Informel abstrakte Komposition Tusche Zeichnung Gerhard Hoehme ~1950

Kunst nach 45: Informelle Komposition ohne Titel "aufgelöster Formenkanon" in spontaner intuitiver Handschrift. Tuschezeichnung auf Papier, vermutlich in den 50er Jahren entstanden, vom Passepartout freigegebenes, Gemälde-Format 19 x 29,5 cm, gerahmt  ca. 37 x 45 cm groß, links unten signiert "G. Höhme". In dieser Zeit ist Gerhard Hoehme ausgesprochen erfolgreich, seine erste große Einzel-Ausstellung im Krefelder Kaiser-Wilhelm-Museum findet statt, dieser folgt 1957 die Verleihung des 1. Förderpreises des Landes Nordrhein-Westfalen und der 2. Preis der Internationalen Grafikbiennale in New York. Zusammen mit Jean-Pierre Wilhelm gründet der Künstler in Düsseldorf die "Galerie 22", in der junge informelle Künstler ausstellen. Zeichnung etwas wellig, geschützt unter Glas gerahmt, in gutem gebrauchten originalen Zustand, ohne Beschädigung, ohne Übermalungen, ohne Restaurierung. Das Blatt wurde zur Fotografie nicht ausgerahmt, eventuelle Spiegelungen bei den Abbildungen sind von der Glasscheibe und auf dem Original natürlich nicht vorhanden. Das letzte Foto zeigt ein anderes Motiv des Künstlers, das rückseitig aufgeklebt ist. Mangels Wissen und nicht erfolgter Expertise kann Hoehmes Urheberschaft nicht garantiert werden, eine Besichtigung des Originals ist aber nach Termin-Abstimmung in München möglich. Bitte beachten Sie auch die Hoehme Bleistiftzeichnung sowie das Angebot mit Gouache Gemälde Fathwinter - danke.

Der deutsche Maler und Grafiker Gerhard Hoehme (5. Februar 1920 Reppin bei Dessau - 29. Juni 1989 Neuss) gilt als als wichtiger Vertreter der Abstrakten Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg und des deutschen Informel. Nach einer Lehre zum Bankkaufmann macht er 1936 bis 1938 eine Ausbildung zum Flugzeugführer und hat als Jagdflieger der Deutschen Wehrmacht zahlreiche Flugeinsätze u. a. in Afrika, Russland und Griechenland, bei denen er zweimal verwundet wird. In der Rekonvaleszenzzeit belegte Gerhard Hoehme Kurse in Malerei und Graphik. 1945 bis 1946 war Hoehme in amerikanischer Kriegsgefangenschaft. 1948 beginnt er ein kurzes Studium bei dem Schriftgestalter Herbert Post an der Kunstschule Burg Giebichenstein bei Halle an der Saale. 1948 heiratete er Margarete Schulze. 1951 ging er mit Hilfe des Übersetzers und Hoehmes späterem Galeristen Jean-Pierre Wilhelm nach Düsseldorf-Kaiserswerth. Von 1951 bis 1953 studiert er an der Kunstakademie in Düsseldorf bei Otto Coester. In seiner Studienzeit richtete er seine Kunst am französischen Tachismus aus. Im gleichen Jahr begegnete er erneut Jean-Pierre Wilhelm, der ihm wiederum Jean Fautrier und Jean Dubuffet vorstellte. Zudem hatte er Kontakte zu dem französischen informellen Künstlern aus Paris sowie Literaten, Kunstkritikern und Musikern wie Juilen Alvard, Pierre Restany, Paul Celan, und Pierre Boulez. Seither beschäftigte sich Gerhard Hoehmes verstärkter mit der informellen Malerei. 1954 bis 1957 war Gerhard Hoehme Vorsitzender der Künstlervereinigung Gruppe 53.  Nach 1955 malte er auch im Stil der Lyrischen Abstraktion. 1959 war Hoehme Teilnehmer der documenta II in Kassel in der Abteilung Malerei. 1960 wurde er mit dem Villa Massimo-Preis in Rom ausgezeichnet.

1960 erhielt er ein Stipendium an der Deutschen Akademie Villa Massimo in Rom. Er traf in Rom Alberto Burri, Cy Twombly, Robert Motherwell, Mark Rothko, Enrico Crispolti und Giulio Carlo Argan und schließt Freundschaft mit den Künstlern Piero Dorazio, Pino Pascali und dem Schriftsteller Paul Nizon. 1960 erhält er eine Berufung an der Staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf als Lehrer der Vor- und Grundkurs-Klassen und wurde 1965 zum Professor für Freie Malerei an der Staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf ernannt. 1960 wurde er mit dem Villa Massimo-Preis in Rom ausgezeichnet. Gerhard Hoehme war Mitglied im Deutschen Künstlerbund und gehörte dessen Vorstand von 1961 bis 1963 an. Im Jahr 1962 erfolgte die Veröffentlichung seiner Texte: Wegzeichen im Unbekannten. Seit 1963 unterhielt Gerhard Hoehme einen zweiten Wohnsitz in Nemi bei Rom. 1967 veröffentlichte er sein Manifest Relationen. Zur Zeit der Studentenunruhen 1968 und der revolutionären Lehransätze von Joseph Beuys an der Kunstakademie Düsseldorf überdenkt Gerhard Hoehme in zahlreiche Texten die Situation der Akademie und entwickelte Gedanken zu Reformen. 1974 siedelt er von Düsseldorf nach Neuss-Selikum um. 1984 wird er in die Akademie in Berlin gewählt. Seine Lehrtätigkeit beendete er 1984. Gerhard Hoehme erhielt 1984 die Paul-Klee-Professur für Bildende Kunst an der Universität Gießen. Zu seinen Schülern gehörten unter anderem Sigmar Polke, Michael Bette und Chris Reinecke.

