1888
erstmals erschienen
Reprint – Faksimile – unveränderter Neudruck
Neuauflage aus dem Jahr 1992
neu im Archiv - Verlag in Braunschweig
gestaltet von Prof. Rudolf Seitz
Rudolf von Seitz - * 15. Juni 1842 in München ; † 18. Juni 1910 ebenda
war ein deutscher Maler, Zeichner und Kunstgewerbler.
Nach dem überwältigenden Publikumserfolg der ersten Münchner Kunstgewerbeausstellung im Glaspalast, 1876, entschlossen sich deren Initiatoren, dieser Veranstaltung wenige Jahre später eine ähnliche Exposition in weitaus größerem Umfang, vor allem aber in eigenen Baulichkeiten folgen zu lassen. Tatsächlich dauerte es schließlich über ein Jahrzehnt, ehe man sich im Münchner Rathaus entschloß, die Pläne dieser Bürgergruppierung zu unterstützen. 1886 wurden die Architekten Brochier und Thiersch aufgefordert, Entwürfe zum Bau eines für die Dauer einiger Jahre zu nutzenden Ausstellungspalastes „in repräsentativster Stadtlage" einzureichen. Die beiden renommierten Künstler machten sich ans Werk. Während Thiersch seinen barocken Prunkbau im räumlichen Anschluß an den Glaspalast in den „kgl. botanischen Garten hinter der Pagerie" setzen wollte (heutiger Alter botanischer Garten), entschied sich Brochier für den südlichen Teil der Theresienwiese, den er mit einem imposanten Kuppelbau inmitten einer exotischen Parkanlage zu bestükken gedachte. Dann geschah Unerwartetes. In die Entscheidungsdebatte des Planungskomitees platzte nämlich der allbekannte Hofbäckermeister Anton Seidl mit dem Hinweis, daß a. die „Wiesn" des Oktoberfestes wegen auf gar keinen Fall, und auch nicht auf die Dauer weniger Jahre, bebaut werden dürfe, und b. die Teilzerstörung des kgl. botanischen Garten von den Bürgern kaum hingenommen werden würde. Ähnlich einem Zauberkünstler, der dem verblüfften Publikum Kaninchen aus seinem Zylinder präsentiert, ergänzte der Hofbäcker, er, Seidl, wüßte freilich ein Gelände, das 1. in der Nähe der belebtesten Münchner Stadtviertel läge, zu dem 2. zwei Trambahnlinien führen, das 3. direkt an der Isar placiert sei, 4. zu allem Überfluß bereits der Stadt gehöre, und 5. im Auftrag des Magistrats durch ein Abbruchunternehmen von häßlichen Lagerhallen und einer Gaststätte eben befreit worden sei. Spätestens ab dieser Wirtshauserwähnung des Vortragenden wußte selbst das begriffsstutzigste Komiteemitglied, daß Seidl dabei war, ihnen die uralte Münchner Floßlände zwischen der Zweibrückenstraße und dem Mariannenplatz als Baugelände anzudienen. Lag es doch nur einige Monate zurück, daß dort das traditionsreiche, urige Flößerwirtshaus „Zum grünen Baum" abgerissen worden war, das König Ludwig I. zu seinen Stammgästen hatte zählen dürfen. Die Entscheidung für Seidls Vorschlag erfolgte schnell und einstimmig. Daß danach des Hofbäckers jüngerer Bruder, der angesehene Architekt Emanuel Seidl , den Bauauftrag bekam, war bestimmt nur purer Zufall. Am 19. Oktober 1887 wurde mit dem Aushub begonnen, am 15. Mai des darauf folgenden Jahres eröffnete Prinzregent Luitpold die große „Deutsch-nationale Kunstgewerbe-Ausstellung in den Ausstellungsbauten am Isarquai, 1888". In der Rekordzeit von sieben Monaten hatte der damals 32jährige Emanuel Seidl zusammen mit seinen Mitarbeitern ein Bauwerk hingestellt, das nicht nur die Münchner, sondern die gesamte europäische Fachwelt entzückte. Ein Rezensent schrieb damals:
„Von hoher und überraschender Schönheit ist das Gebäude, das sich längs des lsarflusses auf einer Länge von nicht weniger als 325 Meter erstreckt! Sein Erbauer hat mit großer, genialer Erfindungskraft nicht nur den phantastischen Entwurf des Palastes geschaffen, sondern auch alle Schwierigkeiten überwunden, die sich der Errichtung desselben bei der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit entgegenstellten. Der Zugang zur Ausstellung führt von der Maximilianstraße durch die mit neueren monumentalen Bauten geschmückten Quaistraße am Rande des Flusses zu dem 37 Meter hohen Aussichts- und Eingangsturm. Ist man durch sein weitgesprengtes Bogenthor geschritten, so eröffnet sich eine geradezu überwältigende Perspektive auf die lang hingestreckte Rokokofassade mit ihren grandiosen Eingangsbauten und den diese krönenden Türmen. Das ist nicht der Eindruck eines nur flüchtig errichteten Gebäudes, nein, es erinnert in schönster Weise an die stolzen Fürstensitze vergangener Zeiten. lm Halbkreis vorspringende Terrassen scheinen über dem Isarfluß zu schweben, eine mit liegenden Figuren geschmückte, zwanzig Meter breite Freitreppe führt bis zum Spiegel desselben. Aus der Mitte des Wassers sprühen drei Fontänen hoch in die Lüfte. Über den Fluß führt eine Brücke zur Insel, auf welcher das eine der vier Restaurationsgebäude errichtet ist." Zur weiteren Ausschmückung des Ausstellungsgeländes waren von der kgl. Vermögensverwaltung sechzehn für Schloß Herrenchiemsee bestimmte Skulpturen zur Verfügung gestellt worden.
Die Exponate - unterteilt in die Gruppen Glas, Porzellan, Fayencen, Schmiedekunst, Edelmetall, Möbel, Holzschnitzerei und Textilwaren - stellten sich in zwei durch Galerien verbundenen Hallen vor. Die Eintrittskarte kostete die für damalige Verhältnisse extrem hohe Summe von zwei Mark, für die ein Bautagelöhner zehn Stunden arbeiten mußte. Das Ausstellungsplakat entwarf der künstlerische Leiter der Veranstaltung, Akademieprofessor Rudolf Seitz. Der bekannte Maler und Graphiker war ein Sohn des nicht minder berühmten früheren künstlerischen Hoftheaterdirektors Franz von Seitz, der für König Ludwig II. dessen Zimmer in der Residenz eingerichtet hatte. Seitz jun. besuchte schon als Vierzehnjähriger die Kunstakademie. Die Deutsch-nationale Kunstgewerbeausstellung 1888 schloß am 30. Oktober des gleichen Jahres. In den folgenden Jahren wurden in den Baulichkeiten noch einige kleinere Ausstellungen durchgeführt. Am Ende fiel die ganze Pracht den Spitzhacken zum Opfer. Von den großen Plänen, an die Stelle des Expositionspalastes elegante Galerien ä la Paris und London zu setzen, blieb nichts übrig. 1892 entstanden längs des „Isarquais's" elegante, architektonisch freilich öde Gründerzeit-„Herrschaftsmiethäuser".
ein gefaltetes Plakat
Format 42 x 59 cm
sehr guter Zustand
sehr informativ - auch für Nichtmünchner ! Für den Heimatsammler
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