine Garage hatte ich fortan in Bregenz am Bodensee. Mein unverwüstliches Herz mit einem Volumen von 8 Litern erzeugten immerhin 130 PS bei 2.200 Umdrehungen pro Minute. Klar war das manchmal nicht so leicht, wenn ich im Bregenzer Wald noch einen 2-Achshänger ziehen musste. Aber damals hat man nicht immer nur auf die Uhr geschaut. Wichtig war, dass alles heil und zuverlässig angekommen ist.

 

Leider brach eine neue Zeit an und die REFA-Leute lauerten an allen Umschlagplätzen für meine Pakete. Auch mein Fahrer, der mein unsychronisiertes 5-Gang Getriebe virtuos beherrschte und die Bezeichnung Kraftfahrer im wahrsten Sinne des Wortes verdiente, wurde durch ein junges Bürschchen ersetzt. Dieser wollte unbedingt eine Servolenkung und die REFA-Leute meinten, dass das Be- und Entladen mit einer Hubbühne und Staplern zu erfolgen hat. Ach früher war das manchmal lustig, als sich die Postler beim Laden unterhalten haben. Nun hieß es immer schnell, schnell. Und hin und wieder haute mir so ein unachtsamer Staplerfahrer eine Beule ins Heck.

 

So war ich froh, dass ich am 30. Juni 1981 von einem jungen Mann gekauft wurde, welcher nur ein bisschen älter als ich war. Herzklopfen habe ich schon gehabt, weil er mich wieder umbauen wollte. Zwei neue Fenster wurden eingebaut, das Blech vom Schiebedach entfernt und das Dach angehoben, eine Dusche und ein separates Bad mit WC, eine Küche mit Kühlschrank und Herd mit Backofen, Stockbetten, Schränke und eine Sitzecke eingebaut.

Lange hat es gedauert, aber das Ergebnis kann sich doch sehen lassen, oder?!? Am 13. August 1985 habe ich dann den Status Sonderkraftfahrzeug Wohnmobil erhalten. Jetzt begann ein neues Leben! Kein Liniendienst sondern fremde Länder und viele wunderschöne Plätze galt es zu erkunden.

 

Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Schweden, Spanien, Norwegen, Belgien, Niederlande, Dänemark und und und …

Ich kenne somit so einiges und strotze noch vor Energie und Reiselust (anders als mein derzeitiger Besitzer…). Nach langen Gesprächen zwischen uns, sind wir übereingekommen, dass ich eine neue Herausforderung und Reisebegleiter brauche.

 

Ich bin mir ganz sicher: Meinem Besitzer und seiner Familie bin ich sehr ans Herz gewachsen, jedoch möchte ich weiterhin unterwegs sein, denn wer rastet der rostet und dies möchte ich nicht.

 

 

Kontakt: wohnmobus@gmx.de


Für die technisch Interessierten einige zusätzliche Details:

 

Sonder-KFZ Wohnmobil mit Wertgutachten und Zulassung als historisches Fahrzeug.

Erstzulassung: 01.07.1956

 

6 Zylinder Diesel mit 7983 ccm Hubraum und einer Leistung von 110 kW (MAN DO826 GF)

6-Gang ZF Splitgetriebe (ZF ECOLITE S 6-36)

Länge 9,95 m

Breite 2,35 m

Höhe 3,23 m

 

Leergewicht 8635 kg

zul. Gesamtgewicht 10 Tonnen

zul. Achslast vorne 4200 kg

zul. Achslast hinten 8300 kg

 

12 V DC Fahrzeugelektrik, nur Anlasser wird über 2 Fahrzeugbatterien mit 24 V betätigt.

Separate 120 Ah Wohnbatterie

 

9 Sitzer

 

sehr stabiler und begehbarer Dachgepäckträger

Heckgepäckträger für 4 Fahrräder

 

Heizung, Wasserboiler, Herd (4 Flammen mit Backofen) und Kühlschrank mit 2 Sterne Gefrierfach werden mit Gas versorgt. Der Kühlschrank kann zusätzlich mit 12 V DC oder 230 V AC betrieben werden.

Über dem Herd ist eine Dunstabzugshaube installiert, welche mit 12 V DC betrieben wird.

 

300 l Frischwasser aufgeteilt in 3 Tanks, welche einzeln zuschaltbar sind.

100 l Abwassertank

 

Eine eigenständige Duschkabine und ein separates „Frischluftbad“ mit Chemietoilette und Waschbecken.

 

Ein von innen zugänglicher Gepäckraum, welcher bspw. als Wäschetrockenplatz benutzt werden kann.

 

Ein Stockbett und eine wandelbare Wohnlandschaft. Tagsüber eine U-förmige Sitzecke und nachts bei abgesenktem Tisch eine Liegefläche von ca. 2,2 x 2,2 m.

 

Ein Kleiderschrank und viel, viel Stauraum.