Leonie Ossowski - Wolfsbeeren (Roman) 
Leonie Ossowskis erster erfolgreicher Roman ››Weichselkirschen« war der Rückblick auf eine Kindheit und Jugend in Schlesien aus der Sicht einer gründlich veränderten Welt nach dem Krieg. »Wolfsbeeren« ist die Geschichte dieser Familie auf einem Gut im damaligen Grenzland zwischen Warthe und Oder von den Anfängen an, von 1918 bis zum großen Treck nach Westen im Winter 1945, einer Zeit, die Mensehen und ihr heimatliches Umfeld geprägt und schließlich radikal verändert hat.
Sophie, die Frau des Gutsherrn von Rohrdorf, gehört eigentlich nicht hierher in die Langeweile der endlos ebenen Landschaft und der verkrusteten Kreise der Junker, weitab vom Schuß, von Berlin zum Beispiel, von Kunst und Modernität und der Freizügigkeit der zwanziger Jahre. Nie wird sie sich anpassen, wird kommen und gehen, wie es ihr gefällt, wird lieben, wen sie will, aber auch helfen, wo anderen der Mut fehlt, dem Polen Jan Orlinski zum Beispiel oder Fräulein Herzel, der jüdischen Geschäftsfrau. Es ist die Geschichte einer lehenshungrigen Frau, die sich schrittweise befreit aus den gesellschaftlichen und politischen Einschränkungen ihrer Klasse in damaliger Zeit. Es ist aber
auch die Geschichte einer Familie und die eines Dorfes und seiner Mensehen, sie berichtet von Polen und Deutschen, Landarbeitern und Großgrundbesitzern. So stehen Szenen vom Bauernsonntag in Schwocherts Weinstube, wo sich die Gutsbesitzer treffen, neben solchen im Pferdestall, wo die DorfhexeJula Koliken heilt mit einem Sud aus Wolfsbeeren und dem Fladenpilz, so ist die Liebe Sophies zu einem sozialistischen Jurnalisten ebenso unglüeklich wie die des Bauernmädchens Magda Weiß zu einem polnischen Lehrer.