Sie bieten auf einen eigenhändigen, signierten Brief des Buchhändlers und Verlegers Ferdinand Enke (1810-1869), dessen 1837 gegründete "Ferdinand Enke Verlag" einer der bedeutenden wissenschaftlichen Verlage in Deutschland wurde.


Datiert Erlangen, den 3. Dezember 1842.


Gerichtet an den bedeutenden Chirurgen und Neuroamatomen Benedict Stilling (1810-1879) in Kassel.


Betrifft ein von Ferdinand Enke herausgegebenes Werk von Benedikt Stilling. Höchstwahrscheinlich handelt es sich dabei um Stillings "Ueber die Medulla oblongata" (= Untersuchungen über den Bau des Nervensystems, Heft 2), Erlangen, Ferdinand Enke 1843. Dazu erschien ein Tafelband "Ueber die Textur und Function der Medulla Oblongata. Atlas" mit 7 lithographierten Tafeln.


Mit einer sehr interessanten Passage über die Vor- und Nachteile der deutschen bzw. lateinischen Sprache bei wissenschaftlichen Werken.


Transkription: "In Antwort Ihres Geehrten vom 29.11. ist es mir ganz angenehm, wenn die Lithogr. in Cassel unter Ihrer Aufsicht gearbeitet werden, indem mir auch selbst daran liegen muß, daß meine Verlagsartikel möglichst correct und gut ausgestattet werden. Richten Sie überhaupt das Ganze so ein, wie Sie es am Zweckmäßigsten halten, und bin ich mit allem zufrieden, wie Sie dieß einrichten wollen. Gut muß es ausgestattet sein und sollen von mir darin keine Kosten gescheut werden. Da ich das Papier, was Sie zur Taf. I genommen nicht kenne und wir doch zu den übrigen ganz gleiches Papier {???} möchten, so ersuche ich Sie dasselbe gütigst bestellen zu wollen. Ferd. Flinsch in Frankf. a.M. fertigt schweres Kupferdruckpapier und lege ich Ihnen hier eine Qualitäts Probe bei. Seine Papiere lassen sich sehr gut bedrucken. Bei dieser Fabrick können Sie die Bestellung recht gut auf meinen Namen machen. Sie fragen mich, ob ich lateinischen Text wünsche, soll das heißen in lateinischer Sprache oder deutscher Sprache und latein. Lettern? Ist der Text in deutscher Sprache, so müßten wir jedenfalls der vielen fremden Ausdrücke wegen latein. Lettern nehmen. Die Wahl des Textes in latein. oder deutscher Sprache stelle ich Ihnen ganz anheim. Bei Ersterer ist der Vortheil, daß es auch guten Absatz nach dem Auslande hat, bei Letzterer, daß derselbe umso stärker im Inlande ist. Hat das Werk allgemeines Interesse, so ist Letztere vorzuziehen, hat es indessen nur spec. für die Profess. der Physiologie ist Ersteres vorzuziehen, Auch hinsichtlich des Titels ganz nach Ihrem besten Dafürhalten.

Recht schön wäre es, wenn Ihr Bericht f. den Jahresbericht 2ter Jahrgang schon in dem ersten Hefte der vielen Kupfer wegen mit aufgenommen werden könnte, doch sehe ich, da wir im Januar schon mit demselben hinauswollen, die Unmöglichkeit ein. Die Steine ersuche ich sie, wenn sie zu Ihrem Werke nicht mehr zu benutzen sind, mir überschicken lassen zu wollen, damit ich dann f. d. J.B. [[=für den Jahresbericht]] abziehen lasse. [...] Mit der vollkommensten Hochachtung Ihr ganz ergebener Ferd. Enke."


Anm.: Erwähnt sind der Frankfurter Papierfabrikant und Papierhändler Ferdinand Traugott Flinsch (1792-1849) und die wissenschaftliche Zeitschrift "Jahresbericht über die Fortschritte der gesammten Medicin in allen Ländern", deren erster Jahrgang 1842 bei Enke erschienen war.


Umfang: zwei Textseiten, eine Leerseite und eine Adressseite (25,2 x 19,3 cm).


Format (zusammengefaltet): 8,3 x 12,8 cm.


Als Vorphila-Brief postalisch gelaufen; mit Poststempeln und handschriftlichen Taxvermerken.


Zustand: Dünnes Papier etwas knittrig und leicht fleckig; das Siegel fehlend. Bitte beachten Sie auch die Bilder!

Interner Vermerk: FM 24-02-18 Autogramm Autograph Wissenschaft Medizin


Über Ferdinand Enke und Benedict Stilling (Quelle: wikipedia):

Ferdinand Ernst Jakob Enke (* 8. Oktober 1810 in Erlangen; † 8. Dezember 1869 ebenda) war ein deutscher Verleger und Buchhändler. 1837 gründete er in Erlangen den Ferdinand Enke Verlag, der einer der bedeutenden wissenschaftlichen Verlage in Deutschland wurde.