Informel oder informelle Kunst (frz.: art informel) ist eine Kunstrichtung, die ab 1945 in Paris entstand und als Sammelbegriff für die abstrakten Kunstströmungen der Nachkriegsjahre in Europa verwendet wird. Der Begriff wird sowohl zur Abgrenzung, als auch für die Zusammenfassung verschiedener abstrakter Strömungen seit den 1950er Jahren verwendet. Der Begriff Informel bezeichnet „keinen einheitlichen Stil, sondern charakterisiert eine künstlerische Haltung, die das klassische Form- und Kompositionsprinzip ebenso ablehnt wie die geometrische Abstraktion. Konstitutiv ist das „Prinzip der Formlosigkeit“ im „Spannungsfeld von Formauflösung und Formwerdung“. Der Begriff fasst verschiedene abstrakte Strömungen der europäischen Nachkriegskunst zusammen. Nach Rolf Wedewer umschließt er „zwei differente Ausdruckweisen – das Gestische und die Texturologien“. Informel wird in der Wissenschaft und Praxis als die Auflösung des klassischen Formprinzips verstanden. Der Tachismus beispielsweise wird „als Kategorie des Informel“, als auch eine „Entwicklung aus dem Informel“ gesehen. Ein weiterer Sammelbegriff, der ähnlich angewandt wird, ist die Kunstströmung der Lyrischen Abstraktion. Das Informel bildete sich in Paris als Gegenpol zur geometrischen Abstraktion, die auch von der École de Paris vertreten wurde. Als direkte Wegbereiter des Informel gelten die damals in Paris ansässigen Künstler Wols, Jean Fautrier und Hans Hartung, der seinerseits von Wassily Kandinsky und Paul Klee beeinflusst war, neben diesen werden als bedeutende Anreger des deutschen Informel auch Willi Baumeister, Ernst Wilhelm Nay, Theodor Werner und Fritz Winter genannt. Als indirekter Ahn und Impulsgeber wird Claude Monet mit seinen Seerosenbildern angesehen. Ab 1952 etablierte sich das Informel in Deutschland. Eine der ersten Ausstellungen, die verschiedene deutsche informelle Künstler zeigte, war die 1952 in der Frankfurter Zimmergalerie stattfindende Ausstellung „Quadriga“. Arbeiten deutscher Künstler zeigten die verschiedenen informellen Ansätze, die von einem spontanen Malgestus bis zu  Kompositionen reichten. Es folgten weitere Informel-Ausstellungen wie die der Gruppe ZEN 49,  Quadriga, Gruppe 53 und der Galerie 22, die zu Keimzellen des deutschen Informel und deren Künstlern wurden.

Suchhilfen: Informelle Kunst, Hoehme Archiv Neuss, Abstrakte Malerei, artinformel, nicht-geometrische Kunst, gegenstandslose Kunst,  europäische Nachkriegsjahre, Formlosigkeit, Spontanität, Arbeitsprozess des Unbewussten, Tachismus, abstrakter Expressionismus, Action Painting, Farbfeldmalerei, Colour Field Painting, Hard Edge, Karel Appel, Armando, Kurt Bartel, Peter Brüning, Carl Buchheister, Emil Cimiotti, Karl Fred Dahmen, Jean Dubuffet, Fathwinter (Künstlername für Franz Alfred Theophil Winter), Jean Fautrier, Gerson Fehrenbach, Albert Fürst, Winfred Gaul, Karl Otto Götz, Otto Greis, Fritz Harnest, Hans Hartung, Gerhard Hoehme, Asger Jorn, Hans Kaiser, Heinz Kreutz Maria Lassnig, Jupp Lückeroth, Georges Mathieu, Ludwig Merwart, Henri Michaux, Georges Noël, Alfred Pauletto. Hans Platschek, Markus Prachensky, Jean-Paul Riopelle, Antonio Saura, Friedrich Julius Scherff, Ruth Schmidt Stockhausen, Jean Schoonhoven, Bernard Schultze, Emil Schumacher. K. R. H. Sonderborg, Pierre Soulages, Hans Staudacher, Nicolas de Staël, Antoni Tapies, Fred Thieler, Hann Trier, Emilio Vedova, Friederich Werthmann, Wilhelm Wessel, Wols, Zao Wou-Ki.