Marie de Bourgogne (1457-1482), Alleinerbin Karls des Kühnen, lebte am Scheideweg zweier Welten. Beim Tod ihres Vaters im Jahre 1477 Zeuge des Zusammenbruchs des burgundischen Staates, trug sie dennoch durch ihre Heirat mit dem Erzherzog Maximilian von Österreich zur Sicherung der dynastischen Kontinuität bei. Diese Vereinigung machte das Vermögen des Hauses Habsburg, das das fabelhafte Erbe des Hauses Burgund sammelte. Das war der Ursprung der Macht Karls V., des Enkels der Herzogin Marie. Die Zeit von Marie de Bourgogne hat zwei Seiten: Die eine ist brillant, denn die Ära ist die des intensiven künstlerischen Schaffens, insbesondere in den burgundischen Niederlanden, aber die andere ist dunkel, weil das Ende des 15. Jahrhunderts von Katastrophen geprägt war, aus denen die Bevölkerungen litten. Für die vom Unglück Überwältigten boten Hilfseinrichtungen wie das Krankenhaus Saint-Jean in Brügge oder das Hôtel-Dieu in Beaune Gastfreundschaft, seelischen Trost und körperliche Fürsorge. Ziel dieses Buches ist es, das tragische Schicksal der Herzogin Marie und das politische und kulturelle Erbe, das sie annahm und an die Habsburger weitergab, zu beleuchten; aber es erinnert auch an eine kontrastreiche Zeit, als der Luxus des Hoflebens, die Pracht der von den Großen in Auftrag gegebenen Kunstwerke mit dem Elend der Opfer der Härte der Zeit die Schultern rieben. Die Krankenhäuser, die auf Kosten der Mächtigen gegründet, dekoriert und unterhalten wurden, waren die bevorzugten Orte der Begegnung dieser beiden paradoxen Realitäten.