Enke besuchte das Dithmarschen-Institut in Nürnberg und ging bei Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen in die Lehre. Er interessierte sich für Medizin, lernte alte Sprachen und holte mit erspartem Geld neben seinem Beruf das Abitur an einem humanistischen Gymnasium nach. Er war kurz im elterlichen Geschäft in Erlangen, war dann Geschäftsführer bei Kesselring in Hildburghausen, 1833 in der Buchhandlung von Bon in Königsberg, danach in der Buchhandlung von Rieger in Augsburg und in der Buchhandlung von Heubner in Wien, wo er sich auch im Malen und Zeichnen ausbildete.

Enke übernahm 1837 die väterliche Buchhandlung in Erlangen und begann mit seiner Verlagstätigkeit, mit der er sich später auf Naturwissenschaften, Medizin, Jura und Staatswissenschaften spezialisierte. Auch der Vater Ernst Enke (1782–1846) hatte einen Verlag (Palm und Enke Verlag), den aber der Bruder Adolph Enke übernahm. Ernst Enke hatte die Tochter des Erlanger Universitätsbuchhändlers und Autors Johann Jakob Palm (1750–1826) geheiratet und 1816 das Geschäft seines Schwiegervaters übernommen (Buchhandlung Palm und Enke).

Ein erster Erfolg war die Herausgabe von Canstatt’s specieller Pathologie und Therapie ab 1847 und bald darauf die Jahresberichte über die Fortschritte der gesammten Medicin in allen Ländern (Herausgeber Carl Friedrich Canstatt, Gottfried Eisenmann). Medizinischen Autoren im Verlag waren unter anderem Rudolf Virchow, Franz von Pitha und Theodor Billroth. Auf juristischem Gebiet folgte 1849 die Zeitschrift Gerichtssaal (begründet von Ludwig von Jagemann) [1805–1853], 1855 die Jahrbücher der deutschen Rechtswissenschaft und Gesetzgebung (Herausgeber Hermann Theodor Schletter) und 1858 die Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht (Herausgeber Levin Goldschmidt). 1852 wurde im Verlag die Zeitschrift Gartenflora gegründet (Herausgeber Eduard August von Regel) und viele weitere naturwissenschaftliche Autoren folgten. Im 20. Jahrhundert war der Verlag bekannt für seinen geologischen Schwerpunkt (aber auch Chemie, Medizin, Soziologie).

1868 verkaufte er seine Buchhandlung an Theodor Krische (1840–1889), der sie unter eigenem Namen weiterführte. Enke konzentrierte sich daraufhin auf den Verlag. Wenig später starb Ferdinand Enke aber an einer schweren chronischen Erkrankung. Die Verlagsleitung übernahm zunächst der auch dem Verlag als Prokurist angehörende Buchhändler Paul Wagner, der sie 1874 an Enkes Sohn Alfred Enke (1852–1937) abgab. Dieser verlegte den Sitz nach Stuttgart, wo sich damals in Süddeutschland das Verlagswesen konzentrierte. Die Nachkommen setzten die Tradition als Wissenschaftsverlag fort, unter anderem erschienen hier im 19. Jahrhundert die Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts in 25 Bänden (1871 bis 1880) und die Zeitschrift Deutsche Chirurgie (Herausgeber Theodor Billroth, Albert Lücke). Weiter erschienen die Zeitschrift für Geburtshülfe und Gynäkologie, das Jahrbuch der praktischen Medizin, das Archiv für Kinderheilkunde und auf juristischem Gebiet Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, das Centralblattes für Rechtswissenschaft, die Handbibliothek des öffentlichen Rechts und die Juristische Handbibliothek. Es erschienen Ende des 19. Jahrhunderts unter anderem das Lehrbuch des internationalen Privat- und Strafrechts von Carl Ludwig von Bar und 1886 die Psychopathia sexualis von Richard von Krafft-Ebing, das Handbuch der Chemischen Technologie (Herausgeber Otto Dammer), das Handbuch der Geburtshilfe (Herausgeber Peter Müller), das Handbuch der Frauenkrankheiten (Herausgeber Theodor Billroth, Albert Lücke), das Lehrbuch der Geologie von Emanuel Kayser, das Lehrbuch der Physik von Heinrich Gustav Johannes Kayser, das Handbuch der Elektrotechnik von Erasmus Kittler und damals gut verkaufte Werke von Carl Heinrich Stratz über Frauen.

Der Verlag kam 1971 (mehrheitlich 1975) erst zur Thieme Verlagsgruppe (dort in MVS Medizinverlage Stuttgart eingegliedert).


Benedict Stilling, auch Benedikt Stilling (* 16. März 1810 in Kirchhain, Westfalen; † 28. Januar 1879 in Kassel) war ein deutscher Chirurg und Neuroanatom.

