Historischer Satirischer Souvenirtoken

40 mm 24 g

USA brechen diplomatische Beziehungen zu Deutschland ab

Woodrow Wilson im Kongress. Die diplomatischen Beziehungen zu Deutschland werden abgebrochen, der Botschafter ausgewiesen. Aufnahme von 1917.

Washington reagiert scharf auf den neuen uneingeschränkten U-Boot-Krieg. Der Präsident hält eine „Rede von historischer Bedeutung“ am 5. Februar 1917.

Am 8. und 9. Januar 1917 erreichte die Oberste Heeresleitung nach langem Drängen (seit Januar 1916, ultimativ seit Dezember 1916) die Zustimmung des Kaisers, den uneingeschränkten U-Boot-Krieg zum 1. Februar wieder aufzunehmen. Das vorausgegangene Friedensangebot der Mittelmächte (siehe oben) und dessen erwartete Ablehnung dienten auch der innen- und außenpolitischen Vorbereitung dieses Schrittes. Aber erst die Antwortnote der Alliierten auf das unerwartete Vermittlungsangebot von Woodrow Wilson (vom 18. Dezember 1916), die am 12. Januar bekannt wurde, bewirkte einen weitgehenden innenpolitischen Schulterschluss. Wilson hatte darin unter anderem die Offenlegung der jeweiligen Kriegsziele erbeten.[141] Der ansonsten durchaus regierungskritische Chefredakteur des Berliner Tageblatt, Theodor Wolff, notierte am 12. und 13. Januar: „Die Antwortnote der Entente an Wilson ist veröffentlicht. Sie gibt die Kriegsziele der Entente bekannt. Lostrennung der früher eroberten Provinzen u. Gebiete von Deutschland, völlige Auflösung Österreich-Ungarns nach dem Nationalitätenprinzip, Verjagung der Türkei aus Europa etc. enorme Wirkung. Tiefes Entzücken bei den Alldeutschen u. ähnlichen Elementen. Niemand kann noch behaupten, die Entente wolle nicht den Vernichtungskrieg u. sei zu Verhandlungen bereit. […] Der Kaiser richtet infolge der Entente-Antwort einen Appell an das Volk. Alles ist jetzt in Vorbereitung für den unbeschränkten U-Boot-Krieg.“[142] Die Mittelmächte lehnten den Vermittlungsvorschlag Wilsons ab und teilten den USA am 31. Januar gleichzeitig die Wiederaufnahme des uneingeschränkten U-Bootkrieges mit. Am 3. Februar beantworteten die USA dies mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Deutschland.[143]


Am 6. April 1917 erklärten die USA dem Deutschen Reich den Krieg,[144] nachdem Präsident Wilson vier Tage vorher den US-Kongress zur Teilnahme am Kreuzzug der „friedensliebenden“ Demokratien gegen die „militärisch-aggressiven“ Autokratien der Erde aufgefordert hatte. Beide Häuser des Kongresses stimmten mit überwältigender Mehrheit zu.[145] Die tieferen Ursachen für diese Entwicklung lagen zunächst in der Auffassung, dass sich die jeweiligen Vorstellungen einer globalen Nachkriegsordnung gegenseitig ausschlossen und die deutschen kontinentaleuropäischen Hegemonialabsichten und weltpolitischen Ambitionen mit den amerikanischen Interessen nicht in Einklang zu bringen waren. Schon vor dem Krieg war man in den Vereinigten Staaten zunehmend zu der Ansicht gekommen, dass die mit dem Tirpitz-Plan verbundene politische Strategie langfristig den amerikanischen Interessen – unter anderem der Monroedoktrin – widersprach. Weiterhin war die Einstellung führender amerikanischer Gelehrter und Politiker Anfang des 20. Jahrhunderts geprägt von tiefem Misstrauen gegenüber dem deutschen kulturellen Überlegenheitsanspruch und der deutschen Staatsidee. Die zunehmenden wirtschaftlichen Verflechtungen mit der Entente seit Kriegsbeginn, Berichte über tatsächliche und angebliche deutsche Kriegsgräuel wie der Bryce-Report und Schiffsversenkungen mit amerikanischen Opfern – namentlich jene der Lusitania – verstärkten die antideutsche Stimmung. Zunächst galten die zunehmenden Rüstungsanstrengungen seit Kriegsbeginn jedoch nicht einem Kriegseintritt, sondern dem potenziellen Kriege nach diesem Krieg. Noch in der Wahlkampagne zur Präsidentschaftswahl vom 7. November 1916 setzte Wilson einen Schwerpunkt auf die Aufrechterhaltung der amerikanischen Neutralität, was nach Wilsons Wahlsieg dem Entschluss der deutschen Reichsleitung zuträglich war, die Kriegsführung weiter zu eskalieren. Entscheidend für die Entwicklung zum Kriegseintritt war die deutsche Reaktion auf Wilsons Friedensinitiative vom 18. Dezember 1916 (siehe oben). Die vertrauliche und sogleich relativierte Übermittlung der deutschen Friedensbedingungen – de facto eine Ablehnung des Vermittlungsangebotes – erfolgte gleichzeitig mit der Ankündigung der Wiederaufnahme des uneingeschränkten U-Boot-Kriegs durch das Reich. Dabei erklärte Deutschland, dass auch Schiffe neutraler Staaten, also auch der USA, in einer von Deutschland definierten Kriegszone versenkt würden.[146] Wilson nahm dies zunächst ungläubig und dann mit tiefer Enttäuschung auf. Obwohl die Mehrzahl von Wilsons Beratern – vor allem Robert Lansing und Edward Mandell House – nun definitiv zum Krieg drängten, brach Wilson am 3. Februar lediglich die diplomatischen Beziehungen zum Kaiserreich ab und wollte zunächst abwarten, ob die Reichsleitung ihre Drohung wahr machte. Am 24. Februar erhielt die amerikanische Regierung Kenntnis von einem abgefangenen Telegramm des Staatssekretärs im Auswärtigen Amt, der Zimmermann-Depesche, die am 1. März in der The New York Times veröffentlicht wurde. Darin unterbreitete Deutschland der Regierung von Mexiko ein Bündnisangebot für den Kriegsfall und signalisierte „reichlich finanzielle Unterstützung und Einverständnis“, wenn Mexiko „in Texas, Neu-Mexiko, Arizona früher verlorenes Gebiet zurückerobert“.[147] Nach dieser Neuigkeit konnte an der Kriegsbereitschaft der amerikanischen Bevölkerung kein Zweifel mehr bestehen, im März waren zudem durch deutsche U-Boot-Angriffe erneut amerikanische Staatsbürger ums Leben gekommen. Nach der Kriegserklärung an Deutschland erfolgte im Dezember 1917 jene an Österreich-Ungarn.