Auf ihrem Gendarmerieposten hoch oben in den Anden bei einer ehemaligen Silbermine sitzen Korporal Lituma und sein
Amtshelfer Tomas wie in einer Falle. Sie sollen ein Verbrechen aufklären, von dem sie nicht einmal wissen, ob es eines ist: Drei Menschen sind kurz hintereinander spurlos verschwunden. Die schwer zugängliche Gegend wird von den Terroristen des »Leuchtenden Pfades« mit Gewalt übersät, das Militär antwortet ohnmächtig mit brutaler Gegengewalt. Doch die eigentliche Bedrohung, namenlos, scheint von anderer Seite auszugehen. Bei ihren Nachforschungen begegnen die Polizisten dem angstvollen Schweigen der indianischen Arbeiter, die dort oben, gegen alle Naturgewalten, an einer Schotterstraße bauen. Schwerer erträglich als ihr feindseliges Mißtrauen ist die spöttische Herablassung von Doña Adriana und Don Dionisio, die in ihrer schäbigen Kantine die lndios Abend für Abend mit Alkohol und groben Spielen betäuben und die beiden Fremden mit vagen
Andeutungen abspeisen. Die Wirtsleute, ein rätselhaftes Paar mit bewegter Vergangenheit, wissen mehr, soviel ist klar. Lituma fühlt sich fehl am Platz in dieser Ödnis, die indianische Mentalität ist ihm fremd, wie alles in dieser gottverlassenen Gegend. Tomas findet wenigstens Trost darin, daß er jede Nacht die Geschichte seiner großen Liebe zu Mercedes erzählt - eine feurige, schüchterne Liebesgeschichte, der Lituma begierig lauscht und die er ruppig kommentiert. So feindlich das Klima, in dem die beiden sich bewegen, und so verstörend die Bruchstücke von Wahrheit, die sie nach und nach ans Licht bringen, sie lassen
nicht locker. Was in den Bergen geschah, ist schlimmer als Mord und Totschlag, es rührt ans atavistische Herz der Dinge.
Mario Vargas Llosa, 1936 in Arequipa, Peru, geboren, lebt heute in London. Er hat Erzählungen, Theaterstücke, Essays und elf Romane veröffentlicht, darunter so weltweit bekannte wie Das grüne Haus; Tante Julia und der Kunstschreíber; Der Geschichtenerzähler; Lob der Stiefmutter. Zuletzt erschienen im Suhrkamp Verlag seine Erinnerungen aus Kindheit und Jugend und aus der Zeit seiner Präsidentschaftskandidatur in Peru: Der Fisch im Wasser. 1994 erhielt er für sein Gesamtwerk den
höchsten Literaturpreis der spanischsprachigen Welt, den Cervantes-Preis.