Leben: Benedict Stilling wurde als Sohn und erstes Kind von Jakob Benedict Stilling, 1770 geboren als Jakob Benedict, einem Kaufmann, und Veilchen Samuel (* 1786) geboren. Er erhielt unter anderem durch den Philosophen und protestantischen Theologen Karl Wilhelm Justi Privatunterricht in Latein und Griechisch. Von 1828 bis 1832 studierte Stilling Medizin in Marburg. Seit 1831 assistierte er dort an der Chirurgischen Klinik. 1832 wurde er promoviert. 1833 arbeitete er bei Christoph Ullmann (1772–1849), beendete dann jedoch zunächst seine akademische Karriere und arbeitete ab 1834 als erster jüdischer Landgerichtswundarzt beim Kasseler Landgericht.

Als er 1840 zwangsversetzt werden sollte, kündigte er und ging zunächst nach Paris, wo er mit verschiedenen berühmten Ärzten seiner Zeit zusammentraf, z. B. mit Claude Bernard, Charles-Édouard Brown-Séquard und Jean-Martin Charcot. Den größten Teil seines Lebens verbrachte er in verschiedenen Städten (neben Paris auch in London, Edinburgh und Wien), kehrte aber stets nach Kassel zurück, wo er auch starb.

Stilling schuf neue Operationsmethoden, entwickelte anatomische Techniken, schuf mit seinen Forschungen über das Rückenmark Grundlagen für die moderne Neuroanatomie und untersuchte das Gehirn. Er führte 1837 die erste Ovariotomie in Deutschland durch, zur Vermeidung innerer Blutungen extraperitoneal, seine Publikation darüber erschien 1841. Lange Zeit war er der einzige in Deutschland, der diese Operation beherrschte. Er entwickelte 1842 die Gefriermethode und war damit einer der Pioniere der Mikrotomentwicklung. Nach Stilling ist der Stilling-Kanal benannt, ein schmaler Gang im Glaskörper des Auges zwischen dem blinden Fleck und der Augenlinse.

Der Pathologe Heinrich Stilling und der Ophthalmologe Jakob Stilling waren seine Söhne. Im Jahr 1865 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewählt.

Schriften (Auszüge)

Die künstliche Pupillenbildung in der Sclerotica. Marburg 1833.

Physiologische, pathologische und medicinisch-practische Untersuchungen über die Spinal-Irritation. Leipzig 1840.

Geschichte einer Exstirpation eines krankhaft vergrösserten Ovariums nebst einigen Bemerkungen über diese Operation. Allgemeine und physiologische und pathogenetische Erörterungen über Erbrechen etc.“ In: Holscher’s Hannöverschen Annalen der gesammten Heilkunde. N. F., Jahrg. I, 1841.

Untersuchungen über die Functionen des Rückenmarks und der Nerven. Mit specieller Beziehung auf die Abhandlungen J. van Deen's, zur Physiologie des Rückenmarks etc.“. Leipzig, 1842.

mit B. F. Wallach: „Untersuchungen über die Textur des Rückenmarks und der Nerven“. Leipzig, 1842.

Ueber die Medulla oblongata“. Erlangen, 1843.

Untersuchungen über den Bau und die Verrichtungen des Gehirns“.

I: „Ueber den Bau des Hirnknotens oder der Barolischen Brücke“ (nebst 22 Kupfertafeln, auch in lateinischer Sprache), Jena, 1846.

Anatomische und mikroscopische Untersuchungen über den feineren Bau der Nerven und Primitivfasern und der Nervenzelle“. Frankfurt a. M., 1856.

Neue Untersuchungen über den Bau des Rückenmarks mit einem Atlas mikroscopischer Abbildungen von 30 lithographirten Tafeln nebst einer großen Wandtafel“., großer Folio, 5 Lieferungen, Cassel, 1857–1859.

Untersuchungen über den Bau des kleinen Gehirns des Menschen“.

Band I: „Untersuchungen über den Bau des Züngelchens und seiner Hemisphären-Theile mit Atlas von 9 Tafeln“. Kassel, 1864.

Band II: „Untersuchungen über den Bau des Centralläppchens und der Flügel mit 5 Tafeln“. Kassel, 1867.

Neue Untersuchungen über den Bau des kleinen Gehirns des Menschen, enthaltend Untersuchungen über den Bau des Bergs und der vorderen Oberlappen, sowie über die Organisation der centralen weissen Marksubstanz des Cerebellum und ihrer grauen Kerne und über die centralen Ursprungsstätten und Bahnen der Kleinhirn-Schenkel, nämlich der Binde-Arme, Brücken-Arme und der strickförmigen Körper.“. Kassel, 1878. (Neue Untersuchungen über den Bau des kleinen Gehirns des Menschen. Dritter Band. Es ist zu betrachten als 3. Bd. seiner: Untersuchungen [etc.]; siehe Vorwort, p. VIII.)