Brief - Erika Mann - an Hansi (Johanna) Meixner - 20.2.1925

Erika Mann berichtet ihrer Schulfreundin Hansi Meixner in München, der sie offenbar lange nicht geschrieben hat, von ihren ersten Schritten in Berlin am Theater. Sie spiele jeden Abend: in "Sechs Personen suchen einen Autor" (von Pirandello) die erste Schauspielerin, in "Frühlingserwachen" (von Wedekind) und "Jedermann" (von Hoffmansthal) sowie der "Heiligen Johanna" (von G.B. Shaw 1923). Sie schreibt, dass sie im Herbst an eine kleinere Bühne wechseln möchte, um ausschließlich größere Rollen spielen zu können. Sie wisse jedoch noch nicht wohin. An die Schulzeit (vermutlich am Münchner Luisengymnasium), in der es nicht viel Gutes gab, erinnere sie sich ohne Groll. Sie dankt der Freundin für ihre Unterstützung an der "Sau Sau Schule".

Transkription

Berlin, am 20. Februar 25./ Liebe Hansi Meixner! – November bis Febru-/ar – auch lange Zeit und du hast mir ein/ so hübsches Tüchlein geschenkt. Ich weiß/ nicht einmal wann du Geburtstag feierst./ Aber sonst geht es mir gut. Jeden Abend/ spiele ich Theater, - in „Sechs Personen/ suchen einen Autor“, weißt du,/ die erste Schauspielerin und „Frühlings/ Erwachen“, auch „Jedermann“ und die „Heili-/ge Johanna“ [kleines Röllchen!]. Zum/ Herbst will ich fort von hier an eine/ kleinere Bühne, wo ich ausschließlich/ große Rollen zu spielen bekomme, -/ weiß noch nicht wohin. – Und was/ machst du? Schreib einmal. An die Sau Sau Schule denke ich mit wenig/ [verso] Groll. Man vergißt [dankbar wie man ist]/ ja meist das widerliche und behält das/ Nette [Mein Gott viel war das ja nicht weiß/ Gott nicht!] im Gedächtnis. An Engel-/hardt schreibe ich zumeist, um in zu/ verwirren, viele Postkarten aber er/ hält sie für eitel Hohn, was sie ja/ nicht einmal sind./ Leb wohl. Erika Mann. Aber du hast oft und mittelschön mit/ mir gearbeitet, Gott wird es dir schon/ noch lohnen! -

Erika Julia Hedwig Mann (geboren 1905 in München; gestorben 1969 in Zürich) war die Tochter von Thomas mann und eine deutsche Schauspielerin, Kabarettistin, Schriftstellerin und Lektorin. Sie gründete 1933 das politische Kabarett "Die Pfeffermühle" und arbeitete mit Vorträgen – als Schriftstellerin und Journalistin auch nach ihrer Emigration in die Vereinigten Staaten – gegen den Nationalsozialismus. Neben ihrer Tätigkeit als Nachlassverwalterin ihres Vaters Thomas sowie ihres Bruders Klaus Mann hat sie ein umfangreiches Werk aus politischen Essays, Reportagen, Reiseberichten und Kinderbüchern hinterlassen.

Das Blatt misst ca. 28,8 x 22,4 cm.

Der mit Füller und dunkelblauer Tinte beidseitig handgeschriebene Brief auf dünnem, pergamentartigem Papier ist in einem sehr guten Zustand. Er wurde horizontal und vertikal mittig zusammengefaltet und weist daher zwei Mittelfalze auf. Das Papier ist nur leicht verbräunt und die Ecken nur leicht geknickt.